2-Minuten-Counter gegen Schwarzfahrer: Das sekundengenaue Handyticket ist möglich

Seit vor kurzem der 2-Minuten-Counter für Handytickets in der Öffentlichkeit aufgefallen ist, gab es viele Hinweise, dass bundesweit Besitzer gültiger Fahrausweise unberechtigt als ÖPNV- Schwarzfahrer eingestuft wurden. Die Verkehrsbetriebe könnten das leicht lösen.

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Wenn die Handytickets sekundengenau wären, gäbe es weniger Probleme.
Wenn die Handytickets sekundengenau wären, gäbe es weniger Probleme. (Bild: Hansecom/Handyticket Deutschland)

Als wir kürzlich über die 2-Minuten-Regel für Handytickets im ÖPNV berichteten, war die Resonanz noch größer als erwartet. Wie enorm das Leserinteresse am öffentlichen Personennahverkehr ist, hatte uns schon unsere E-Ticket-Geschichte (Der Fehler liegt im System) ahnen lassen. Inzwischen haben wir recherchiert: Kunden müssen ihren Onlinefahrschein nicht zwei Minuten vor Fahrtantritt kaufen. Die 2-Minuten-Regel existiert nicht, auch wenn manche Verkehrsbetriebe und -Verbünde anderes kommuniziert haben.

Inhalt:
  1. 2-Minuten-Counter gegen Schwarzfahrer: Das sekundengenaue Handyticket ist möglich
  2. Handyticket-Sonderregeln und Ausnahmen

Der Counter neben dem Handyticket, der zwei Minuten hochzählt, dient ausschließlich zur Orientierung für das Kontrollpersonal und soll ihm helfen, Ticket-Nachlöser aufzuspüren. Er hat aber keine Bedeutung, wenn das Ticket rechtzeitig und im Sinne der Beförderungsbedingungen gekauft wurde. Das hat uns die Hansecom bestätigt, die für das Produkt Handyticket Deutschland verantwortlich ist. Das Handyticket ist demnach ab erfolgreichem Kauf gültig.

Das widerspricht Erfahrungen, die uns mehrere Leser über unser Forum, soziale Medien und E-Mails mitgeteilt haben. Viele dieser Nutzer, die ihr Ticket weniger als zwei Minuten vor Abfahrt gelöst hatten und "erwischt" wurden, wurden von den Kontrolleuren immerhin nur ermahnt. Oft erhielten sie den Tipp, vor dem Einsteigen zwei Minuten zu warten. Auch Verkehrsbetriebe sprechen in offiziellen Aussagen von der Regel: Die Sprecherin der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) sagte etwa dem Tagesspiegel, dass die 2-Minuten-Regel gelte, die Kontrolleure aber zur Kulanz angehalten würden.

Dabei ist nicht zu vergessen, dass Schwarzfahren, genau genommen die Beförderungserschleichung, eine Straftat ist. Gerade bei Straftaten müssen Missverständnisse von vornherein möglichst ausgeschlossen werden. Das Konzept der Kulanz dürfte es dabei eigentlich nicht geben. Ein Kunde, der sich korrekt verhält, darf nicht als Straftäter eingestuft werden.

VBB und BVG bemühen sich um schnelle Klärung

Kurz nach den Berichten über die Regel wurden allerdings sowohl der übergeordnete Verkehrsverbund Berlin Brandenburg (VBB) als auch die für ihre frechen Tweets bekannte BVG-Kampagne aktiv. Der VBB bemühte sich sichtlich um Klarstellung und wurde selbst auf unserer Facebook-Seite aktiv. Zudem passte er seine Dokumentation an und stellte klar: Der Counter ist nur eine Orientierung für das Kontrollpersonal. Die BVG-Kampagne und die BVG U-Bahn bemühten sich ebenfalls um Klarstellung mithilfe zahlreicher Tweets und betonen, dass das Ticket unabhängig vom Counter ab Kauf gültig ist.

Nur die Dresdener Verkehrsbetriebe (DVB) rieten Fahrgästen über Twitter, nach dem Kauf eines Handytickets zwei Minuten mit dem Einsteigen zu warten. Alle anderen Verkehrsbetriebe haben unseres Wissens nach korrekte Informationen erteilt, nämlich dass der Counter nicht die Gültigkeit des Tickets bestimmt.

Dafür wurden wir auf einen Fall aus dem Jahr 2015 aufmerksam. Im Gebiet des Rhein-Main-Verkehrsverbunds (RMV), der schon durch ein schlechtes E-Ticket-System aufgefallen ist, wurde ein Fahrgast mit einem 109 Sekunden zuvor gekauften Ticket erwischt und wegen der fehlenden 11 Sekunden als Schwarzfahrer beschuldigt. Auch das war natürlich nicht korrekt, wie der RMV später zugab. Doch einfacher wird es dadurch nicht.

Wo die falsche Interpretation des 2-Minuten-Counters herkommt, lässt sich bisher nicht sagen. Viele Anwender wunderten sich aber, was dieser Counter soll. So dürfte es auch Kontrolleure geben, die keine Interpretationshilfe bekamen und sich selbst einen Reim auf den hochzählenden Counter machten. Wenn schon Pressesprecher falsche Aussagen machen, dann wundert es nicht, dass einzelne Kontrolleure den Counter fehlinterpretieren und fälschlicherweise auf das Hochzählen auf zwei Minuten pochen. Das verselbstständigte sich dann offenbar bundesweit. Dazu kommt, dass durchaus Sonderregelungen gelten, die das Handyticket benachteiligen.

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Handyticket-Sonderregeln und Ausnahmen 
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quark2017 19. Dez 2017

Ich halte die übrigen Bedingungen des Handy-Tickets immer noch für reichlich absurd...

Gtlng 18. Dez 2017

Vielen Dank für diesen Beitrag. Vor genau demselben Problem (letzte Verbindung des Tages...

Benutzer0000 16. Dez 2017

einach alle bürger unter generalverdacht stellen wegen nichts, gibt ja sonst keine...

Benutzer0000 16. Dez 2017

das ist deutschland. schwarzfahren oder GEZ nicht zahlen bringt einen in den knast...



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