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Fahrverbote für Dieselautos sind jetzt erlaubt - Reaktionen aus der Region

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Kassel. Es ist ein wegweisendes Urteil: Städte können grundsätzlich Fahrverbote für schmutzige Diesel verhängen. Wie die Betroffenen in der Region reagieren, lesen Sie hier.

Aktualisiert um 19 Uhr - Das Bundesverwaltungsgericht hält Diesel-Fahrverbote für bessere Luft in Städten nach geltendem Recht für grundsätzlich zulässig. Die Städte Düsseldorf und Stuttgart müssten aber ihre Luftreinhaltepläne auf Verhältnismäßigkeit prüfen, urteilte das Gericht in Leipzig am Dienstag. Das Urteil sieht zudem Übergangsfristen und Ausnahmeregelungen vor. 

Die Reaktionen auf das Urteil fallen unterschiedlich aus. "Wir haben ab heute Diesel-Fahrverbote durchgesetzt", sagte der Chef der klagenden Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch.

Es gebe keine finanzielle Ausgleichspflicht, sagte der Vorsitzende Richter Andreas Korbmacher. Dies zielt darauf, dass Dieselautos im Falle von Fahrverboten an Wert verlieren könnten. "Gewisse Wertverluste sind hinzunehmen", sagte Korbmacher. Die zuständigen Landesbehörden hätten es in der Hand, einen "Flickenteppich" zu verhindern. Außerdem solle es Ausnahmeregelungen etwa für Handwerker geben.

Die Reaktionen aus der Region:

Kassel

Die Stadt Kassel rechnet nicht damit, dass im Stadtgebiet kurzfristig Fahrverbote erlassen werden. "Aus unserer Sicht ist nun das Land Hessen am Zug, ernsthaft zu prüfen, abzuwägen und die Luftreinhaltepläne anzupassen", sagte Rathaussprecher Claas Michaelis. Zudem ließen sich solche stellenweisen Verbote nicht praktikabel kontrollieren.

Auch im Kasseler Taxigewerbe ist die Leipziger Gerichtsentscheidung gespannt beobachtet worden. Die Taxizentrale wähnt sich bisher aber noch relativ sicher. (asz)

Göttingen

Seit drei Jahren keine Grenzwertüberschreitung: Autofahrern, gleich, ob mit Diesel- oder Benzinfahrzeugen unterwegs, drohen in der Innenstadt keine Fahrverbote. Aber: Einen Handlungsbedarf im Sinne der Bürger, und um die Schadstoffbelastung in der Luft zu senken, sieht Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler dennoch: "Wir müssen etwas tun, um die Luft zu verbessern." Mehr dazu lesen Sie hier.

Hofgeismar

Dass die Kunden vorsichtig werden, merkt das Hofgeismarer Autohaus Fiege beim Neuwagenverkauf. Von einem bestimmten Model wurden vor zehn Jahren 95 Prozent mit Dieselmotor verkauft, heute sind es noch zehn Prozent. Da Dieselfahrzeuge in der ländlichen Region Hofgeismar weit verbreitet sind, ist sich Geschäftsführer und Kfz-Mechanikermeister Jörg Fiege aber sicher: "Wenn auch in Kassel eine Umweltzone kommt, das wird ’ne heiße Sache, dann brennt hier die Luft." (lad)

Melsungen

Im ländlichen Raum spiele die Stickoxidbelastung keine Rolle, heißt es aus Melsungen. Laut Umweltbundesamt gab es im Schwalm-Eder-Kreis im vergangenen Jahr keine Überschreitungen des Grenzwerts von 40 Mikrogramm je Kubikmeter. In Melsungen gibt es einen Beschluss der Stadtverordneten, nur umweltfreundliche Autos zu kaufen (Gas- oder Elektro). Fahrverbote für Dieselautos sind in Melsungen laut Roland Schmidt, Leiter des Ordnungsamtes, also nicht zu erwarten. (ddd)

Wolfhagen

"In einer Kleinstadt wie Wolfhagen ist ein Dieselfahrverbot kein Thema", sagt Bürgermeister Reinhard Schaake. In der Innenstadt gebe es einfach auch keine große Belastung wie in Großstädten. Das sagt auch Habichtswalds Bürgermeister Thomas Raue. Um aktiv werden zu können, müsste zunächst eine Messstation aufgestellt, und Grenzwerte müssten überschritten werden. Das sei für eine kleine, ländliche Kommune wie Habichtswald unrealistisch. (ewa/ant)

Hersfeld-Rotenburg

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das Diesel-Fahrverbote in Städten für grundsätzlich möglich erklärt, beschäftigt auch die Diesel-Fahrer und die Kfz-Branche im Kreis. Wir sprachen mit Innungsobermeister Kurt Modenbach aus Rotensee.

Was bedeutet das Urteil für Fahrer von Diesel-Fahrzeugen? Bemerken Sie bei Ihren Kunden eine Verunsicherung?
Kurt Modenbach: Die Kunden sind schon verunsichert. Viele fragen nach, bevor sie sich für eine Neuanschaffung entscheiden. Die interessante Frage ist ja jetzt, wie die Städte mit der Möglichkeit von Fahrverboten umgehen.

Lohnt es sich überhaupt noch, einen Diesel zu kaufen?
Modenbach: Diesel-Fahrzeuge sind in der Anschaffung teurer, dafür im Verbrauch günstiger. Wer mehr als 20.000 Kilometer im Jahr fährt, für den lohnt sich das. Im ländlichen Raum werden wir kaum Probleme haben, schwieriger ist es für die, die regelmäßig in große Städte fahren.

Was sagen Sie zum Thema Nachrüstung von Diesel-Fahrzeugen?
Modenbach: Meine persönliche Meinung ist: Die Hersteller haben’s verbockt, die müssen für die Nachrüstung sorgen. Die Kosten auf die Kunden umlegen zu wollen, ist eine Sauerei. Es kann nicht sein, dass die Hersteller sich so verweigern. (zac)

Das müssen Diesel-Besitzer jetzt wissen

Es scheint immer wahrscheinlicher, dass bald die ersten Städte Straßen für ältere Diesel sperren, um die Luft sauber zu bekommen. Was Besitzer von Diesel-Fahrzeugen jetzt wissen müssen, haben wir hier zusammengefasst.

Kommentar: Urteil ist überfällig

Das Urteil zu möglichen Diesel-Verboten war absehbar, nachvollziehbar und überfällig, kommentiert HNA-Nachrichtenchef Tibor Pézsa. Die Gesundheit der Allgemeinheit steht über dem Eigentumsrecht von Dieselfahrern.

mit dpa

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