Bundesliga

Sidney Friede über seinen Top-Start in Mouscron: "Ich musste mal raus aus Berlin"

Der Leihspieler über seinen Top-Start in Mouscron

Friede: "Ich musste mal raus aus Berlin"

Hat in Mouscron gut lachen: Herthas Leihgabe Sidney Friede.

Hat in Mouscron gut lachen: Herthas Leihgabe Sidney Friede. imago

Das Training liegt hinter ihm. Sidney Friede wirkt entspannt am Telefon - und mit sich im Reinen. Als Ziel der Ausleihe des deutschen U-20-Nationalspielers nach Mouscron nannte Manager Michael Preetz, "dass Sidney möglichst viele Spielminuten auf möglichst hohem Niveau sammelt". Bisher geht der Plan voll auf. Friede, der bei Hertha für die U 23 in 41 Regionalliga-Spielen 5 Tore erzielte, aber noch auf sein Bundesliga-Debüt wartet, zählt bei seinem neuen Klub nach einem Drei-Minuten-Debüt als Joker seit drei Spielen zum Stammpersonal - und spielte jeweils durch. Sowohl beim 2:1 in Gent als auch beim 3:0 gegen Charleroi traf der Neuzugang, der in Mouscron mit Trainer Bernd Storck und Sportdirektor Jürgen Röber ein Vorgesetzten-Duo mit langjähriger Hertha-Vergangenheit hat.

Sie haben in Ihren ersten drei Startelf-Einsätzen für Mouscron zweimal getroffen. Ist das Toreschießen in Belgien so einfach oder spielen Sie gerade am Limit, Herr Friede?

Spielersteckbrief Friede
Friede

Friede Sidney

Friede: Ich bin hier schnell integriert worden. Zwei Tage nach der Leihe kam ich gleich als Joker zum Einsatz, seitdem bin ich drin in der Mannschaft. Dass es für das Team gerade so gut läuft, macht’s dann für mich natürlich einfacher. Über die Tore freue ich mich. Selbst den Abschluss zu suchen, das hat ja mein Spiel immer auch ausgemacht.

Trainer in Mouscron ist Bernd Storck, Sportdirektor Jürgen Röber. Welche Art Fußball lässt Storck spielen?

Wir haben lange Ballbesitzpassagen, spielen wenig lange Bälle. Das liegt mir. Die Spieler hier in der Liga sind technisch alle versiert. Ich habe bei Hertha eine sehr gute taktische Grundausbildung mitbekommen. Das nutzt mir jetzt.

Mouscron überwinterte als Vorletzter und hat 2019 alle vier Liga-Spiele gewonnen, darunter auch auswärts beim souveränen Tabellenführer KRC Genk. Warum läuft’s plötzlich?

So eine Siegesserie hatte der Klub in der 1. Liga noch nie. Ich glaube, der Hauptgrund ist, dass der Trainer in der Winterpause seine Ideen umsetzen konnte, im Trainingslager in Spanien wurde beispielsweise auch der 1. FC Nürnberg besiegt. Im Herbst war das vermutlich noch schwierig, weil Bernd Storck mitten in der Saison kam (Anfang September, d. Red.). Da hat ein Trainer nicht viel Zeit.

Sie spielen unter Storck im Mittelfeld, wo Sie groß geworden sind. In Berlin hat Pal Dardai zuletzt versucht, Sie zum Innenverteidiger umzuschulen. War das die falsche Position?

Ich habe die Position angenommen. In der U23 habe ich auch schon im Sturm gespielt, ich bin recht vielseitig. Aber die Position, auf der ich meine Stärken am besten ausspielen kann, ist aus meiner Sicht die Acht. Mal spielen wir hier mit einer Doppel-Sechs, mal mit einem Sechser und zwei Achtern davor. Ich kann in die gegnerische Box und selbst Torgefahr entwickeln. Das ist etwas, was mir liegt.

War der Schritt weg aus Berlin überfällig?

Es war schon im letzten Sommer ein Thema, da hatte es aber noch nicht funktioniert. Jetzt war’s der richtige Moment und der richtige Schritt. Ich musste mal raus aus Berlin, mich in einer anderen Umgebung behaupten. Ich hab‘ vorher noch bei meiner Mutter gewohnt. Der Schritt nach Belgien bringt mir nicht nur sportlich eine Menge, sondern ganz sicher auch für die Persönlichkeit.

Sind Sie selbst überrascht von Ihrem Blitzstart?

Ich freu' mich einfach und will jetzt dranbleiben. Ich kann mich hier komplett auf Fußball konzentrieren. Mouscron ist eine kleine Stadt mit nicht mal 60.000 Menschen und vielen Kirchen, da gibt’s ansonsten nicht so viel Ablenkung (lacht). Das ist ganz gut für mich.

Sie haben in Berlin zweieinhalb Jahre mit der Bundesliga-Mannschaft trainiert. Was hat Ihnen dort gefehlt für den endgültigen Sprung?

Auf meiner Position sind wir sehr gut besetzt, dazu kamen ein paar Verletzungen. Es hat für mich nicht so ausgesehen, dass sich an meiner Situation schnell etwas ändert. Ich hätte im Januar auf Leihbasis auch zu einem Zweit- oder Drittligisten innerhalb Deutschlands wechseln können. Aber Mouscron war der richtige Schritt.

Die Leihe läuft bis Sommer, Mouscron hat keine Kaufoption. Spielen Sie schon mit dem Gedanken, noch eine weitere Saison in Belgien dranzuhängen?

Es war von Anfang an vorgesehen, dass ich im Sommer nach Berlin zurückkehre. Und das will ich nach wie vor. Mein Ziel bleibt es, mich bei Hertha durchzusetzen. Und der Kontakt ist auch jetzt sehr eng. Mit Jordan Torunarigha schreib‘ ich praktisch jeden Tag, auch Michael Preetz oder Ante Covic (Herthas U-23-Coach, d. Red.) haben mir nach Siegen Nachrichten geschrieben. Ich bin dort nicht abgeschrieben.

Was ist drin in dieser Saison für Mouscron und für Hertha?

Für uns geht es nur um den Klassenerhalt, auch wenn wir jetzt zwölf Punkte Puffer auf den Letzten Lokeren haben. Hertha traue ich eine gute Rückrunde und dann vielleicht sogar einen Europa-League-Platz zu. Der Auftritt in Mönchengladbach letzten Samstag war schon beeindruckend.

Interview: Steffen Rohr