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15 Fakten zu Flüchtlingen, die jeder wissen will

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Fluechtlinge Deutschland Faktencheck
Hunderttausende Flüchtlinge sind in Deutschland angekommen. Was ihnen zusteht und was sie erwartet, erfahren Sie in unserem Faktencheck. © afp

München - Jeden Tag liest, hört, sieht man von ihnen. Die Flüchtlinge. Doch wer ist das überhaupt? Und welche Leistungen erhalten sie wirklich in Deutschland? 15 Fakten über die Menschen, die in Deutschland Asyl suchen.

Update vom 25. Januar 2016: Die Vorfälle in Köln mit dutzendfachen Übergriffen auf Frauen am Kölner Hauptbahnhof in der Neujahrsnacht und die daraus folgende veränderte Diskussion in Sachen Flüchtlingen werfen neue Fragen auf. Viele der Kriminellen waren Asylbewerber, die Anträge von einigen wurden schon abgelehnt. Alle Informationen zu Abschiebungen und straffälligen Asylbewerbern finden Sie weiter unten.

Update vom 30. September 2015: Ein 110 Jahre alter Flüchtling aus Afghanistan hat Passau erreicht. Was Sie außerdem zur Flüchtlingskrise in Europa wissen müssen, können Sie in unserem News-Ticker nachlesen.

Update vom 27. September 2015: Mit den Flüchtlingen kommt auch der Nachwuchs nach Deutschland. Wenn die Mädchen und Buben nun in Münchner Schulen kommen, stehen die Lehrer vor ganz neuen Aufgaben: Die Flüchtlingskinder müssen Deutsch lernen.

Der Großteil der Menschen, die derzeit in Deutschland einen Asylantrag stellen, ist männlich, jung und muslimischen Glaubens. Laut Bundesinnenministerium lag der Anteil der muslimischen Asylbewerber innerhalb des bisherigen Jahres 2015 bei etwa 70 Prozent. Etwa 18 Prozent sind Christen, fünf Prozent Jesiden. Damit ist der Anteil der Muslime gestiegen, 2014 waren es 63 Prozent.

Ungefähr zwei Drittel der Asylbewerber sind männlich. Die meisten sind jünger als 30 Jahre. Ein knappes Drittel aller Asylbewerber war im laufenden Jahr 2015 minderjährig. 2014 waren die Zahlen ähnlich.

Die meisten Asylanträge in Deutschland stellten im bisherigen Jahr Menschen aus Syrien. Es folgen Albanien und Kosovo als nächsthäufigste Herkunftsländer. Im August 2015 kam mehr als ein Drittel aller Erstantragsteller aus den Balkanländern Albanien, Serbien, Mazedonien, Kosovo, Bosnien und Herzegowina und Montenegro.

Der Vergleich mit den Zahlen aus den Vorjahren, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bereits veröffentlicht hat, zeigt, dass es 2015 zwar so viele Asylanträge gibt wie nie zuvor (Knapp 444.000 von Januar bis Dezember), die Anerkennungsquote als Asylberechtigte aber bei unter einem Prozent. Zwar wurden im Jahr 2015 mehr als 137.000 Flüchtlingen die rechtliche Stellung als Zuschauer zuerkannt, doch dies bedeutet nicht automatisch die Gewährung von Asyl.

1. Flüchtlinge - Wer darf in Deutschland bleiben?

Asylbewerber erhalten ihren unterschiedlichen Status, je nach der Situation im Heimatland und den persönlichen Umständen. Neben der Asylberechtigung als politisch Verfolgte gibt es noch andere Schutzansprüche, die Asylbewerbern erlauben in Deutschland zu bleiben: Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz und Abschiebungsverbot. Anrecht auf Flüchtlingsschutz haben Menschen, die beispielsweise auf Grund ihrer Rasse oder Religionszugehörigkeit in ihrem Heimatland verfolgt werden. Subsidiärer Schutz wiederum wird Flüchtlingen zuerkannt, die zum Beispiel Folter, Todesstrafe oder willkürliche Gewalt in ihrer Heimat fürchten müssen. Das Abschiebeverbot greift, wenn dem Flüchtling kein anderer Status zugesagt wurde, ihm in seinem Herkunftsland aber eine erhebliche Gefahr droht. Wer zwar zur Ausreise verpflichtet ist, aber vorerst nicht abgeschoben werden kann, kann zudem aus verschiedenen Gründen eine Duldung erhalten. Beispielsweise, wenn keine Ausweisdokumente vorliegen oder eine Ausbildung in Deutschland absolviert wird.

2. Welche Leistungen stehen Asylbewerbern zu?

In Deutschland bestimmt zunächst das Asylbewerberleistungsgesetz, welche Leistungen einem Flüchtling zustehen. Grundsätzlich gibt es Leistungen zur „Deckung des notwendigen Bedarfs“ und zur „Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens“. Ersteres bedeutet, dass jeder Flüchtling unter anderem einen Anspruch auf Nahrung, Strom, Kleidung oder auch Körperpflege hat. Da Flüchtlinge in den ersten Wochen in einer Sammelunterkunft leben, wird der notwendige Bedarf daran dort meist durch Sachleistungen gedeckt. Länder und Kommunen können aber frei entscheiden, ob sie beispielsweise Essenspakete anbieten, oder Flüchtlingen Geld zur Verfügung stellen. Auch können Gutscheine ausgegeben werden, wenn es an Kleidung oder Notwendigkeiten in der Unterkunft fehlt. Zudem steht jedem Asylbewerber ein Geldbetrag zur Deckung sogenannter persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens zu.

3. Flüchtlinge - Wer bekommt wie viel Geld?

Wie viel Geld ein Asylbewerber erhält, hängt zum einen davon ab, in welchem Lebensverhältnis er steht und wie alt er ist. Zum anderen sind die Sätze höher, wenn ein Asylbewerber sich selbst in einer Wohnung versorgt, da dann die Verpflegung in der Sammelunterkunft wegfällt. In der Erstaufnahmeeinrichtung erhält ein erwachsener alleinstehender Flüchtling lediglich 143 Euro zur Deckung persönlicher Bedürfnisse – das sogenannte Taschengeld. Zusammenlebende Partner erhalten je 129 Euro. Für ein Kind bis zu sechs Jahren gibt es im Monat 84 Euro, im Alter von 6 bis 13 Jahren sind es 92 Euro. Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren bekommen 85 Euro. Leben Asylbewerber später außerhalb einer solchen Einrichtung und müssen Dinge wie Strom oder Kleidung selbst abdecken, dann erhalten Alleinstehende zusätzlich 216 Euro, Partner je 194 Euro, und ein Kind bis zu sechs Jahren 133 Euro. Für Kinder zwischen sechs und 13 Jahren gibt es 157 Euro zusätzlich. Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren erhalten 198 Euro monatlich obendrauf. Der Bedarf für eine Unterkunft, Heizung und Hausrat wird zusätzlich gedeckt. Ist ein Flüchtling länger als 15 Monate im Land, stehen ihm bei Bedürftigkeit Leistungen auf Sozialhilfe-Niveau zu. Damit erhält ein alleinstehender Asylbewerber dann etwa 392 Euro. Außerdem werden – wie bei Hartz-IV-Empfängern – Wohnkosten erstattet.

4. Sind Flüchtlinge krankenversichert?

Per Gesetz steht Asylbewerbern eine medizinische Versorgung zu, wenn sie unter akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen leiden. Zusätzliche Leistungen wie beispielsweise ein Zahnersatz werden nur genehmigt, wenn deren Behandlung durch einen Mediziner als unaufschiebbar eingestuft wird. Ist eine Asylbewerberin schwanger oder wochenlägrig, werden ihr ärztliche und pflegerische Hilfe sowie Betreuung, Medikamente und Hebammenhilfe gewährt. Nach einer Gesetzesänderung vom März 2015 haben Flüchtlinge nach einer Wartefrist von 15 Monaten Anspruch auf medizinisch Leistungen entsprechend der gesetzlichen Krankenversicherung.

5. Wieso haben so viele Flüchtlinge moderne Handys?

Die Flucht nach Europa ist meist lang und kompliziert, ohne ein Handy wäre die Organisation kaum möglich. Außerdem können Handys für Flüchtlinge besonders wichtig sein, um den Kontakt zu ihren Familienangehörigen aufrecht zu halten.

6. Wieso tragen Flüchtlinge oft Markenkleidung?

Die Stadt München weist darauf hin, dass Flüchtlinge Kleidung aus der Kleiderspende bekommen. Darunter seien auch teils gut erhaltene und hochwertige Klamotten.

7. Wird Asylbewerbern Deutschunterricht bezahlt?

Das Recht und sogar die Pflicht zum Besuch eines finanzierten Deutschkurses haben nur Ausländer, deren Asylantrag bereits bewilligt wurde. Möchte ein Asylbewerber mit noch ungeklärtem Status oder einer Duldung einen Deutschkurs besuchen, muss er entweder selbst für den Unterricht bezahlen oder auf ehrenamtliche Angebote hoffen. Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene haben aber ab Beginn ihres Aufenthalts in Deutschland einen Anspruch auf Bildung.

8. Dürfen Flüchtlinge in Deutschland arbeiten?

Flüchtlinge dürfen nicht sofort nach ihrer Ankunft in Deutschland arbeiten. Drei Monate müssen sie auf jeden Fall warten. Während der ersten 15 Monate können sie dann eine Stelle antreten, wenn dafür nicht auch ein Deutscher oder ein EU-Bürger infrage kommt. Das Asylverfahren muss allerdings nicht abgeschlossen sein. Die Bundesagentur für Arbeit hatte jüngst vorgeschlagen, diese Vorrangprüfung abzuschaffen für Bereiche, in denen Unternehmen nur schwer Arbeitskräfte finden. Daneben gibt es ein Leiharbeitsverbot. Derzeit dürfen Asylbewerber demnach vier Jahre lang nicht bei Zeitarbeitsfirmen anheuern. Der Grund für diese Auflage ist laut dem Bundesarbeitsministerium, dass bei Zeitarbeit keine Vorrangprüfung für eine bestimmte Stelle möglich ist.

9. Dürfen Flüchtlinge ihre Familie nachholen?

Flüchtlinge, die in Deutschland eine Aufenthaltsberechtigung erhalten, können ihre Familie nachholen. Das setzt allerdings voraus, dass der Lebensunterhalt gesichert und ausreichend Wohnraum vorhanden ist. Der nachziehende Ehegatte muss zudem in der Regel vorher Grundkenntnisse der deutschen Sprache nachweisen. 

10. Erhalten Asylbewerber in München ein kostenloses MVV-Ticket?

Asylbewerber in München haben einen Anspruch auf das Sozialticket (IsarCard S). Bezahlen müssen sie die Zeitkarten laut der Stadt München aus den Leistungen, die ihnen ausbezahlt werden.

11. Müssen Flüchtlinge ihr Vermögen abgeben?

In der Bundesrepublik werden Asylsuchende grundsätzlich an bestimmten Kosten beteiligt, wenn sie Geld haben. Geregelt ist das in Paragraf 7 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Staatliche Leistungen bekommen Asylsuchende demnach nur, wenn sie selbst nicht genug Geld besitzen oder verdienen. Asylbewerber mit einem Job dürfen laut Gesetz 25 Prozent ihres Einkommens als Freibetrag behalten, der Rest wird auf die staatlichen Leistungen angerechnet. Beim Vermögen greift ein Freibetrag von 200 Euro pro Kopf.

12. Wer muss Deutschland verlassen?

Wer weder als Asylberechtigter noch als Flüchtling anerkannt wird, keinen subsidiären Schutz und keinen sonstigen Aufenthaltstitel etwa durch Eheschließung erhält, wird zur Ausreise aufgefordert. Personen, die nach einer genannten Frist (in der Regel 30 Tage) nicht ausgereist sind, können von den Ausländerbehörden der Bundesländer abgeschoben werden. Nach den Vorfällen in der Silvesternacht fordern Politiker nun schnellere Abschiebungen für ausländische Straftäter.

13. Wie können Straftäter ausgewiesen werden?

Ein Ausländer kann ausgewiesen werden, wenn er rechtskräftig zu mehr als einem Jahr Haft verurteilt wurde. Er darf jedoch nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine persönliche Freiheit bedroht ist. Ein verurteilter Flüchtling, der aufgrund eines solchen sogenannten Abschiebungshindernisses nicht abgeschoben werden kann, wird in Deutschland inhaftiert. Zudem findet stets eine Abwägung mit dem Bleibeinteresse statt: Hier zählen etwa familiäre Bindungen und die Aufenthaltsdauer in Deutschland.

14. Wie ist das Verfahren bei schweren Straftaten?

Wer eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit bzw. die Allgemeinheit darstellt, kann sich nicht auf ein solches Abschiebungshindernis berufen. Dies gilt für Personen, die schwere oder besonders schwere Verbrechen begangen haben, wenn ein Strafmaß von über drei Jahren verhängt wurde und/oder der Betroffene als rückfallgefährdet gilt. Allerdings darf auch ein solcher Straftäter nicht in ein Land abgeschoben werden, in dem ihm Folter oder die Todesstrafe droht. Daneben genügt der Verdacht auf Mitgliedschaft oder Unterstützung einer Terrorgruppe, um eine Ausweisung zu verfügen - was in der Praxis jedoch oft kompliziert ist.

15. Was geschieht mit ausgewiesenen Straftätern?

Der Vollzug von Ausweisungen scheitert zum Teil an der Weigerung von Herkunftsländern, Bürger ohne Papiere wieder aufzunehmen. Straftäter wollen viele ebenfalls nicht wieder einreisen lassen. Deutschland hat zwar Rückübernahme-Abkommen mit manchen Ländern geschlossen, doch deren Wirksamkeit ist umstritten. Politiker fordern nun, Herkunftsländern die Entwicklungshilfe zu kürzen, wenn sie verurteilte - und auch schlicht abgelehnte - Asylbewerber nicht zurücknehmen. Fachleute halten die bestehenden Regeln jedoch für ausreichend. Der Frankfurter Rechtsanwalt Reinhard Marx etwa sagte der „Süddeutschen Zeitung“, es brauche keine Verschärfung.

Laura Zwerger und Sebastian Horsch (Mit Material von dpa und afp)

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