Schockverliebt in unsere Leichtathletinnen
Der Duden, so haben wir aktuell vernommen, hat soeben 5000 neue Begriffe aufgenommen. Einer jedoch ist noch nicht unter den Zugängen: „schockverliebt“. So sagt man jetzt immer, wenn der erste Eindruck, den man von jemandem gewinnt, ein sehr sympathischer ist und direkt ins Herz geht.
Seit dem Wochenende ist Deutschland schockverliebt in Gina Lückenkemper. Also zumindest der Teil Deutschlands, der die 100-Meter-Vorläufe der Leichtathletik-WM und später noch das ZDF-Sportstudio gesehen hat. Im Stadion in London lief besagte Gina Lückenkemper ihre Strecke für deutsche Verhältnisse unheimlich schnell. Aber vor allem: Vor dem Start schon lachte sie, wie heutzutage im lebensernst gewordenen Sport keiner mehr lacht – und abends in der Fernsehsendung verstellte sie sich, anders als die abgebrühten Fußballgäste, kein bisschen und hinterließ uns die wunderbare Geschichte, dass sie vor einem Wettkampf zur Energiegewinnung gerne mal an einer Batterie leckt. Im Halbfinale am nächsten Tag ist sie dann zwei Zehntel langsamer gewesen und ausgeschieden – doch wen stört’s? Wahre Schockliebe setzt sich über schnöde Resultate hinweg.
Auch bei Konstanze Klosterhalfen. Die zweite neue Fernsehliebe der Deutschen. Bei ihrem Versuch, in den 1500-m-Endlauf zu stürmen, wurde sie eingeholt, ihr Solo war taktisch ein bisschen dumm. Aber sieht man ihr nach: Sie ist 20, stammt aus Königswinter-Bockeroth, spielt Flöte und Klavier und dient als Ministrantin – wie also könnte man sich nicht schockverlieben? Gut, sie bringt auch eine gewisse Optik mit: Konstanze modelt nebenzu (was sich bei ihrem Body-Mass-Index – 48 Kilo auf 1,75 Meter – auch anbietet).
International gewinnen werden – in Medaillenwährung – Lückenkemper und Klosterhalfen so schnell noch nichts. Rein an den Erfolgen wollen wir sie jedoch auch gar nicht messen, und als polyamore Sportfans haben wir natürlich vorgesorgt. Wir warten in London auf Gesa Felicitas Krause, unsere 3000-m-Hindernisläuferin, die vor zwei Jahren bei der WM Bronze geholt hat. Neulich sahen wir sie bei der Team-EM eindrucksvoll siegen und merkten: Wir waren noch verliebt wie am ersten Tag.