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Lungenarzt kritisiert Umgang mit dem Coronavirus - Virologie-Experte Drosten kontert scharf

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Arzt und Politiker Wolfgang Wodarg sieht im Umgang mit dem Coronavirus Panikmache. Jetzt kontert Chef-Virologe Christian Drosten die Kritik und findet deutliche Worte.

Berlin - Das neuartige Coronavirus* greift weltweit immer weiter um sich. In Europa gilt Italien als am schlimmsten betroffen. Doch das Virus breitet sich nun auch in Österreich und Deutschland immer weiter aus. Bayern* und nun auch die Bundesrepublik haben deshalb bereits drastische Maßnahmen ergriffen, die unter anderem das öffentliche Leben in vielen Bereichen einschränken. 

Dennoch gibt mancherorts nach wie vor die Ansicht, dass das neuartige Coronavirus nicht so schlimm sei, wie oftmals behauptet. Ein prominenter Unterstützer dieser These ist der Arzt Wolfgang Wodarg. Eines seiner Youtube-Videos geistert gerade durchs Netz. Nun reagiert der prominente Virologe Christian Drosten auf die Thesen von Wodarg - und wird dabei deutlich.

Coronavirus „nichts Besonderes“? Wodarg sorgt mit Thesen für Aufsehen

Nach Ansicht Wolfgang Wodargs - Politiker und Lungenfacharzt - ist das neuartige Coronavirus weniger gefährlich als weithin berichtet wird. In Interviews und vor allem einem Youtube-Video, das derzeit vielfach in sozialen Medien geteilt wird, bezeichnet Wodarg die jetzige Reaktion auf das Virus als Panikmache. Seiner Ansicht nach hat es Coronaviren schon immer gegeben. 

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Auch seien bei sieben bis 15 Prozent der Erkrankten mit Grippesymptomen auch bisher immer schon Coronaviren gefunden worden. „Es ist also nichts Besonderes, dass es jetzt neue Coronaviren gibt. Das heißt aber nicht, dass diese gefährlicher sind als andere“, erklärte Wodarg im Interview bei der ZDF-Sendung „Frontal21“.

Drosten reagiert auf Coronavirus-Thesen: „Das stimmt“ - aber...

In seinem täglichen Podcast mit dem NDR wurde nun Christian Drosten*, Chef der Virologie der Berliner Charité, mit den Thesen Wodargs konfrontiert und reagierte deutlich. Zunächst bestätigt Drosten einige Zahlen, die Wodarg nennt: „Das stimmt, es gibt natürlich Coronaviren - vier Stück - in der menschlichen Bevölkerung. Die kommen saisonal vor, also vor allem auch, wenn Grippezeit ist. Und die Häufigkeit stimmt auch ungefähr“, so Drosten im NDR. Aber: „Die haben mit dem neuen Coronavirus nichts zu tun“.

Neu ist laut Drosten vor allem, dass das neuartige Coronavirus nun als Pandemie* auf uns zukomme, dass es also sehr viele Infektionen gleichzeitig gebe. Zudem sei der Krankheitsverlauf bei dem neuen Virus ein anderer als bei den bisherigen Coronaviren. Dann geht Drosten auf eine weitere These Wodargs ein. Danach würden die Todeszahlen* durch das neue Virus in der allgemeinen Gesamt-Sterblichkeit der Bevölkerung gar nicht auffallen, falls man nicht gezielt danach sucht. Dafür seien es zu wenige. 

Corona-Todesrate - Drosten: „Das kann man aber alles gar nicht vergleichen“

Auch diesem Punkt stimmt Drosten zum jetzigen Zeitpunkt zu. Im Vergleich zur Gesamt-Sterblichkeitsrate würden die Toten durch das neue Coronavirus aktuell kaum ins Gewicht fallen. Dazu meint Drosten aber deutlich: „Das kann man aber alles gar nicht vergleichen“. Außerdem werde sich dieses Bild bald ändern. 

Man befinde sich in Deutschland aktuell auf der ansteigenden Seite der Infektionskurve, so Drosten, der weiter erklärt: „Wenn wir jetzt nichts tun - und zwar drastisch und einschneidend - dann wird das so weiter gehen und wir haben im Juni oder Juli ein Problem. Dann haben wir einen Effekt auf die Letalität, also auf die Anzahl der sowieso Versterbenden. Und man wird das nicht nur in der Statistik sehen, sondern man wird das in den Krankenhäusern sehen. Diese Patienten werden dann nicht mehr behandelt werden können und die werden sterben. Das ist jetzt in Italien auch gerade der Fall.“ 

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Zudem seien nun am neuen Coronavirus innerhalb von wenigen Wochen etliche Menschen gestorben. Die Gesamt-Sterblichkeit beziehe sich meist auf ein Jahr, also auf einen viel längeren Zeitraum. Deshalb könne man die Zahlen so schwer vergleichen.

Wodargs Ansicht, das neue Coronavirus sei nicht so schlimm, bezeichnet Drosten als „Verdrängungsmechanismus“ und meint weiter: „Es gibt natürlich verschiedene Möglichkeiten mit dieser Situation umzugehen. Eine ist jetzt steile Thesen in die Öffentlichkeit zu setzen und zu sagen: Das gibt es alles gar nicht“. 

Allgemein sei man in Deutschland nun auf einem ganz guten Weg im Umgang mit dem Virus, so Drosten. Allerdings meint er auch: „Viele haben das noch nicht verstanden. Man sieht jetzt noch sehr viele Leute ziemlich sorglos damit umgehen.“ Er sehe etwa mitten in Berlin weiter Leute vor und in den Kneipen sitzen. Dazu meint der Virologe: „Das sollte jetzt mal langsam aufhören“. 

Unterdessen etabliert sich in Corona-Zeiten in Deutschland eine neue soziale Aktion, die den Zusammenhalt in der Bevölkerung zeigt. Indes spitzt sich die Lage in Österreich durch das Coronavirus zu. Ganz Tirol steht unter Quarantäne. Unterdessen meldet Spanien alarmierende Zahlen. Auch in Großbritannien wird die Lage ernster und in Afrika könnte eine regelrechte Katastrophe drohen.

Drosten oder Streeck? - Die Corona-Virologen haben eigene Fanclubs*. Auf Twitter löste das ein witziges Battle aus, wie tz.de berichtete.

rjs

*Merkur.de und tz.de sind Teile des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.

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