Berlin. Alba verzichtet ab der neuen Spielzeit auf die Alba Dancers. „Junge Frauen als attraktive Pausenfüller“ seien nicht mehr zeitgemäß.

Dass Basketball-Bundesligist Alba Berlin seine Cheerleader abschafft, hat eine Debatte ausgelöst - und in die schaltet sich jetzt sogar Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) ein. Der auch für den Sport zuständige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) plädiert nun für gemischte Tänzergruppen.

"Wenn die Besetzung nur mit Frauen als nicht mehr zeitgemäß empfunden wird, könnten wir das verändern", sagte der 70 Jahre alte Seehofer im Interview der "Bild am Sonntag". Gemischte Cheerleading-Teams "verstehen es durchaus zu begeistern. Das würde auch viel stärker unsere Gesellschaft und die Zusammensetzung der Fans abbilden".

Einen generellen Verzicht auf weibliche Cheerleader lehnt Seehofer ab: "Cheerleading ist ein Sport mit langer und internationaler Tradition. Die Vereine müssen jeweils selbst entscheiden."

Für Alba-Geschäftsführer Baldi passen Cheerleader "nicht mehr in die Zeit"

Basketball-Bundesligist Alba Berlin wird zur kommenden Saison auf seine Cheerleader, die Alba Dancers, verzichten. Das gab der Verein am Donnerstag bekannt. „Wir sind zu der Überzeugung gekommen, dass das Auftreten junger Frauen als attraktive Pausenfüller bei Sportevents nicht mehr ins unsere Zeit passt“, formulierte Geschäftsführer Marco Baldi auf der Homepage des Vereins.

Die Alba Dancers hätten in den vergangenen 25 Jahren Tolles geleistet und seien mehrfach als bestes Danceteam Europas ausgezeichnet worden, lobte Baldi. Den Verantwortlichen im Verein sei bewusst, dass nicht wenige Fans die Alba Dancers vermissen werden. Es sei allerdings der Eindruck entstanden, dass Frauen bei Alba vor allem für die tanzende Pausenunterhaltung zuständig seien, während die Männer Basketball spielten“, erklärte Baldi.

Scharfe Kritik von Cheerleaderin

Cheerleaderin Anne äußerte sich verärgert über die Entscheidung. Bei Instagram schrieb sie: „Wer denkt, diese Entscheidung sei 'zeitgemäß', hat die letzten 100 Jahre Emanzipation verpasst. Enttäuschung ist gar kein ausreichender Ausdruck für diese mehr als erbärmliche Rechtfertigung."

Unter dem Hasthag "#deeplychauvinistic ("zutiefst chauvinistisch") fügte sie ironisch hinzu: „Hilfe, wir wurden gezwungen, unserem Sport und somit unserer Leidenschaft nachzugehen. Unseren Vorbildern aus der NBA nachzufeiern." Und: "Dazu zählt auch das Kostüm. Was mehr nicht ist. Eine Verkleidung, die zu diesem Sport gehört und rein gar nichts über den Menschen, der es trägt, aussagt.“

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Alba Berlin schafft Cheerleader ab: Für die Alba Dancers kam die Entscheidung nicht überraschend

Auch die Trainerin der Cheerleader, Valesca Stix, kritisierte die Alba-Verantwortlichen: „Ich kann verstehen, wenn man sich umorientieren möchte, aber die Begründung finde ich persönlich falsch.“

Die Alba Dancers traf der Entschluss des Klubs nicht unvorbereitet. „Die Entscheidung, die Alba Dancers aus dem Programm zu nehmen, war ein langer Prozess, in den ich mit einbezogen war. Die Trennung kam also nicht überraschend“, sagte Trainerin Stix der dpa.

Cheerleader-Nachwuchs tritt nur noch bei Wettkämpfen an

Das Team hat sich mittlerweile aufgelöst. „Die jüngeren Mitglieder sind bei befreundeten Teams oder im Friedrichstadtpalast untergekommen. Die älteren suchen sich einen neuen Sport“, sagt Stix. Alba selbst will das Cheerleading im Nachwuchs zwischen fünf und 16 Jahren weiter fördern. Die Albambinis treten aber nicht mehr bei Spielen in der Mercedes-Benz Arena auf, sondern nur noch zu Wettkämpfen an.

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Alba wolle stattdessen in Zukunft noch stärker Basketball spielende Frauen fördern. „Wir haben bereits heute die mit Abstand größte Mädchen- und Frauenbasketballabteilung Deutschlands. Unsere erste Frauenmannschaft ist vor einem Jahr in die 2. Bundesliga aufgestiegen. Wir werden diese Dynamik aufnehmen und stärken, mit dem Ziel, dass auch unser Frauenteam in einigen Jahren um die Deutsche Meisterschaft kämpft“, so Baldi.

Es gab klare Regeln bei den Cheerleadern von Alba. Keines der Mädchen hatte einen Stammplatz. In den Sommerpausen gab es Castings. Die Mädchen mussten dort vortanzen, danach ging es in ein sogenanntes Bootcamp. Danach wurde entschieden, wer Alba-Cheerleader wird. Außerdem durften die Cheerleader keine Beziehung zu Spielern der Mannschaft haben.

Alba verzichtet auf Cheerleader: So reagieren die Berliner Klubs

Vereine wie die Füchse Berlin, BR Volleys oder die Berlin Adler lassen Cheerleader während der Spiele auftreten. Bei den Füchsen Berlin tanzen die Cheerleader vom TSV Rudow. „Ich akzeptiere die Entscheidung von Alba Berlin. Die Cheerleader vom TSV Rudow betreiben das als Sport. Sie möchten das gerne. Sie machen das ehrenamtlich. Sie wollen sich weiter entwickeln, um erfolgreich zu sein. Sie wollen das bei uns als Plattform nutzen“, erklärt Manager Bob Hanning.

“Tanzen ist eine Sportart wie Fußball oder Handball. Sie steht aber nicht so im Fokus. Es ist schön, wenn Cheerleader die Möglichkeit haben aufzutreten.“ Bob Hanning erklärte aber auch, dass er das Gespräch mit den Cheerleadern vom TSV Rudow suchen will. „Wir werden ihnen aber nicht verbieten, bei uns aufzutreten, wenn sie das weiterhin machen möchten.“

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Bei den BR Volleys treten die Cheerleader nicht mehr so häufig auf

Auch bei den BR Volleys gibt es Cheerleader - doch diese treten nicht so oft auf. „Wir haben die Einsätze unserer Cheerleader schon in den vergangenen Jahren bewusst sukzessive runtergefahren, um den Fokus während des Spiels verstärkt auf den Sport zu richten. Ganz verzichten möchten wir auf diese Bereicherung unseres Events aber nicht, denn das Berlin Dance Team verbringt ebenfalls große sportliche Leistungen und erhält bei uns eine angemessene Bühne dafür. Einen punktuellen Einsatz wird es bei uns weiterhin geben, solange sich die Cheerleader selbst dabei wertgeschätzt und gut fühlen“ teilte der Verein mit.

Die Footballer der Berlin Adler werden auch weiterhin auf die Cheerleader setzen. „Die Begründung (von Alba Berlin/Anm. d. Red.) ist schon - sagen wir - amüsant. Leicht bekleideten Frauen könnte man zum Beispiel auch nur etwas mehr Stoff spendieren, schon könnte der Fokus evtl. auf das sportliche der Darbietung gelegt werden. Oder man stattet die Abteilung mit Herren aus“, teilte der Klub mit.

Uli Hoeneß: „Muss die Mädchen fragen“

Der FC Bayern will die Situation im eigenen Verein zunächst prüfen. Dabei sollen nach dem Willen der Verantwortlichen vor allem die Cheerleader angehört werden. „Am Ende muss man die Mädchen fragen“, sagte Vereinspräsident Uli Hoeneß am Freitag in München.

Der Argumentation von Alba Berlin stimmte Hoeneß zu. „Wenn man dies macht, nur um junge Frauen zu präsentieren, die möglichst wenig anhaben, dann ist die Entscheidung von Berlin richtig“, sagte er. „Aber ich sehe das bei uns als Sport und habe nicht das Gefühl, dass es darauf angelegt ist, die Mädchen vorzuführen.“

Auch Basketball-Geschäftsführer Marko Pesic sagte: „Wenn ich mir unsere Mädels anschaue und sehe, wie oft und hart die trainieren, dann ist das nicht Tanzen, sondern Sport.“ Auch er sprach sich dafür aus, die Cheerleader selbst zu befragen. Das Thema sei zuletzt bereits intern besprochen worden, hieß es von Vereinsseite. Das Publikum sei bislang dafür, „dass diese Gruppe ein Bestandteil des Spieltages ist“, sagte ein Bayern-Sprecher.

Abschaffung der Cheerleader wird stark diskutiert

In den sozialen Medien gab es für die Entscheidung, die Cheerleader abzuschaffen, sowohl Zustimmung als auch Kritik. Eine Userin schreibt auf Instagram: „Mh... schwierige Entscheidung. Ich finde es schade. Es gibt Frauen, die gern tanzen und das mit Leidenschaft gemacht haben und Baskebtallspielerinnen, die halt diesen Sport mit Leidenschaft machen. Man könnte Beides fördern und präsent in den Pausen aufzeigen. Stattdessen wird den einen „verboten“ zu tanzen. Frauenbild hin oder her. Da hätte es andere Lösungen geben können“

Dass die Alba-Dancers abgeschafft werden, findet auch ein weiterer Follower nicht gut: „Ich bin dagegen. Erst verschwindet Peter Fox beim Einzug und jetzt das. Wo unterschreibt man die Petition?“

Für die Entscheidung von Alba gibt es aber auch Zustimmung. So schreibt eine Nutzerin: „Eine tolle Entscheidung. Großer Respekt ... aber auch ich werde die Cheerleader vermissen. Sie waren einfach immer sehr gut in ihrem Sport.“ Ein anderer User schreibt: „Sehr cool, ich begrüße die Entscheidung und die Begründung umso mehr. Das ist eine zeitgemäße Ansage.“

Bei Facebook äußerten Fans den Wunsch, die Alba Dancers würdig zu verabschieden.

In der Formel 1 wurden die Grid Girls abgeschafft

In den vergangenen Jahren hatte es immer wieder Diskussionen um Frauen als schmückendes Beiwerk bei Sportveranstaltungen gegeben. In der Formel 1 wurden 2018 im Zuge der „MeToo“-Debatte die leicht bekleideten Grid Girls abgeschafft. Auch der Einsatz sogenannter Nummerngirls bei Kampfsportveranstaltungen ist umstritten und steht unter Sexismus-Verdacht.

Alba Berlin schafft Cheerleader ab - so begründet der Klub die Entscheidung