Schweiz gegen laute Motorräder
Nationalrat forciert Kampf gegen Motorenlärm

Der Schweizer Nationalrat legt in seiner Initiative gegen laute Motoren weiter nach. Im Fokus stehen aber nicht Motorradfahrer, sondern alle Lärmverursacher. Einen kleinen Teilerfolg können Motorradfahrer dennoch verbuchen. Zwei Fahrverbots-Initiativen wurden jetzt abgeschmettert.

Nationalrat forciert Kampf gegen Motorenlärm
Foto: Reinhard Schmid

Der Schweizer Nationalrat hat im März 2021 mit einer deutlichen Mehrheit einem Vorschlag zugestimmt, der unnötigen Motorenlärm weiter einschränken soll. Im Fokus stehen dabei nicht Motorradfahrer, sondern alle Lärmverursacher. Der mit 119 zu 65 Stimmen angenommene Entwurf der Umweltkommission sieht intensivere Kontrollen sowie höhere Bußgelder, Führerscheinentzug und Fahrzeugbeschlagnahme als weiter Maßnahmen vor. Auch die sogenannten Lärmblitzer wurden erneut gefordert. Die sind aber bislang weder technisch ausgereift noch rechtlich zulässig.

Debatte um Lautstärke von Motorrädern

Der Beschluss des Nationalrats geht jetzt an den Ständerat, der im Sommer darüber beraten soll. Erst wenn der zustimmt, wird sich der Bundesrat um eine Ausarbeitung von gesetzlichen Regelungen kümmern. Erst im Winter 2021/22 ist die Vorlage dieses Maßnahmenkatalogs im Nationalrat zu erwarten. Sollte der zustimmen, geht das Paket noch zur Abstimmung in den Ständerat, der sich kaum vor Sommer 2022 damit beschäftigen dürfte. Sollte auch der zustimmen, könnte die beschlossenen Regelungen Ende 2022 in Kraft treten. Bei Änderungswünschen einer Kammer würde sich das Verfahren weiter hinziehen.

Teilerfolg für Motorradfahrer

Bereits im Juni 2020 hatte die Schweizer Nationalrätin Gabriela Suter (Sozialdemokratische Partei der Schweiz) ein generelles Fahrverbot für sogenannte "laute Motorräder" in der Schweiz gefordert. Suter hatte dazu zwei parlamentarische Initiativen gestartet, die vorsahen, die gesetzlichen Änderungen für ein Fahrverbot von Motorrädern mit einem Standgeräusch von über 95 Dezibel zu schaffen. Suter zog jetzt allerdings beide Initiativen zurück, nachdem sie bei der Sitzung der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK) am 21. Juni 2021 keine Mehrheit dafür erzielen konnte.

Suter sah Österreich als Vorbild

Ihren Vorstoß begründete die Aargauer SP-Nationalrätin Suter seinerzeit wie folgt:

"Tirol macht es vor: Auf beliebten Ausflugsstrecken sind ab 10. Juni 2020 Motorräder verboten, deren Standgeräusch 95 Dezibel überschreitet. Damit reagiert Tirol auf die Lärmbelästigung durch lärmende Motorräder. Vor allem an den Sommerwochenenden stört dröhnender Motorradverkehr mit hochtourigem Fahren bei Beschleunigungs- und Bremsvorgängen die Ruhe in den Alpen. Dieses in Österreich erstmals auf Lärm basierende Fahrverbot soll zu einer spürbaren Entlastung für Mensch und Natur führen.
Auch in der Schweiz sind die überlauten Motorräder insbesondere auf beliebten Passstrassen in den Voralpen und Alpen, aber auch im Mittelland ein grosses Ärgernis. Der Lärm beeinträchtigt Mensch und Natur übermässig. Verschiedene Vorstösse im Parlament scheiterten bisher an der Argumentation, die Lärmpegel müssten sich an die EU-Richtlinien halten, um das Landverkehrsabkommen mit der EU nicht zu gefährden. Da das Fahrverbot im Tirol offensichtlich EU-konform möglich ist, sollen Motorräder mit einem Standpegel von über 95 dB/A in der Schweiz ebenfalls nicht mehr fahren dürfen."

Gegenwind bekam Suter von Nationalrat Walter Wobmann (SVP), der zugleich Zentralpräsident der FMS (Föderation der Motorradfahrer der Schweiz) ist. In einem offenen Brief hatte sich Wobmann an alle Schweizer Motorradfahrer und alle Politiker über alle Parteischranken hinweg gewendet:

"Wir alle müssen uns wehren. Über alle Parteigrenzen hinweg müssen jetzt alle, denen das Motorrradhobby am Herzen liegt zusammenstehen. Ich werde jedenfalls mit voller Kraft kämpfen. Wenn alle zusammenstehen, können wir gewinnen. Die nächste Zeit wird entscheidend sein! Wirklich verlieren tut man nur, wenn man nicht kämpft. Das ist ein Grundsatz von mir."

In der Schweiz gab es bereits 2016 eine Initiative zum Thema "laute Motorräder". Die verlangte bereits zugelassene Motorräder, die "störende Emissionen" produzieren, verpflichtend Um- bzw. Nachzurüsten. Die Aushebelung des Bestandsschutzes wurde seinerzeit nur mit einer dünnen Mehrheit von 97 zu 79 Stimmen verhindert.

Fazit

Die Wolken am Motorradfahrerhimmel werden immer dunkler. Dass die Motorradindustrie selbst aktiv wird und leisere Fahrzeuge baut ist derzeit nicht absehbar. Hier hilft offensichtlich nur gesetzlicher Zwang. Bis dahin haben wir es als Motorradfahrer weitestgehend in der Hand mit unserem Verhalten im Straßenverkehr den Lärmgegnern den Wind aus den Segeln zu nehmen.

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Erscheinungsdatum 12.04.2024