Das Luftbild zeigt den Standort des ehemaligen Kernkraftwerkes. Groß ist die 60 Meter hohe Hülle des ehemaligen Reaktorgebäudes zu sehen.
© BGZ

Beverungen Details zum geplanten Atommüll-Logistikzentrum in Würgassen

Das Logistikzentrum soll ab 2027 gut 30 Jahre lang in Betrieb gehen. In einer Bürgerversammlung am 18. März wird das Projekt öffentlich vorgestellt.

07.03.2020 | 07.03.2020, 13:24

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Beverungen-Würgassen. Geht es nach dem Willen der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ), dann wird auf dem Gelände des ehemaligen Atomkraftwerks Würgassen ein Logistikzentrum für schwach- und mittelradioaktive Abfälle entstehen.

Burghard Rosen (v. l.), Heinz-Walter Drotleff, Ewold Seeba und Christian Möbius erläuterten, warum ein Logistikzentrum für schwach- und mittelradioaktive Abfälle entstehen soll. © Torsten Wegener

Über einen Zeitraum von drei Jahrzehnten soll aus den 20 Zwischenlagern, die es deutschlandweit gibt, der radioaktive Müll in das Dreiländereck gebracht und sortiert werden, um so eine optimierte Beschickung vom Endlager Konrad zu gewährleisten. Würgassen wird somit die Vorhalle für das Endlager, das im niedersächsischen Salzgitter liegt.

Noch sei allerdings nichts entschieden, betont Ewold Seeba, Vorsitzender der Geschäftsführung der BGZ. „Der 6. März 2020 stelle den Auftakt des Verfahrens dar. Wir stehen am Anfang aller Prozesse. Es liegt noch sehr viel Arbeit vor uns. Das Verfahren ist ergebnisoffen", so Seeba. Einen Alternativplan verfolge die BGZ allerdings aktuell nicht.

28 Standorte untersucht

Im Vorfeld hat die BGZ insgesamt 28 Standorte im Umkreis von 200 Kilometer Luftlinie vom Endlager Konrad untersucht. Man habe sich dabei auf Bundesliegenschaften konzentriert. „Nur neun Standorte erfüllen einen Großteil der Kriterien der Entsorgungskommission des Bundes (ESK) und die Anforderungen, die die BGZ an den Standort stellt", sagt der BGZ-Pressesprecher Burghard Rosen. Dazu gehören ein unmittelbarer Gleisanschluss und der Ausschluss von Natur- oder anderen Schutzgebieten.

In der Grafik ist zu sehen, dass das Logistzentrum nordöstlich von der Hülle des Reaktorgebäudes entstehen soll. Die Bau- und Planungskosten werden auf 450 Millionen Euro geschätzt. © BGZ

Einzig der Standort Würgassen erfülle alle Kriterien. Diese Einordnung bestätigte das Öko-Institut aus Darmstadt, das vom Bundesumweltministerium für ein Gutachten beauftragt wurde. Zweitbester Standort für ein Logistikzentrum sei eine Fläche bei Braunschweig. Das Logistikzentrum ist eine Anlage, in der schwach- und mittelradioaktiver Atommüll aus Betrieb, Stilllegung und Rückbau von Atomkraftwerken sowie aus den Bereichen Medizin, Forschung und Gewerbe für eine passgenaue „just-in-time"-Anlieferung an das Endlager Konrad bei Salzgitter bereitgestellt wird, heißt es. Hochradiaktiven Abfall und Castorbehälter werde es in Würgassen nicht geben. „Durch das Logistikzentrum werden wir letztendlich weniger Transportfahrten zum Endlager haben", sagt Rosen. „Für eine zügige und optimierte Einlagerung in einem Zweischichtbetrieb ist ein Logistikzentrum aber unverzichtbar", so der Sprecher.

Halle so groß wie sechs Fußballfelder

Die vorübergehende Lagerung des Atommülls in Würgassen soll in einer Halle aus Stahlbeton geschehen. Diese hätte mit einer Länge von 325 Metern und eine Breite von 125 Metern Platz für sechs Fußballfelder. Das 16 Meter hohe Gebäude soll nordöstlich von der noch stehenden Reaktorhülle gebaut werden. Die Lagerkapazität wird 60.000 Kubikmeter betragen, dies entspricht etwa 15.000 Behältern mit schwach- und mittelradioaktivem Atommüll. Gut 5.000 Tonnen aus dem Rückbau des Kraftwerks Würgassen werden bereits in zwei Hallen am Standort gelagert.

Die An- und Ablieferung des Logistikzentrums in Würgassen soll ausschließlich über die Schiene abgewickelt werden. Sobald das Endlage Konrad in Betrieb ist, soll auch das Logistikzentrum in Würgassen in Betrieb sein. Nach aktuellen Planungen soll dies 2027 sein. Gut 30 Jahre kann es dann dauern, bis sämtlicher Müll in Konrad unter Tage ist. Für die Abwicklung werden dann auch rund 100 neue Arbeitsplätze in Würgassen geschaffen.

Druck und Flüssigkeiten abzulassen

„Grundsätzlich wird im Logistikzentrum ausschließlich mit Behältern gearbeitet werden, in denen der Atommüll für das Endlager Konrad bereits fertig verschlossen ist. Eine geringe Anzahl dieser Behälter muss jedoch zeitweise geöffnet werden, um etwa Druck und Flüssigkeiten abzulassen oder das Dichtsystem zu überprüfen", erläutert Heinz-Walter Drotleff.

Mit Protesten und Widerstand gegen die Pläne rechnet die Planer: „Die BGZ und der Standort Würgassen sind aber ein Teil des Atomausstiegs, der 2011 beschlossen wurde", verdeutlicht Seeba. Die Endlagerkommission habe 2017 beschlossen, dass ein Logistikzentrum als Eingangslager für das Endlager Konrad nötig sei. Dies habe zuletzt die Bundesregierung noch einmal bestätigt. Im Koalitionsvertrag stehe, dass für einen zügigen Einlagerungsbetrieb in Konrad die Errichtung eines Bereitstellungslagers unverzichtbar sei. Ein Logistikzentrum direkt am Endlager Konrad sei nicht möglich gewesen, weil dort zu wenig Fläche vorhanden wäre, so die BGZ. Für eine Sortierung der Abfallbehälter in passgenaue Chargen sei der vorhandene Platz nicht geeignet.

Transparenz hat sich die BGZ eigenen Angaben zufolge für die kommenden Jahre auf die Fahne geschrieben. Beginnen soll dies am 18. März mit einer Bürgerversammlung in der Turnhalle Würgassen. Beginn ist um 18 Uhr.