Hochzinsanleihen machen ihrem Namen wieder alle Ehre

Für Obligationen schwacher Qualität sind die Risikoaufschläge deutlich gestiegen. Mutige Anleger wagen jetzt den Einstieg.

Anne-Barbara Luft
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Bei General Motors stehen die Fliessbänder still. Dem Autobauer droht eine Rating-Herabstufung.

Bei General Motors stehen die Fliessbänder still. Dem Autobauer droht eine Rating-Herabstufung.

Rebecca Cook / Reuters

Jahrelang haben Investoren an den Kapitalmärkten vergeblich nach hohen Renditen gesucht – egal wie lang die Laufzeiten oder wie schwach die Kreditqualität auch war, die Renditen blieben mager. Der Ausbruch der Corona-Epidemie hat diese Situation nun gänzlich verändert, vor allem beim Segment der so genannten Hochzinsanleihen. Investoren mit einer hohen Risikobereitschaft können hier nun selektiv einsteigen.

Attraktive Renditeaufschläge

High-Yield-Bonds oder Hochzinsanleihen sind Obligationen, die von Emittenten ausgegeben werden, deren Bonität von den Rating-Agenturen mit «BB+» oder schlechter eingestuft wird. Sie zählen damit nicht mehr zu dem investierbaren Bereich (Investment-Grade). Die Risikoaufschläge für diese Bonds, also die Differenz zwischen der Rendite der Bonds und dem risikofreien Zinssatz, haben sich in den vergangenen Wochen erheblich ausgeweitet und ein Niveau erreicht, das mit dem vom September 2011 vergleichbar ist. Dieses Niveau würde nun einen soliden Ausgleich für drohende Ausfälle bieten, sagt Olivier Becker, Leiter des Bereichs Wandelanleihen und Laufzeitfonds bei Oddo BHF Asset Management. Die Ausfallraten werden im Zusammenhang mit der Pandemie steigen, aber wahrscheinlich nicht auf das Niveau von 2008/2009.

Erhöhte Risiken

Rediteaufschlag zu Staatsanleihen in Prozentpunkten
Global High Yield - OAS*
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Der Anstieg der Renditen am Markt für Hochzinsanleihen ist auf die hohe Unsicherheit und damit verbundene Risikoaversion der Anleger zurückzuführen. In der vergangenen Handelswoche hat vor allem die dynamische Ausbreitung des Corona-Virus in den USA die Stimmung an den Märkten weiter eingetrübt. High-Yield-Bonds haben noch mehr Einbussen als Investment-Grade-Bonds verzeichnet. Trotzdem sollen Anleger nach Ansicht von Michael Krautzberger, Leiter des Teams für fundamentale Anleihenstrategien in Europa, dem Nahen Osten und Afrika bei Blackrock, in diesem risikobehafteten Segment noch selektiver sein als bei solideren Obligationen. Für viele Unternehmen könnte sich die Lage noch deutlich verschlechtern, sollte der Lockdown noch länger in Kraft bleiben.

Der Ausverkauf am Markt für High-Yield-Bonds hat zu Beginn vor allem schwächere Ratings betroffen, inzwischen hat er sich auf alle Bonitätsnoten und Sektoren ausgeweitet. Investoren differenzieren nicht mehr. Das Umfeld bleibt hoch volatil und unsicher, da sich die Umstände derzeit sehr schnell ändern, sagt David Oliphant, Leiter des Bereichs Fixed Income Investments bei Columbia Threadneedle Investments. Doch die hohen Risikoaufschläge wären derzeit eine gute Kompensation für diese Unsicherheit – tatsächlich würden die aktuellen Spreads einen vielfachen Ausgleich selbst für historisch hohe Ausfallraten offerieren.

Zahlreiche Herabstufungen

In den vergangenen Wochen haben Rating-Agenturen für zahlreiche Firmen, teilweise sogar ganze Branchen, die Bonitätsnoten oder die Ausblicke aufgrund der Auswirkungen des eingeschränkten öffentlichen Lebens und der damit verbundenen Unsicherheit gesenkt. Im März erreichte die Zahl der Herabstufungen im High-Yield-Segment einen Rekord. Laut Analytikern der Bank of America (BofA) waren Bonds mit einem Volumen von 41 Mrd. € von einer Herabstufung betroffen – kaum eine Branche blieb hiervon verschont. Diese Entwicklung hat die Ausweitung der Risikoaufschläge noch verstärkt.

Im Zusammenhang mit den Rating-Herabstufungen weisen die Analytiker der BofA auf ein weiteres Risiko hin: Die Bonitätsnoten von Unternehmen sind eng verbunden mit denjenigen ihrer Heimatländer. Vielen Bond-Emittenten aus Peripheriestaaten wie Italien und Spanien könnte somit auch von dieser Seite Ungemach drohen. Die steigende Verschuldung sowie eine Rezession könnten zu Herabstufungen für diese Länder führen und somit die Ratings der inländischen Firmen negativ beeinflussen. Rund 90% der ausstehenden Anleihen in Italien und Spanien sind mit «BBB» geratet, also nur knapp im sogenannten «investierbaren Bereich». Eine Herabstufung würde somit für viele Emittenten den Abstieg ins High-Yield-Segment bedeuten.

Steigende Ausfallraten

Investoren, die mit dem Gedanken spielen, die attraktiven Renditeaufschläge als Anlass für den Einstieg am High-Yield-Markt zu nutzen, sollten sich die Risiken dieses Segments bewusst machen. Eine Gefahr sind vor allem die steigenden Ausfallraten. Es ist unter Marktbeobachtern unumstritten, dass diese deutlich zunehmen werden. Das liegt auch daran, dass sie in den vergangenen Jahren aufgrund des historisch langen Konjunkturaufschwungs und des Liquiditätsüberhangs bei Investoren sehr niedrig waren. Wenn Emittenten mit den Zinszahlungen in Verzug kommen oder gänzlich zahlungsunfähig werden, haben Investoren schlechte Karten. Die Rating-Agentur Fitch erwartet, dass die kumulativen Ausfallraten bei hochverzinslichen und fremdfinanzierten Unternehmenskrediten in Europa und den USA in den kommenden zwei Jahren bei 12 bis 15% liegen werden. Eine anhaltende Ausweitung der Risikoaufschläge und die volatilen Bedingungen an den Kapitalmärkten werden für viele Emittenten zu Schwierigkeiten beim Marktzugang und somit frischer Liquidität führen.

Es ist unwahrscheinlich, dass sich die Lage an den Finanzmärkten in den kommenden Wochen deutlich aufhellen wird. Investoren müssen sich mit Engagements im Hochzinssegment daher nicht beeilen, sagt Obligationen-Experte Krautzberger, da man nicht befürchten müsse, dass High-Yield-Bonds innerhalb der nächsten zwei Wochen wieder deutlich teurer würden.

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