«Let’s get Brexit done. But first let’s get breakfast done» – Boris Johnsons Konservative erringen bei der Parlamentswahl in Grossbritannien die absolute Mehrheit

Der britische Premierminister Boris Johnson hat nach dem Sieg seiner Partei freie Bahn für seinen Brexit-Vertrag. Die neusten Entwicklungen in unserem News-Blog.

Beat Bumbacher, Janique Weder, Sonja Blaschke, Markus M. Haefliger, London, Raffaela Angstmann
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mit Agenturmaterial

Der Siegeszug der Konservativen

Siegreiche Partei pro Wahlkreis. In hervorgehobenen Wahlkreisen hat der Sitz gegenüber 2017 die Partei gewechselt.
Der Siegeszug der Konservativen - Siegreiche Partei pro Wahlkreis. In hervorgehobenen Wahlkreisen hat der Sitz gegenüber 2017 die Partei gewechselt.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Konservative Partei von Premierminister Boris Johnson hat bei der Wahl in Grossbritannien am Donnerstag die absolute Mehrheit der Sitze im Parlament gewonnen. 
  • Nach dem deutlichen Wahlsieg will Premierminister Boris Johnson den Austritt seines Landes aus der Europäischen Union Ende Januar umsetzen. Er wolle den Brexit «fristgerecht erledigen», sagte Johnson am Freitag.
  • Labour-Chef Jeremy Corbyn hat als Konsequenz aus dem schlechten Abschneiden seiner Partei bei der Parlamentswahl in Grossbritannien erste Konsequenzen gezogen. Er werde die Partei nicht mehr in einen weiteren Wahlkampf führen, sagte der Parteichef am frühen Freitagmorgen in London. Es sei jedoch nach der Niederlage ein «Reflektionsprozess» für die Partei notwendig, den er als Parteichef begleiten wolle.
  • Die Vorsitzende der Schottischen Nationalpartei (SNP), Nicola Sturgeon, hat angekündigt, bereits nächste Woche den parlamentarischen Prozess für ein zweites Unabhängigkeits-Referendum anzuschieben. 
Stand nach der Neuwahl im Dezember 2019
650 Sitze
Konservative
365
Sitze
+47
Labour
203
Sitze
–59
Liberaldemokraten
11
Sitze
–1
Schottische Nationalpartei
48
Sitze
+13
Nordirische Unionisten
8
Sitze
–2
Plaid Cymru
4
Sitze
Grüne Partei
1
Sitz
Übrige
11
Sitze
+6
Brexit Party
0
Sitze

Zum Nachlesen: Die Ereignisse im Blog

19:03 Uhr

Hiermit schliessen wir diesen Live-Blog ab. Folgende Artikel empfehlen wir Ihnen zur Lektüre:

  • Boris Johnson triumphiert. Doch niemand weiss, was er mit der erlangten Macht zu tun gedenkt. Sicher ist nur der rasche Austritt aus der EU. Zum Kommentar
  • Obwohl der Brexit nun wohl vollzogen wird, ist klar: Die eigentliche Arbeit kommt erst noch – die Verhandlungen der EU mit London über ein Freihandelsabkommen. Zum Bericht
  • Die Wirtschaft ist erleichtert: lieber ein sicherer Brexit als ein unsicherer Sozialismus. Zum Bericht
  • Die Schottische Nationalpartei will ein neues Unabhängigkeitsreferendum – droht Grossbritannien nach der Wahl der Zerfall? Zum Bericht
  • Jo Swinson, die unbeugsame Kämpferin gegen den Brexit, tritt ab. Zum Bericht
15:16 Uhr

Der britische Oppositionsführer Jeremy Corbyn will nach der historischen Wahlschlappe in wenigen Monaten zurücktreten. Über den Zeitpunkt entscheide das Führungsgremium der Labour-Partei, das «in nächster Zukunft» zusammentreten werde, sagte er am Freitag. «Das wird in den Anfangsmonaten des nächsten Jahres sein.» Die Partei verlor rund ein Viertel ihrer Mandate und wird mit so wenig Abgeordneten wie seit mehr als 80 Jahren nicht mehr im Unterhaus vertreten sein. Corbyn übernahm keine Verantwortung für die Niederlage. «Ich habe alles getan, um diese Partei zu führen, ich habe alles getan, um unsere Programme zu entwickeln, und seit ich Parteichef geworden bin, hat sich die Mitgliederzahl verdoppelt», sagte er.

14:46 Uhr

Die proeuropäische Schottische Nationalpartei (SNP) will ihren Wahlerfolg in Schottland für ein neues Unabhängigkeitsreferendum nutzen. Sie wolle bereits nächste Woche den parlamentarischen Prozess anschieben, der für ein rechtlich bindendes Referendum nötig ist, sagte Schottlands Ministerpräsidentin, die SNP-Politikerin Nicola Sturgeon, am Freitag in Edinburgh. Die SNP erreichte in Schottland 45 Prozent der Stimmen, 8,1 Prozentpunkte mehr als bei der Wahl 2017. Damit gewann sie 48 der 59 Mandate, 13 mehr als vor zwei Jahren.

Die Schotten hätten das Recht, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen, sagte Sturgeon. «Es ist die Sache des schottischen Parlaments, nicht einer Regierung in Westminster, zu sagen, ob und wann es ein neues Referendum geben sollte», sagte sie. «Es geht nicht darum, Boris Johnson um Erlaubnis zu fragen», fügte Sturgeon hinzu. Es gehe vielmehr darum, dass das schottische Volk seine eigene Zukunft bestimmen können sollte.

Neuwahlen ins Unterhaus

Wähleranteile in Prozenten
Konservative
43.6%
+1.2
Labour
32.2%
−8.1
Liberaldemokraten
11.5%
+3.9
Schottische Nationalpartei
3.9%
+0.9
Green
2.7%
+1.1
Brexit Party
2%
14:01 Uhr

Grossbritannien könnte bald eine innere Zerreissprobe bevorstehen:

Zu den Siegern der Unterhauswahlen zählen auch die schottischen Nationalisten, diese setzen sich für einen Verbleib in der EU ein und gleichzeitig für die Loslösung Schottlands vom Vereinigten Königreich.

Lesen Sie hier den Bericht von Auslandredaktorin Judith Kormann.

13:24 Uhr

Mit der Parteichefin der Liberaldemokraten , Jo Swinson, tritt eine unbeugsame Kämpferin gegen den Brexit ab.

Lesen Sie hier den Beitrag von Auslandredaktor Andreas Ernst über Jo Swinson.

12:09 Uhr

Irlands Ministerpräsident Leo Varadkar hat sich erleichtert über den klaren Wahlausgang in Grossbritannien geäussert. Damit gebe es nun eine sichere Mehrheit für die Ratifizierung des britischen EU-Austrittsvertrags, sagte Varadkar am Freitag am Rande des EU-Gipfels in Brüssel. Dieser Vertrag garantiere, dass es keine harte Grenze zwischen dem britischen Nordirland und der Republik Irland gebe.

Nach der Ratifizierung werde die Europäische Union die wichtige wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Grossbritannien aushandeln, fügte er hinzu. Allerdings nannte er den absehbaren Zeitplan «enorm ehrgeizig». Dieser sieht vor, dass nach dem geplanten EU-Austritt am 31. Januar bis Ende 2020 ein Freihandelsabkommen vereinbart und ratifiziert wird. Üblicherweise dauern solche Verhandlungen viel länger. Zudem liegen die Vorstellungen beider Seiten weit auseinander.

12:06 Uhr

Der britische Premierminister Boris Johnson ist im Buckingham Palace eingetroffen. Er wird dort Königin Elisabeth II.treffen, die ihn mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragen wird.

11:03 Uhr

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat dem britischen Premierminister Boris Johnson zu seinem Erfolg bei der Unterhauswahl gratuliert. «Herzlichen Glückwunsch, Boris Johnson, zu diesem klaren Wahlsieg», zitierte Regierungssprecher Steffen Seibert Merkel auf Twitter.

«Ich freue mich auf unsere weitere Zusammenarbeit für die Freundschaft und enge Partnerschaft unserer Länder», erklärte die Kanzlerin demnach weiter.

10:06 Uhr

Mit dem Slogan «Bringen wir den Brexit hinter uns» hat Boris Johnson viele Britinnen und Briten dazu gebracht, die Tories zu wählen. Durch die Wahlergebnisse sieht sich Boris Johnson nun bestätigt. Jeremy Corbyn zieht hingegen Konsequenzen. Die Reaktionen der beiden Parteichefs zum Wahlergebnis im Video:

09:41 Uhr

Die Vorsitzende der Schottischen Nationalpartei (SNP), Nicola Sturgeon, hat nach der Parlamentswahl in Grossbritannien angekündigt, für ein zweites Unabhängigkeits-Referendum kämpfen zu wollen. «Boris Johnson hat erstens kein Recht, Schottland aus der EU zu nehmen und zweitens kein Recht zu verhindern, dass das schottische Volk über seine eigene Zukunft bestimmt», sagte die schottische Regierungschefin am frühen Freitagmorgen der BBC.

Die sozialdemokratisch und pro-europäisch ausgerichtete Schottische Nationalpartei hat bei der Wahl am Donnerstag hervorragend abgeschnitten und wird laut Vorhersagen möglicherweise mehr als 50 der 59 schottischen Parlamentssitze gewinnen.

09:35 Uhr

Nach der Parlamentswahl in Grossbritannien hofft EU-Rats-Chef Charles Michel im Ringen um den Brexit auf schnelle Klarheit. «Wir erwarten die Abstimmung des britischen Parlaments über das Austrittsabkommen so schnell wie möglich», sagte Michel am Freitag vor dem zweiten Tag des EU-Gipfels in Brüssel. Es sei wichtig, möglichst bald Klarheit zu haben. «Wir sind bereit», sagte Michel. Zugleich gratulierte er dem britischen Premierminister Boris Johnson zum Wahlsieg.

Es wird erwartet, dass das Unterhaus am Samstag kommender Woche (20. Dezember) über das Brexit-Abkommen abstimmt. Eine Zustimmung gilt nach dem klaren Sieg der Tories als sicher.

09:14 Uhr

«Wir werden den Brexit bis zum 31. Januar vollenden, kein Wenn, kein Aber und kein Vielleicht», sagte Johnson am Freitagmorgen vor Anhängern in London. Mit dem klaren Sieg sei ein zweites Referendum über den Austritt aus der EU nun eindeutig vom Tisch.

Er werde das Land einen, versprach Johnson. Nachdem er sich mit ernster Miene für das Vertrauen bedankte, das einstige Labour-Wähler, die für ihn stimmten, in ihn gesetzt haben. «Ich werde eure Unterstützung nie als selbstverständlich ansehen», sagte er.

Er beendete seine Rede mit einem Wortspiel über die ähnlich klingenden Wörter Brexit und Breakfast: «Lasst uns den Brexit hinter uns bringen, aber lasst uns erst das Frühstück hinter uns bringen.» («Let’s get Brexit done. But first let’s get breakfast done»)

Premierminister Boris Johnson tritt nach dem Sieg seiner Partei vor Anhänger und die Medien.

Premierminister Boris Johnson tritt nach dem Sieg seiner Partei vor Anhänger und die Medien.

Dylan Martinez / Reuters
09:05 Uhr

Die Schweiz hat für den Brexit bereits vorgesorgt. Die Landesregierung ist mit sieben Abkommen mit Grossbritannien sowohl auf einen geordneten als auch einen ungeregelten Brexit vorbereitet. Mit Vereinbarungen will die Landesregierung die bestehenden Rechte und Pflichten über den Brexit hinaus erhalten. Somit dürfte sich für Schweizer in Grossbritannien und für Schweizer Unternehmen praktisch nichts ändern.

08:51 Uhr

Mit Erleichterung reagieren Anleger auf die Aussicht auf einen Ausweg aus der Brexit-Sackgasse. Der Euro und das britische Pfund haben am Freitag klar vom Wahlsieg der konservativen Partei in Grossbritannien profitiert. Die britische Währung stieg am Freitag zeitweise auf ein Eineinhalb-Jahres-Hoch von 1,3514 Dollar. Zum Euro markierte sie mit 1,2079 sogar den höchsten Stand seit dreieinhalb Jahren. Mit einem Plus von 2,1 Prozent steuerte das Pfund zudem auf den grössten Tagesgewinn seit elf Jahren zu. Auch der Euro profitierte vom Wahlsieg der Konservativen. In der Nacht auf Freitag stieg der Euro bis auf 1,1199 US-Dollar. Das war der höchste Stand seit Mitte August.

Unser Wirtschaftskorrespondent in London analysiert: Wegen der sozialistischen Agenda von Labour hielten viele Wirtschaftsvertreter eine Regierung mit dem Labour-Kandidaten Jeremy Corbyn als Premierminister für ein schlimmeres Szenario als selbst ein harter Brexit. Nun sei der Weg zum Brexit klarer. Doch nach wie vor sei unsicher, welche Hürden Unternehmen im Austausch mit der EU zu überwinden hätten. Immerhin sei der No-Deal-Brexit vom Tisch.

08:37 Uhr
«Der glanzvoll wiedergewählte Premierminister muss nun den Beweis erbringen, dass er sein Land aus der Blockade herausführen kann, in der es sich schon so lange befindet.»

..., schreibt unser Grossbritannien-Experte Beat Bumbacher in seinem Kommentar. «Ofenfertig» sei der Brexit, anders als von Johnson im Wahlkampf behauptet, keineswegs.

Offensichtlich habe Johnsons immer wieder vorgetragener Slogan «Bringen wir den Brexit hinter uns» Wirkung gezeigt, schreibt Bumbacher. Viele Brexit-Anhänger, darunter eine Vielzahl von Labour-Wählern, hätten ihre Stimme den Tories gegeben. Für Labour-Chef Jeremy Corbyn bedeute dies ein unrühmliches Karriereende. Gerächt habe sich seine Weigerung, zum Thema Brexit eindeutig Stellung zu beziehen.

Lesen Sie hier den ganzen Beitrag.

08:29 Uhr

Die Chefin der britischen Liberaldemokraten, Jo Swinson, hat in einer für ihre Partei enttäuschenden Wahlnacht ihr Mandat verloren und ist zurückgetreten. Neue Wahlen für den Parteivorsitz fänden im kommenden Jahr statt. Swinson hatte ihren Sitz in Dunbartonshire East in Schottland an die Kandidatin der Schottische Nationalpartei SNP verloren. Die Liberaldemokraten wollten die Wahl mit dem Versprechen gewinnen, den britischen Austritt aus Grossbritannien rückgängig zu machen.

07:59 Uhr

Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern schrieb in einer Stellungnahme: «Neuseeland und das Vereinigte Königreich sind enge Freunde. Trotz der grossen Entfernung sind wir durch unsere Geschichte und unsere Bevölkerung stark verbunden.» Sie freue sich darauf, weiterhin mit Premierminister Boris Johnson in verschiedenen Bereichen zusammenzuarbeiten, während er den Brexit vorantreibe. Man werde Verhandlungen über ein umfassendes und qualitativ hochwertiges Freihandelsabkommen aufnehmen, sobald das Vereinigte Königreich die EU verlassen habe, kündigte sie an.

07:48 Uhr

Auch der amerikanische Präsident Donald Trump gratuliert Boris Johnson:

07:24 Uhr

Österreichs designierter Kanzler Sebastian Kurz hat dem britischen Premierminister Boris Johnson zu einem «beeindruckenden Wahlsieg» gratuliert. Er hoffe, dass das Abkommen zum Austritt Grossbritanniens aus der Europäischen Union nun rasch ratifiziert werden könne, schrieb der konservative Politiker am Freitagmorgen auf Twitter. Dann könnten sich Grossbritannien und die EU auf ihre künftige Beziehung konzentrieren, die so eng wie möglich sein solle.

06:57 Uhr

Die Konservativen haben nach Auszählung von rund 600 der 650 Wahlkreise am Freitagmorgen mindestens 326 Sitze und damit die absolute Mehrheit im Unterhaus errungen. Laut Prognosen werden die Tories rund 360 Mandate im Unterhaus haben. Das wäre die grösste konservative Mandatsmehrheit seit dem letzten Wahlsieg der legendären Premierministerin Margaret Thatcher im Jahr 1987.

06:47 Uhr

Die Vorsitzende der Schottischen Nationalpartei (SNP), Nicola Sturgeon, hat nach der Parlamentswahl in Grossbritannien angekündigt, für ein zweites Unabhängigkeits-Referendum kämpfen zu wollen. «Boris Johnson hat erstens kein Recht, Schottland aus der EU zu nehmen und zweitens kein Recht zu verhindern, dass das schottische Volk über seine eigene Zukunft bestimmt», sagte die schottische Regierungschefin am frühen Freitagmorgen der BBC.

Die Chefin der pro-europäischen schottischen SNP, Nicola Sturgeon, macht ein Selfie mit Wahlgewinnern in Glasgow am 12. Dezember.

Die Chefin der pro-europäischen schottischen SNP, Nicola Sturgeon, macht ein Selfie mit Wahlgewinnern in Glasgow am 12. Dezember.

Jeff J Mitchell / Getty Images Europe

Die sozialdemokratisch und pro-europäisch ausgerichtete Schottische Nationalpartei hat bei der Wahl am Donnerstag hervorragend abgeschnitten und wird laut Vorhersagen möglicherweise mehr als 50 der 59 schottischen Parlamentssitze gewinnen. Die Konservativen könnten in Schottland komplett leer ausgehen, nachdem sie 2017 noch 13 Mandaten geholt hatten.

Auf Betreiben der SNP war es bereits 2014 zu einem Referendum über die Unabhängigkeit Grossbritanniens vom Vereinigten Königreich gekommen. Die Schotten hatten eine Abspaltung damals jedoch mehrheitlich abgelehnt. Der britische Premierminister Boris Johnson sieht ein zweites Referendum, das wohl von Westminster genehmigt werden müsste, skeptisch.

06:38 Uhr

Die frühere britische Premierministerin Theresa May hat ihren Sitz im Wahlkreis Maidenhead verteidigt. Sie sagte, sie sei «sehr erfreut über die Mehrheit», die ihr Nachfolger bei den Wahlen erzielt hat. Auf die Frage, warum ihr das nicht gelungen sei, sagte sie: «Bei dieser Wahl standen die Menschen vor der klaren Entscheidung darüber, ob sie wollten, dass der Brexit in die Tat umgesetzt wird, und sie wussten, dass dies unter einer konservativen Regierung passieren würde.» May fügte hinzu: «Bei dieser Wahl ging es darum, den Stillstand im Parlament zu überwinden, den Brexit durchzuführen, und dann zum nächsten Thema überzugehen.» Die Politikerin zeigte sich zuversichtlich, dass der Brexit unter Johnson im kommenden Jahr durchgezogen werden könnte.

06:14 Uhr

Premierminister Boris Johnson und seine konservativen Tories gehen als klare Sieger aus der Parlamentswahl in Grossbritannien hervor. Die Partei errang nach Auszählung von rund 600 der 650 Wahlkreise am Freitagmorgen mindestens 326 Sitze und damit die absolute Mehrheit im Unterhaus.

06:05 Uhr

Der sich abzeichnende klare Sieg der britischen Konservativen bei der Parlamentswahl und der damit gestiegenen Wahrscheinlichkeit eines baldigen Endes des Brexit-Dramas haben das britische Pfund angetrieben. Die britische Währung legte sowohl im Vergleich zum Euro als auch zum Dollar deutlich zu. Zuletzt mussten für ein Pfund 1,3466 Dollar bezahlt werden und damit rund drei Cent oder rund zwei Prozent mehr als kurz vor Schliessung der Wahllokale um 23 Uhr am Donnerstagabend.

Vorübergehend war der Kurs sogar bis auf 1,3514 Dollar geklettert – so teuer war die britische Währung zuletzt Mitte 2018. Das Pfund setzte damit die seit Anfang September anhaltende Rally fort. Damals war der Kurs der britischen Währung bis auf 1,1959 Dollar abgesackt und damit auf das Niveau, das die Währung unmittelbar nach dem Brexit-Votum im Herbst 2016 hatte. Händler begrüssten das offenbar klare Votum. Sie setzen jetzt darauf, dass die Brexit-Hängepartie und die dadurch ausgelöste Unsicherheit bald vorbei sind.

05:37 Uhr

Der britische Finanzminister Sajid Javid hat nach dem prognostizierten Wahlsieg seiner konservativen Tories einen geordneten Brexit versprochen. «Die Leute haben vollkommen die Teilung des Landes abgelehnt und für die Einigkeit votiert», sagte Javid der BBC. «Sie wollen den Brexit vom Tisch haben», betonte er. Seine Partei werde mit Premierminister Boris Johnson an der Spitze nun hart dafür arbeiten, den EU-Ausstieg zu vollziehen. «Wir werden den geschmeidigsten Abschied von der EU haben», sagte Javid. Grossbritannien wolle ein freundschaftliches Verhältnis zur EU beibehalten.

05:30 Uhr

In Schottland räumte die Schottische Nationalpartei ab, was Spekulationen über ein möglicherweise bevorstehendes neues Unabhängigkeitsreferendum befeuerte. Die Chefin der britischen Liberaldemokraten, Jo Swinson, verlor ihr Mandat in Schottland. Das teilte der zuständige Wahlleiter im schottischen Dunbartonshire East mit. Ihr Sitz ging an die Kandidatin der Schottische Nationalpartei SNP.

Swinson hatte sich dafür ausgesprochen, den Brexit einfach abzusagen. Noch vor wenigen Monaten gab sie das Ziel aus, Premierministerin zu werden. Die Liberaldemokraten gehören zu den Verlierern der Wahl.

Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon wertete den prognostizierten Wahlausgang auf Twitter als «bitter» für das Land. Gleichzeitig freute sie sich über das starke Abschneiden ihrer Schottischen Nationalpartei. Sturgeon dürfte das als Mandat für ein zweites Unabhängigkeitsreferendum für den Landesteil deuten.

05:19 Uhr

Johnsons Konservative kommen nach den Berechnungen der Sender BBC und Sky News auf insgesamt 362 der 650 Mandate. Labour erhält demnach 199 Mandate – das wäre ein historisch schlechtes Ergebnis. Nach der Auszählung von 375 der 650 Wahlkreise führten Johnsons Konservative deutlich mit 196 gewonnenen Sitzen. Labour hatte zu diesem Zeitpunkt 128 Wahlkreise für sich entschieden.

Labour-Chef Jeremy Corbyn hat die Niederlage seiner Partei anerkannt. In einer ersten Reaktion auf die verheerenden Wahlergebnisse gab er bekannt, dass er die Partei bei künftigen Wahlen nicht mehr anführen werde. Zugleich nahm er aber auch davon Abstand, sofort zurückzutreten. Corbyn konnte in seinem Wahlkreis Islington North einen Sieg einheimsen.

Der amerikanische Präsident Donald Trump kommentierte die Ergebnisse per Twitter:

04:51 Uhr

Premierminister Boris Johnson hat seinen Sitz im Wahlkreis Uxbridge in Westlondon halten können. Er gewann 25 351 Stimmen, was einer Steigerung um 1,8 Prozentpunkte entspricht. Dadurch erhöhte sich sein Vorsprung um 7210 Stimmen. Im Vorfeld waren Spekulationen laut geworden, Johnson könnte seinen Parlamentssitz verlieren, seine Partei die Wahl aber insgesamt gewinnen. Dies hätte die Position des Premierministers schwächen können.

Johnson sagte angesichts der Resultate der Nacht, dass die konservative Regierung «ein starkes neues Mandat» bekommen habe. Und dieses Mandat sei, den Brexit umzusetzen. «Ich denke, es wird eine historische Wahl sein, die uns, dieser neuen Regierung, eine Chance gibt, den demokratischen Willen des britischen Volkes zu respektieren, um das Land zum Besseren zu wenden und das Potenzial aller Bewohner dieses Landes freizusetzen.»

04:48 Uhr

Die Konservativen von Premierminister Boris Johnson haben nach neuen Berechnungen der Sender BBC und Sky News die Wahl in Grossbritannien klar gewonnen. Die Sender bezogen sich dabei am frühen Freitagmorgen auf die Auszählung von mehr als einem Drittel der Wahlkreise, die die Prognose vom Donnerstagabend bestätige.

04:40 Uhr

Der Vize-Chef der Democratic Unionist Party (DUP), Nigel Dodds, hat seinen Sitz im britischen Parlament verloren, wie vorläufige Auszählungen in seinem Wahlkreis in Belfast ergaben. Das Resultat deutet darauf hin, dass Nordirland zum ersten Mal seit der Teilung Irlands 1921 auf dem Weg dazu scheint, mehr irische Nationalisten in das britische Parlament zu wählen, als Abgeordnete, die für die Wiedervereinigung mit Grossbritannien sind. «Ich bin sehr enttäuscht, nicht nur für Nord-Belfast, sondern auch für Nordirland, da sie mit Nigel Dodds einen grossartigen Fürsprecher verlieren», sagte DUP-Parteichefin Arlene Foster bei der Ankunft im Wahllokal unter Begleitung von Nigel Dodds.

03:27 Uhr

Die Unentschlossenheit des Labour-Chefs Jeremy Corbyn beim Brexit war nach Ansicht von Staatsminister Michael Gove ein Grund für das schlechte Abschneiden der britischen Sozialdemokraten. Sollte sich die Wahlprognose bestätigen, dann verstärke das den Eindruck, dass «Corbyns Führung der Labour-Partei ein Hindernis für die weitere Entwicklung dieses Landes darstellt», sagte Gove in der Nacht zum Freitag dem Fernsehsender ITV. Corbyn hatte erst spät seine Haltung zum Brexit bekanntgegeben. Er wollte den EU-Austritt noch einmal verschieben, um einen eigenen Brexit-Deal auszuhandeln. Über den sollten die Briten dann in einem zweiten Referendum abstimmen. Die Alternative dazu wäre ein Verbleib in der Staatengemeinschaft gewesen.

Ian Lavery, der Vorsitzende der Labour-Partei, führte das schlechte Abschneiden seiner Partei hingegen nicht auf Corbyn zurück. 1,74 Millionen Menschen hätten für den Brexit gestimmt, und diese zu ignorieren sei «kein gutes Rezept» gewesen. «2019 haben wir ein zweites Referendum vorgeschlagen und die Menschen haben zu Recht gesagt, warum sollten wir noch einmal abstimmen? Das ist das Problem, nicht Jeremy Corbyn. Es ist der Brexit, und das Ignorieren der Demokratie.»

Er fügte hinzu: «Die Demokratie hat sich durchgesetzt. Ignoriert man das, holen einen die Folgen davon ein und beissen einen in den Hintern.» Lavery appellierte, zunächst die endgültigen Resultate abzuwarten.

02:36 Uhr

Nach der Parlamentswahl in Grossbritannien kommt es im Ringen um den Brexit nach Ansicht von EU-Ratspräsident Charles Michel nun auf das Parlament in London an. «Wir werden sehen, ob es für das britische Parlament möglich ist, das Austrittsabkommen zu akzeptieren» sagte Michel nach dem EU-Gipfel in der Nacht zum Freitag in Brüssel. «Falls das der Fall ist, sind wir bereit für die nächsten Schritte.»

02:30 Uhr

Nach der sich abzeichnenden verheerenden Niederlage der britischen Labour-Partei bei der Parlamentswahl am Donnerstag hat es erste Rücktrittsforderungen an die Parteispitze gegeben. «Labours Führungsspitze sollte die Verantwortung übernehmen», twitterte Labour-Kandidat Phil Wilson in der Nacht zum Freitag. Labour-Chef Jeremy Corbyn und Finanzexperte John McDonnell müssten gehen, forderte laut BBC Gareth Snell, der für die Sozialdemokraten im mittelenglischen Stoke-on-Trent antrat.

McDonnell hatte zuvor personelle Konsequenzen nicht ausgeschlossen. «Wenn die Ergebnisse vorliegen, werden wir angemessene Entscheidungen treffen», sagte er auf die Frage im BBC-Interview, ob Corbyn und er selbst ihren Hut nehmen müssten. Die Entscheidungen müssten wie immer im besten Sinne der Partei getroffen werden. Zur Prognose sagte McDonnell: «Wenn das Ergebnis auch nur annähernd so ist, wie die Prognose aussagt, ist das extrem enttäuschend.»

01:20 Uhr

Laut dem Meinungsforscher John Curtice von der Universität Strathclyde zeigen die ersten definitiven Ergebnisse (aus ausgezählten Wahlkreisen im Nordosten des Landes), dass die Hochrechnung nach Schliessung der Wahlurnen im Grossen und Ganzen richtig liegt. Sie habe vorausgesagt, dass Blyth Valley, ein Wahlkreis nördlich von Newcastle, zum ersten Mal an die Labour-Partei fallen werde. Nun sei das sensationelle Ergebnis bestätigt worden.

Am «BBC»-Fernsehen machte Curtice gleichzeitig die Einschränkung, dass sich in «Remain»-Gebieten im Süden, die also den Brexit mehrheitlich abgelehnt haben, eine andere Situation zeigen könnte. Auch für Schottland ist Curtice skeptisch, dass die Hochrechnung vollumfänglich bestätigt wird. Es sei möglich, dass der Erfolg der Nationalisten (ein Sprung von 35 auf 55 Sitze) von den Schätzungen übertrieben wurde. Eine Korrektur würde in diesem Fall den Tories nützen.

01:16 Uhr

Die Aussicht auf den Sieg Boris Johnsons hat in der EU eine Welle der Erleichterung ausgelöst, wie zwei Korrespondenten der «Financial Times» aus Brüssel berichten. Hochrangige EU-Politiker und Beamte begrüssten die Aussicht auf ein Ende der Unentschlossenheit und Verzögerung, welche die Brexit-Gespräche mit dem Vereinigten Königreich geprägt hätten.

Die in Brüssel versammelten Minister hätten ihr Bedauern über den wahrscheinlichen Abgang Grossbritanniens bekräftigt und gesagt, dass die Umfragen, die auf einen erdrutschartigen Sieg hindeuteten, nicht nur die Verabschiedung des britischen Austrittsvertrags durch Westminster einläuten sollten, sondern auch eine Regierung hervorbringen sollten, die eine entscheidenderer Verhandlungspartnerin sei.

Es stehe ihr zwar nicht zu, «erleichtert oder beunruhigt zu sein», sagte die französische Europastaatsministerin Amélie de Montchalin beim EU-Gipfel Donnerstagabend in Brüssel. Aber eine stabile Mehrheit sei das, «was im Vereinigten Königreich seit einigen Jahren gefehlt hat».

Schwedens EU-Minister Hans Dahlgren sagte, sein Land begrüsse die Gewissheit, die das offensichtliche Ergebnis mit sich bringe, auch wenn es die Präsenz des Vereinigten Königreichs in der Union vermissen werde. «Grundsätzlich ist es immer gut, ein starkes Gegenstück zu haben, denn schliesslich erleichtert es eine gute und kraftvolle Verhandlung, die zu einem Ergebnis führt, das für beide Seiten annehmbar ist», sagte er der «Financial Times».

00:33 Uhr

Nach und nach treffen nun die Ergebnisse aus den Wahlkreisen ein. Eine Überraschung gibt es in Blyth Valley: Dort gewinnen die Konservativen einen Sitz auf Kosten der Labour-Partei dazu. Labour verliert dort 15 Prozentpunkte auf 40,9 Prozent, während die Tories um 5,4 Prozent auf 42,7 Prozent zulegten.

In Blyth Valley spielte das Antreten der Brexit Party eine wichtige Rolle, die acht Prozent erreichte und damit Labour entscheidende Stimmen abnahm. Die Brexit Party war bewusst nur in Wahlkreisen angetreten, die bisher nicht von den Tories gehalten wurden, mit dem Ziel, Labour europakritische Wähler abspenstig zu machen.

00:25 Uhr

Das erste Ergebnis aus einem Wahlkreis steht fest: In Newcastle upon Tyne Central vereint die Labour-Abgeordnete Chi Onwurah am meisten Stimmen auf sich. Onwurah verbucht einen Vorsprung von 12 278 Stimmen auf die Bewerberin der Konservativen. Der Sitz des Wahlkreises war bereits zuvor in Labour-Hand.

00:05 Uhr

Tim Bale von der Londoner Queen-Mary-Universität sagt auf einem LSE-Panel, er habe seinen Studenten schon 2015 gesagt, Corbyn sei das Schlimmste, was der Labour-Partei habe passieren können. Laut Bale ist schwer zu erkennen, wie die Partei eine solche Niederlage innerhalb einer Legislaturperiode in einen Sieg umkehren kann. «Sie müssen damit rechnen, dass sie für ein Jahrzehnt nicht mehr an die Macht kommen.»

Dies werfe die Frage auf, was die Tories mit dem Land vorhätten. Werde die Partei, ähnlich wie die österreichische ÖVP, den populistischen Weg weitergehen? Oder zurück zum Pragmatismus finden? Das ist laut Bale möglich, wenn Johnson den ideologischen Instinkten folgt, die er allen Zweifeln zum Trotz hat.

Eine Frage sei, ob er von seinen neuen Wählern in den West Midlands (ehemaligen Labour-Wählern) abhängig werde. Bale glaubt das nicht. Die Tory-Partei habe in ihrem Programm effektiv nicht sehr viel versprochen. «Ich glaube nicht, dass sich die Tory Party in Richtung One Nation Toryism entwickeln wird», sagt Bale. «Wir werden eine Fortsetzung der umsichtigen Budgetpolitik sehen, vielleicht etwas abgeschwächt.» Die Frage, welche die Labour Party beantworten müsse, werde sein, wer auf Corbyn folgt. Wenn sie jemanden nach Corbyns Ebenbild wählen würde, wäre das laut Bale dumm. Die Linke komme nun nicht darum herum, auf die grosse Gruppe der Wechselwähler zuzugehen, die in diesen Wahlen den Ausschlag gegeben hätten.

00:00 Uhr

Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon hat sich besorgt über den prognostizierten Ausgang der Wahl gezeigt. Das Ergebnis sei «bitter» für das Land, schrieb sie auf Twitter.

Gleichzeitig freute sich Sturgeon über das starke Abschneiden ihrer Schottischen Nationalpartei SNP. Nach den Prognosen gewann die SNP 55 der 59 Wahlkreise in Schottland. Sturgeon dürfte das als Mandat für ein zweites Unabhängigkeitsreferendum für den Landesteil deuten.

23:56 Uhr

Die Aussicht auf eine absolute Mehrheit der Konservativen gibt dem Pfund Auftrieb. Die britische Währung verteuerte sich am Donnerstag um gut zwei Prozent auf 1.13480 Dollar. Damit ist die Devise auf dem Weg zu höchsten Tageszuwachs seit Januar 2017.

Auch zum Euro legte das Pfund etwa zwei Prozent auf 82.845 Pence zu. Das ist der höchste Wert seit Juli 2016. Zum Schweizer Franken legte die britische Währung ebenfalls zunächst um 2,6 Prozent zu. Ein Pfund entsprach rund 1.30 Franken.

23:50 Uhr

Premierminister Johnson dankt auf Twitter den Wählern, den Freiwilligen und den Kandidaten. «Wir leben in der grossartigsten Demokratie der Welt.»

Der Labour-Vorsitzende Jeremy Corbyn, der grosse Verlierer dieser Wahl, hat sich seit der Veröffentlichung der vorläufigen Ergebnisse nicht mehr zu Wort gemeldet. Kurz davor dankte auch er allen, die sich im Wahlkampf engagierten. Diese Leute seien «das Herz unserer Partei».

23:25 Uhr

Die zweite Einschätzung unseres Korrespondenten betrifft die Freiheit, die eine Parlamentsmehrheit von über 80 Abgeordneten Boris Johnson in die Hand gibt:

«Man weiss nicht so richtig, was er eigentlich, wirklich will – strebt er nach einem harten Brexit mit starker Abweichung vom wirtschaftlichen und sozialen Regelwerk der EU, wie er bisher Glauben machte? Angenommen, dies sei nicht der Fall, hat er mit dieser Mehrheit hinter sich die Möglichkeit, über die harten Euroskeptiker in der Partei hinwegzusetzen. Man wird sehen.»

23:13 Uhr

Von unserem NZZ-Korrespondenten Markus M. Haefliger in London erreicht uns diese erste kurze Einschätzung:

«Wenn dieses Resultat – die schwerste Labour-Niederlage in der Nachkriegsgeschichte – zutrifft, wird sich Labour-Chef Jeremy Corbyn kaum halten können. Joe Greenwood vom Department of Government der London School of Economics sagt auf einem Panel von Experten, das die aktuellen Berichte durch die Nacht laufend kommentiert, Corbyn habe darauf gesetzt, dass er seine Links-Rechts-Perspektive im Wahlkampf würde durchsetzen können und dass Labour dabei die besseren Karten haben würde, weil die Briten genug hätten von der harten Sozialpolitik der Tories. ‹Dieser Versuch ist gescheitert›, sagt Greenwood. Die Briten hätten für Johnson gestimmt, weil sie der Entscheidungsunfähigkeit in der Brexit-Frage überdrüssig sind.»

23:27 Uhr

Sollte sich diese Hochrechnung bestätigen, hätte Regierungschef Johnson, der seit Anfang September keine Mehrheit mehr im Unterhaus hatte, freie Bahn für seinen Brexit-Deal und könnte Grossbritannien wie geplant zum 31. Januar 2020 aus der Europäischen Union führen.

Gemäss dem Austrittsabkommen soll das Land bis Ende 2020 in einer Übergangsphase bleiben. Bis dahin will Johnson einen Vertrag über die künftigen Beziehungen mit der Staatengemeinschaft aushandeln. Die Zeit dafür gilt jedoch als denkbar knapp. Eine Verlängerungsoption um bis zu zwei Jahre, die noch bis Juli 2020 möglich ist, hat der Premier ausgeschlossen. Sollte kein Anschlussabkommen zustande kommen, droht Ende kommenden Jahres wieder ein No-Deal-Szenario.

23:08 Uhr

Die Hochrechnung wird über repräsentativ ausgewählte Gruppen von Wählern in Wahlkreisen ermittelt, die bekannt dafür sind, dass sie die Richtung vorgeben. Ausserdem werden die Ergebnisse mit vergangenen Resultaten abgeglichen und frühere Abweichungen einkalkuliert. Die Hochrechnung ist weder ausschlaggebend noch das letzte Wort. Das Resultat ist allerdings so deutlich, dass etwas sehr schief laufen müsste, damit es durch die realen Ergebnisse umgestossen würde.

Das BBC Television Centre in London zeigt am Donnerstagabend das Ergebnis der Hochrechnungen.

Das BBC Television Centre in London zeigt am Donnerstagabend das Ergebnis der Hochrechnungen.

Tom Nicholson / Reuters
23:02 Uhr

Die erste Hochrechnung deutet auf einen klaren Sieg für Johnsons Konservative hin. Die Tory-Partei kommt demnach auf 368 Sitze, die Labour-Partei auf 191 Sitze.

22:54 Uhr

Übrigens: Das britische Königshaus darf nicht wählen, und auch nicht die Lords und Baronessen, die im Oberhaus sitzen. Auch nicht, wenn sie nicht zum Erbadel gehören, sondern auf Lebenszeit geadelt wurden.

22:50 Uhr

Eine Frage, die hier Polit-Aficionados beschäftigt, ist, wie viele Wähler «taktisch» wählen, also einem Kandidaten unabhängig von der eigenen Vorliebe die Stimme geben, um einen anderen Kandidaten zu verhindern. Konkret bedeutet das in den meisten Fällen: Bringen es liberale Brexit-Gegner über sich, für Labour, einen Liberaldemokraten oder (in Schottland) für einen schottischen Nationalisten zu stimmen, um einen Tory-Bewerber zu verhindern? Ein solches Wahlverhalten hängt mit dem Mehrheitswahlrecht zusammen, in dem Stimmen für einen chancenlosen Kandidaten im Papierkorb landen. Man weiss, dass nur etwa 10 bis 15 Prozent der Wähler «taktisch» wählen.

Ist es diesmal anders? Das Potenzial dazu ist gross. Bei den letzten Wahlen 2017 machten 174 Kandidaten das Rennen, obwohl sie weniger als 50 Prozent Stimmenanteil auf sich hatten vereinigen können – sie hätten also geschlagen werden können, wenn sich alle ihre Gegner – oder deren Wähler – auf einen Gegenkandidaten geeinigt gehabt hätten. Bei der Wahl im Jahr 2015 waren es sogar 334 Kandidaten, die mit weniger als 50 Prozent gewählt wurden. Das letzte Mal, dass «taktisches» Wählen richtig gut funktionierte, war 1997: Viele Anhänger der Labour- und der liberaldemokratischen Partei einigten sich auf einen Kandidaten. Das informelle «Wählerbündnis» machte in etwa 50 Wahlkreisen den Unterschied, Labour machte zwei Drittel davon, die Liberaldemokraten ein Drittel.

22:35 Uhr

Die letzten Prognosen aufgrund der Einsätze des Wettbüros mit der längsten Tradition «politischer» Wetten, William Hill: Die Wahrscheinlichkeit, dass die Tories mehr als 345 Sitze gewinnen (eine deutliche Mehrheit von 40+) liegt demnach bei 28 Prozent, dass sie mehr als 339 Sitze machen (30+) bei 42 Prozent. Das sind Spielereien mit dem Ziel, möglichst exakt zu sein.

Dass die Konservativen überhaupt eine einfache Mehrheit holen (326+), beurteilt der Buchmacher mit 73 Prozent, dass es ein «hung parliament» gibt (ein Patt) mit 30 Prozent. Klare Aussenseiterin ist die Labour-Partei; dass sie auf eine glatte Mehrheit kommt, qualifiziert das Wettbüro mit einer Chance von 6 Prozent, dass die Liberaldemokraten die Premierministerin stellen mit 0,4 Prozent.

22:20 Uhr

Was passiert eigentlich, wenn Premierminister Boris Johnson seinen Sitz verliert? Johnson ist einer von fünf Kandidaten, die im Wahlkreis Uxbridge and South Ruislip um Wähler buhlen. Johnsons grösster Kontrahent ist Labour-Kandidat Ali Milani. Für den – zugegebenermassen unwahrscheinlichen – Fall, dass Milani die meisten Stimmen auf sich vereint, wäre Johnson der erste britische Premierminister überhaupt, der als Abgeordneter abgewählt wird.

Dies bedeutete jedoch nicht automatisch, dass Johnson zurücktreten würde. Es existiert nämlich kein Gesetz, wonach der Premierminister im Parlament vertreten sein muss. Johnson könnte in seinem Amt bleiben, müsste sich dafür jedoch zum Lord ernennen und Einzug ins Oberhaus halten. Oder aber er findet einen anderen Wahlkreis, in dem die Konservativen mit grossem Abstand gewonnen haben und mit hoher Wahrscheinlichkeit noch einmal gewinnen würden. Der Abgeordnete dieses Wahlkreises würde zurücktreten – wahrscheinlich im Tausch gegen einen Platz im Oberhaus –, es käme zu Neuwahlen und Johnson könnte sich den frei gewordenen Platz sichern.

21:54 Uhr

Apropos Medien: Briten, welche die Wahlnacht traditionell auf «BBC» verfolgen, werden das vertraute Gesicht von David Dimbleby vermissen. Seit 1979 moderierte Dimbleby die Wahl-Berichterstattung der «BBC» moderiert, nun übergibt der 81-Jährige die Aufgabe an seinen jüngeren Kollegen Huw Edwards.

21:50 Uhr

Die britischen Medien dürfen übrigens nicht über die Wahl und mögliche Ergebnisse berichten, solange noch Stimmen abgegeben werden. Dieser Verhaltenskodex ist im Wahlgesetz festgehalten.

Unser Grossbritannien-Korrespondent in London, Markus M. Haefliger, berichtet von dieser aussergewöhnlich ruhigen Lage in den elektronischen Medien. Er schreibt:

«Während in den letzten fünf Wochen in den Informationssendungen fast permanent über den Wahlkampf berichtet oder über den Ausgang spekuliert worden war, hatte man heute das Gefühl, den Sendeanstalten sei der Stecker gezogen worden. Die Wahlen fanden wie nicht statt. ‹PM›, eine 45-minütige renommierte News- und Hintergrundsendung auf dem Wortsender von Radio BBC4 interviewte um 17 Uhr Ortszeit den Wahlleiter auf den Äusseren Hebriden ganz im Nordwesten Schottlands – das durften sie gerade noch. Im Übrigen hatten die Programme unpolitische Features vorproduziert – beispielsweise über wilde Papageien in London – um die Sendezeit zu füllen.»

Beliebtes Thema in den Medien ist auch das Wetter. Dieses präsentiert sich nass, grau und kalt – typisch britisch eben.

21:20 Uhr

Noch wenige Stunden vor Schliessung der Wahllokale kämpfen die Parteien in E-Mails und mit Nachrichten in sozialen Medien um jede Stimme. Premierminister Boris Johnson ist unterwegs in seinem Wahlkreis Uxbridge and South Ruislip und zeigt sich auf Twitter wählernah:

Oppositionsführer und Vorsitzender der Labour-Partei Jeremy Corbyn hingegen fordert mit einem Zusammenschnitt der britischen Horrorkomödie «Shaun of the Dead» die Wähler auf, mit ihrer Stimme «diese Zombie-Regierung» loszuwerden.

20:56 Uhr

Die Hochrechnung von 23 Uhr gibt einen konkreten Eindruck davon, wo die Wähler stehen. Sie hat in der Vergangenheit das Resultat der Wahl zuverlässig wiedergegeben, und es könnte bereits vor Mitternacht klar sein, wer als Gewinner und Verlierer dieser Wahl hervorgeht. Fällt das Ergebnis der Hochrechnung jedoch sehr knapp aus, wird die Auszählung einzelner Wahlkreise umso spannender. Was erwartet uns in der Nacht? Ein kurzer Überblick:

  • Die Wahlkreise Sunderland und Newcastle liefern sich traditionell ein Rennen darum, wer das erste Ergebnis herausbringt. Der Stadtrat von Newcastle geht davon aus, dass um 23 Uhr ein Ergebnis vorliegt. Sunderland hat aufgrund des winterlichen Wetters das Ergebnis auf 1 Uhr 30 angesetzt. Der Rekord für das am schnellsten bekannt gegebene Ergebnis stammt aus dem Jahr 2001: Damals konnte Sunderland bereits um 22 Uhr 43 seinen Gewinner verkünden.
  • Zwischen 1 und 2 Uhr wird unter anderem mit Ergebnissen aus Darlington, Workington und Wigan gerechnet. Sie sind traditionelle Labour-Gebiete, die im Wahlkampf wichtige Ziele für die Tories waren. Sollten die Konservativen in diesen Wahlkreisen gewinnen, spräche dies für eine Tory-Mehrheit im Unterhaus.
  • Wie erfolgreich die Kampagne der rechtsnationalistischen Brexit-Partei von Nigel Farage war, wird sich um zirka 2 Uhr in Hartlepool zeigen. Sollte die Brexit-Partei dort Probleme haben, dürfte sie auch in den restlichen 273 Wahlkreisen, in denen sich ihre Mitglieder haben aufstellen lassen, chancenlos sein.
  • Zwischen 3 und 4 Uhr sollte feststehen, ob die Labour-Partei in ihren Kerngebieten ihre Sitze verteidigen konnte.
  • Boris Johnson sitzt in seinem eigenen Wahlkreisen Uxbridge and South Ruislip auf einer sehr kleinen Mehrheit. Die Ergebnisse werden um 4 Uhr 30 erwartet. Sollte Johnson verlieren, wird davon ausgegangen, dass er zurücktritt.
  • 7 Uhr: Pünktlich zum English Breakfast Tea dürfte bekannt sein, wen die Briten gewählt haben – und ob die Konservativen eine klare Mehrheit im Parlament haben. 
20:16 Uhr

Apropos Hund: Johnson hat mit seinem tierischen Auftritt sogleich einen Trend bei Twitter gesetzt. Tausende von Hunden wurden heute vor den Wahllokalen fotografiert und unter dem Hashtag #dogsatpollingstations («Hunde an Wahllokalen») auf dem Kurznachrichtendienst geteilt.

Nicht bei Twitter, dafür bei uns gibt es ein Bild der Hunde Max und Shika. Sie gehören unserem Grossbritannien-Korrespondenten Markus M. Haefliger:

Markus M. Haefliger / NZZ
20:05 Uhr

Der Andrang in den Wahllokalen war gerade in der Region in und um London ungewöhnlich gross, wie Wählende berichteten. Vielerorts bildeten sich Schlangen. Demonstrationen vor dem Unterhaus, die es etwa bei wichtigen Brexit-Abstimmungen gibt, blieben am Donnerstag aus.

Die Spitzenpolitiker wählten schon am Morgen, Jeremy Corbyn im Londoner Stadtteil Islington und Premierminister Boris Johnson in der Nähe seines Amtssitzes in der Downing Street. Er kam mit Hund Dilyn.

19:51 Uhr

Guten Abend liebe Leserinnen und Leser und willkommen zum Live-Blog über die Neuwahlen in Grossbritannien. Mehr als drei Jahre nach dem Brexit-Referendum gehen die Briten wieder an die Urne – und selten dürfte eine Parlamentswahl auf der Insel so weitreichende Konsequenzen haben wie diese. Die Briten wählen heute nicht nur neue Abgeordnete, sie bestimmen indirekt auch, wie es mit dem geplanten EU-Austritt weitergehen soll. Sollte Premierminister Boris Johnson eine Mehrheit verfehlen, stünde der Brexit am 31. Januar 2020 auf der Kippe.

Was ist besonders am britischen Wahlsystem?

In Grossbritannien gilt das Mehrheitswahlrecht. Das heisst: Ins Parlament gewählt ist in jedem der 650 Wahlkreise der Kandidat, der dort die meisten Stimmen auf sich vereinigt. Die Stimmen für die übrigen Kandidaten verfallen. Entscheidend für den Ausgang der Wahl sind die Sitze in einer Reihe von hart umkämpften Wahlkreisen, in welchen der Sieger das letzte Mal nur knapp obenaus schwang. Dieses Wahlsystem macht das Resultat schwerer vorhersehbar als bei einem Verhältniswahlrecht. Es bevorteilt die grossen Parteien und resultiert in der Regel in klaren Mehrheitsverhältnissen im Unterhaus. In letzter Zeit kam es dennoch mehrmals dazu, dass keine Partei eine absolute Mehrheit gewinnen konnte («hung parliament»). Dies komplizierte die anschliessende Regierungsbildung.

Wie erfolgt die Regierungsbildung?

Bei klaren Mehrheitsverhältnissen wird der Vorsitzende der Siegerpartei von der Königin am Tag nach der Wahl mit der Regierungsbildung beauftragt. Im Falle eines «hung parliament» müssen zunächst Verhandlungen zwischen den Parteien stattfinden, und der amtierende Premierminister bleibt vorläufig Regierungschef. Möglich ist dann eine formelle Koalition oder auch nur eine Abmachung über die Unterstützung einer Minderheitsregierung (dies war seit Mitte 2017 der Fall: Die nordirischen Unionisten unterstützten die Regierung von Theresa May).

Was könnte das Wahlergebnis für den Brexit bedeuten?

Boris Johnson als Wahlsieger wird alles daransetzen, sein Scheidungsabkommen mit der EU möglichst schnell durch das neugewählte Parlament zu bringen. Das dürfte machbar sein, weil sich alle Kandidaten der Konservativen vor der Wahl darauf verpflichten mussten – die Fraktion der Tories im Unterhaus wäre also nicht mehr wie bisher gespalten in Brexit-Anhänger und «Remainer». Das neue Parlament tritt erstmals am 17. Dezember zusammen, und die entscheidende Abstimmung würde wohl noch vor Weihnachten stattfinden. Der Weg zum EU-Austritt am 31. Januar 2020 wäre damit geebnet. Dann träte die Übergangsfrist bis Ende 2020 in Kraft. Eine Verlängerung hat Boris Johnson kategorisch ausgeschlossen. Das bedeutet, dass bis Dezember 2020 die Verhandlungen über ein umfassendes Freihandelsabkommen zwischen Grossbritannien und der EU abgeschlossen sein müssen – sonst droht erneut ein «no deal»-Brexit, das heisst ein vertragsloser Zustand mit allen unberechenbaren Folgen.

Labour als Wahlsieger hätte dagegen innerhalb von nur drei Monaten ein neues Scheidungsabkommen mit Brüssel aushandeln wollen, um nach nochmals sechs Monaten die Stimmbürger in einem neuen Referendum darüber oder über den Verbleib in der EU entscheiden zu lassen. Welche Abstimmungsparole sie ihren Anhängern vorgeben hätte, war unklar.

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