Kolumne

«Doppelgrün» für Subventionen an Berliner «Tageszeitung»

Die Berliner «TAZ» erhält für den Bau eines Redaktionsgebäudes 3,8 Mio. € an Staatsgeld. Es stammt aus einem Topf, mit dem der Strukturwandel in benachteiligten Regionen abgefedert werden soll.

Christoph Eisenring, Berlin
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Die linksalternative deutsche Tageszeitung «TAZ» will für 20 Mio. € in Berlin ein neues Redaktionsgebäude bauen und kassiert dafür laut Haus-Blog 3,3 Mio. € vom Staat. (Bild: Imago)

Die linksalternative deutsche Tageszeitung «TAZ» will für 20 Mio. € in Berlin ein neues Redaktionsgebäude bauen und kassiert dafür laut Haus-Blog 3,3 Mio. € vom Staat. (Bild: Imago)

Die linksalternative deutsche Tageszeitung «TAZ» macht zwar nicht auf Geheimniskrämerei: Sie will für 20 Mio. € in Berlin ein neues Redaktionsgebäude bauen und kassiert dafür laut Haus-Blog 3,3 Mio. € vom Staat. Inklusive Investitionen in «immaterielle und bewegliche Wirtschaftsgüter» sind es 3,8 Mio. € (oder etwa 15 000 € je Mitarbeiter), wie jüngst der Anfrage eines CDU-Abgeordneten an den Berliner Senat zu entnehmen war. Transparenz macht diese Unterstützung allerdings nicht besser.

Wie kommt die «TAZ» zu diesem grosszügigen Geschenk? Um Medienförderung handelt es sich nicht (was auch nicht bekömmlicher wäre). Vielmehr stammen die Gelder aus der «Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur». In Deutschland gibt es seit 1969 einen grossen Topf des Bundes . Mit dessen Mitteln solle die Anpassungsfähigkeit und Eigenverantwortlichkeit von Regionen gestärkt werden, die vom Strukturwandel betroffen sind , heisst es zur Begründung. Ein Investitionsvorhaben könne gefördert werden, wenn es geeignet sei, «durch Schaffung zusätzlicher Einkommensquellen das Gesamteinkommen in dem Wirtschaftsraum unmittelbar und auf Dauer nicht unwesentlich zu erhöhen». Glück auf, kann man da der «TAZ» nur wünschen.

Rund 583 Mio. € wurden vom Bund 2014 für solche Hilfen veranschlagt. Davon fliessen etwa 85% in die neuen Bundesländer (die jeweiligen Länder steuern noch einmal so viel bei). Seit einigen Jahren besonders in Mode ist bei regionalen Wirtschaftsförderern dabei die Bildung von «Clustern», also die Ansiedlung und Stützung ausgewählter Branchen. Die «TAZ» gehört dabei zum Cluster Informations- und Kommunikationstechnologie, Medien und «Kreativwirtschaft». Hier flossen die Subventionen in Berlin 2014 besonders üppig: 74 Mio. € oder 41% aller Fördermittel gingen an solche Firmen.

Die Ampel steht laut Senatsverwaltung in diesem Cluster auf «Doppelgrün», weil man 1,5 Mal so viele Förderungen gesprochen hat wie geplant. Wenn dies kein Grund zur Freude ist – zumindest für die «TAZ» und Dutzende andere Firmen, die Geld aus Berlin oder dem Topf des Bundes erhielten. Während die Verwaltung von «doppelgrün» schwärmt, dürften viele Steuerzahler jedoch eher «doppelrot» sehen.

Über die Förderung von Clustern freuen sich auch Beratungsfirmen, die noch so gerne Studien und Expertisen verfassen. Sie haben den Politikern den Floh ins Ohr gesetzt, man könne die gewünschte Wirtschaftsstruktur nur mit genug Subventionen heranzüchten – als wäre Silicon Valley durch eine staatliche Industriepolitik entstanden.

En vogue sind bei europäischen Politikern vor allem die Cluster Medizinaltechnik und Biotechnologie – und in Berlin auch die Kreativwirtschaft. Dagegen hat man noch nie von einem förderungswürdigen Coiffeur-, Bäcker- oder Metzger-Cluster gehört. Dass der Staat gewisse Branchen bevorzugt, statt allen mit möglichst wenig Bürokratie und niedrigen Steuern beizustehen, ist stossend. Und versteht sich Berlin nicht als «Boomtown»? Da sollte die «Förderkulisse», wie Wirtschaftsförderer die Subventionen verbrämen, rasch abgebaut werden.