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Syrienpolitik der USA Geburtstagsgeschenk für Putin

Nach dem Abzug von US-Truppen aus Nordsyrien ist der Weg frei für den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Als letzte Großmacht in der Region kann Moskau jetzt ungestört seine Interessen verfolgen.
Wladimir Putin beim Wandern in Sibirien an seinem 67. Geburtstag: Unverhofftes Geschenk

Wladimir Putin beim Wandern in Sibirien an seinem 67. Geburtstag: Unverhofftes Geschenk

Foto: Alexei Druzhinin/Sputnik/AP

Vergangene Woche wurde der russische Präsident Wladimir Putin 67 Jahre alt. Und der Zufall wollte es, dass ausgerechnet an seinem Geburtstag sein Kollege Donald Trump ankündigte, er werde US-Kräfte aus dem Nordosten Syriens abziehen. Für Putin wird sich die Nachricht wie ein Geschenk angefühlt haben: Russland ist nunmehr die einzige Großmacht, die in Syrien präsent ist und kräftig mitbestimmt. Der Westen dagegen hat aufgegeben: Die Europäer schauen ohnehin nur ohnmächtig zu, die Amerikaner räumen demnächst komplett das Feld.

Es ist ein Triumph für die russische Politik. Deren Hauptstärke ist, es sich in einer von Konflikten zerrissenen Region mit keiner Seite zu verderben. Zwischen Schiiten und Sunniten, Türken und Kurden, Israel und Syrien, Persern und Arabern hat Moskau stets versucht, wenigstens nach außen hin die Balance zu wahren. Und diese Politik zahlt sich nun aus, während die Türkei eine Großoffensive gegen die syrisch-kurdischen Kräfte im Nachbarland beginnt. Es ist kein Zufall, dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am 9. Oktober zuerst Putin persönlich informierte, bevor er auf Twitter seine Militäroperation bekannt gab.

Was kann sich Moskau in der neuen Konstellation erhoffen?

  • Russlands Einfluss in der Region, ohnehin schon groß, ist nochmals gewachsen. Die Vereinigten Staaten haben bewiesen, dass auf sie kein Verlass ist - sie haben ihre kurdischen Verbündeten fallen lassen. Moskau hat den Kurden von Anfang an weniger versprochen, deshalb hat es sie auch weniger enttäuscht.
  • Die syrischen Kurden sind gezwungen, sich Diktator Baschar al-Assad zu unterstellen. Das stärkt das Regime und ist in Russlands Sinne. "Moskaus wichtigste Aufgabe ist es, die Rechtshoheit des Regimes in Damaskus auszudehnen", sagt der Außenpolitik-Experte Fjodor Lukjanow. "Jetzt sind die Kurden selbst gezwungen, darum zu bitten."
  • Die neue Pufferzone im Nordosten Syriens, die die Türkei schaffen will, ist für Russland akzeptabel. Der Kreml hat immer wieder laut und öffentlich das legitime Interesse der Türkei an einer sicheren Südgrenze betont. Das war gewissermaßen eine Absicherung des Kremls gegen den Vorwurf Ankaras, er mische sich mit seiner Militäroperation in türkischem Einflussgebiet ein. Wichtig für Moskau ist nur eine Bedingung: Die Pufferzone darf von der Türkei nicht besetzt werden, syrische Kräfte müssen formal das Sagen haben. Das ist mit der Formel vom "Respekt der Souveränität" gemeint, auf die Putin wert legt. Darüber habe man auch mit Erdogan gesprochen, berichtete der Kreml nach dem Telefonat vom 9. Oktober.
  • Und schließlich ist Moskau erfreut, wenn sich die Türkei und ihre westlichen Partner zerstreiten. Es ist ein Weg, die Nato zu schwächen. Und obwohl Trump Erdogan einen großen Gefallen tat, als er seine Truppen zurücknahm und den Weg für eine türkische Offensive freimachte, ist von einer Annäherung zwischen Washington und Ankara (die Moskau fürchtet) nichts zu spüren. Trump rumpelt auf Twitter längst neue Drohungen Richtung Türkei. Es sieht derzeit nicht so aus, als würde sich Erdogan aus Putins Umarmung lösen.

Faktisch hat Moskau Erdogans Offensive erst ermöglicht, sagt der Nahost-Experte Kirill Semjonow, es hat nämlich für Ruhe in der Region Idlib im Westen Syriens gesorgt. Dort belagern Assads Truppen mit russischer Hilfe die letzte Hochburg der bewaffneten und zum guten Teil protürkischen Opposition. Jeder Angriff auf Idlib bedeutet für Erdogan neue Flüchtlinge und Probleme. Seit einem neuen Waffenstillstand im September sind die Kämpfe dort aber abgeflaut, "erst das hat Ankara praktisch freie Hand gegeben", sagt Semjonow.

Wladimir Putin ist derweil zu einem Besuch in die Region aufgebrochen - am Montag war er in der saudischen Hauptstadt Riad, und natürlich hatte er ein Geschenk für König Salman mitgebracht. Es handelt sich um einen für die Jagd trainierten Falken aus Kamtschatka.