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SPIEGEL-Umfrage Grüne verringern Abstand zur Union

Die Wählerschaft ist unzufrieden mit der Coronapolitik, das Vertrauen in die Arbeit der Regierungen in Bund und Ländern sinkt. Die Grünen profitieren von der Stimmung, wie eine SPIEGEL-Umfrage zeigt.
Grünenchefs Robert Habeck, Annalena Baerbock: Die aktuellen Umfragen dürften gute Laune machen

Grünenchefs Robert Habeck, Annalena Baerbock: Die aktuellen Umfragen dürften gute Laune machen

Foto: FILIP SINGER / EPA

Die Coronapandemie hat viele vermeintliche Gewissheiten zerbröseln lassen – unter anderem, dass in einer Krise die Regierung profitiere, weil es die »Stunde der Exekutive« sei. Das mag 2020 noch gestimmt haben. Doch inzwischen verliert vor allem die Union angesichts der Versäumnisse bei der Bekämpfung der Pandemie an Zustimmung.

Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Civey für den SPIEGEL hervor. Demnach liegen die Unionsparteien CDU und CSU nur noch fünf Prozentpunkte vor den Grünen. Vor einer Woche betrug der Abstand noch acht Prozentpunkte.

Die Union rutscht der Erhebung zufolge weiter ab: Nur 28 Prozent der Wählerinnen und Wähler würden den Christdemokraten und Christsozialen ihre Stimme geben, wenn in dieser Woche Bundestagswahl wäre. Die Grünen gewinnen hingegen zwei Prozentpunkte hinzu und landen bei 23 Prozent. Offenbar könnten sie enttäuschte frühere GroKo-Wählerinnen und Wähler am ehesten für sich gewinnen.

(Lesen Sie hier die Hintergründe zur Civey-Methodik.)

Die SPD, die jüngst den Regierungspartner Union immer wieder scharf attackierte, profitiert nicht vom Abschwung bei CDU und CSU. Nachdem die Sozialdemokraten in den vergangenen Wochen leicht zugelegt hatten, verlieren sie nun wieder einen Prozentpunkt und kommen auf 16 Prozent. Die FDP bleibt konstant bei neun Prozent, Linke und AfD verlieren im Vergleich zur Vorwoche je einen Punkt.

Die Zustimmungswerte der Union sind damit in etwa wieder so wie vor einem Jahr. Zwischenzeitlich waren sie auf bis zu 40 Prozent gestiegen. Angesichts der Defizite in der Coronapolitik und der Maskenaffäre dürften solche Werte auf absehbare Zeit außerhalb der Reichweite liegen.

Sollte es für die Union noch weiter abwärts gehen, könnte das gravierende Auswirkungen auf die Koalitionsoptionen nach der Bundestagswahl im Herbst haben. Derzeit hätte Schwarz-Grün noch eine knappe Mehrheit. Für die aktuell regierende Große Koalition von SPD und Union reicht es hingegen nicht mehr. Auch ein Ampelbündnis von Sozialdemokraten, Grünen und FDP, das in den vergangenen Wochen immer wieder als Alternative zu einer schwarz-grünen Koalition genannt wurde, hätte derzeit keine absolute Mehrheit.

Vertrauen in Regierungen schwindet

Derzeit genießen die Regierungen in Bund und Ländern nur noch sehr wenig Vertrauen in der Bevölkerung. Die Coronapolitik war zuletzt nach der Konferenz von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Länderchefs am Montag scharf kritisiert worden. Inzwischen hat Merkel einen zentralen Beschluss, die sogenannte Osterruhe, zurückgenommen. Sie bezeichnete den Vorstoß als Fehler und bat die Bevölkerung um Verzeihung (lesen Sie hier das Statement der Kanzlerin im Wortlaut).

Die Civey-Daten über das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierungsarbeit wurden vor dieser Kehrtwende erhoben. Auch schon zu diesem Zeitpunkt hatte es gelitten. Fast 70 Prozent haben demnach nach den jüngsten Beschlüssen »eher weniger« oder sogar »eindeutig weniger« Vertrauen in die Arbeit der Exekutive. Dagegen ist das Vertrauen bei gerade mal zwölf Prozent gewachsen.

Besonders misstrauisch sind Anhängerinnen und Anhänger von AfD und FDP. Fast 95 Prozent der FDP-Anhänger geben an, »weniger Vertrauen« in die Arbeit der Koalition und Länderchefs zu haben, bei der AfD sind es 96 Prozent.

Etwas besser sieht es bei Anhängerinnen und Anhängern der Union aus. Von ihnen sagen immerhin 20 Prozent an, durch die Beschlüsse mehr Vertrauen in die Regierungsarbeit gewonnen zu haben. Doch fast 49 Prozent sagen, sie hätten durch die Entscheidungen Vertrauen in die Arbeit der Exekutive verloren – ein ziemlich verheerender Wert für Regierungsparteien.

Noch deutlich kritischer beurteilen Personen die Lage, die mit der SPD sympathisieren. Von ihnen haben sogar 69 Prozent weniger Vertrauen in die Arbeit der Regierungschefinnen und -chefs und der Bundesregierung als vor der Ministerpräsidentenkonferenz  am Montag.