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Coronakrise Unternehmen können trotz Staatshilfen Boni zahlen

Pläne für Dividenden- und Bonizahlungen von Konzernen, die Corona-Hilfe bekommen, werden heftig kritisiert. Finanz- und Wirtschaftsminister sprechen von strikten Regeln. Doch viele Ausschüttungen bleiben möglich.
Manager in Stuttgart (Symbolbild): Wenig verbindliche Vorschriften

Manager in Stuttgart (Symbolbild): Wenig verbindliche Vorschriften

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Uwe Anspach/DPA

Wie spendabel dürfen Unternehmen gegenüber ihren Managern und Anteilseignern sein, wenn sie zugleich Corona-Hilfen kassieren? Diese Frage stellt sich, seit die Bundesregierung infolge der Pandemie milliardenschwere Hilfsprogramme auf den Weg gebracht hat.

Laut Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) ist die Antwort klar. "Wer einen Kre­dit be­kom­men will aus den KfW-Hilfs­pro­gram­men, darf keine Ge­winne oder Di­vi­den­den aus­schüt­ten", sagte Scholz der "Bild am Sonntag". "Und bei den Boni-Zahlungen sehen wir eben­falls strikte Re­geln vor, das wäre sonst nie­man­dem zu ver­mit­teln."

Auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will die Hilfen an Bedingungen knüpfen. Wenn große Unternehmen staatliche Unterstützung bekämen, müssten sie auf die Ausschüttung von Dividenden verzichten, sagte er im Deutschlandfunk. Auch das Management müsse einen Beitrag erbringen, dessen Höhe im Einzelfall zu klären sei.

Tatsächlich ist beim sogenannten Schnellprogramm der Staatsbank KfW die Ausschüttung von Gewinnen und Dividenden untersagt, die Gehälter, inklusive variabler Vergütungen wie Boni, dürfen maximal 150.000 Euro pro Person betragen. Dieses Programm, bei dem der Staat 100 Prozent des Risikos für Kredite bis zu 800.000 Euro übernimmt, ist aber nur eines von mehreren. Hinzu kommen zudem Hilfen wie das Kurzarbeitergeld und der noch nicht gestartete Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF).

Viele Dividendenzahlungen von Hilfsempfängern kann der Staat bislang nicht verhindern. Und auch bei Boni sind die Regeln nicht durchgehend so strikt wie von Scholz behauptet. Das zeigt eine Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage von Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch, die dem SPIEGEL vorliegt. Darin wurde gefragt, wie viele Firmen, die an der Börse oder auch speziell im deutschen Leitindex Dax-30 notiert sind, Staatshilfen beantragt haben oder beziehen und zugleich Dividenden oder Boni auszahlen.

Ab halber Milliarde muss verzichtet werden

Namentlich genannt wird in der Antwort allein der bereits bekannte Fall von Adidas. Der Sportartikelhersteller hat einen Kredit über 2,4 Milliarden Euro aus dem Sonderprogramm der Staatsbank KfW bewilligt bekommen. Zuvor hatte der Vorstand angekündigt, auf Boni zu verzichten - eine Art vorauseilender Gehorsam. "Bei Krediten ab 500 Mio. Euro wird eine Selbstverpflichtung der Unternehmen erwartet, die Bonuszahlungen bzw. variable Vergütungen für das Jahr 2020 für Vorstände ausschließt und für leitende Angestellte substanziell kürzt", heißt es in der Antwort.

Doch was ist mit geringeren Summen? Schließlich sind Gratifikationen im Rest des KfW-Sonderprogramms weiter zulässig, sofern der Arbeitsvertrag sie vorsieht. Haben Dax-Konzerne weniger als eine halbe Milliarde beantragt, ohne sich zum Boniverzicht bekennen zu müssen? Was genau ist eine "substanzielle" Kürzung? Und wie verbindlich ist die geforderte Selbstverpflichtung?

In der Antwort heißt es, die Bundesregierung könne über Adidas hinaus "keine Angaben im Hinblick auf Dax-30-Unternehmen machen, da aufgrund der aktuell sehr geringen Fallzahl das Risiko besteht, dass Rückschlüsse auf konkrete Antragsteller gezogen werden können". Erwähnt wird nur noch ein börsennotiertes Unternehmen, das eine Bund-Länder-Großbürgschaft beantragt habe - hierbei dürfte es sich um den Automobilzulieferer Leoni handeln. Hier seien 2020 nach Kenntnis der Regierung keine "Dividenden- und Bonuszahlungen im Sinne der Fragestellung sowie Aktienrückkäufe" geplant.

Linke fordert Boni-Verbot

Zwar haben zuletzt die Manager verschiedener Konzerne einen freiwilligen Verzicht auf Teile ihres Gehalts angekündigt. Doch verbindliche Vorschriften dazu sind bislang Mangelware. Bei Bezug von Kurzarbeitergeld gibt es sie gar nicht, beim WSF muss eine entsprechende Rechtsverordnung erst noch verabschiedet werden.

Bei der Linken findet man das zu wenig. "Das Thema Boni ist bisher ein ungeregeltes Terrain", sagt Fraktionschef Bartsch. "Wir brauchen ein Boni-Verbot für Unternehmen, die Finanzhilfen des Staates in der Coronakrise in Anspruch nehmen. Steuergeld muss Unternehmen und Jobs retten und darf nicht Sonderzahlungen für Manager mitfinanzieren."