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Finger durchleuchtet Klebeband produziert Röntgenstrahlung

Röntgenstrahlen lassen sich mit einem herkömmlichen Klebeband erzeugen, indem man es zügig abrollt. Forscher haben auf diese Weise einen Finger durchleuchtet und das Bild auf einem Röntgenfilm festgehalten. Vollständig verstanden ist das Phänomen aber noch nicht.

Das Phänomen der Tribolumineszenz kennen Wissenschaftler schon länger. Wenn sich zwei in Kontakt stehende raue Flächen gegeneinander verschieben, entsteht aufgrund der starken Reibung Licht. Beobachten kann man diesen Effekt beim Öffnen von selbstklebenden Briefumschlägen oder beim Zerdrücken eines Stücks Würfelzucker, wo ebenfalls kurze Lichtblitze entstehen.

Forscher der University of California in Los Angeles haben jetzt gezeigt, dass beim Abrollen eines Klebebands nicht nur Licht, sondern auch Röntgenstrahlung entsteht. Voraussetzung sei allerdings ein niedriger Umgebungsdruck, schreiben Carlos Camara und seine Kollegen im Wissenschaftsmagazin "Nature" (Bd. 455, S. 1089). Die Forscher steckten die Rolle deshalb in ein Vakuumgefäß.

Bis heute können Physiker das Phänomen der Tribolumineszenz immer noch nicht ganz erklären. Rätselhaft ist vor allem der immense Anstieg der Energiedichte, die dann das Leuchten auslöst. So produziert Klebeband zum Beispiel schon beim normalen Abrollen bläuliches Licht, obwohl die Bindung an der Oberfläche hundertmal weniger Energie enthält als für ein Photon sichtbaren Lichts benötigt wird - geschweige denn für die viel energiereichere Röntgenstrahlung.

Trotzdem entsteht eine solche Strahlung, wenn die Rolle ausreichend schnell - in diesem Fall mit drei Zentimetern pro Sekunde - und im Vakuum abgerollt wird. Unter solchen Bedingungen registrierten die Forscher ein- bis zweimal pro Sekunde einen nur wenige Milliardstel Sekunden langen Röntgenpuls, der in der Spitze eine Leistung von bis zu 100 Milliwatt erreichte. Diese Energie reichte aus, um einen Finger zu durchdringen und einen dahinter liegenden Röntgenfilm zu belichten. Auf ähnliche Weise werden Zähne geröntgt. Camaras Team nutzte auch einen Röntgenfilm, der normalerweise von Zahnärzten eingesetzt wird.

Die wahrscheinlichste Erklärung ist nach Ansicht der Forscher folgende: Beim Abziehen lädt sich der abgerollte Streifen mit der Klebeseite positiv und der Rest der Rolle negativ auf. Dadurch bildet sich ein elektrisches Feld, das stark genug ist, um eine Entladung zwischen den beiden Polen zu ermöglichen. Im Vakuum sorgt diese Entladung für eine Beschleunigung von Elektronen, die sich zwischen den Flächen befinden und ihre Energie in Form von Röntgenstrahlung abgeben, wenn sie die positiv geladene Seite des Bandes passieren. Wo jedoch die Grenzen des Klebeband-Röntgens liegen, können die Forscher bisher nicht sagen. Sie vermuten jedoch, dass auch noch andere Systeme zu ähnlichen Energieausbrüchen fähig sind.

hda/ddp