Interview mit Affenforscherin Jane Goodall: "Wir messen Erfolg an Geld und Macht statt an unserem Leben"

Sehen Sie im Video: Jane Goodall – "Wir messen Erfolg an Geld und Macht statt an unserem Leben".
 
 
 
 
Für "DR. v. HIRSCHHAUSENS STERN GESUND LEBEN" hat Eckart von Hirschhausen die berühmte Schimpansen-Forscherin Jane Goodall getroffen, die an diesem Mittwoch 85 Jahre alt geworden ist. Im Interview kommen sie sich ganz besonders nah. Jane Goodall zeigt, wie sich Schimpansen begrüßen:
 
Ich bin das Weibchen und du das Männchen. Wir treffen uns nach einer Trennung. Ich bin ein wenig nervös, weil du dominant bist. Du stehst aufgeplustert da, weil du aufgeregt bist. Ich nähere mich ein wenig geduckt. Du bist still. Ich mache dieses Geräusch. Wir mögen uns, also streckst du eine Hand aus, und tätschelst und ermutigst mich. Du flüsterst in mein Ohr? Ich flüstere deinen Hals an – kitzelnd. Schaut, er kichert. Ich schwärme schon für sie. Sie bringt mich einfach so dazu, mich in sie zu verlieben. Und was tut das Männchen? Das Männchen erwidert die Umarmung, wenn er sie mag. Sonst macht er so. Ich mag dich. Darf ich dich umarmen? Das darfst du.
 
Was sind die Unterschiede zwischen dem Mensch und seinem nächsten lebenden Verwandten?
 
Ich denke, der größte Unterschied zwischen uns und den Schimpansen ist die explosionsartige Entwicklung unseres Intellektes. Genetisch sind wir beinahe identisch. Ich persönlich denke, dass der Auslöser dieser Explosion in unserem Gehirn Sprache ist. Wir können diskutieren, theoretisch, wir können aus der Vergangenheit lernen, wir können für die Zukunft planen. Das unterscheidet uns am meisten. 
 
Doch gerade dieser Unterschied führt die Forscherin zu einer zentralen Frage.
 
Es ist eine sehr skurrile Frage: Wie kommt es, dass die intelligenteste Kreatur, die je auf dieser Erde gewandelt ist, seine einzige Heimat zerstört? Wir scheinen, die Weisheit der Vergangenheit verloren zu haben. Wir treffen Entscheidungen nicht auf der Grundlage, wie sie die nächste Generation betreffen. Aber: Wie betrifft es mich jetzt? Das nächste Aktionärstreffen? Die nächste politische Kampagne?
 
Wir messen Erfolg an Geld und Macht, statt an dem Leben, das wir führen und dem Guten, das wir tun. Es scheint, als wäre die Verbindung zwischen dem cleveren Gehirn und dem menschlichen Herz unterbrochen, also Liebe und Mitgefühl. Ich glaube, wenn der Kopf und das Gehirn in Harmonie arbeiten, können wir unser Potenzial erreichen. Unser Potenzial ist gewaltig. Und es gibt Menschen da draußen, die ihr Potenzial erreichen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir jetzt zusammenkommen und jetzt etwas unternehmen. Sonst ist es zu spät.
 
Doch was kann die Menschheit tun, um sich zu ändern?
 
Wir müssen die Barrieren niederreißen, zwischen Menschen unterschiedlicher Nationen, unterschiedlicher Kulturen, unterschiedlicher Religionen, zwischen alt und jung, reich und arm. Und auch zwischen uns und Mutter Natur.
 

Jane Goodall hat ihr Leben dem Schutz der Schimpansen verschrieben. Im Interview mit Eckart von Hirschhausen berichtet die Aktivistin vor sechs Jahren über das Verhältnis von Tier und Mensch – und findet auch mahnende Worte.

Hinweis der Redaktion: Dieser Beitrag erschien erstmals am 13. März 2018

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