Recherchen von NDR und "Welt" Inzidenz für Ungeimpfte in mehreren Bundesländern massiv zu hoch ausgegeben

Geimpft oder ungeimpft? Ganz so klar ist die Lage nicht immer.
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In der aktuellen Corona-Welle wurde immer wieder auch über die Unterschiede bei den Inzidenzen von Geimpften und Ungeimpften berichtet. In einigen Bundesländern wurden diese Daten nicht korrekt erfasst und wiedergegeben, zeigen Recherchen von NDR und "Welt". Die Zahlen des RKI sind allerdings nicht betroffen.

In den letzten Wochen gab es großes Interesse an der Corona-Inzidenz nach dem Impfstatus aufgeschlüsselt. Diese Darstellung hat grundsätzlich gute Gründe: So kann man über die Aufschlüsselung der Inzidenz die Wirkung und den Erfolg der Impfungen besser nachvollziehen. Auf politischer Ebene können zudem Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie feiner ausgesteuert werden – etwa, indem man Geimpften früher oder mehr Freiheiten zurückgibt. Recherchen zeigen allerdings, dass mehrere Bundesländer die Inzidenzen für Ungeimpfte missverständlich erfasst und dadurch deutlich zu hoch ausgewiesen haben.

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RKI erfasste Inzidenzen nach Impfstatus korrekt

Der Hintergrund: Zur Erfassung der Inzidenzen nach Impfstatus muss eine Behörde wissen, ob die erkrankte Person geimpft ist oder nicht. Bei einer geimpften Person lässt sich das relativ einfach feststellen – schließlich gibt es dafür eindeutige Impfnachweise. Beim Status der Ungeimpften gestaltet sich die Sache schwieriger: Ein fehlender Impfnachweis muss schließlich nicht bedeuten, dass die Person auch wirklich ungeimpft ist. Das RKI, deren Zahlen nicht betroffen sind, erfasst die Zahlen wie folgt: "Fälle galten als ungeimpft, wenn für sie übermittelt wurde, dass sie nicht geimpft waren. Fälle, für die Angaben zum Impfstatus unvollständig waren bzw. für die eine unvollständige Impfung angegeben wurde, wurden ausgeschlossen."

Inzidenz nach Impfstatus: In Hamburg gelten unbekannte Fälle pauschal als ungeimpft

Bei den lokalen Behörden in Hamburg und Bayern war das nicht der Fall. Infizierte galten dort so lange als ungeimpft, bis sie den Nachweis über eine Impfung erbrachten. Im Klartext: Konnte der Impfstatus nicht ermittelt werden, galten sie automatisch als ungeimpft – und das betraf einen großen Teil der Infizierten. Wie der NDR berichtet, war in Hamburg zuletzt bei fast 70 Prozent der Corona-Fälle nicht klar, ob die infizierte Person geimpft oder ungeimpft war. Die Sozialbehörde zählte die Fälle allerdings als ungeimpft – und erhöhte damit die erfasste Inzidenz unter den Ungeimpften massiv.

Bayern: FDP kritisiert falsche Zuordnung der Zahlen scharf

Genauso ging auch das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in Bayern vor. Wie die Hamburger Sozialbehörde ordnete auch das LGL einen unbekannten Impfstatus den Ungeimpften zu. Die Inzidenz unter den Ungeimpften lag dementsprechend deutlich höher an als in anderen Bundesländern.

Das LGL hatte diese Vorgehensweise zwar auf der eigenen Website angegeben. Dennoch stellt sich die Frage, warum Bayern und Hamburg die Zahlen anders als in anderen Bundesländern nicht transparent als unbekannt kennzeichnen. Der bayerische FDP-Fraktionschef Martin Hagen sprach von einem "Skandal" und "Manipulation". Er sagte gegenüber der "Süddeutschen Zeitung": "Nur durch Ehrlichkeit und Transparenz können wir Querdenkern und anderen Verschwörungstheoretikern den Wind aus den Segel nehmen." Auch die unverfälschten Zahlen würden schließlich eindrücklich zeigen, dass eine Impfung das Infektionsrisiko erheblich reduziere.

Quellen: NDR, "Süddeutsche Zeitung", "Welt"

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