Gesundheit

Kemetic Yoga: Diese jahrtausendealte Yoga-Form stammt aus Ägypten

Yoga verortet man bislang in der indischen Kultur. Eine noch ältere Form des Yogas kommt jedoch aus Ägypten – das sogenannte Smai Tawi, auch Kemetic Yoga genannt. VOGUE hat mit einer der wenigen Kemetic-Yoga-LehrerInnen in Deutschland über diese uralte Praxis gesprochen.  
Kemetic Yoga Diese jahrtausendealte YogaForm stammt aus Ägypten
Travis Matthews

Hatha, Kundalini oder Yin sind nur einige der vielen Yogastile, die einem als Yogi und Yogini bekannt sein dürften. Smai Tawi oder Kemetic Yoga hingegen sind weniger verbreitet, die Namen nur den wenigsten geläufig. Eine Frau, die sich damit jedoch seit vielen Jahren beschäftigt, ist Luisa Konga. Sie ist Yogalehrerin und Gründerin der Yogawear-Brand Yoga Konga, und stieß dank Social Media auf dieses uralte Übungssystem, das dem indischen zwar sehr ähnlich ist, seinen Ursprung jedoch in Afrika hat. "Als ich diese Yoga-Art das erste Mal entdeckt habe, war ich direkt begeistert. Es kombiniert meine Passion fürs Yoga und meine seit der Kindheit anhaltende Faszination mit dem Alten Ägypten", erzählt sie. Uns erklärt Luisa Konga, was das Kemetic Yoga auszeichnet, wo man es erlernen und warum es insbesondere für Schwarze Menschen empowernd sein kann. 

Was ist Kemetic Yoga? 

"Kemetic Yoga ist der neuzeitige Name für das System Smai Tawi, welches vor ungefähr 7000 Jahren in der Region des Niltals entstand. In dieser Praxis geht es darum, sich mit dem Göttlichen zu verbinden, indem man sein höheres und niederes Selbst zusammenbringt", erklärt Luisa Konga. "Kemet" ist dabei der altägyptische Begriff für Ägypten, "Smai Tawi" bedeutet wörtlich übersetzt "die Vereinigung der beiden Länder". Gemeint ist damit die Vereinigung von Ober- und Unterägypten, auf spiritueller Ebene ist es die Vereinigung des höheren und niederen Selbst. "Ähnlich wie im indischen Yoga geht es darum, Dualitäten miteinander zu verbinden", sagt sie weiter.   

Die Körperhaltungen, die im Smai Tawi gelehrt werden, sind dabei oft den Wandbemalungen in den Tempeln nachempfunden und in den ägyptischen Hieroglyphen wiederzufinden. "Sie imitieren die Haltungen der abgebildeten Gottheiten, die wiederrum immer für etwas stehen", so Luisa Konga. Als Beispiel nennt sie etwa den Erdgott Geb, der unter anderem für Fruchtbarkeit steht und meist in der sogenannten Pflug-Pose dargestellt wird. Diese Pose soll zu einer verbesserten Schilddrüsenfunktion beitragen, und die Schilddrüse, beziehungsweise die Schilddrüsenhormone, sind maßgeblich für die Fruchtbarkeit verantwortlich. 

Viele der Posen im Kemetic Yoga sind den Wandbemalungen in den alten Tempeln nachempfunden. 

Coutesy of Yoga Konga
Was sind die Unterschiede zwischen indischen Yoga-Stilen und Smai Tawi? 

"So viele Unterschiede gibt es an sich nicht", gesteht die Yogalehrerin. Bei beiden Stilen gehe es darum, mit dem Universellen, dem Göttlichen zu verschmelzen. Um dies anzustreben, gibt es auch im Kemetic Yoga spezielle Atem- sowie Körperübungen, Meditation und einen Verhaltenskodex (die 42 Gesetzte der Maat). "Ein großes Merkmal für mich ist wohl dennoch, dass Smai Tawi nochmal älter ist, als das indische Yoga, und einen größeren Fokus auf die Atmung setzt. Dadurch ist es für mich auch inklusiver, denn prinzipiell können alle Menschen atmen. Es geht also weniger darum, besonders spektakuläre, akrobatische Yoga-Verrenkungen zu machen", so Luisa Konga. 

Für wen ist Kemetic Yoga gedacht?

Beim Kemetic Yoga gibt es weniger Posen und diese sind insgesamt leichter zu erlernen. Dadurch eignet sich Smai Tawi besonders für Yoga-AnfängerInnen, aber nicht ausschließlich: "Kemetic Yoga ist natürlich auch für Fortgeschrittene, schließlich lernt man nie aus. Ich empfehle beim Smai Tawi als Allererstes zu üben, richtig zu atmen. Das heißt sich hinzusetzen oder auf den Rücken zu legen, und sich dann erst einmal wieder beizubringen, korrekt zu atmen, und zwar durch den Bauch." Durch diese vollständige Atmung sei es möglich, das Nervensystem schnell und einfach zu beruhigen. Zudem wird der Körper mit viel Sauerstoff versorgt und kann so regeneriert werden.  

Kemetic Yoga, so Luisa Konga, sei dennoch besonders empowernd für Schwarze Menschen. "Beim Yoga-Unterricht kann es für Schwarze Frauen und Männer vorkommen, dass man Diskriminierung oder Rassismus erfährt. Man wird seltsam angeschaut und bekommt das Gefühl, dass man nicht willkommen ist. Bekannte berichteten mir sogar von rassistischen Beleidigungen – und das in einem spirituellen Setting, der ja vermeintlich offen und tolerant sein soll", erklärt sie. Ein weiterer wichtiger Punkt sei, dass über die Jahrtausende enorm viel des afrikanischen Kulturguts vernichtet wurde. "Es ist dadurch umso wertvoller und schön, etwas zu haben, was schon die Ahnen praktizierten. Für manche Menschen ist es so, als würden sie etwas wiederfinden, was sie verloren hatten", erzählt Luisa Konga.  

Wie fange ich am besten damit an? 

Zugegebenermaßen ist das Angebot an Kemetic-Yoga-Kursen in Deutschland bislang noch sehr gering. Das liegt laut Luisa Konga primär daran, dass nur wenige Menschen – und Yoga-LehrerInnen – diesen Stil überhaupt kennen. Auch während ihrer eigenen Yoga-Ausbildung kam Smai Tawi nicht vor. Kemetic Yoga zu praktizieren ist dennoch nicht unmöglich: Auf Luisa Kongas Instagram-Kanal (@isakonga) veröffentlicht sie regelmäßig Info-Posts und kurze Clips über die ägyptische Yoga-Form. Ein Mal im Monat gibt sie zudem Workshops, genauere Infos und Termine findet man ebenfalls über ihr Instagram-Profil. Eine weitere Kemetic-Yoga-Lehrerin aus Hamburg ist Akosua Aset (@akosua_aset), die in der Hansestadt Live-Kurse, aber auch Onlinekurse anbietet. Des Weiteren empfiehlt Luisa Konga die Videos von Sarah Wesley (@sarahwes), die zudem eine digitale Plattform namens "Return To Kemet" betreibt. 

Besonders wichtig ist Luisa Konga, dass man beim Kemetic Yoga nicht nur die Körperübungen macht, sondern auch "den Geist mitnimmt", sprich, sich Bücher kauft und informiert. Darin werden die unterschiedlichen Posen auch deutlich beschrieben und ihre Funktion erklärt. 

Travis Matthews
Yogawear mit afrikanischen Elementen

Und weil Luisa Konga Smai Tawi als ganzheitliches Konzept sieht, designte sie unter ihrem Label Yoga Konga passende Yogawear, die den Fokus auf diesen ganz besonderen Stil legt: "Ich war auf der Suche nach Yoga-Kleidung, die eine gewisse afrikanische Ästhetik mit sich bringt. Es gibt jedoch weder welche, die das offeriert, und schon gar keine, die Smai Tawi im Fokus hat." Die aktuelle Kollektion umfasst Shorts, Leggings und Bras, die nach traditionellen Tie-Dye-Techniken aus Westafrika gefärbt werden. 

Auf Nachhaltigkeit legt die Gründerin besonderen Wert, weshalb die Kleidung aus einem hochwertigen Bio-Bambusstoff umweltschonend hergestellt wird. Für die Färbung wird natürliches Indigo von lokalen Farmern verwendet und sie achtet streng darauf, dass alle an der Produktion beteiligten Menschen gerecht bezahlt werden. Die Kampagne des Labels wurde darüber hinaus von keinem Geringeren als Trevis Matthews fotografiert, der jüngst Beyoncé für "Black is King" ablichtete.

Für Luisa Konga ist klar: Kemetic Yoga hat das Potenzial, vor allem hierzulande noch größer und bekannter zu werden. Das Feedback, was sie bislang erhielt, sei durchweg positiv und motivierend. "Mir ist nur sehr wichtig, dass der spirituelle Kern des Smai Tawi nicht verloren geht. Es soll sich nicht zu einer kommerziellen Praxis entwickeln. Der Fokus ist und bleibt, dass es Menschen dank Kemetic Yoga besser geht." 

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