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Gewerbegebiet Grasberg Politik lässt die Finger vom Wörpedorfer Ring

Die Erweiterung des Wörpedorfer Rings als Alternative zum Gewerbegebiet Grasberg-West ist aus dem Rennen. Nach ungewohnt scharfer Diskussion lehnte der Bauausschuss den Grünen-Antrag ab.
20.01.2023, 19:00 Uhr
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Politik lässt die Finger vom Wörpedorfer Ring
Von Sandra Bischoff

Grasberg. Die Sitzung war längst beendet, da diskutierten die  Ausschussmitglieder noch immer, wenn auch deutlich weniger hitzig. Der letzte Tagesordnungspunkt des Ausschusses für Bau, Planung und Entwicklung am Donnerstagabend im Grasberger Rathaus hatte eine mitunter angeregte Diskussion entfacht. Die Fraktion der Grünen hatte beantragt, die ausgewiesenen Flächen nördlich und westlich des Wörpedorfer Rings im Regionalen Raumordnungsprogramm (RROP) des Landkreises als Raum für industrielle Anlagen und Gewerbe zu belassen, um dort möglicherweise ein neues Gewerbegebiet als Alternative zu Grasberg-West an der Wörpedorfer Straße entstehen zu lassen. Fraktionschef Jörn Schumm stimmte als Einziger für den Vorschlag, CDU und SPD lehnten ihn ab.

"Gewerbegebiete plant man sicherlich für 99 Jahre, deshalb muss man ein besonderes Augenmerk darauf legen", führte Schumm in der Begründung für den Antrag aus. Die Fläche am Wörpedorfer Ring sei mit 11,7 Hektar fast doppelt so groß wie das Gebiet an der Wörpedorfer Straße. Das weise neun Hektar auf, aber 2,2 davon würden bereits für einen neuen Edeka-Markt benötigt. "Es blieben dort also nur noch 6,8 Hektar für anderes Gewerbe", kritisierte Schumm. Und weiter: "Wir haben so viele Interessenten und könnten viel Ärger vermeiden, wenn wir über diese Alternative noch einmal nachdenken, und deshalb sollten wir die Flächen, so wie sie sind, im RROP lassen."

Grüne sehen Möglichkeiten

Die Fläche am Wörpedorfer Ring liege verkehrsgünstig an der dann sanierten Kreisstraße 10 und direkt neben dem bereits bestehenden Gewerbegebiet. Die Fläche auf der gegenüberliegenden Seite, die die Grünen ebenfalls mit ins Auge fassen, werde zurzeit als Baubetriebsplatz für die Baustelle am Kirchdamm benötigt. Durch das Abtragen der oberen Bodenschichten und die starke Verdichtung des Untergrunds sei die Fläche ohnehin so stark beschädigt, dass eine natürliche Wiederherstellung unmöglich sei, so Schumm.

Zudem könne sofort mit einer Bauleitplanung begonnen werden. "Die Entsorgung des Torfs und der oberen Erdschichten könnte, wie aktuell beim Neubau der benachbarten Kreisstraße schon praktiziert, an die umliegenden Landwirte gegen eigene Arbeitsleistung abgegeben werden", so der Vorschlag der Grünen. Außerdem hätten Bodenanalysen aus dem Jahr 2014 ergeben, dass lediglich bei einem der 15 Bohrkerne Torfablagerungen bis 4,95 Meter gemessen worden seien. Zudem sinke die Torfschicht in diesem Gebiet von Nordwest nach Südost auf Null. "Das zeigt, dass auch für die Flächen durchaus wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten bestehen." 

CDU bezweifelt Notwendigkeit

Mit seinen Ausführungen widersprach Schumm einem Antrag der Grünen-Fraktion aus der vorherigen Ratsperiode mit Datum vom 23. Januar 2021. Damals hatten die Politiker gerade wegen des Torfs und des hohen Grundwasserspiegels gefordert, die Fläche im RROP nicht für Gewerbe vorzuhalten. CDU-Ratsherr Kai Entelmann hielt dem Grünen-Fraktionschef diesen "drastischen Sinneswandel" vor. "Wir haben das damals einstimmig beschlossen und jetzt ist das nichts mehr wert?" Man müsse auch an die Bürger in Seehausen denken, die sich darauf verlassen würden, dass die Fläche am Wörpedorfer Ring nicht mehr bebaut werde. Seine Fraktion sehe keine Notwendigkeit, etwas zu beschließen. "Mit meiner Stimme werden keine Moorflächen angefasst", so der Christdemokrat, der die Grünen in seinen Ausführungen derart anging, dass auch die Besucher im gut gefüllten Zuschauerraum unruhig wurden. Der Ausschussvorsitzende Axel Schloo, ebenfalls von der CDU, musste für Ruhe sorgen.

"Ich finde, wir sollten noch mal über dieses Thema reden und nicht nur aufeinandereinschlagen. Man kann Entscheidungen auch mal zurücknehmen, wenn man merkt, dass es nicht richtig war", wehrte sich Schumm und hatte damit die Zuhörer auf seiner Seite, die seine Worte mit kurzem Applaus quittierten. "Insgesamt ist das Projekt dort machbar, das ist unsere Überzeugung."

"Nicht als Alternative"

Bürgermeisterin Marion Schorfmann versuchte indes, mit einem Irrtum aufzuräumen. Das Gebiet an der Wörpe, das für das Gewerbegebiet Grasberg-West ins Auge gefasst wird, sei nicht komplett Überschwemmungsgebiet. Es handele sich nicht um eine Aue, sondern weise in der Kartierung des Landkreises lediglich ähnliche Schraffierungen auf. Um den gefassten Beschluss von Anfang 2021 noch einmal neu zu bewerten, müsse sich etwas Wesentliches geändert haben. "Das sehe ich hier nicht."

Ihr CDU-Parteikollege Thorsten Schaffert führte den Zeitplan als Gegenargument zu Schumms Vorschlag ins Feld: Die Fläche hinter der Reifentechnik-Firma Schmenger, die derzeit als Baustellen-Lager diene, sei noch zwei Jahre für diesen Zweck verpachtet. "Ich kann also nicht von jetzt auf gleich meine Busse dort abstellen, wie Jörn Schumm eben sagte. Der Zeitplan würde in diesem Gebiet deutlich länger dauern als für Grasberg-West", sagte der Unternehmer. "Wir können gerne über zusätzliche Flächen reden, aber nicht als Alternative."

Zur Sache

Gewerbegebiet Grasberg-West

Der Entwurf für die Änderung des Regionalen Raumordnungsprogramms (RROP) des Landkreises Osterholz liegt der Gemeinde nun vor, wie die Bürgermeisterin am Donnerstagabend im Ausschuss erklärte. Wie berichtet, war die Fläche zwischen Wörpe und Wörpedorfer Straße, auf der das neue Gewerbegebiet entstehen soll, bisher nicht für Unternehmensansiedlungen, sondern als „Vorranggebiet für ruhige Erholung in Natur und Landschaft“ ausgewiesen. Marion Schorfmann zufolge wolle die Gemeinde jedoch wegen der aufgeführten Nebenbestimmungen eine Fristverlängerung beantragen. Es sei noch zu prüfen, was Grasberg dabei beachten müsse.

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