Frau Schorfmann, statt Schulden zu machen, hat Grasberg 2020 einen Überschuss erwirtschaftet. Zwischen Plan und Ergebnis liegen 1,4 Millionen Euro. Was machen Sie mit all dem Geld?–
Marion Schorfmann: Was mich freut, ist, dass wir damit unsere Fehlbeträge reduzieren können. Unsere Aufgabe muss es sein, unsere täglichen Aufgaben erfüllen zu können und zugleich von unseren Altschulden runterzukommen. Und das ist noch eine ganze Menge.
Woher kommt der Geldsegen?
Die Überschüsse sind zum größten Teil das Ergebnis von Gewerbesteuernachzahlungen aus den Vorjahren. Die Pandemie ist da noch nicht mit drin. Wir können also noch nicht absehen, wie sich die Pandemie auf die Unternehmen und damit auch auf unsere Gewerbesteuereinnahmen auswirken wird.
Wie schlimm könnte es werden?
Wie ich unsere Gewerbetreibenden in Grasberg einschätze, sind sie stabil aufgestellt. Viele kleinere Unternehmen, auch aus der Gastronomie, haben aber erheblich gelitten. Wir können also bei den Haushaltsplanungen nicht unbedingt von weiteren Überschüssen ausgehen.
Umso wichtiger für Sie, die Gewerbetreibenden in der Gemeinde zu halten.
Daran ist uns sehr gelegen, und wir wollen im Ort auch Möglichkeiten bieten, damit sie sich entwickeln können.
Sie sprechen das geplante Gewerbegebiet an der Wörpedorfer Straße an.
Wir haben uns immer ganz viel Mühe gegeben, für Unternehmen gute Lösungen zu finden, damit sie sich erweitern konnten. Unser Ziel muss es auch zukünftig sein, dass die Unternehmen vor Ort weiter wirtschaften können.
An der Wörpedorfer Straße wollten Sie bis zum Sommer so weit sein, dass es losgehen kann. Warum hat das nicht geklappt?
Wir hatten gehofft, dass die Neuaufstellung des Regionalen Raumordnungsprogramms des Landkreises schneller auf den Weg gebracht wird. Da dauert es nun noch. Bei uns selbst ist das Planungsbüro damit beschäftigt, die große Zahl an Stellungnahmen zu den Planungen abzuarbeiten. Es geht um die Grünordnung, um Entwässerung, um die Erschließungsplanung. Es geht um die Frage, welche Flächengrößen die Interessenten brauchen und so weiter. Das wollen wir gut und sauber abarbeiten.
Dann war der Plan Ihres Hauses, bis Sommer damit durch zu sein, aber von vornherein ambitioniert. Ging es Ihnen darum, das Thema Gewerbegebiet aus der Wahl herauszuhalten?
Wir hatten in erster Linie diejenigen vor Augen, die ganz dringend nach Gewerbeflächen suchen. Als bekannt wurde, dass wir das Gebiet planen, hat es bei uns und beim Investor Schausberger Immobilien umgehend weitere Nachfragen von Interessenten gegeben. Das hat sich bis heute nicht geändert. Aber dann kommen eben noch viele Kleinigkeiten hinzu. Wir haben beantragt, an der Wörpedorfer Straße das Ortsschild zu versetzen, um vor dem Gewerbegebiet Tempo 50 zu haben. Die Straße muss verbreitert werden, damit es eine Abbiegespur, Fuß- und Radwege gibt. Das alles braucht Zeit, denn egal, welches Planungsbüro und welche Behörde man gerade fragt – die haben alle viel zu tun.
Warum dann der ambitionierte Zeitplan?
Wir wollten das schnell klären, um den Unternehmen zu signalisieren, dass es eine Chance gibt, bei uns zu investieren. Denn einige wollen kurzfristig tätig werden und sich entwickeln.
Springen Unternehmer denn wieder ab, weil ihnen das zu lange dauert?
Zwei sind schon wieder abgesprungen. Aktuell sprechen wir wieder mit einem, der sagt, dass er es eilig hat. Ein weiterer möchte gern in Grasberg bleiben, will aber die Gewissheit, dass das Gewerbegebiet auch realisiert wird. Denn die Baupreise steigen und außerdem müsste er von vorn angefangen, wenn es dann doch nichts wird.
Sie haben vor allem die Pflege der Grasberger Unternehmen im Blick. Muss es nicht Ihr Interesse sein, auch zusätzliche Akteure in die Gemeinde zu locken?
Bei den vorhandenen Unternehmen weiß ich, wie viele Arbeitsplätze sie anbieten. Das sind gute Stellen für die Grasberger. Und natürlich wollen wir die Unternehmen auch als Gewerbesteuerzahler hier halten. Das hat nicht immer geklappt. Die Dannenberger Frischei ist nach Lilienthal gegangen, auch die Firma Brüning ist fort. In beiden Fällen ist es uns nicht gelungen, ihnen Entwicklungsmöglichkeiten anzubieten. Das will ich in Zukunft vermeiden. Und man muss auch sehen, dass ein Unternehmen, das ins neue Gewerbegebiet zieht, keine Probleme haben wird, einen Nachfolger für die alte Fläche zu finden. Es gibt immer Betriebe, die an dem aktuellen Standort nicht weiterkommen und sich verändern möchten.
Wann folgt der nächste Schritt?
Bei der Zufahrtsregelung sind wir mit der Landesstraßenmeisterei schon mal einig, bei der Erschließung sind wir noch nicht so weit. Wir hatten gehofft, Ende September Ergebnisse vorlegen zu können, auch weil wir ständig danach gefragt werden. Ich bin skeptisch, dass wir sie dem neuen Gemeinderat in diesem Jahr noch vorlegen können.
Haben Sie das Gefühl, beim Gewerbegebiet in Verzug zu sein?
Also, gefühlt dauert das für mich ewig! (lacht) Wir sind in vielen Bereichen relativ schnell. Bei einem Gewerbegebiet ist es aber nicht ganz einfach, weil es so viele Ansprüche gibt. Wir arbeiten seit mittlerweile zehn Jahren daran, neue Gewerbeflächen zu schaffen.
Es klang mal so, als wäre dieser Standort Ihre letzte Chance.
Der Standort ist gut, zumal auch die Verkehrsanbindung für die Arbeitnehmer gut ist. Das Gebiet liegt an der Landesstraße und es gibt einen Busanschluss. Denkbar wäre auch eine Orientierung in Richtung Tarmstedt gewesen. Dann hätte es die Menschen getroffen, die Im Wiesengrund wohnen. Aber dort sind sehr begehrte landwirtschaftliche Flächen. Und dort kann ich mir in den kommenden Jahrzehnten auch andere Entwicklungen vorstellen: ein Wohngebiet, Sport- oder Freizeitflächen. In dieser Hinsicht kommen wir an anderen Stellen in der Gemeinde nicht mehr weiter.