Grasberg. Die Grünen-Fraktion im Grasberger Gemeinderat spricht sich in einer Stellungnahme an den Landkreis, die Bürgermeisterin und die Fraktionsvorsitzenden erneut gegen das geplante Gewerbegebiet Grasberg-West aus. "Der Landkreis, die Gemeindeverwaltung, die Ratsmitglieder und der Investor sollten sich ihrer besonderen Verantwortung bewusst werden und ihre Standpunkte im Hinblick auf die zu erwartenden zukünftigen Klimaereignisse mit extremen Niederschlägen im Hinterland unbedingt noch einmal überprüfen und hinterfragen, damit es am Ende für Grasberg doch noch zu einer guten und tragbaren Lösung kommt, denn Gewerbesteuern können auch auf anderen Flächen eingenommen werden und dürfen hier nicht um jeden Preis erzwungen werden", schreibt der Fraktionsvorsitzende Jörn Schumm.
"Noch nicht beschlossen"
Bereits im Februar vergangenen Jahres hatten die Grünen in zwei Stellungnahmen und einem Brief an das Unternehmen Edeka, das in dem geplanten Gewerbegebiet einen Neubau errichten möchte, gegen die Ausweisung der Fläche argumentiert. Der Landkreis hatte vor wenigen Tagen angekündigt, über den Antrag der Gemeindeverwaltung, von den Vorgaben des Regionalen Raumordnungsprogramms (RROP) abweichen zu dürfen, bald befinden zu wollen, und angedeutet, diesem Antrag womöglich zuzustimmen. Zurzeit ist das Areal als „Vorranggebiet für ruhige Erholung in Natur und Landschaft“ ausgewiesen und nicht etwa als Fläche für Gewerbe. Die Grünen sehen sich nun nach eigenen Angaben in der Pflicht, noch einmal ihre Argumente gegen das Gewerbegebiet auf den Tisch zu bringen. "Auch wenn der Landkreis sein Okay gibt, ist das Gewerbegebiet bei Weitem noch nicht beschlossen", sagt Jörn Schumm.
Um die Kritik seiner Fraktion zu untermauern, verweist Jörn Schumm in seinem Schreiben auch auf den Bremer Deichhauptmann Michael Schirmer. Dieser hatte im Juli vergangenen Jahres in einem Interview mit der WÜMME-ZEITUNG davor gewarnt, zu dicht an Flüssen zu bauen, weil die durch den Klimawandel hervorgerufenen Starkregenereignisse Hochwasser begünstigten. "Der angedachte Standort des Gewerbegebiets liegt direkt im Auengebiet der Wörpe. Aus diesem Grund halten wir es für unverantwortlich und grob fahrlässig, trotz aller Warnungen von Experten weiter an der Planung für das Gewerbegebiet in diesem Bereich festzuhalten", so Schumm.
Früher dort Schlittschuh gelaufen
Nach starken und lang anhaltenden Regenfällen hätten im Februar 2022, wie auch 2011, weite Teile Grasbergs unter Wasser gestanden, erinnert der Fraktionsvorsitzende. "Eigentlich ist es fast allen Bürgerinnen und Bürgern bekannt, dass es in der Vergangenheit eben auch genau in diesem Bereich von Wörpedorf immer wieder zu stehendem Wasser und Überschwemmungen nach längeren Regenperioden in Herbst und Winter gekommen ist, die Landwirte werden das bestätigen können. Umso mehr verwundert es, dass auf diesen neun Hektar Ackerfläche jetzt ein Gewerbegebiet entstehen soll." Die ältere Generation sei auf den Flächen früher Schlittschuh gelaufen, berichtet Schumm.
Der Grünen-Politiker verweist in seinem Schreiben außerdem auf den Sachstandsbericht des Weltklimarats vom vergangenen Oktober, der "endlich sofort wirksame Klimaschutzmaßnahmen" fordere. Die Erkenntnisse, Aussagen und Warnungen aus diesem Bericht müssten bei Entscheidungen solcher Tragweite erst recht beachtet werden, fordern die Grünen. Alles andere wäre gegenüber den Grasberger Bürgern und den zukünftigen Generationen gegenüber verantwortungslos. "Wir sind also hier vor Ort gefordert, die richtigen klimapolitischen Entscheidungen zu treffen, und die Errichtung eines großflächig versiegelten Gewerbegebiets in einer Flussaue gehört keineswegs dazu", sagt Schumm.