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Bürgerinformation Grüne fordert Auskunft zu den Altlasten

Das ehemalige Tanklager Farge/Neuenkirchen, die frühere Asche-Deponie Eggestedt, der belastete Boden am Schießplatz Waakhausen: Die Grünen fordern dazu öffentliche Umweltschutz-Berichte vom Landkreis Osterholz.
02.12.2021, 21:01 Uhr
Lesedauer: 5 Min
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Grüne fordert Auskunft zu den Altlasten
Von Bernhard Komesker

Landkreis Osterholz. Grünen-Fraktionschefin Dörte Gedat hat die Osterholzer Kreisverwaltung zu Beginn der neuen Wahlperiode dazu aufgerufen, die Altlasten Tanklager Farge und Schießstand Waakhausen im Auge zu behalten. Während für die Nordbremer Anlage mit riesigen unterirdischen Tanks (auch auf Schwaneweder Gebiet) der Bund als Eigentümer mit dem Land Bremen über die Abwehr möglicher Umweltgefahren verhandelt, ist in Waakhausen die Gemeinde wegen der kommunalen Planungshoheit mit im Boot: Wie berichtet, will der neue Schießplatz-Eigentümer die Sanierung refinanzieren, die der Landkreis ihm auferlegt hat, indem er auf dem Waakhauser Gelände ein kommerzielles Schießzentrum errichtet und betreibt.

Die Bürgerinitiative (BI) Naturschutz Worpswede drängt auf die Beseitigung der Umweltschäden ohne einen Neubau, dessen Planung sich noch in einem recht frühen Stadium befindet. Gedat sagte im Umweltausschuss, es sei an der Zeit, die Öffentlichkeit über den Sachstand in Waakhausen zu informieren. Hinter verschlossenen Türen war zuletzt nur der Kreisausschuss unterrichtet worden, sodass sich kürzlich die BI per E-Mail an Kreistag und Gemeinderat gewendet hatte, um zusätzlich Druck zu machen. Eine Halle, so ihre Überzeugung, gehöre in ein Gewerbegebiet und nicht an den heutigen Standort, wo eigentlich Natur und Landschaft Vorrang haben.

Gemeinde soll einladen

Bau- und Umweltdezernent Dominik Vinbruck zeigte Verständnis für Gedats Nachfrage. Grundsätzlich stehe seine Abteilung Rede und Antwort, aber der Ball liege im Feld der Kommune. Diese könnte zu einer Info-Veranstaltung einladen und er befinde sich hinsichtlich des Formats mit dem Worpswede Bürgermeister auch in einer Abstimmung. Zu der Bürgerinitiative habe er auch direkten Kontakt, doch die Pandemie erschwere die Planung, so Vinbruck. Bei einem Präsenzangebot seien Fragen wie Besucherzahlen, 2G oder 3G und die Kontaktdatenerfassung zu klären.

Die BI hat durch ihren Sprecher Andreas Oeller per Rundmail ihre Position erneut klar gemacht. Auch die Jägerschaft Osterholz habe inzwischen erklärt, sie habe "definitiv kein Interesse mehr an der Nutzung des Schießstands Waakhausen", so Oeller. Möglich bleibe aber die Unterwanderung eines Schießzentrums durch Kriminelle, Rechtsextreme und Waffennarren, die auch in der ARD-Sendung Report Mainz am 23. November thematisiert wurde. Viele drängende Fragen zur Sanierung und künftigen Nutzung des Geländes seien offen.

Landkreis drängt auf Schutz

Das gilt auch für das Tanklager Farge, das nach Gedats Worten "der größte Grundwasserschaden der Republik" ist. Auch dort drängt eine Bürgerinitiative auf Altlast-Sanierung. Der Landkreis werde über den Fortgang der Verhandlungen zwischen Bremen und dem Bund informiert, teilte der Leiter des Umweltamts, Andreas Schütte, mit. Dezernent Vinbruck setzte hinzu, in Neuenkirchen, also auf Osterholzer Gebiet, seien bisher keine Schäden bekannt. Weil aber kleinere unterirdische Lecks nicht auszuschließen seien, erinnere der Landkreis Osterholz die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben auch an ihre Sicherungsaufgaben als Eigentümerin.

"Der Schaden ist auf Bremer Gebiet entstanden und es hat in den vergangenen 80 Jahren viele Nutzer der Anlage gegeben", erklärte Vinbruck. Das erschwere die Ursachenforschung. Der Landkreis dränge darauf, "dass alles dokumentiert wird, was in der Erde bleibt". Die Kreisbehörde wolle eine dauerhafte Sicherung und eine Beseitigung der Schäden; sie lehne es ab, die Verbindungsleitungen zwischen den Tankröhren lediglich zu verfüllen und zu dämmen. Vinbruck hofft: Wenn die Leitungen ausgebuddelt werden, lasse sich ringsum auch der Boden auf mögliche Belastungen hin untersuchen.

Bericht zu Eggestedt kommt

Dörte Gedat ergänzte, zum Stand der ehemaligen Sondermülldeponie bei Eggestedt wünsche sie sich von der Verwaltung ebenfalls einen Sachstandsbericht; Andreas Schütte sagte dies für eine der kommenden Ausschusssitzungen zu. In Eggestedt wurden bis vor sechs Jahren 235.000 Tonnen Flugasche des früheren Eon-Kraftwerks deponiert. Die Grünen-Abgeordnete befürchtet, die Altlast könnte bei der Stilllegung nicht sonderlich gut abgeschirmt worden sein. Das Farger Steinkohlekraftwerk geht seinerseits im kommenden Herbst vom Netz; nebenan wurde einst ebenfalls eine Deponie angelegt, die nun genauer untersucht wird.

Vergleichsweise wenig Sorgen macht dem Landkreis unterdessen die frühere Mülldeponie Sandhausen. Der Landkreis hat sie 2009 stillgelegt und 2013 abgedichtet; seither kümmert er sich dort um das Grundwassermonitoring, das auch in Eggestedt, Waakhausen und beim Tanklager stattfindet. Eine eigene Gasfackel wird in Sandhausen ebenfalls betriebsbereit gehalten. Darüber hinaus hat die Kreisabfallwirtschaft in ihrem Haushaltsplan auch eigene Rückstellungen gebildet, denn die sogenannte Nachsorgephase der Altlast Sandhausen läuft noch bis 2045. Das Sicherheitspolster wird seit Jahren immer weiter aufgebaut und ist inzwischen fast 1,2 Millionen Euro groß.

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Anstehene Aufgaben

Jahrelang hat der Erlass von Verordnungen für ein gutes Dutzend Naturschutzgebiete die Osterholzer Kreisbehörde beschäftigt; aktuell werden dafür nun Managementpläne und Verbesserungsmaßnahmen konzipiert. Parallel wird für kommendes Jahr ein Entwurf erwartet, wie nach den FFH-Gebieten auch das Vogelschutzgebiet Unterweser gesichert und weiterentwickelt werden kann. Umweltdezernent Dominik Vinbruck sagte: "Wir haben das ambitionierte Ziel, das Verfahren noch 2022 abschließen zu können."

Fraglich sei, ob das auch für die Überarbeitung und Ausweisung von Natur- und Landschaftsschutzgebieten zu schaffen ist, zu denen auch Anträge aus den Gemeinden im Kreishaus vorliegen. Mit einem weiteren Einstieg in eine neue Landschaftsplanung sei im kommenden Jahr angesichts der Aufgabenfülle nicht zu rechnen

Dickster Brocken im Planungs- und Naturschutzamt ist nämlich weiterhin die Neuauflage des Regionalen Raumordnungsprogramms (RROP). Nach wechselnden Vorgaben aus Berlin und  Hannover hat die Kreisverwaltung halbfertige Kapitel etwa zum Thema Windkraftstandorte und Freiflächen-Fotovoltaik mehrfach überarbeiten müssen. Zwar wird nun auch das Land Niedersachsen sein Landesraumordnungsprogramm überarbeiten, doch der Landkreis wolle einen ersten RROP-Entwurf in der ersten Jahreshälfte 2022 vorlegen, so Vinbruck.

Die Planungsleitlinie wird in den Kommunen sehnlichst erwartet, die neue Flächen für die Siedlungsentwicklung suchen. Für Befremden hat bei Naturschützern die Aussage von Grasberges Verwaltungsvizechef Stefan Ritthaler gesorgt, eine Abweichung vom RROP zugunsten von Gewerbeansiedlungen an der Wörpedorfer Straße werde unproblematisch sein (wir berichteten).

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