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Leihspieler Romano Schmid im Interview „Ich werde meine Chance bekommen“

Mit dem Wolfsberger AC mischt Romano Schmid gerade die Europa League auf. Was die Mannschaft so stark macht und welche Perspektiven er bei Werder sieht, erzählt der Bremer Leihspieler im WESER-KURIER-Interview.
15.10.2019, 10:31 Uhr
Lesedauer: 6 Min
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„Ich werde meine Chance bekommen“
Von Christoph Bähr

Geben Sie uns in Norddeutschland mal bitte ein wenig Nachhilfe im österreichischen Zungenschlag: Was genau ist ein „Gurkerl“?

Ein „Gurkerl“ ist ein Tunnel.

Klar, dass Sie das wissen. Mit einem „Gurkerl“ haben Sie Florian Neuhaus düpiert und dann ein Tor vorbereitet, als Sie mit dem Wolfsberger AC in der Europa League sensationell 4:0 gegen Mönchengladbach gewannen. Verpassen Sie Ihren Gegenspielern öfter Beinschüsse?

Wenn es in der Situation passt und ich auf die Art gut am Gegenspieler vorbeikomme, dann schon. In der Situation gegen Florian Neuhaus hat es prima funktioniert, daher war es die richtige Entscheidung.

Diese freche Szene hat für viel Aufsehen gesorgt und wurde von der Uefa zum „Skill of the Day“, also zum Trick des Tages, gekürt. War das in dem Moment eine Instinkthandlung oder haben Sie darüber nachgedacht?

Ich habe nicht darüber nachgedacht. Ich wollte mich schnell drehen, dann kam der Gegenspieler und es ist einfach so passiert.

Durch den Sieg gegen Gladbach und ein Remis gegen die AS Rom hat sich der Wolfsberger AC in Europa auf einen Schlag einen Namen gemacht. In der österreichischen Bundesliga steht Ihre Mannschaft zudem auf dem dritten Platz. Was macht den WAC so stark?

Unsere größte Stärke ist, dass wir füreinander spielen. Jeder für jeden. Wir arbeiten richtig intensiv gegen den Ball, attackieren den Gegner als Team gemeinsam und pressen sehr hoch.

Im Januar 2019 hat Werder Sie von RB Salzburg verpflichtet und kurz darauf nach Wolfsberg verliehen. Dort sind Sie jetzt absoluter Stammspieler. War dieses Leihgeschäft also genau der richtige Schritt?

Definitiv. Man sieht, dass ich fast jedes Spiel über 90 Minuten bestreite und auch sehr gute Leistungen bringe. Am wichtigsten ist, dass ich im Mittelfeld spiele. Das ist meine Position. Letzte Saison habe ich mich als Stürmer nicht ganz so wohl gefühlt.

Sie besetzen in einer Mittelfeldraute die Achter-Position. Ist das die ideale Rolle für Sie?

Meine beste Position ist auf der Zehn, aber danach kommt schon die Acht.

Als Achter ist mehr Defensivarbeit gefordert als auf der Zehner-Position. Wie kommen Sie damit zurecht?

Wenn man sieht, wie ich zurzeit defensiv arbeite und wie viele Zweikämpfe ich führe und auch gewinne, dann kann ich richtig happy sein, dass ich auf dieser Position spiele. So kann ich zeigen, dass ich im Zweikampf defensiv auch richtig gut sein kann. Ich muss als Achter nur noch ein bisschen torgefährlicher werden. Vor dem Tor bin ich zurzeit noch nicht so cool, wie ich es eigentlich von mir gewohnt bin.

Werder Bremen spielt auch regelmäßig mit einer Mittelfeldraute. Es könnte Ihnen also zugutekommen, dass Sie sich in diesem System schon gut auskennen.

Natürlich ist es gut, dass Werder ein ähnliches System spielt. Aber mein Fokus liegt zu 100 Prozent auf dem WAC. Ich möchte hier meine Leistung zeigen, alles andere kommt dann von selbst.

Haben Sie regelmäßig Kontakt nach Bremen?

Mein Berater steht ständig im Kontakt mit Werder. Ich selbst rede hin und wieder mit Clemens Fritz (betreut die Leihspieler, Anm. d. Red.). Das funktioniert ganz gut.

Verfolgen Sie auch die Werder-Spiele, wenn es möglich ist?

Ich schaue fast jedes Spiel. Dass es so viele Verletzte gab, war ein bisschen unglücklich, aber sie spielen trotzdem richtig gut Fußball.

Durch die Verletzungsmisere haben bei Werder einige junge Spieler Ihre Chance gekriegt. Hand aufs Herz: Haben Sie sich da nicht manchmal nach Bremen gewünscht, um auch in der Bundesliga spielen zu können?

Nein, damit habe ich mich ganz ehrlich nicht befasst. Für mich ist es wichtig, so viele Spiele wie möglich auf hohem Niveau zu sammeln. Das mache ich jetzt in der österreichischen Bundesliga, wo wir ganz vorne dabei sind und gute Spiele abliefern. Dazu können wir uns in der Europa League mit ganz großen Mannschaften wie Gladbach oder AS Rom messen.

Wissen Sie schon, wie es nach der Saison weitergeht, wenn Ihr Leihvertrag beim WAC ausläuft?

Das lasse ich auf mich zukommen. Ich konzentriere mich voll auf den WAC und glaube auch, dass sie bei Werder Bremen ziemlich happy darüber sind, dass ich hier so viele Spiele machen darf. Alles andere müssen wir am Ende der Saison besprechen, um die beste Lösung zu finden.

Sie sind zwar Spieler von Werder, waren im Januar aber nur wenige Wochen in Bremen, dann ging es weiter nach Wolfsberg. Wie gut kennen Sie die Werder-Mannschaft überhaupt?

Als ich in Bremen war, habe ich mit der U23 trainiert. Ich war nur einmal bei der ersten Mannschaft dabei, das war am Tag nach einem Bundesliga-Spiel mit den Spielern, die nicht oder nur kurz gespielt hatten. Da war die Qualität im Training aber schon richtig hoch. Außerdem weiß ich ein bisschen, wie die Mannschaft tickt, weil ich Marco Friedl aus dem U21-Nationalteam kenne.

Mit ihm sprechen Sie also viel über Werder?

Ja, er spricht nur in den höchsten Tönen über die Mannschaft.

Mit Lukas Schmitz haben Sie in Wolfsberg auch einen Teamkollegen, der von 2011 bis 2014 für Werder aktiv war. Was erzählt er über Bremen?

Der „Schmitzi“ und ich reden viel über seine Zeit in Deutschland. Dass er in Bremen war, ist allerdings schon eine Weile her. Zur aktuellen Situation bei Werder kann er mir deswegen nicht ganz so viel sagen, aber er hat mir erzählt, wie cool die Atmosphäre in Bremen ist – im Stadion und in der Stadt.

Und es gibt da noch einen Informanten. Bei RB Salzburg haben Sie den ehemaligen Werder-Kapitän Zlatko Junuzovic kennengelernt. Er hat seine Karriere in Graz begonnen, genau wie Sie. Wie intensiv ist der Austausch mit ihm?

Wir haben ein halbes Jahr lang zusammen trainiert und mit „Zladdi“ habe ich auch über Werder Bremen geredet. Er hat mir nur das Beste erzählt. Es war wichtig, dass mir solch ein Spieler noch einmal gesagt hat, wie cool dieser Klub ist.

Man hört bei Ihnen schon raus, dass Sie davon träumen, mal in der deutschen Bundesliga in den ganz großen Stadien zu spielen. Stimmt dieser Eindruck?

Das stimmt, aber das wünschen sich viele Spieler. Ich habe mit dem Wechsel zu Werder Bremen einen richtig guten Schritt gemacht. Wenn ich weiter so spiele, werde ich auf Dauer meine Chance bekommen. Erst einmal bin ich aber froh, dass ich in Österreich zeigen kann, was ich drauf habe.

Es könnte so kommen, dass Sie vom Europa-League-Teilnehmer Wolfsberg zu Werder wechseln, und die Bremer spielen dann nicht international. Wäre das nicht ein Rückschritt?

Nein, natürlich nicht. Wer bei Werder Bremen spielt, weiß, was das für ein großer Klub ist und wie viel Qualität dort vorhanden ist. Bei solch einem Klub zu spielen ist etwas ganz Besonderes. Natürlich hoffe ich, dass Werder irgendwann wieder international dabei ist, vielleicht auch mit mir. Unabhängig davon würde sich aber jeder Spieler freuen, in solch einem Stadion und bei solch einer großen Mannschaft wie Werder Bremen zu spielen.

Wenn man Sie auf dem Platz sieht, wirken Sie wie der oft beschriebene Straßenfußballer. Sie suchen die Dribblings, gehen oft ins Risiko. Wo haben Sie das gelernt?

In Österreich ist es nicht so üblich wie in Deutschland, auf den Bolzplatz zu gehen. Ich habe aber schon gerne mit Freunden auf der Straße gespielt, auch gerne mit Bande. Überhaupt war ich jeden Tag auf dem Fußballplatz, habe immer versucht, besser zu werden und oft gegen ältere Spieler gespielt, damit ich ein bisschen Druck bekomme. Ich glaube, deswegen kann ich heute manche Situationen auf dem Platz ganz gut lösen.

Mit 17 Jahren haben Sie schon ihr Profi-Debüt für Sturm Graz gegeben, waren dann auch der jüngste Torschütze der österreichischen Bundesliga-Geschichte. Wie haben Sie den ganzen Rummel damals erlebt?

Die Mannschaft von Sturm Graz war einfach richtig cool und nett. Das erste Mal habe ich schon mit 15 Jahren bei der ersten Mannschaft trainiert, mit 16 wurde ich hochgezogen. Dann hatte ich erst kleinere Verletzungen. Wenn man als junger Spieler hochkommt, muss man sich an ein ganz anderes Tempo gewöhnen. Es hat also ein bisschen gedauert, bis ich mein erstes Spiel gemacht habe. Als es dann so weit war und ich zum ersten Mal reingekommen bin, war es eine richtig coole Erfahrung.

2017 sind Sie dann von Graz nach Salzburg gewechselt. Dort konnten Sie sich nicht dauerhaft durchsetzen. Kam der Schritt zu früh?

Ich glaube, dass das ein guter Schritt war. In Salzburg habe ich mich sehr gut weiterentwickelt, auch was die Fitness angeht. RB spielt dieses Pressing, und dass ich jetzt richtig viel laufen kann, habe ich Salzburg zu verdanken. Das war früher nicht immer meine ganz große Stärke. Natürlich hätte ich mir erhofft, dass alles schneller geht bei Salzburg, aber im Grunde genommen bin ich jetzt sehr zufrieden mit meiner Situation. Dass ich ein Leihspieler von Werder Bremen in der österreichischen Bundesliga bin, darauf bin ich schon stolz.

Und hier gibt`s das Gurkerl im Video!

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