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Foto: Erich Pawlu
Foto: Erich Pawlu

Die Johann-Strauß-Gala im Dillinger Schlosshof: Beifallumrauscht und mit Blumen beschenkt verabschiedeten sich Sieglinde Zehetbauer, Sopran, und Anton Klotzner, Tenor, nach dem Johann-Strauß-Konzert im Schlosshof.

Dillingen
18.07.2017

Wiener Charme und Schwung im Dillinger Schlosshof

Von Erich Pawlu

Das Johann-Strauß-Orchester belegt die Unvergänglichkeit der Operettenseligkeit.

„Es ist viel schwerer, einen schönen Walzer zu schreiben als eine mittelmäßige Symphonie zu komponieren.“ Die Besucher der Johann-Strauß-Gala im Dillinger Schlosshof hatten zweieinhalb Stunden lang Gelegenheit, sich nicht nur vom melodiösen Charme, sondern auch von der künstlerischen Kraft des Wiener Walzers überzeugen zu lassen.

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Denn das gastierende Johann-Strauß-Orchester aus Frankfurt demonstrierte unter der Leitung des Dirigenten Achim Fiedler mit musikalischem Schwung und werktreuer Präzision, dass große Kunst voller Charme und voller Leichtigkeit sein kann. Die berühmten Melodien, die schon Generationen verzaubert haben, erklangen in faszinierender Frische. Und die Vortragsfolge gab immer wieder Anlass, über den Einfallsreichtum des Wiener Walzerkönigs zu staunen.

Mit vokaler Kraft, Einfühlungsvermögen und einer Dosis Heiterkeit sicherten die Sopranistin Sieglinde Zehetbauer und Tenor Anton Klotzner den Erfolg dieses „Kulturring“-Abends. Mit eindrucksvoller Variabilität verbanden sie bei der Gestaltung der Operetten- und Liedkompositionen die kontrastierenden Ausdrucksformen von Temperament und Sensibilität, von Lebenslust und romantischer Träumerei. Mühelos bewältigten Sänger und Orchester den ständigen Tempowechsel in der wienerischen und ungarischen Schwelgerei. Akzelerationen und retardierende Passagen übernahmen eine sinnvertiefende Funktion, weil sie ohne die üblichen Übertreibungen umgesetzt wurden.

Schon mit der einleitenden Ouvertüre zur Operette „Eine Nacht in Venedig“ demonstrierte das orchestrale Ensemble seine Professionalität. Marsch und Walzer, lyrische Schwärmerei und triumphale Wucht vereinigten sich zu jener Legierung von Schönheit und Geist, die den Strauß-Werken Ruhm und Unsterblichkeit beschert hat.

Die Glanzpunkte des Programms, angekündigt von Dirigent und Moderator Achim Fiedler, reihten sich wie Perlen an einer Schnur aneinander. Mit eindrucksvoller Ausdruckskraft stufte Sieglinde Zehetbauer das Lied „Draußen in Sievering blüht schon der Flieder“ zu einem innigen Lob der Wiener Frühlingsnächte auf.

Beim „Fledermaus“-Csárdás unterstützte sie mit faszinierendem Tempowechsel und mit der effektiven Betonung der jeweils ungeraden Taktteile die Verklärung ungarischer Fröhlichkeit in der k. und k. Monarchie. Und ihre Brillanz im Koloraturfach demonstrierte die Sopranistin mit der perfekten Ausdeutung des „Frühlingsstimmen“-Walzers als einem Beispiel imitierten Lerchengesangs.

Auch Anton Klotzner hatte hinreichend Gelegenheit, eine Vorstellung von der Bandbreite seines Interpretationsvermögens zu vermitteln. „Treu sein, das liegt mir nicht“ wurde zur selbstbewussten Äußerung eines Schwerenöters, „Komm in die Gondel“ erwies sich als eindringlicher Lockruf eines Verliebten, und „Ja, das alles auf Ehr“ löste als allgemeinmenschliches Eingeständnis der Unvollkommenheit die besondere Zustimmung der Zuhörerschaft aus.

Glänzend ergänzte sich das Sängerpaar bei den Duetten. „Wer uns getraut?“ erwies sich in dieser schalkhaften Ausdeutung nicht nur als walzergestützte Verherrlichung der Natur, sondern auch als ein für Johann Strauß typisches Plädoyer für Liberalität. Und mit dem Trinklied „Im Feuerstrom der Reben“ aus der „Fledermaus“ gipfelte das Zusammenwirken von Sieglinde Zehetbauer und Anton Klotzner in einem glänzenden Salut auf den Champagner, einer wichtigen Arbeitsgrundlage von Johann Strauß.

Werner Bosch, Leiter des Kulturrings, hatte einleitend den 350 Besucherinnen und Besuchern versprochen, dass auch diese Veranstaltung das Sommerprogramm „Dillingen feiert“ bereichern werde.

Das erwies sich als richtig. Und als dieser Abend der musikalischen Zeitlosigkeit und der meteorologischen Herrlichkeit mit dem Radetzkymarsch von Johann Strauß Vater zu Ende ging, ließ die harmonisch-versöhnliche Atmosphäre vergessen, dass Vater Johann Strauß seinen hochbegabten Sohn nicht nur liebevoll als „Schani“, sondern grimmig auch als „Mistbub“ bezeichnet hatte.

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