29. Mai 2012
|
23:52
Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
Brandsweg 20
26131 Oldenburg
Tel: 0441-7779786
Web: http://www.jan-wilking.de
E-Mail: info@jan-wilking.de
gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
Bei Privatpatienten ist der Arzt grundsätzlich frei in seiner Entscheidung, eine Behandlung abzulehnen (§ 7 Abs. 2 Satz 2 der Musterberufsordnung Ärzte (MBO-Ä)). Gegenüber gesetzlich Versicherten hat der Arzt mit seiner Zulassung als Vertragsarzt das Recht und die Pflicht, an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen und den Patienten nach Maßgabe der rechtlichen Bestimmungen zu behandeln. In den für den Vertragsarzt verbindlichen Vorschriften (§ 13 Abs. 7 BMV-Ä und § 13 Abs. 6 EKV-Ä) ist abschließend geregelt, unter welchen Umständen er die Behandlung eines Versicherten ablehnen darf (z.B. wenn ein volljähriger Patient weder die Krankenversichertenkarte vorlegt noch die gesetzliche Zuzahlung von zehn Euro leistet).
Allerdings greifen diese Ausnahmen nicht, wenn akute Behandlungsbedürftigkeit vorliegt. Dementsprechend besteht ein rechtlicher Zwang zur Behandlung bei Vorliegen der in § 7 Abs. 2 Satz 2 MBO-Ä angesprochenen Notfälle oder Fällen der besonderen rechtlichen Verpflichtung - wie zum Beispiel im Rahmen des Bereitschaftsdienstes. Insbesondere bei Unglücksfällen kann sich diese Verpflichtung zudem aus § 323c StGB ergeben. Unterlassene Hilfeleistung ist strafbar, insbesondere für den Arzt, da er speziell für die Hilfe bei Krankheiten und Unfallverletzungen ausgebildet ist.
Der Arzt durfte eine Behandlung daher nicht einfach ablehnen, wenn in Ihrem Fall tatsächlich ein Notfall vorlag. Nach einer engen Definition des Begriffs ist ein Notfall ein akuter, lebensbedrohlicher Zustand, der durch Störung einer Vitalfunktion bewirkt wird oder bei dem die Gefahr plötzlich eintretender, irreversibler Organschädigung infolge Trauma, akuter Erkrankung oder Vergiftung besteht. Eine Erkrankung ist nach der Rechtsprechung daher dann als Notfall bzw. Unglücksfall zu betrachten, wenn ihre Entwicklung plötzlich eine erhebliche Beeinträchtigung der Gesundheit oder den Tod verursachen kann. Als Notfall können aber auch Situationen anerkannt werden, in denen es darum geht, heftige Schmerzen, hohes Fieber oder vergleichbar schwerwiegende Symptome sofort zu behandeln bzw. zu lindern. Hierfür spricht in Ihrem Fall, dass auch die Einnahme starker Medikamente keine Linderung brachte.
Vorausgesetzt, dass in Ihrem Fall tatsächlich ein Notfall vorlag, hätte der Arzt eine zeitnahe Behandlung daher nicht ablehnen dürfen und wenigstens zunächst eine Prüfung Ihres Gesundheitszustandes vornehmen müssen. Selbst bei extremer Arbeitsüberlastung bzw. anderen Notfällen hätte er dann zumindest durch das Angebot der Weitervermittlung an einen Kollegen die ärztliche Versorgung sicherstellen müssen. Da dies scheinbar nicht geschehen ist, könnte z.B. eine Beschwerde, die an die zuständige Kassenärztliche Vereinigung bzw. Ärztekammer zu richten wäre, durchaus erfolgversprechend begründet werden.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Jan Wilking