Wechsel in EU-Kommission: Oettinger tauscht Digitales gegen Finanzen

Nach zwei Jahren als EU-Digitalkommissar gibt Günther Oettinger seinen Posten ab. Empörung löste eine Rede aus, in der er über "Schlitzaugen" und die "Pflichthomoehe" lästerte.

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Günther Oettinger gibt seinen Posten als Digitalkommissar ab.
Günther Oettinger gibt seinen Posten als Digitalkommissar ab. (Bild: Adam Berry/Getty Images)

Personalrochade in der Europäischen Kommission: Da die bisherige Haushaltskommissarin Kristalina Georgiewa zur Weltbank wechselt, übernimmt Digitalkommissar Günther Oettinger deren Posten. Das teilte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Freitag in Brüssel mit. Damit die Arbeit der Kommission fortgeführt werden könne, habe er Oettinger gebeten, die Aufgaben der Bulgarin Georgiewa zu übernehmen, schrieb Juncker in der Pressemitteilung. Oettinger sei nach Dienstalter und protokollarischer Rangfolge der erste Kommissar nach den Vize-Präsidenten. Sein Nachfolger oder seine Nachfolgerin kommt dann aus Bulgarien.

Juncker informierte bereits EU-Parlamentspräsident Martin Schulz über die Personalien. Das Parlament muss dem neuen Posten Oettingers und der Ernennung des neuen Digitalkommissars zustimmen. Bis Ende des Jahres sei somit genug Zeit, um die parlamentarischen Beratungen über den Personalwechsel zu vollziehen, hieß es in der Mitteilung. Oettinger steigt zudem zu einem der Vize-Präsidenten der Kommission auf.

Große Skepsis und viel Kritik

Vor seiner Ernennung zum Digitalkommissar war Oettinger bereits fünf Jahre für das Thema Energie zuständig. Seine Zuständigkeit für Internet-Themen war von Anfang an mit großer Skepsis aufgenommen worden. Sehr viel Kritik handelte sich der frühere baden-württembergische Ministerpräsident mit seinen Plänen für ein europäisches Leistungsschutzrecht ein. Ein im September vorgelegter Entwurf für ein einheitliches digitales Urheberrecht in Europa muss allerdings noch vom Parlament und Ministerrat gebilligt werden.

Es ist unklar, welche Auswirkungen Oettingers Wechsel ins Haushaltsressort für die Verhandlungen zum Leistungsschutzrecht hat. Der für die digitale Agenda zuständige Vizepräsident der EU-Kommission, Andrus Ansip, steht dem Thema eher skeptisch gegenüber. Oettinger behauptete zuletzt aber, er habe bei seinen Plänen die Unterstützung der Kommission, wichtiger Regierungen sowie wichtiger Ausschüsse im EU-Parlament. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte Oettinger noch am Dienstag ausdrücklich für dessen Arbeit als Digitalkommissar gelobt.

Nachtrag vom 28. Oktober 2016, 21:23 Uhr

Für Empörung sorgte am Freitag der Mitschnitt einer Rede, die Oettinger am Mittwoch in Hamburg vor Unternehmern gehalten hatte. Darin machte er sich über chinesische Delegationen, die Frauenquote und die Homoehe lustig. Selbst Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) bekamen ihr Fett weg.

Dem Bericht des Verlegers Sebastian Marquardt zufolge soll Oettinger zunächst vor dem wachsenden Einfluss der "Schlitzaugen" gewarnt haben. Dann lästerte über eine chinesische Ministerdelegation in Brüssel mit den Worten: "Neun Männer, eine Partei, keine Demokratie. Keine Frauenquote, keine Frau - folgerichtig. Alle: Anzug, Einreiher, dunkelblau. Alle: Haare von links nach rechts mit schwarzer Schuhcreme gekämmt. Und wir, wir haben bald mehr Gremien als Einwohner." Zuvor hatte er jedoch gefordert, dass Europa nicht nur die Mercedes S-Klasse, sondern auch Werte exportieren müsse.

Regierung hat "Flausen im Kopf"

Scharf kritisierte er die Bundesregierung für ihre Rentenpläne. "Wem es zu gut geht, der hat Flausen im Kopf. ... Die deutsche Tagesordnung mit Mütterrente, Mindestrente, Rente mit 63, Betreuungsgeld, der komischen Maut, die aber nicht kommen wird, bald noch mit der Pflichthomoehe, wenn sie eingeführt wird, genügt meiner Erwartung an deutsche Verantwortung in keiner Form." In diesem Zusammenhang bezeichnete er Seehofer als "Populist light".

Offenbar mit Blick auf die umstrittenen Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) und Kanada (Ceta) verteidigte er die geplanten Schiedsgerichte, die so funktionierten, "wie Gerhard Schröder jetzt Kaiser's und Tengelmann retten soll. Hat ja auch Zeit. North Stream 2 wird nicht gebaut, die Frau isch weg." Für seine neue Aufgabe als Haushaltskommissar scheint Oettinger auf jeden Fall gerüstet: "In der Mathematik gilt: Minus mal minus gibt plus. Aber in der Rentenkasse ist minus plus minus doppelminus", rechnete er den deutschen Politikern vor.

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Anonymer Nutzer 04. Nov 2016

Ok, jetzt verstehe ich das langsam mit dem schwarzen Peter...

x-beliebig 31. Okt 2016

Nun weiss man nicht genau, wie wahrheitsgetreu die Dinge über Oettinger in letzter Zeit...

salemcmr 30. Okt 2016

Wenn Ich mir die letzten 20 Jahre Politik anschaue, dann muß Ich feststellen das den...

jajagreat 30. Okt 2016

Das Wort stammt wohl auch noch aus einer Zeit als man Asiaten als minderwertig betrachtet...



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