Mein Mann und ich sind seit 38 Jahren verheiratet und haben zwei leibliche Kinder. Aus erster Ehe meines Mannes stammen drei Kinder, die nicht bei uns gelebt haben. Wir besitzen ein Eigenheim und sind jeder zur Hälfte im Grundbuch eingetragen. Wir haben auch getrennte Konten, auf welche wir aber gegenseitig Zugriff haben. Wir haben schon vor einigen Jahren ein Berliner Testament aufgesetzt. Mittlerweile haben sich jedoch einige Fragen ergeben: Sollte mein Mann vor mir sterben, wird dann unser gesamtes Vermögen inklusive meinem Anteil an unserem Haus und meinem Barvermögen zur möglichen Pflichtteilsberechnung zugrunde gelegt? Was passiert, wenn ich vor ihm sterben sollte? Haben dann die Kinder meines Mannes auch Zugriff auf das Vermögen, welches ich ihm hinterlassen habe?

Ursula W., per Mail

Ihre Fragen lassen sich leichter beantworten, wenn man deren Reihenfolge ändert. In erster Linie sollte gefragt werden: Was wollen Sie erreichen? Wenn dafür eine testamentarische Lösung erarbeitet wird, ist die zweite Frage zu stellen, welche Pflichtteilsansprüche bestehen. Ich verstehe Ihre Frage dahin, dass die Kinder Ihres Mannes von Ihrem Vermögen nichts bekommen sollen. Dann muss noch geklärt werden, was die drei älteren Kinder vom Vermögen Ihres Mannes erhalten sollen. Es wäre möglich, sie mit den beiden anderen Kindern gleich zu behandeln oder aber ihnen möglichst wenig zukommen zu lassen. Beides ist möglich.

Sie haben bisher ein Berliner Testament errichtet. Das ist kein rechtstechnischer Begriff. Der Name hat sich lediglich eingebürgert für die üblichste und einfachste Form eines gemeinschaftlichen Testamentes von zwei Eheleuten. Dadurch wird erreicht, dass die Kinder alles erben, allerdings aufgeschoben erst beim Tod des zweiten Elternteils. In Ihrem Fall wollen Sie aber nicht alle fünf Kinder gleich behandeln. Dann muss das Testament, das Sie mit Ihrem Mann gemeinsam aufsetzen, auf jeden Fall etwas komplizierter sein als ein normales Berliner Testament.

Jeder von Ihnen beiden hat nur sein eigenes Vermögen zu vererben. Wer von Ihnen zuerst stirbt, vererbt nur dieses eigene Vermögen. Das Vermögen des anderen Ehegatten bleibt unberührt. Weder die Kinder noch die Stiefkinder haben daran irgendwelche Ansprüche. Erst wenn auch der Zweite gestorben ist, wird auch dessen Vermögen vererbt. Die beiden Erbfälle können ganz unterschiedlich geregelt werden. Bei der Frage, was zu Ihrem Vermögen gehört, spielt es keine Rolle, auf was für Konten Ihr Geld verwahrt wird. Natürlich gehört das Geld Ihnen, das auf einem Konto liegt, welches auf Ihren Namen lautet. Ob Ihr Mann dafür eine Vollmacht besitzt, spielt keine Rolle. Es ist auch gleichgültig, woher das Geld stammt. Selbst wenn Sie mit Ihrem Mann gemeinsame Konten hätten, so wäre Ihr Anteil daran nicht betroffen, sofern Ihr Mann sterben sollte. Bei einem gemeinsamen Konto gehört jedem der Eheleute die Hälfte des Bestandes. Bei einem Berliner Testament erbt der überlebende Ehegatte zunächst einmal alles von dem anderen. Die Kinder erben erst beim zweiten Erbfall. Dann gibt es die Trennung der beiden Elternvermögen natürlich nicht mehr. Der überlebende Ehegatte besitzt nach dem ersten Erbfall ja das gesamte Familienvermögen. Dann kommt es für das Erbrecht der älteren Kinder darauf an, wer von Ihnen beiden zuerst gestorben ist. Stirbt zuerst Ihr Mann, ergibt sich für Sie kein Problem. Sie erben von ihm alles. Die Kinder Ihres Mannes können einen Pflichtteil nach seinem Vermögen geltend machen. Bei Ihrem Tode können Sie allein die eigenen Kinder bedenken. Die Stiefkinder haben keinen Pflichtteilsanspruch. Sterben Sie allerdings zuerst, dann wird Ihr Mann aufgrund des Testamentes uneingeschränkter Inhaber des Vermögens. Bei seinem Tod erben seine älteren Kinder Anteile von dem Vermögen, das Sie hinterlassen haben. Wenn Sie das verhindern wollen, dürfen Sie Ihren Mann im Testament nicht zum Erben einsetzen. Sie können statt dessen Ihre eigenen Kinder zu Erben bestellen und Ihrem Manne nur die Nutznießung des Vermögens hinterlassen. Für ein solches Testament sollten Sie aber auf jeden Fall fachliche Hilfe in Anspruch nehmen.

Haben Sie auch eine Frage zum Thema Familien- oder Erbrecht? Dann schreiben Sie uns an: familie@morgenpost.de . Wir leiten Ihre E-Mail gern weiter. Herr Dr. Max Braeuer beantwortet Leserfragen in loser Folge in dieser Kolumne.

Dr. Max Braeuer ist Rechtsanwalt und Notar bei Raue LLP und Lehrbeauftragter für Familienrecht