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Abgasskandal Regierung befürchtet Fahrverbote auch für neue Diesel

Fahrverbote für Dieselautos könnten mehr Pendler treffen als erwartet. Die Bundesregierung geht nach SPIEGEL-Informationen davon aus, dass nicht nur alte Fahrzeuge stehen bleiben müssen, sondern Modelle der neuesten Generation.
Foto: Marcel Kusch/ picture alliance / Marcel Kusch/

Nach außen hin gibt sich die Bundesregierung gelassen zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Fahrverboten in deutschen Innenstädten. Man müsse das Urteil erst mal analysieren, sagt die Bundeskanzlerin; Fahrverbote seien ja nur eine Möglichkeit, wie man der schlechten Luft in den Städten begegnen könne, so der geschäftsführende Bundesverkehrsminister Christian Schmidt, CSU. Und die Richter hätten ja auch nur die Sperrung von Straßen für relativ alte Diesel der Euronorm 4 und mit Übergangsfrist bis September 2019 jenen der Euronorm 5 ermöglicht.

Die beschwichtigenden Worte aus Berlin stehen allerdings im Widerspruch zu der Einschätzung ihrer Fachbeamten, was die Konsequenzen des Urteils sein könnten - und welche Planungen sie insgeheim anstellen. Denn: Nach Informationen des SPIEGEL fürchtet die Bundesregierung, dass die drohenden Fahrverbote auch auf Wagen der Schadstoffklasse 6 ausgedehnt werden könnten. (Lesen Sie hier die ganze Geschichte im neuen SPIEGEL.)

Grund sind ähnlich schlechte Abgaswerte, die diese Wagen im Vergleich zu älteren Dieseln im Straßenverkehr aufweisen. Das ergibt sich aus Messwerten des Kraftfahrt-Bundesamts und des ADAC. Dies biete, so ein Ministerialer zum SPIEGEL, "Erfolg versprechende" Klagemöglichkeit für von Fahrverboten betroffene Autofahrer.

"Ein Dieselfahrer mit einem Euro-5-Wagen, der von einem Fahrverbot betroffen ist, könnte mit Verweis auf ein solches, genauso schlechtes Euro-6-Fahrzeug klagen, um weiterhin in die gesperrte Innenstadt fahren zu dürfen", sagte ADAC-Chefjustiziar Markus Schäpe dem SPIEGEL. Sicher ist im Prinzip also nur ein Diesel mit der ganz aktuellen Norm Euro 6d, die seit Herbst vergangenen Jahres gültig ist. "Leider stehen den Kunden nur ganz wenige Modelle mit Euro 6d zur Auswahl", so Schäpe.

Staat würde sich an der Nachrüstung von Dieselautos beteiligen

Die Bundesregierung erwägt nach Informationen des SPIEGEL eine Förderrichtlinie für technische Nachrüstungen. Diese würde sich allerdings nicht an den Schadstoffklassen orientieren, sondern an einem neuen Maßstab entsprechend der realen Abgaswerte auf der Straße. 80 Milligramm Stickoxide pro Kilometer dürfen die modernsten Diesel ausstoßen. Auf diesen Wert, so die Überlegung in Berlin, soll ein gewisser Faktor aufgerechnet werden, den Fahrzeuge im realen Verkehrsgeschehen zusätzlich ausstoßen dürfen. Daraus soll ein Grenzwert irgendwo zwischen 200 und 300 Milligramm festgelegt werden. Schafft es ein Diesel, der technisch nachgerüstet worden ist, diesen Grenzwert einzuhalten, dann würde sich der Staat an der Nachrüstung beteiligen. Der Wagen dürfte auch in die Fahrverbotszonen einfahren. Diese bislang noch geheimen Pläne könnten von einer neuen Bundesregierung umgesetzt werden, falls der öffentliche Druck nach dem Bundesverwaltungsgerichtsurteil zu Fahrverboten zu groß wird.