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Jurastudent an der Mosel "Ich mach euch die Weinkönigin"

Wegen akuter weiblicher Personalnot gibt Sven Finke die nächsten zwei Jahre die Weinkönigin im Moselort Kesten. Von Wein versteht er leider noch nicht so viel.
Sven Finke als Weinkönig

Sven Finke als Weinkönig

Foto: Harald Tittel/ dpa

Dieser PR-Coup ist gelungen: Der winzige Weinort Kesten hat es in die bundesweiten Schlagzeilen geschafft - mit einer männlichen Weinkönigin. Sven Finkes weibliche Kolleginnen schaffen es kaum über die Lokalseiten hinaus. Am Freitag wird der 25-jährige Jurastudent in dem Dorf an der Mosel zum Weinkönig gekrönt.

Statt Krönchen und Kleidchen zeigt er die nächsten zwei Jahre bei seinen Auftritten Lorbeerkranz und Tunika. Ein Mann in diesem Amt sei "eine absolute Seltenheit", sagt der Sprecher des Deutschen Weininstituts (DWI), Ernst Büscher. Laut Finke gibt es aktuell zumindest an der Mosel keinen Konkurrenten.

Wir haben mit ihm die wichtigsten Fragen geklärt. Als wir ihn am Telefon erwischen, mäht er gerade den Rasen.

SPIEGEL ONLINE: Sind Sie jetzt eigentlich Weinkönigin oder Weinkönig?

Sven Finke: Ich bin sozusagen eine männliche Weinkönigin! Ein neuer Titel ist meiner Meinung nach nicht nötig - ich hasse Gendering. Aber für mein Amt wurde dann ja schnell der Titel "Bacchus Castanidi" gefunden, also Kestener Weingott.

SPIEGEL ONLINE: Wie ist es überhaupt zu Ihrer Wahl gekommen?

Finke: Pure Not an weiblichen Kandidatinnen. Es wollte schon im vergangenen Jahr keine Frau den Posten. Da habe ich gesagt: Wenn ihr niemanden findet, mache ich euch die Weinkönigin. Dass der Gemeinderat mich einstimmig wählt, damit habe ich ja nicht gerechnet.

SPIEGEL ONLINE: Sie leben mit Ihrem Partner zusammen in Kesten. Sehen Sie Ihr Amt auch gesellschaftspolitisch?

Finke: In Kesten war meine Homosexualität nie ein Problem, auch als wir neu hierhergezogen sind. Aus dem Grund möchte ich als Bacchus vor allem zeigen: Schaut her, bei uns im Dorf ist das kein Problem!

SPIEGEL ONLINE: Wie reagieren die Leute auf Weinfesten auf die "männliche Weinkönigin"?

Finke im Weinberg

Finke im Weinberg

Foto: Harald Tittel/ dpa

Finke: Auf Weinfesten bin ich bisher noch nicht offiziell aufgetreten, weil ich erst am Freitag gekrönt werde. Aber die Reaktionen waren immer sehr positiv. Auch auf dem Weinköniginnenseminar, an dem ich teilgenommen habe - die waren alle begeistert, wir haben uns sehr gut verstanden.

SPIEGEL ONLINE: Muss man ein richtiger Weinkenner sein, um Weinkönig zu werden?

Finke: Ich habe auch schon vorher gerne Wein getrunken, aber in Maßen. Als Weinkönig muss man sich natürlich gut auskennen. Deshalb gehe ich auf Wein- und Dorffeste in der Umgebung, probiere verschiedene Weine und lasse mir von den Winzern meine Weinkenntnisse aufpolieren.

SPIEGEL ONLINE: Wie verbringen Sie die letzten Tage vor der Krönung?

Finke: Ich bin ziemlich im Vorbereitungsstress. Ich muss gleich noch den Rasen fertig mähen. Am Freitag werde ich vom Musikverein zu Hause abgeholt, da muss dann alles top aussehen hier. Danach geht es weiter auf das Kestener Straßenfest, wo die Krönung stattfindet. Ansonsten muss ich Pressearbeit machen, für Fotoshootings posieren.

SPIEGEL ONLINE: In Ihrem neuen Amt sind Sie verpflichtet, Wein zu trinken. Eigentlich ein Traumjob, oder?

Finke: Ja, das hat natürlich schon positive Seiten, wenn man Wein trinken darf, ohne dafür bezahlen zu müssen.

SPIEGEL ONLINE: Wie vereinbart man das Jurastudium mit der Tätigkeit als Bacchus?

Finke: Meine Tätigkeit als Weinkönig überschneidet sich zum Glück nicht mit dem Studium. Die Klausuren sind schon alle geschrieben, deshalb hab ich jetzt erst einmal Zeit. Danach kommt eigentlich nur die Vorbereitung für mein Examen. Aber im Dezember sind dann ja auch keine Weinfeste mehr.