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SPIEGEL ONLINE

Tödlicher Messerangriff in Hamburg Mitten am Tag, mitten in der Stadt

Ein Vater sticht am Hamburger Bahnhof Jungfernstieg auf sein eigenes Kind und dessen Mutter ein, beide Opfer sterben. Die Polizei fasst den 33-Jährigen nahe dem Tatort - es bleiben viele Fragen.

Auch für Timo Zill ist dieser Einsatz keine Routine. Am Straßenrand vor dem Bahnhof Jungfernstieg geht der Sprecher der Hamburger Polizei zwischen zwei Streifenwagen auf und ab, das Handy am Ohr. "Ich spreche mich noch einmal mit dem Staatsanwalt ab", ruft er den Medienvertretern zu, "dann kann's auch gleich losgehen."

Wenige Minuten später spricht Zill über die fürchterliche Gewalttat: Um 10.50 Uhr, sagt Zill, seien die ersten Notrufe bei der Polizei eingetroffen - abgesetzt offenbar von Fahrgästen, die das Verbrechen im U-Bahn-Schacht der Haltestelle Jungfernstieg miterlebt hatten. Die Anrufer berichteten, ein Mann habe mit einem Messer auf eine Frau und deren Kind eingestochen.

Tatort am Bahnhof Jungfernstieg

Tatort am Bahnhof Jungfernstieg

Foto: Polizei Hamburg

"Polizei und Feuerwehr waren sehr schnell vor Ort", sagt Zill. Für das Kleinkind, ein einjähriges Mädchen, sei es schon zu spät gewesen: Es sei noch auf dem Bahnsteig seinen Verletzungen erlegen. Die Mutter wurde reanimiert und ins Krankenhaus gebracht. Dort starb auch sie.

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Hamburg: Messerangriff am Jungfernstieg

Foto: Eckart Gienke/ dpa

Zu diesem Zeitpunkt hatte die Polizei den mutmaßlichen Täter bereits gefasst. Der 33-Jährige hatte wohl gar nicht erst wirklich versucht zu entkommen: Nach dem Angriff setzte er Zill zufolge selbst einen Notruf ab: "Er hat die 110 gewählt und seinen Standort mitgeteilt." Wenig später klickten die Handschellen, im Polizeipräsidium vernahmen ihn dann Ermittler.

Polizeisprecher Zill am Hamburger Jungfernstieg

Polizeisprecher Zill am Hamburger Jungfernstieg

Foto: Bodo Marks/ dpa

"Nach ersten Erkenntnissen gehen wir von einer Beziehungstat aus", sagt Zill. Bei dem Tatverdächtigen, der aus dem afrikanischen Niger stammt, handelt es sich demnach um den Ex-Mann der Frau und Vater des Mädchens. Warum die Mutter, eine 34-jährige Deutsche, mit dem Kind am Jungfernstieg war, ist unklar.

Es ist nicht die einzige Frage, die sich in diesem grausamen Fall stellt: Warum genau geht die Polizei von einer Beziehungstat aus? Welche Konflikte hatte es zwischen dem Vater und seinen Opfern möglicherweise zuvor gegeben? Warum wurde der Mann so schnell nahe dem Tatort gefasst - und warum attackierte er Mutter und Kind ausgerechnet dort?

Der Jungfernstieg ist eine der bekanntesten Straßen der Stadt, eine bei Touristen und Einheimischen beliebte Flaniermeile. An diesem Vormittag sind dort Hunderte Menschen unterwegs, nach dem Eintreffen der ersten Rettungskräfte bleiben viele Schaulustige stehen. Ob der 33-Jährige diese Aufmerksamkeit womöglich sogar wollte, ist ungewiss.

Klar ist hingegen, dass es sich um eine gezielte und bewusst brutale Attacke handelte: "Er hat mit einem Messer sehr massiv mehrfach auf die Opfer eingestochen", sagt Zill, "die Tat war sehr, sehr entsetzlich in der Art der Ausführung, sehr gezielt und sehr, sehr massiv". Mehr wolle er nicht sagen. "Momentan sind viele Details für uns noch vollkommen unklar." Es gebe jedoch viele Zeugen sowie etliche Aufnahmen von Überwachungskameras aus dem Inneren des Bahnhofs.

Eine Mordkommission soll nun Ablauf und Hintergründe der Tat klären, rund um den Tatort geht es zunächst um anderes: Polizei und Rettungskräfte rücken mit einem Großaufgebot aus, allein die Feuerwehr schickt sieben Einsatzfahrzeuge, zudem kommt ein Hubschrauber.

Polizeisprecher Zill sagt, die Ermittler hätten ein Kriseninterventionsteam alarmiert. Zeugen, Rettungskräfte und Beamte würden nun psychologisch betreut. "Das", sagt er, "ist auch für Hamburg eine sehr massive Tat."

Mit Material von dpa