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Nach mehr als einem Jahr Gericht schlägt Einstellung des Loveparade-Verfahrens vor

Der Loveparade-Prozess könnte ohne Urteil zu Ende gehen: Das Landgericht Duisburg hat eine Einstellung des Verfahrens vorgeschlagen. Strittig ist, ob Geldauflagen gegen Angeklagte verhängt werden.
Loveparade-Gedenkstätte in Duisburg

Loveparade-Gedenkstätte in Duisburg

Foto: Roland Weihrauch/ dpa

Im Loveparade-Strafprozess hat das Landgericht Duisburg eine Einstellung des Verfahrens gegen die zehn Angeklagten vorgeschlagen. Der Prozess würde damit ohne Urteil enden. Das wurde aus einem nicht öffentlichen Rechtsgespräch bekannt, zu dem das Gericht Verteidiger, Staatsanwälte und Nebenklage-Anwälte gebeten hatte.

Während die Verteidigung den Angaben zufolge eine Einstellung des Verfahrens ohne Geldauflagen anstrebt, will die Staatsanwaltschaft offenbar entsprechende Auflagen für die Angeklagten in einem künftigen Einstellungsbeschluss verankert wissen. Für eine Einstellung des Verfahrens wäre die Zustimmung von Staatsanwaltschaft und Verteidigern notwendig.

Gericht und Staatsanwaltschaft wollten sich nicht zu Inhalten des Rechtsgesprächs äußern. Am Donnerstagmittag will der Vorsitzende Richter die wesentlichen Inhalte des Gesprächs während der Hauptverhandlung in einem Vermerk wiedergeben.

"Wir wissen, wie schwer es ist"

Nebenklage-Anwalt Julius Reiter sagte, es gehe nun darum, mit dem Einstellungsbeschluss die Grundlage zu schaffen für Schadensersatzansprüche etwa gegen Stadt und Land. "Wir wissen, wie schwer es ist, die strafrechtliche Verantwortung eines Einzelnen zu bestimmen und zu sühnen", sagte Reiter, der insgesamt rund 80 Betroffene der Katastrophe vertritt.

Reiter wandte sich gegen eine Einstellung des Verfahrens ohne Geldauflagen für die Angeklagten. Ein solches Vorgehen wäre "nicht angemessen". Nebenklage wie Staatsanwaltschaft seien der Auffassung, dass das Verfahren nicht wegen geringer Schuld der Angeklagten, sondern nur wegen einer sogenannten "mittleren Schuld" - und damit unter Auflagen - eingestellt werden könne.

Dagegen machte der Verteidiger Gerd-Ulrich Kapteina geltend, die Vorwürfe gegen seinen bei der Duisburger Stadtverwaltung beschäftigten Mandanten hätten sich im Prozess nicht bestätigt.

Das Gespräch fand - wie üblich bei Rechtsgesprächen - unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Es nahmen nach Gerichtsangaben 24 Verteidiger, 26 Nebenklage-Vertreter, drei Staatsanwälte und drei Richter daran teil. Grundsätzlich ging es in dem Rechtsgespräch um eine Bestandsaufnahme des bisherigen Verfahrens und darum, wie es weitergehen kann.

Bislang wurden in dem Mammutprozess 58 Zeugen vernommen. Nach dem Rechtsgespräch werden die Anwälte nun mit ihren Mandanten dessen Ergebnis erörtern. Zunächst soll die Beweisaufnahme in dem Verfahren, das aus Platzgründen in einem Kongresszentrum der Düsseldorfer Messe stattfindet, wie geplant fortgesetzt werden. Sollte Einvernehmen über eine Verfahrenseinstellung erzielt werden, dürfte mit einem entsprechenden Beschluss der Duisburger Strafkammer erst in mehreren Wochen zu rechnen sein.

Bei der Loveparade am 24. Juli 2010 in Duisburg gab es am einzigen Zu- und Abgang zum Veranstaltungsgelände ein so großes Gedränge, dass 21 Menschen erdrückt und mindestens 652 verletzt wurden. Angeklagt sind in dem seit Dezember 2017 laufenden Prozess sechs Mitarbeiter der Stadt Duisburg und vier des Veranstalters Lopavent.

Die Mitarbeiter des Veranstalters sollen ein ungeeignetes Zu- und Abgangssystem geplant haben. Mitarbeiter der Stadt sollen die Veranstaltung rechtswidrig genehmigt haben. Alle zehn sind wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung angeklagt.

Video: Die Loveparade von Duisburg - Eine amtlich genehmigte Katastrophe?

SPIEGEL TV
wit/le/dpa/AFP