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Waffendeals Deutschland liefert Rüstungsgüter für 254 Millionen Euro nach Saudi-Arabien

Eigentlich wollte die GroKo Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien wegen des Jemenkriegs stoppen. Dennoch erteilte die Bundesregierung seit März 87 Genehmigungen für Deals mit Ländern der Kriegsallianz.

Die Bundesregierung hat seit ihrer Vereidigung im März Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien im Wert von 254 Millionen Euro genehmigt. Das geht aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des Grünen-Bundestagsabgeordneten Omid Nouripour hervor, die der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. An die anderen acht Länder der von Saudi-Arabien geführten Kriegsallianz gingen demnach im vergangenen halben Jahr Rüstungsgüter für 21,8 Millionen Euro. Insgesamt seien zwischen dem 14. März und dem 23. September 87 Einzelgenehmigungen für die Mitglieder des Bündnisses erteilt worden.

Die Zahlen sind brisant, weil im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD auf Betreiben der Sozialdemokraten ein Exportstopp für alle Länder festgeschrieben wurde, die "unmittelbar" am Jemenkrieg beteiligt sind. Allerdings wurde ein Bestandsschutz für bereits erteilte Vorgenehmigungen gewährt. Damit sind endgültige Ausfuhrgenehmigungen immer noch möglich. Der SPIEGEL hatte bereits Mitte September über die Waffendeals berichtet.

Dem von Saudi-Arabien geführten Kriegsbündnis gehören auch die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Ägypten, Bahrain, Jordanien, Kuwait, Marokko, der Senegal und der Sudan an. Es bekämpft seit 2015 die von Iran unterstützten schiitischen Huthi-Rebellen im Jemen.

Der Krieg hat zu einer humanitären Katastrophe geführt, die von den Vereinten Nationen als derzeit schlimmste weltweit eingestuft wird. 22 Millionen Menschen - drei Viertel der Bevölkerung - sind auf Hilfe angewiesen, sieben Millionen Menschen haben nicht genug zu essen. Alle Friedensbemühungen sind bisher gescheitert.

Grüne kritisieren Bundesregierung scharf

Das aktivste Mitglied der Allianz neben Saudi-Arabien sind die VAE. Dorthin wurden zwölf Exporte im Wert von 4,99 Millionen Euro genehmigt. Für Saudi-Arabien hat die neue Bundesregierung zehn Exportgenehmigungen erteilt. Der Wert von einer Viertelmilliarde Euro entspricht fast genau dem Umfang der Genehmigungen für das komplette vergangene Jahr. Insgesamt könnte es damit in diesem Jahr zu einer deutlichen Steigerung der Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien kommen.

Um welche Art von Rüstungsgütern es sich handelt, ist weitgehend unklar. Nur zu vier der 87 Einzelgenehmigungen hat die Bundesregierung kürzlich genauere Angaben gemacht, weil sich der Bundessicherheitsrat damit befasst hat. Danach bekommt Saudi-Arabien vier Radarsysteme für Artilleriegeschütze. Die VAE erhalten 48 Gefechtsköpfe und 91 Zielsuchköpfe für ein Flugabwehrsystem.

Der Grünen-Außenpolitiker Nouripour kritisierte die Rüstungsexporte scharf. "Es ist nicht auszuhalten, wie Reden und Handeln der Bundesregierung auseinanderfallen. Was muss denn noch passieren, damit die Bundesregierung keine Waffenexporte mehr nach Saudi-Arabien genehmigt?", fragte er. "Wie viel Leid müssen die Menschen im Jemen noch erfahren, wie viele Oppositionelle noch verhaftet werden? Die GroKo ist moralisch bankrott."

Auch innerhalb der Koalition sind die Exporte hoch umstritten. Kurz nachdem die Bundesregierung den Bundestag kürzlich über die Genehmigung zur Ausfuhr eines Radar-Systems nach Riad informiert hatte, beschwerte sich SPD-Verteidigungspolitiker Thomas Hitschler ziemlich heftig bei Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). In einem Brief schrieb er klipp und klar, aus seiner Sicht seien die Deals mit dem autokratischen Königshaus in Riad "nicht mit dem Koalitionsvertrag zu vereinbaren".

Die Bundesregierung verteidigt sich, zumindest die Genehmigungen für Saudi-Arabien und die Emirate seien quasi unumgänglich. Demnach handele es sich um Teile von Waffensystemen internationaler Rüstungskonsortien, für die Deutschland Komponenten zuliefere. Zudem würden diese Systeme nicht direkt im Jemenkrieg zum Einsatz kommen, hieß es.

Würde sich Deutschland weigern, solche Exporte zu genehmigen, kämen auf die betroffenen deutschen Firmen hohe Strafzahlungen zu, die sie am Ende an die Bundesregierung weitergeben würden. Zudem gelten Saudi-Arabien und die Emirate für Berlin als enge Partner im Kampf gegen den internationalen Terrorismus.

cte/mgb/dpa