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Ausschlussverfahren abgeschlossen Höcke darf in der AfD bleiben

Das AfD-Schiedsgericht in Thüringen hat entschieden: Rechtsausleger Björn Höcke wird nicht aus der Partei ausgeschlossen. Zum Jahresbeginn setzen die Rechtspopulisten auf die innere Befriedung ihrer Partei.
Björn Höcke, AfD-Fraktionsvorsitzender in Thüringen

Björn Höcke, AfD-Fraktionsvorsitzender in Thüringen

Foto: Julian Stratenschulte / dpa

Die Entscheidung liegt noch nicht schriftlich vor, führende AfD-Vertreter wurden aber bereits vom Landeschiedsgericht der Partei in Thüringen informiert: Der dortige AfD-Landes- und Fraktionschef Björn Höcke wird nicht aus der Partei ausgeschlossen. Das wurde dem SPIEGEL am Montag aus gut informierten Kreisen der Partei bestätigt.

Das Landesschiedsgericht hatte in der vergangenen Woche mündlich über den Fall verhandelt. Dabei sei der Antrag des Bundesvorstands auf Ausschluss Höckes abgelehnt worden, hieß es. Das Gericht habe keine parteischädigenden Verfehlungen des AfD-Rechtsaußen festgestellt. Mit einem endgültigen schriftlichen Urteil werde Ende Februar gerechnet, wenn das Landesschiedsgericht wieder tage, hieß es weiter gegenüber dem SPIEGEL.

Nach dem Parteiengesetz sind die Parteien verpflichtet, Schiedsgerichte einzurichten, denen gewählte Vertreter der jeweiligen Partei angehören und die über die jeweiligen Ordnungsmaßnahmen zu entscheiden haben - es sind also keine öffentlichen Gerichte. Als schwächste Strafe gilt die Rüge, als schärfste der Ausschluss - wie es dem AfD-Politiker Höcke bislang drohte.

Die Entscheidung des AfD-Landeschiedsgerichts ist keine Überraschung. In der AfD war seit Längerem erwartet worden, dass der Ausschlussantrag des vormaligen Bundesvorstands gegen den Vertreter des nationalen und völkischen Flügels keinen Erfolg haben würde.

Dafür sprach auch, dass sich bereits kurz nach der Bundestagswahl die Machtgewichte in der Partei verschoben hatten - und zwar weiter nach rechts. So war im Dezember auf dem Bundesparteitag in Hannover Alexander Gauland neu an die Spitze der AfD gewählt worden, an die Seite des Co-Parteichefs Jörg Meuthen. Beide, Gauland und Meuthen, hatten sich zusammen mit Höcke gegen die vormalige Parteichefin Frauke Petry verbündet. Petry war kurz nach der Bundestagswahl aus der AfD ausgetreten und sitzt seitdem als fraktionslose Abgeordnete im Parlament.

Neue Befriedung der AfD

AfD-Politiker Höcke und Gauland

AfD-Politiker Höcke und Gauland

Foto: Bernd Settnik/ dpa

Petry hatte im Januar 2017 im Vorstand einen Ausschlussantrag gegen Höcke auf den Weg gebracht, der nach der Satzung zunächst vom Landesschiedsgericht in Thüringen zu behandeln war. Zehn Teilnehmer waren damals im Bundesvorstand dafür, vier stimmten mit Nein - darunter Gauland, damals noch Parteivize und auch Meuthen.

Anlass für das Verfahren war der Auftritt Höckes im Januar 2017 vor der AfD-Jugendorganisation "Junge Alternative" in Dresden. In der sächsischen Landeshauptstadt, einem Zentrum der antiislamischen Pegidabewegung, hatte der Rechtsaußen mit Bezug auf das Holocaust-Mahnmal in Berlin gesagt: "Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat." Zudem verlangte Höcke "eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad".

Was folgte, war ein Sturm der Entrüstung in der Öffentlichkeit, aber auch Distanzierungen aus Teilen der AfD. Höcke selbst wies "bösartige und bewusst verleumdende Interpretationen" seiner Rede zurück. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Dresden gegen Höcke wurden im März vergangenen Jahres eingestellt - seine Rede erfülle weder den Tatbestand der Volksverhetzung noch handle es sich um eine Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener.

Versöhnungstreffen Gauland, Meuthen und Pazderski?

Rund ein Jahr nach der Höcke-Rede versucht die AfD-Spitze, die unterschiedlichen Flügel wieder anzunähern. Als Teil der internen Befriedungsstrategie zum Jahresbeginn wollen sich die beiden Parteichefs Meuthen und Gauland demnächst auch mit dem neuen Parteivize Georg Pazderski treffen.

Pazderski gehörte im alten Bundesvorstand zu jenen zehn Mitgliedern, die im Januar 2017 für den Ausschlussantrag Höckes gestimmt hatten. Das war dem früheren Bundeswehroffizier, der einen gemäßigteren Kurs anstrebt, vom rechten und völkischen Flügel übel genommen worden. Auf dem letzten Bundesparteitag wurde dem Berliner Landes- und Fraktionschef die Quittung präsentiert: Er scheiterte in zwei Wahlgängen bei dem Versuch, Co-Vorsitzender an der Seite Meuthens zu werden. Pazderski musste sich mit einem der drei Vizeposten zufriedengeben - und erhielt auch hier bei seiner Wahl nur ein bescheidenes Ergebnis.

Nun aber, so lassen sich Signale aus der AfD deuten, sollen im neuen Jahr zwei Botschaften ausgesendet werden: Der Rechtsaußen Höcke bleibt der AfD erhalten. Und Pazderski, der langfristig die AfD koalitionsfähig machen will, steht ebenfalls nicht im Abseits.