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Deutsche Brexit-Befürworter Jung, pessimistisch, rechts

Der britische EU-Austritt droht chaotisch zu verlaufen, trotzdem findet er auch hierzulande Zuspruch. Eine SPON-Umfrage zeigt, wie deutsche Brexit-Anhänger ticken.
Brexit im Düsseldorfer Karneval

Brexit im Düsseldorfer Karneval

Foto: KIRSTEN NEUMANN/EPA-EFE/REX

In Großbritannien stehen sich Brexit-Befürworter und -Gegner zerstritten gegenüber. Und auch in Deutschland stößt der bevorstehende Austritt der Briten aus der EU auf gegensätzliche Meinungen. Rund 60 Prozent der Bundesbürger wünschen sich, dass der Brexit noch verhindert wird. Etwa 30 Prozent der Deutschen lehnen diesen Wunsch ab. Das geht aus einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts Civey hervor.

Das Institut hat auch abgefragt, welche Einstellungen in beiden Gruppen besonders ausgeprägt sind. Demnach zeichnen sich die deutschen Befürworter und Gegner durch sehr unterschiedliche - teils gegensätzliche Merkmale - aus.

Civey erreicht seine Umfrageteilnehmer auf SPIEGEL ONLINE und einer Vielzahl weiterer unterschiedlicher Seiten. (Lesen Sie unten, wie die Civey-Methodik genau funktioniert.) Für die Brexit-Analyse wurden die Merkmale und Einstellungen von Teilnehmern der Umfrage "Wünschen Sie sich, dass der Brexit noch verhindert wird?" in Beziehung gesetzt zu Angaben, die diese in vergangenen Befragungen gemacht hatten.

Auf diese Weise lassen sich die Brexit-Gegner und -Befürworter in Deutschland vergleichen: nach Wahlabsichten, Alters- oder Berufsgruppen, aber auch nach Hobbys, Konsum- und Werteeinstellungen.

Die Daten zeigen beispielsweise, dass etwa ein Drittel der Brexit-Befürworter die AfD wählen würde. Zum Vergleich: In der deutschen Gesamtbevölkerung würden momentan rund 14 Prozent der AfD ihre Stimme geben, unter den Brexit-Gegnern nur knapp fünf Prozent. Anhänger der AfD sind also unter Brexit-Befürwortern im Vergleich zur Gesamtbevölkerung deutlich überrepräsentiert, bei Brexit-Gegnern hingegen unterrepräsentiert.

Die Umfrage zeigt auch, dass mehr als ein Drittel (rund 35 Prozent) der Brexit-Gegner die CDU wählen würde, bei den -Befürwortern liegt die Zahl der CDU-Wähler bei einem Viertel. In der Gesamtbevölkerung würden den Christdemokraten 32 Prozent ihre Stimme geben.

Auch zeigen die Daten, dass überdurchschnittlich viele Brexit-Gegner die Grünen (rund 23 Prozent) und die SPD (rund 21 Prozent) wählen. Bei den Brexit-Befürwortern sind die Wähler dieser beiden Parteien unterrepräsentiert (Grüne rund zwölf Prozent und SPD rund elf Prozent). Bei FDP und Linkspartei unterscheiden sich die Wählerabsichten der Brexit-Befürworter und -Gegner nicht wesentlich von denen der Gesamtbevölkerung.

Nicht nur an den Wahlabsichten lassen sich deutliche Unterschiede zwischen den Brexit-Befürwortern und -Gegnern ablesen. Civey hat für beide Gruppen die jeweils signifikantesten Merkmale herausgestellt.

Demnach ordnen sich Brexit-Befürworter überdurchschnittlich oft politisch rechts (rund 36 Prozent) oder konservativ (rund 43 Prozent) ein. In der Gesamtbevölkerung sieht sich nur etwa ein Viertel politisch rechts, und 31 Prozent würden sich als konservativ bezeichnen. Auch sind die Befürworter deutlich pessimistischer (rund 57 Prozent) als die Gegner (rund 32 Prozent). In der Gruppe der Befürworter sind der Umfrage zufolge überdurchschnittlich viele Arbeiter (rund 40 Prozent) und Arbeitslose oder Nichterwerbstätige (rund 31 Prozent) vertreten. Unter die Nichterwerbstätigen fallen beispielsweise Rentner oder Hausfrauen.

Ebenso macht der Anteil der 18- bis 29-Jährigen und der 29- bis 30-Jährigen einen überdurchschnittlich großen Anteil der Befürworter aus. Und die Befürworter treiben mehr Sport als die Gesamtbevölkerung, während Gegner sich weniger sportlich betätigen als der Durchschnitt.

Mehr als doppelt so viele Brexit-Gegner (Rund 62 Prozent) wie -Befürworter (rund 28 Prozent) sind laut Civey weltoffen. Der Wert der Gesamtbevölkerung liegt bei rund 50 Prozent. Damit ist dieses Merkmal bei den Brexit-Gegnern überdurchschnittlich ausgeprägt. Auch würde sich fast die Hälfte der Gegner (rund 47 Prozent) als optimistisch bezeichnen. Bei den Befürwortern sind es nur 26 Prozent.

Weiterhin nutzen Brexit-Gegner häufiger Twitter und gehen öfter ins Kino als Brexit-Befürworter. Überdurchschnittlich häufig sehen sich die Gegner des britischen EU-Austritts politisch links (rund 44 Prozent) oder liberal (rund 52 Prozent). In der Gesamtbevölkerung liegen diese Werte bei rund 35 Prozent bzw. bei rund 43 Prozent. Bei den Brexit-Befürwortern bezeichnen sich lediglich rund 22 Prozent als politisch links und rund 29 Prozent als liberal.

Des Weiteren studieren rund vier Prozent der Gegner und etwa ein Drittel von ihnen ist altruistisch. Bei den Befürwortern sind laut Civey nur rund 20 Prozent uneigennützig und zwei Prozent studieren.

Mitarbeit: Marcel Pauly

Wer steckt hinter Civey? An dieser Stelle haben Leser in der App und auf der mobilen/stationären Website die Möglichkeit, an einer repräsentativen Civey-Umfrage teilzunehmen. Civey ist ein Online-Meinungsforschungsinstitut mit Sitz in Berlin. Das Start-up arbeitet mit unterschiedlichen Partnern zusammen, darunter sind neben SPIEGEL ONLINE auch der "Tagesspiegel", "Cicero", der "Freitag" und Change.org. Civey wird durch das Förderprogramm ProFit der Investitionsbank Berlin und durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung finanziert.