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Waldhof versus Hopp Ende einer Männerfreundschaft

Der Aufstieg der TSG Hoffenheim sollte auch Waldhof Mannheim in eine bessere Zukunft führen. Doch nun droht dem Traditionsverein die Pleite. Wie sich der Präsident eines Regionalligisten mit Dietmar Hopp anlegte - und verlor.

Waldhof Mannheim geht es schlecht, sehr schlecht. Wenn sich nicht bald Entscheidendes tut, muss der ehemalige Bundesligist, der derzeit in der viertklassigen Regionalliga spielt, wohl Insolvenz anmelden. Deutlich mehr als eine Million Euro Unterdeckung weist der Etat auf, hinzu kommen rund zwei Millionen Euro Altverbindlichkeiten. Nun hoffen bei Waldhof alle auf Dietmar Hopp, den Gönner der benachbarten TSG Hoffenheim. Mehr als drei Millionen Euro hat er bislang in Waldhof investiert - den Löwenanteil davon für das Jugendförderzentrum des Clubs. Mit einer weiteren Million Euro, so die Berechnungen des Präsidiums um den mittlerweile zurückgetretenen Mario Nöll, wäre das Überleben erstmal gesichert. Doch um diese Summe ist ein heftiger Streit entbrannt.

Hopp überwies tatsächlich 500.000 Euro, ließ aber etwa 300.000 Euro davon auf einem Sperrkonto blockieren. Solange Nöll amtierte, hatte der Verein keinen Zugriff darauf.

Nöll hatte sich zuvor geweigert, eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben, wonach er sofort persönlich als Bürge für das Darlehen haften müsse, wenn er öffentlich zu den Geschäftsbeziehungen zwischen Hopp und Waldhof Stellung nehme. Gegenüber SPIEGEL ONLINE wollte sich Nöll nicht äußern, er verwies auf eine Pressekonferenz im Dezember, in der er schwere Vorwürfe gegen Hopp erhoben hatte.

Der Club, so sagte er es damals Journalisten, habe Anspruch auf eine weitere halbe Million Euro aus Hopps Kasse. Er berief sich dabei auch auf eine Sitzung im April 2008, an der neben Nöll und dem damaligen Geschäftsführer Andreas Laib Vertreter der Daimler AG und der Stadt Mannheim teilnahmen. Dabei habe Hopp angekündigt, er werde Waldhof entschulden.

Schriftlich fixiert ist das nicht - nicht der einzige Fall unprofessionellen Managements bei Waldhof. Merkwürdig ist allerdings auch, dass die einladende Stadt Mannheim kein Protokoll von der Sitzung hat anfertigen lassen.

Hopp jedenfalls dementiert. "Das stimmt ganz und gar nicht", sagt er SPIEGEL ONLINE. Doch selbst für den Fall, dass "es diese Zusage gegeben hätte, hätte doch ein Anwalt wie Herr Nöll sicher umgehend eine schriftliche Vereinbarung entworfen um alles aktenkundig zu haben. Stattdessen hat er, immer wenn es eng wurde, um Darlehen gebeten." Von einer angeblichen Zusage, den Club zu entschulden, habe Nöll erst Monate nach dem Treffen gesprochen: "Diese Lüge fiel ihm erst ein, als er gemerkt hat, dass wir ihm auf die Schliche gekommen sind."

Auch Lothar Ulsamer, der für die Daimler AG an dem Treffen teilnahm und eine Million Euro für die Renovierung des Stadions zusagte, sowie Mannheims Sportdezernentin Gabriele Warminski-Leithäußer können sich nicht an eine Zusage Hopps erinnern.

Merkwürdig ist jedoch, dass nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen auf der Geschäftsstelle im Anschluss an die Sitzung - daran erinnern sich mehrere Vereinsmitarbeiter - Feierstimmung ausbrach. Der Verein gab von nun an, offenbar in Erwartung eines Finanzsegens, das Geld mit vollen Händen aus, indem er kostspielige Spieler verpflichtete und Verträge zu verbesserten Konditionen verlängerte.

Nöll, der parallel auch aussichtsreiche Verhandlungen mit einer russischen Investorengruppe geführt haben will, meint, dass Hopp Waldhof auch unabhängig von dem Treffen im April Geld schulde. Die Entschuldung sei "Geschäftsgrundlage für den Stadion-Überlassungsvertrag" gewesen. Die TSG, die ihre Heimspiele in der Hinrunde im Mannheimer Carl-Benz-Stadion austrug, habe das Heimrecht im Stadion des SVW schließlich nicht ohne Gegenleistung erhalten.

Der SAP-Mitbegründer, so der aus der Fanszene stammende Nöll, habe bei ihm angefragt: Ob er sich zutraue, dafür zu sorgen, dass der Aufsteiger seine Heimspiele in Mannheim "gefahrlos und in wohlgesonnener Atmosphäre" durchführen könne? Tatsächlich hatten sich Waldhöfer Fangruppierungen in der Vergangenheit oft feindselig gegenüber der TSG und ihrem Mäzen geäußert.

Im Gegenzug habe sich Hopp dazu bereit erklärt, "eine gewisse Miete zu zahlen und das Stadion aufwendig zu sanieren", so Nöll weiter. Auch dieser Darstellung widerspricht Hopp: "Die Mehrzahl der Waldhof-Mitglieder steht mir neutral gegenüber. Es gab keinen Grund, das Waldhof-Präsidium um gnädige Stimmung zu bitten."

Das bis dato außergewöhnlich gute Verhältnis zwischen ihm und Nöll sei zerbrochen, so Hopp, "nachdem ich über meinen Berater, der hinter die Kulissen schaute, erfahren musste, dass Herr Nöll uns weder umfassend noch korrekt über die wahre Lage des Vereins informiert hatte".

Nöll hat eine andere Version: Seine Weigerung, einen "Knebelungsvertrag" zu unterschreiben, der Hopp nach seiner Ansicht die Kontrolle über das "Jugendförderzentrum einschließlich der kompletten Jugendabteilung des SVW" verschafft hätte, sei mitentscheidend für den Bruch gewesen.

Der engagierte Nöll, über den selbst seine Gegner sagen, dass der Verein ohne ihn vor einem Jahr pleite gegangen wäre, kennt Hopp seit 20 Jahren. Monatelang verlief die Kooperation zwischen beiden reibungslos. Rüdiger Lamm, im Juni geschasster Ex-Manager von Waldhof, spricht sogar von einer "großen Freundschaft, die die beiden verbunden hat. Es ist eine menschliche Tragödie, dass sie sich dann innerhalb weniger Wochen so überworfen haben".

Die Spieler warten nach wie vor auf ausstehende Gehälter. Der beste Torschütze der Hinrunde, Kai Herdling, hat den Verein bereits in Richtung Hoffenheim verlassen. Weitere sollen folgen - der Club ist froh um jeden Spieler, dessen Gehalt man einspart.

Die Mannheimer Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Untreue im Zusammenhang mit dem Bau des Jugendförderzentrums gegen ehemalige Club-Verantwortliche. Die Aufträge sollen Ende 2006 erteilt worden sein.

Nölls Nachfolger haben sich bereits mit Hopp getroffen. Bis zum 31. Januar will das Interimspräsidium einen Sanierungsplan präsentieren. Hopp, der Wert darauf legt, "nie den Rücktritt von Herrn Nöll gefordert" zu haben, kann sich nach dessen Abgang gleichwohl gut vorstellen, die blockierten 300.000 Euro freizugeben: "sobald wir das Gefühl haben, dass endlich ein erfolgversprechender Sanierungskurs eingeschlagen wird – und danach sieht es derzeit aus".

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