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Belastung durch Feinstaub und Stickoxid Wo Deutschlands Luft am schmutzigsten ist

Zu viel Feinstaub in Stuttgart, zu hohe Stickoxid-Werte in München: In vielen deutschen Städten werden die gesetzlichen Grenzwerte überschritten. Wo ist die Luft besonders dreckig? Der Überblick.
Kohlekraftwerk in Neurath (Nordrhein-Westfalen): Hohe Feinstaubwerte erzeugt aber vor allem der Autoverkehr

Kohlekraftwerk in Neurath (Nordrhein-Westfalen): Hohe Feinstaubwerte erzeugt aber vor allem der Autoverkehr

Foto: Federico Gambarini/ dpa

Dreckige Luft schadet der Gesundheit - sie kann auf Dauer sogar tödlich sein, deshalb gibt es gesetzliche Grenzwerte. Beispielsweise darf ein Kubikmeter Luft maximal 40 Mikrogramm Feinstaub bis zu einer Partikelgröße von zehn Mikrometern enthalten.

Doch Grenzwerte für Luftschadstoffe werden vielerorts nicht eingehalten, wie eine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen  an die Bundesregierung ergab. "Die Umwelt- und Gesundheitsbelastung ist vielerorts verheerend", sagte der Bundestagsabgeordnete Peter Meiwald. Offensichtlich versagten die Regelungen des Bundes an zahlreichen Stellen.

Die Abgeordneten wollten von der Bundesregierung die 15 Orte mit den höchsten gemessenen Schadstoffkonzentrationen erfahren. Dabei ging es unter anderem um Feinstaub und Ozon. Die folgende Karte zeigt die Lage der Messstationen mit den deutschlandweit höchsten Schadstoffkonzentrationen. Dabei geht es um PM10 (Feinstaub bis zu zehn Mikrometer Durchmesser), Stickstoffdioxid und Schwefeldioxid. Gemessen wird praktisch immer an Hauptverkehrsstraßen, weil dort die Belastung am höchsten ist.

Beim Feinstaub gab es sieben Gemeinden, die den Grenzwert für PM10 überschritten. Die PM10-Werte dürfen laut Gesetz nur an maximal 35 Tagen im Jahr über 50 Mikrogramm pro Kubikmeter liegen. Den höchsten Wert hatte die Messstation Am Neckartor in Stuttgart (91 Tage). In Stuttgart werden schon seit Jahren immer wieder die Limits überschritten. Wegen der Kessellage konzentrieren sich dort die Schadstoffe. Dann folgen Reutlingen (79 Tage, Lederstraße), Tübingen (46 Tage, Mühlstraße) und Gelsenkirchen (45, Kurt-Schumacher-Str.). Auch Leipzig (41) hält den Grenzwert für Feinstaub in der Lützner Straße nicht ein. Eine detaillierte Übersicht über die Messstationen mit den höchsten Schadstoffkonzentrationen finden Sie in der 24-seitigen Antwort der Bundesregierung .

"Erschreckend ist, an wie vielen Messstellen die Grenzwerte überschritten werden", sagte die Grünen-Politikerin Bärbel Höhn. In fast jedem Bundesland gebe es kritische Regionen. Mitunter ist aber auch nur eine viel befahrene Straße das Problem, wie etwa die Mühlstraße in Tübingen. Dort erreicht der Feinstaub dann bedenkliche Konzentrationen, während die Werte im übrigen Stadtgebiet den gesetzlichen Vorschriften genügen. Doch selbst wenn die Grenzwerte in einer Gemeinde nur punktuell überschritten werden - diese Bereiche sind meist auch jene, die von besonders vielen Menschen frequentiert werden, die damit ungesunder Luft ausgesetzt sind.

Hauptverursacher der hohen Feinstaubwerte ist der Autoverkehr - dabei insbesondere Dieselmotoren. PM10-Stäube dringen bis in die Nasenhöhle ein und können beispielsweise die Schleimhäute reizen. Noch kleiner Partikel der Größe PM2,5 schaffen es bis in die Lunge und können die Blutgefäße schädigen oder Krebs verursachen. Laut einer Studie der Europäischen Umweltagentur (EUA) verursacht Feinstaub pro Jahr etwa 430.000 vorzeitige Todesfälle in der EU.

Stickstoffdioxid (NO2) entsteht ebenfalls bei Verbrennungsprozessen. Wichtigste Emittenten in deutschen Gemeinden sind Autos mit Dieselmotor. NO2 ist vor allem für Asthmatiker problematisch. Bei zu hohen Konzentrationen steigt das Risiko für Schlaganfälle. Der Jahresgrenzwert liegt bei 40 µg/m3. Da Abgas auch Blätter schädigt, gilt laut Umweltbundesamt bereits ein Wert von 30 µg/m3 als kritisch für Pflanzen.

Die höchsten Werte wurden in Stuttgart und München gemessen - unter den Top 15 sind aber auch Straßen in Berlin, Hamburg und Köln. Überall dort waren die NO2-Werte oberhalb des gesetzlichen Limits von 40.

Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, fordert entschlossene Schritte der Bundesregierung gegen Feinstaub und Stickoxide. "Andere Länder machen vor, wie das geht", sagt er. In der Schweiz müssten alle Baufahrzeuge und Lokomotiven zwangsweise mit Partikelfiltern ausgerüstet sein - hierzulande bestehe keine solche Pflicht. Auch an Busse stellten Städte wie Madrid oder Stockholm deutlich höhere Forderungen.

Ein großes Problem sind laut Resch auch neue Dieselfahrzeuge. "Die erfüllen nur auf dem Prüfstand die Abgasnorm", im Alltagsbetrieb sei der Ausstoß an Feinstaub und NO2 um ein Vielfaches höher. Kurzfristig könne man die Situation nur mit Fahrverboten verbessern. Die Luftreinhaltepläne vieler Städte reichten dafür kaum aus.

Grenzwertüberschreitungen gab es auch bei Ozon, das der Lunge schaden kann. Betroffen sind unter anderem Oberwiesenthal, Münster im Schwarzwald und Gersfeld in der Rhön.

Es gibt jedoch auch eine gute Nachricht: Laut Auskunft der Bundesregierung werden die Grenzwerte für Schwefeldioxid (SO2) heute an keiner Messstation in Deutschland mehr überschritten. SO2 wird beim Verbrennen von Kohle und Öl freigesetzt. Es reizt Schleimhäute und Augen. SO2 war in den Achtzigerjahren auch mitverantwortlich für den sauren Regen. Das Abgas war vor allem in der einstigen DDR ein großes Problem, weil vielerorts schwefelhaltige Kohle verbrannt wurde.

Glücklicherweise ist die SO2-Belastung in den vergangenen 20 Jahren aber deutlich gesunken. Die höchsten Werte werden heute im Erzgebirge, Hamburg, Duisburg und Bottrop gemessen. Gesundheitsprobleme sind dadurch nach Auskunft des Umweltbundesamts nicht zu befürchten.

Ergänzung: In der ersten Version des Textes hieß es, bei Ozon gebe es bundesweit keine Überschreitungen. Das stimmt jedoch nicht, wir bitten den Fehler zu entschuldigen.