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Harald Wolf ./ ./ / / / / / ! f Arbeit und Autonomie Ein Versuch über Widersprüche und Metamorphosen kapital istischer Produktion Harald Wolf, geb. 1959, studierte Soziologie, Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre, langjähriger wissenschaftlicher Mitarbeiter am Soziologischen Forschungsinstitut in Göttingen, zuletzt wissenschaftlicher Assistent an der Universität Gesamthochschule Kassel; Arbeitsschwerpunkte: lndustriesoziologie, Soziologie der industriellen Beziehungen, Gesellschaftstheorie, veröffentlichte u.a. (hrsg. zusammen mit Hartmut Hirsch-Kreinsen) Arbeit. Gesellschaft. Kritik. Orientierongen wider den Zeitgeist, Berlin 1998. Harald Wolf Arbeit und Autonomie Ein Versuch über Widersprüche und Metamorphosen kapitalistischer Produktion WESTFÄLISCHES DAMPFBOOT Die Deutsche Bibliothek - CIP-Eioheitsaufnahmc Wolf, Harald: Arbeit und Autonomie: ein Versuch über Widerspruche und Metamorphosen kapitalistischer Produktion / Harald Wolf. I. Auf!. - Münster: Westfälisches Dampfboot, 1999 Zugi.: Kassel, Univ., Habil., 1999 ISBN 3-89691-468-5 I. Auflage Münster 1999 10 1999 Verlag Westfälisches Dampfboo!, Münster Alle Rechte vorbehalten Umschlag: Lütke ' Fahle, Seifert, Münster Druck: Rosch-Buch Druckerei GmbH, Scheßlitz Gedruckt auf säurefreiem Papier. ISBN 3-89691-468-5 Inhalt Vorwort I. Einleitung: Was hat Arbeit mit Autonomie zu tun? Übergang zum informationellen Kapitalismus? Abschied von der heteronomen Arbeit? Widersprüche und Metamorphosen der Beherrschung von Arbeit: Das Problem und der Gang der Untersuchung Einige Bemerkungen zur Methode 11. Die Hauptströmungen der Arbeitssoziologie und das Problem der Heteronomie I. Arbeit und Herrschaft im Zeichen des technischen Wandels Herrschaftsabbau durch Technisierung Herrschaftsfragen in der norrnalwissenschaftlichen Forschung Weiterentwicklungen und Grenzen des normalwissenschaftlichen Programms Die Wiederentdeckung der Herrschaft und die Kritik am norrnalwissenschaftlichen Arbeitsbegriff Politik und Kontrolle im Produktionsprozeß Plädoyers für Revisionen des Arbeitsbegriffs 3. nas ungelöste Problem der Heteronomie 7 9 10 13 20 25 27 29 30 35 46 2. IH. Die verdrängte Selbsttätigkeit I. 2. 3. 4. 5. Paradoxien der Fremdbestimmung Das Spektrum und die Sphären der Selbsttätigkeit Managementperspektiven Ambivalenzen der Selbsttätigkeit Ausblick: BestimmungsgrüDde und Potentiale der Selbsttätigkeit 51 51 59 68 77 78 86 90 93 98 IV. Bausteine einer kritischen Theorie kapitalistischer Produktion Die imaginäre Institution gesellschaftlicher Heteronomie Gesellschaft als imaginäre Institution Heteronomie und Autonomie Kapitalismus 2. Organisation der Entfremdung: das bürokratisch-kapitalistische Projekt in der Produktion Grundbestimmungen kapitalistischer Produktionsorganisation Das kapitalistische Imaginäre in der Produktion Managementideologien im historischen Verlauf 3. Autonome Albeit als konkrete Utopie 4. Die doppelte Institution der Arbeit 1. V. Die Selbstorganisation heteronomer Arbeit-zur Interpretation gegenwärtiger Entwicklungen in der Produktionssphäre 1. Demokratisierungszwänge, reflexive Rationalisierung oder Metamorphosen kapitalistischer Produktion? 2. Selbstorganisation als Managementideologie 3. Neue Formen des Managements: Die 'schlanke' Bürokratie mit inszenierten Märkten Konzentration der Macht und Dezentralisierung ihrer Exekution Veränderte Anforderungen an das direkte Arbeitsmanagement 4. Neue Formen der Arbeit: Zwischen Ökonomisierungsdruck und gemanagter Partizipation 5. Selbstorganisation sans phrase oder Doppelinstitution? 6. Resümee: Neue Widersprüche, neue Konflikte neue Möglichkeiten eigensinniger Selbsttätigkeit? 102 103 103 107 I 12 115 1 15 121 127 131 136 143 145 149 154 155 158 160 166 176 VI. SchluDbetrachtung: Aufgaben einer kritischen Arbeitssoziologie 181 Anmerkungen Literatur 191 227 Vorwort Die Umbrüche in der Arbeitssphäre werfen erneut die Frage nach Entwicklungsdynamik, Widersprüchen und Emanzipationspotentialen in diesem wichtigen sozialen Konfliktfeld auf. Auf den folgenden Seiten wird dieser Frage unter dem Gesichtspunkt des Verhältnisses von Heteronomie und Selbsttätigkeit nachgegangen - einem Gesichtspunkt, der sich angesichts des Wandels von Organisationsfonnen der Produktion und der in diesem Zusammenhang häufig beschworenen Selbstorganisation der Produzenten heute aufdrängt. Jenseits der Hauptströmungen zeitgenössischer Gesellschaftstheorie, die den ganzen Problemkreis inzwischen sträflich vernachlässigen, und auchjenseits traditioneller industriesoziologischer Konzepte, die ihn nur unzureichend erfassen, zeichne ich die Umrisse eines soziologischen Deutungsansatzes, der Arbeit als eine innerlich zerrissene, gleichsam doppelte soziale Institution interpretiert. Deren Metamorphosen verfolge ich bis in ihre neuesten, von veränderten Managementstrategien und Arbeitsfonnen mitgeprägten Gestalten, deren Analyse die Fruchtbarkeit des Ansatzes für die Gegenwartsdiagnose zeigen soll. Arbeit ist einer jener merkwürdig zwielichtigen Gegenstände soziologischer Reflexion, konkret und abstrakt zugleich, allen vertraut und dennoch schwer zu fassen. An Prognosen und Entwürfen zu diesem Thema besteht gewiß kein Mangel, kaum vorstellbar fast, daß es jemals so viele Experten für die Arbeit anderer gab wie heute. Nicht selten gerät diesen Experten jedoch Wesentliches aus dem Blick; zumal die rätselhaften Symptome gesellschaftlicher Heteronomie, die die Arbeitssphäre durchziehen, bleiben im geläufigen Diskurs oft ausgespart. Anknüpfend an verschüttete Traditionen habe ich in dieser Studie hingegen versucht, Phänomene aufzuklären, die sich aus dem widersprüchlichen Herrschaftscharakter bürokratisch-kapitalistisch organisierter Arbeit ergeben. Es ist dieser eigentümliche, zwischen Ausschluß und Einschluß der Beherrschten oszillierende Herrschaftscharakter, in dem ein Gutteil der Mehrdeutigkeit und Rätselhaftigkeit - und als Ausdruck seiner Pseudo-Rationalität: deren Leugnung - begründet liegt, welcbe den moder7 nen Arbeitsverhältnissen nach wie vor anhaftet. Das läßt wichtige Rückschlüsse auf Eigenart wie Entwicklung der sozialen Kräfte und kulturellen Orientierungen zu, deren Zusammen- und Gegeneinanderwirken der Institution der Arbeit ihre historisch-spezifische Prägung gibt. Es erweist sich etwa, daß die im Titel fonnulierte Perspektive auf individuelle und kollektive Autonomie keine willkürlich von außen an die Sache herangetragene ist, sondern sich aus ihr selbst ergibt: Bereits im Kemverhältnis heteronomer gesellschaftlicher Produktion stoßen wir auf entsprechende Momente und Konstellationen menschlicher Tätigkeit, die sich einem restriktiven und auf instrumentelle Dimensionen verkürzten Arbeitsbegriff entziehen. Der Punkt, wo die daraus resultierenden Einsichten in umfassendere gesellschaftstheoretische und politische Probleme eInmünden, wird zwar bisweilen gestreift, die Implikationen sind indes anderenorts weiter zu verfolgen. Die Studie ist die überarbeitete Fassung meiner Habilitationsschrift, die icb im Januar 1999 fertiggestellt und am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der UniversitJIt Gesamthochschule Kassel vorgelegt habe. Wie immer War ein gerüttelt Maß an Hilfe, Ennutigung und kritischer Beurteilung nötig, damit die Arbeit vorankam und abgeschlossen werden konnte. Vor allem Klaus Barck, Andrea Gabler und Martin Kronauer haben mich immer wieder in verschiedenster Fonn unterstützt und anspornend auf mich eingewirkt, wofm ich ihnen berzlich danke. Mein besonderer Dank gilt auch Werner van Treeck, der Kapitel für Kapitel mit mir diskutierte und durch freundliches Insistieren zur Beseitigung mancber Unklarheiten und zur Bescbleunigung des Arbeitsprozesses beitrug. Und ebenfalls bedanken möchte ich mich bei Niels Beckenbach, Joachim Bergmann, Christel Eckart, Hanns-Peter Ekardt, Martin Kuhlroann, Otfried Mickler und Petra Schabacker-Gerland, die sich die Mühe gemacht haben, das Manuskript oder einzelne Vorentwürfe zu lesen und ausfilhrlicb zu kommentieren, woraus sich wichtige Anregungen zum Überdenken, Verdeutlichen oder Ergänzen einer ganzen Reihe von Aspekten ergaben. Ich hoffe nun aufleserinnen und Leser, die in diesem Buch keinen - ohnehin fiktiven - Ersatz, sondern einen Initiator für die selbsttätige Auseinandersetzung mit den darin behandelten Fragen suchen; und ich wünsche mir, daß die Diskussionen, die sich daraus vielleicht ergeben, so weit wie möglich geben werden. Göttingen, im Mai 1999 8 I. Einleitung: Was hat Arbeit mit Autonomie zu tun? Verkörpert sich in der Gegenwartsgesellschaft ein unvollendetes Projekt der 'Modeme'? Oder ist sie eher als heterogenes Gemisch unvollendbarer und sich gegenseitig ausschließender gesellschaftlicher Projekte zu charakterisieren? Bestimmen mehr und mehr die gezielten Versuche des mit sich selbst beschäftigten Modemisierungsprojektes, sich an seinen eigenen sozialen Folgeproblemen und den von ihm verursachten globalen Risiken abzuarbeiten, die gesellschaftliche Wirklichkeit? Und resultiert daraus eine von Grund auf andere gesellschaftliche Entwicklungslogik? Oder erleben wir eher eine neue Phase von Spannungen und Konflikten, aber auch von Amalgamierungen widerstreitender institutioneller Logiken, kultureller Orientierungen un(! sozialer Interessen -mit neuen Akteuren, im neuen Gewand und mit gewandelten Einsätzen, aber im gleichen gesellschaftlichen Rabmen? Führt dies zu einem neuen Kapitalismus? Sind es also, mit anderen Worten, Prozesse einer reflexiven Modemisierung, die den gegenwärtigen und weiteren gesellschaftlich-geschichtlichen Verlauf vor allem prägen - oder neuartige und widersprüchliche Formen fortgesetzter kapitalistischer Rationalisierung? Solche Fragen umreißen - vorläufig, vage und formelhaft- einige Pole jenes weiten Feldes, auf dem heute die soziologische Gegenwartsdiagnose ihre Konjekturen aufstellt und dem ihre Argumentationsfiguren entstammen. Auch wir werden uns in dieser Arbeit auf solche allgemeinen Fragen beziehen müssen. Die Bezüge werden sich wie von selbst im Laufe der Auseinandersetzung mit einem besonderen soziologischen 'Problemknoten' ergeben, um dessen Entwirrung es in dieser Studie geht. Deren spezifische Problematik - und deren gesellschaftstheoretische Relevanz- soll in dieser Einleitung, nach einem kurzen Blick auf gegenwärtige technologische, organisatorische und ökonomische Globaltrends, der die Problematik verorten helfen soll, anhand einiger auffalliger Befunde über die Entwicklungstendenzen in der Arbeitssphäre und deren soziologischer Interpretation verdeutlicht werden. Vor diesem Hintergrund wird sich der Gedanke aufdrängen, daß das 9 , Verhältnis von Arbeit und Autonomie spätestens heute zu einem Schlüsselproblem einer kritischen Arbeitssoziologie geworden ist. Jenes Verhältnis läßt sich nur dann wirklich aufklären, wenn es gelingt, eine präzisierte Vorstellung von den Widersprüchen und Metamorphosen der kapitalistischen Produktion zu entwickeln. Aufwelchem Weg hier eine derartige Präzisierung versucht werden soll, weist die dann folgende Übersicht über den Gang der Untersuchung im einzelnen aus. Das Nötige, was zur Methode der Untersuchung zu sagen ist, beschließt diese Einleitung. Übergang zum informationellen Kapitalismus? Gleichgültig, wo man sich einstweilen auf dem eingangs umrissenen Feld verorten mag: Es gibt kaum jemanden, der nicht der Ansicht wäre, daß der Ausklang dieses Jahrhunderts - und zwar in nahezu allen gesellschaftlichen Teilsystemen und Einzelbereichen - im Zeichen eines dramatischen Wandels steht. Dies gilt auch ftlr das ökonomische System und den Bereich der gesellschaftlichen Produktion. Das Zusammenspiel vielr"higer und einschneidender, sowohl technologischer, organisatorischer als auch ökononllscher Veränderungen begründen die weithin geteilte Vermutung vom Beginn eines neuen Entwicklungsabschnittes. Diese neue Qualität versucht Castells in seiner großen synoptischen Studie über The Rise 0/ the Ne/Work Societyl als Übergang vom industriellen zu einem ..informationellen" Kapitalismus auf den Begriff zu bringen. Im Rahmen der seI ben Produktionsweise - der auf Basis des Privateigentums an Produktionsmitteln auf Maximierung des Surplus zielenden kapitalistischen - habe sich eine neue 'Entwicklungsweise' (mode of development) herausgebildet, in welcher Technologien der Wissenserzeugung, Informationsverarbeitung und Symbolkommunikation, kurz: das Einwirken von Wissen auf Wissen, zur zentralen Quelle von Produktivitätssteigerungen geworden seien.2 Dies impliziert laut Castells einen epochalen Wandel der materiellen Kultur. Er ergibt sich aus technologischen und organisatorischen Entwicklungssprungen, die sich im Kontext einer historisch-spezifischen Form kapitalistischer Restrukturierung vollziehen. Den wichtigsten Anstoß erhalten die umwälzenden technologischen Entwicklungen von der Durchsetzung des informationstechnologischen Paradigmas. 3 Die entsprechenden Topoi und Phänomene sind bekannt. [n den Mittelpunkt der gesellschaftlichen [nnovationsanstrengungen treten Technologien, die im weitesten Sinne aufinformationen einwirken (Mikroelektronik, Computertechnik, Telekommunikation, Gentechnologie). Da Informationen integraler Bestandteil fast jeder mensch10 lichen Tätigkeit sind, ergibt sich ein hoher gesellschaftlicher Durchdringungseffekt. [n den Nutzungszusammenhängen der [nformationstechno[ogien materialisiert sich die Logik des Netzwerks bzw. der Vernetzung, die Morphologie des Netzwerks erlangt paradigmatische Kembedeutung. Ein weiteres Merkmal der neuen Techno[ogien ist ihre Flexibilität: die Möglichkeit leichter und ständiger Anpassung wie Umstellung. Und es konvergieren schließlich typischerweise verschiedenste Entwicklungs[inien in hochintegrierten technologischen Systemen (zum Beispiel dem Internet). Neben dem informationstechnologischen Paradigma betrachtet Castells veränderte organisatorische Leitorientierungen als zweite Säule der neuen kapitalistischen Entwicklungsweise. Diese Orientierungen verkörpern sich im Modell des "Netzwerk-Unternehmens".4 Krisenerscheinungen der tayloristisch-fordistischen Massenproduktion, vielfliltigste strategische Allianzen von Konzernen und weltweite Erfolge unterschiedlich zusammengesetzter Firmennetzwerke taten in den letzten beiden Jahrzehntenjeweils das ihre, um das alte Modell des zentralisierten, vertikal hochintegrierten, bürokratischen Riesenunternehmens in Frage zu stellen. Die Erprobung flexibler Produktionsformen, Dezentralisierungsmaßnahmen und mehr Außenvergaben machte jene alten Riesenorganisationen allmählich zu 'horizontalen' Unternehmen, die mit anderen größeren und vielen kleineren Firmen in globalen Unternehmensnetzwerken kooperieren. Das bedeutet keineswegs einen Verlust an ökonomischer Macht oder technologischer Kompetenz der großen zugunsten der kleinen Knoten in diesen Netzen. Nach wie vor gilt, daß die großen einen weiter wachsenden Anteil des Kapitals und der Märkte beherrschen und daß die kleinen finanziell wie technologisch von ihnen ahhängig sind. In Netzwerken gibt es aber nicht den einen, alles bestimmenden Akteur. Zum Fokus der Aktivitäten wird das jeweilige Entwicklungs-, Produktionsoder Vermarktungsprojekt, das solche Netzwerke konstituiert, und die projektbezogenen, im Netz zirkulierenden Informationen bekommen strategischen Stellenwert. Auch innerhalb des horizontalen Unternehmens regiert, so Castells, zunehmend die Netzwerklogik: Auch die Firma selbst wird zum dynamischen Netz sich selbst organisierender Einheiten und grundet auf den Prinzipien der Dezentralisierung und Partizipation. Neuartige Managementmethoden zielen auf die stärkere Einbindung der Beschäftigten durch Teamarbeit, dezentrale Entscheidungsmöglichkeiten, größere Autonomie und flachere Hierarchien. Das Verhältnis des Managements zu den Beschäftigten wird neu konturiert. In einem ökonomischen Umfeld, das auf beschleunigte Innovation programmiert ist, wird die Fähigkeit des Managements, sich relevantes Wissen der II Beschäftigten nutzbar zu machen, entscheidend. Als notwendig erweist sich eine Arbeitsorganisation, die eine solche Mobilisierung von Wissen ermöglicht. Mit breiteren Aufgabendefinitionen und der Einführung von Gruppenarbeit versucht das Management die Grundlagen dafür zu schaffen, daß möglichst viel Erfahrungswissen in Fehlerbeseitigung und innovative Aktivitäten einfließt. Das gilt auch für das als 'brachliegend' betrachtete 'tacit knowledge', das 'implizite Wissen' der bislang rein 'ausführend' Tätigen im unmittelbaren Produktionsprozeß.' Aufs engste verschränkt ist die Herausbildung dieser neuen informationellen Entwicklungsweise mit den gewöhnlich als neoliberal apostrophierten Strategien kapitalistischer Restrukturierung, die sich schon seit Anfang der achtziger Jahre - zuerst in den USA und in Großbritannien - durchzusetzen begannen: der Rücknahme von Staatsintervention in bestimmten Bereichen, der Deregulierung von Arbeitsmarkt und Arbeitsbeziehungen, der Verselbständigung und Bedeutungszunahme globaler Finanzmärkte. Die neoliberalen Konzepte einer umfassenden 'Entfesselung der Marktkräfte' sind nicht bloß eine wichtige Rahmenbedingung der technisch-organisatorischen Umwälzungen, die deren Richtung und konkrete Ausprägung mitbestimmt. Die MarktfOrrnigkeit sozialer Beziehungen als zu verallgemeinernde Zielsetzung dringt ins Innere von Organisationen ein: als Modus der Koordination und Zielbindung soll auch organisationsintern zunehmend 'der Markt' fungieren - etwa in Form einer durchgängigen Organisation der einzelnen Unternehmens- und Betriebseinheiten als 'Profit-Center' (mit 'internen Unternehmern' an der Spitze) oder der Aushandlung von 'Zielvereinbarungen' (als Vorstufe zum Marktkontrakt) zwischen organisatorischen Untereinheiten. Der Markt soll die Beschäftigten durch die Büros und Fabrikhallen noch bis in ihren letzten Handgriff verfolgen. In der ideologischen Perspektive des Neoliberalismus hat es den Anschein, als sei die massenhafte Verwandlung der Lohnabhängigen in eine neue Sorte von Unternehmern - den "Arbeitskraftunternehmern'><\ - bereits in vollem Gange. Das Herz des informationellen Kapitalismus bilden indes die 'liberalisierten' und seitdem weltumspannenden Finanzmärkte, das Netz aller Netze. 7 Durch dieses computerisierte globale Kasino pulsieren die Überschüsse der vielen Einzelkapitale als Einsatz. Hier erfolgt gleichsam die entscheidende Bewertung ihrer Aktivitäten - ihrer Produktivität und Profitabilität- und damit die Steuerung und Verteilung der Investitionsströme, welche über das Schicksal von Firmen, Ersparnissen, Währungen, ja ganzer regionaler Ökonomien entscheiden können. Ein rastloses Wechselspiel von Investitionen in profitable Netzwerk-Unternehmungen und dem Einsatz der erwirtschafteten Profite im 12 Meta-Netzwerk der Finanzmärkte bestimmen die gesamte Akkumulationsbewegung. Die eigentliche 'Wirklichkeit' des informationellen Zeitalters sind die zeitlose Zeit und der verflüssigte Raum abstrakter Finanztransaktionen. Die 'Realökonomie' hingegen - die Welt der Produktion von Gütern und Dienstleistungen, der Betriebe, der Büros und der Arbeit - , gerät selbst der empirisch und nüchtern gestimmte Castells vor diesem Hintergrund in Versuchung, als mehr und mehr 'unwirkliche Ökonomie' zu bezeichnen. 8 Wie 'irreal' auch immer, jene Welt befindet sich in einer Phase des Umbruchs. Der am informationstechnologischen Paradigma und der Logik des Netzwerks orientierte Umbau der Organisationen ist, folgen wir Castells und vielen anderen Autoren, in vollem Gang. Wie läßt sich dieser Umbau soziologisch genauer beschreiben und interpretieren? Gewinnen die bei diesem Umbau entstehenden Formen der Arbeit eine neue Qualität, und wenn ja, worin besteht sie? Abschied von der heteronomen Arbeit? Seit geraumer Zeit vermitteln viele sozialwissenschaftliehe Analysen und Voraussagen in der Tat den Eindruck, als befinde sich die gesellschaftliche Basisinstitution der Arbeit in einer Phase grundstUrzender Wandlungen. Manches, was man über jene Institution zuvor sicher zu wissen glaubte, ist plötzlich in Frage gestellt und vieles, was lange als unmöglich galt, scheint unversehens schon verwirklicht. Die Veränderungen werden bisweilen als so einschneidend dargestellt, daß sie zu weitreichenden Korrekturen an unserem vertrauten Bild von kapitalistisch organisierter Arbeit führen und bislang als verbürgt geltende Einsichten in die soziale Struktur der Produktionssphäre und deren Dynamik nachhaltig erschüttern müßten. Dies betrifft, wie wir noch sehen werden, in besonderer Weise den Problemkreis von Fremd- und Selbstbestimmung in der Arbeit und allgemein: der betrieblichen Herrschaft. Umbrüche gesellschaftlicher Arbeit lautet dementsprechend der Titel des letzten Überblicksbandes, der über die soziologischen Bemühungen um die Erhellung der Entwicklungstendenzen in der Sphäre der materiellen und immateriellen Produktion und in ihrem Umfeld informiert. 9 In einer Zeit politisch-gesellschaftlicher Unübersichtlichkeit und tiefgreifender Umwälzungen -vom Untergang des 'Ostblocks' über die Wiederbelebung von Nationalismus und Rassismus bis zur ökologischen Krise - wird auch, wie es Beckenbach und van Treeck in ihrer Einleitung für den erwähnten Band formulieren, eine Vielfalt von Umbruchprozessen "der Formen und Verhältnisse gesellschaftlicher Arbeit [ ...1, des strukturellen Wandels in oder zwischen den ver- 13 schiedenen Bereichen der organisierten Arbeit in Betrieb und Behörde"Io wahrgenommen. Neben den ökologischen und sonstigen Bedrohungen durch das gesellschaftliche Projekt der Technikentwicklung und den Folgen des Zusammenbruchs des östlichen Gesellschaftsmodells auf dem Feld der gesellschaftlichen Arbeit beschäftige die neuere sozialwissenschaftliehe Diskussion in diesem Themenbereich vor allem der "Gestaltwandel betrieblicher Rationalisierung" und betone generell eine neue "Unbestimmtheit und Offenheit [der] Dynamik von Arbeit und Technik"! I. Die Veränderungen, so meinen die Herausgeber, nötigen die Industrie- und Arbeitssoziologie nicht nur zur Btィ・ュョセ@ und Methodeninnovation", sondern zur "Revision des b・コオァウセ@ rahmens der Untersuchung gesellschaftlicher Arbeit"I2. Dieser Bezugsrahmen war bisher, so wird nahegelegt, zu sehr auf Probleme der Herrschaft und der ökonomischen Verwertung bezogen, fokussierte den Gegenstand zu einseitig unter "Anforderungs- und Verteilungsaspekten" und interpretierte die Phänomene "lediglich als Indikator gesellschaftlicher Entfremdungszustände"I3. Die Umbrüche gesellschaftlicher Arbeit haben eine derart neue Problemkonstellation entstehen lassen, daß sie die Worte Webers evozieren: "Das Licht der großen Kulturprobleme ist weiter gezogen. "14 Unter diesen veränderten Prämissen müssen daher die Sozialwissenschaften "zur Überprüfung und Revision ihres Standortes und ihres 'Begriffsapparats' bereit sein."" Die Formulierungen umschreiben eine Position, die in der soziologischen Arbeits-, Industrie- und Organisationsforschung inzwischen von Vielen geteilt werden dürfte. Aufweiche konkreten Phänomene bezieht sich indes die Rede vom fundamentalen Wandel? Richten wir den Blick auf die neuere Organisationssoziologie, so wird das allgemeine Umbruchsszenario bestätigt, ja von manchen Autoren radikalisiert und erhält mit Bezug auf die Gestaltungsprinzipien moderner Organisationen deutlichere Konturen. Die "Umstellung von Bürokratie und Fließband auf ein offenes Netzwerk von Information, Kommunikation und Produktion", erfahren wir zum Beispiel von Baecker, stehe auf der Tagesordnung, und das bedeute nicht weniger als eine "Revolution der Organisation"I6. Parallelen zur Darstellung von Castells sind unübersehbar. Ein neues Arbeitsparadigma setze sich durch: Anstelle der Devise "wer arbeitet, produziert" trete ein Kommunikationsmodell von Arbeit: "wer arbeitet, kommuniziert"l7. Die bislang vorherrschende Vorstellung von der Unentrinnbarkeit bürokratischer Herrschaft erweise sich als Fiktion. Die modemen Organisationen seien "dabei, dieser Unentrinnbarkeit entgegenzuarbeiten und alles, was sich bisher als Schicksal darstellte, in Optionen zu transforrnieren."I8 Von Herrschaft werde auf Freiheit umgepolt, da sich gezeigt habe, "daß Freiheit und Organisation nicht in einem wechselseitigen 14 Ausscbließungs-, sondern in dnem Bedingungs-, ja sogar in einem Steigerungsverhältnis steht."'9 Die Antwort auf die Frage 'Was hat Arbeit mit Autonomie zu tun?' müßte somit lauten: . Immer mehr! '20 Wenn dies alles richtig ist, dann wären in der Tat zentrale Momente, die wir bislang zu den Wesensmerkmalen kapitalistischer Vergesellsehaftung gezählt hätten, grundlegendem Wandel unterworfen, und die Revolutionsmetapher wäre gar so überzogen nicht. Entsprechend unsicher wäre der Ausgang des Wandels, eine gewisse Skepsis, ob er denn ilberhaupt erfolgreich vollendet werden kann, bliebe angebracht: "Kein Mensch weiß, ob die Organisationen in der Form, in der wir sie kennen, das überleben.'·21 Wie dem auch sei, treffen die organisationssoziologischen Beobachtungen zu, ,,[d]ann bereitet sich in den FOlDlen der Kommunikation, mit denen Organisationen gegenwärtig experimentieren, eine andere Gesellschaft vor"22. Das ist konsequent gedacht. Bricht die Freiheit in den Organisationen aus, dann bedeutet dies die Geburt einer neuen Gesellschaft. Mit Castells wäre sie als 'Netzwerk-Gesellschaft' zu bezeichnen, obgleich er die zitierten überschwenglichen Charakterisierungen gewiß nicht teilt." Diesem Eindruck eines epochalen, fundamentalen Charakters der beobachteten Umbrilche fügen sich auch weitere Deutungsversuche aktueller Befunde - aus der Soziologie der industriellen Beziehungen sowie der Industrie- und Arbeitssoziologie im engeren Sinn - durchaus ein. Sie akzentuieren die Frage der Herrschaft im Betrieb und nach Heteronomie und Autonomie in der Arbeit noch deutlicher. So wird in den Forschungen über die Austausch- und Herrschaftsbeziehungen zwischen Kapital und Arbeit - zumindest bis vor kurzem - nahezu unisono ein säkularer Trend zur "Aufwertung von Partizipation zu "partizipativem Management" und "Beteiligungsorientierung" festgestellt. 2• Auf der betrieblichen Ebene wirkten neue Managementstrategien - und in ihrem Gefolge: "Erweiterung der Arbeitsbereiche durch Aufgabenintegration; direkte Arbeitnehmerbeteiligung (z.B. in Qualitätszirkeln, teilautonomen Gruppen und Projeklteams); verantwortliche Autonomie und 'empowerment' der Beschäftigten; Dezentralisierung und flachere Hierarchien"25 - immer stärker in Richtung einer "substantielle[n] Integration von Beteiligung in veränderte qualifikatorische, organisatorische und soziale Arbeits- und Unternehmenswelten."" In solchen Tendenzen offenbart sich, so meint Müller-Jentsch, die Konvergenz der "aus der Entwicklung der Produktivkräfte sich ergebenden soziotechnischen Imperative einer effektiven Arbeitsorganisation mit den Erwartungen und Rechtsansprilchen der Arbeitnehmer als Bürger einer entwickelten Zivilgesellschaft."27 Und die Konvergenz befördere gesellschaftlichen Konsens. Riefen in früheren Phasen der industriellen Entwicklung die U , 15 divergierenden Anforderungen der Produktivkraftentfaltung auf der einen, von BOrgerrechten und -status auf der anderen Seite konfliktorische Beziehungen zwischen Kapital und Arbeit hervor, so deute sich nunmehr eine "Logik kooperativer Problemlösung" an, weil die gewachsenen demokratischen Anspruche und Erwartungen der Beschäftigten sich mit den Entwicklungstendenzen der technischen und organisatorischen Produktivkräfte eben heute als kompatibel erweisen. 2i Freilich bedürfe dieser Trend institutioneller StOtzen durch eine "Ausweitung der industriellen BOrgerrechte", deren Bezugspunkt "die gar nicht so neue Gewerkschaftsforderung, daß die Demokratie nicht halt machen dürfe vor dem Betrieb,,29. sein müsse. Die alte Diskussion Ober industrielle und wirtschaftliche Demokratie stünde damit wieder auf der Tagesordnung. 3o "Wenn die Anzeichen nicht trügen. findet gegenwärtig ein neuer Entwicklungsschub der Mitbestimmung statt. "31 Weitere Anhaltspunkte, die solche Erwartungen stOtzen könnten. liefern auch die rationalisierungs- und arbeitssoziologischen Analysen und prospektiven Annahmen des Trendreport Rationalisierung. 32 Deren Bezugspunkt bildete die mit der Studie Das Ende der Arbeitsteilung? von Kern und Schumann33 aufgeworfene Frage nach dem wirklichen Verbreitungsgrad und der Entwicklungsdynamik jener "neuen Produktionskonzepte", die - in Abkehr von tayloristischen Formen der Arbeitsorganisation - zu breiteren und anspruchsvolleren Arbeitsplatzdefinitionen und so zu einer "Reprofessionalisierung" von Produktionsarbeit führen. Vorläufig abgeschlossen wird die heftige Debatte um diese Frage durch die neue Studie mit dem Befund. daß in den achtziger Jahren mit den neuen Produktionskonzepten zwar bereits ein Paradigmenwechsel betrieblicher Rationalisierung begonnen habe. welcher aber erst in den neunziger Jahren in seine entscheidende Phase getreten sei. Die neuen Produktionskonzepte-mit ihrem Schwerpunkt auf Aufgabenintegration und Reprofessionalisierung - blieben, wie sich nun erweise, zu eng und einseitig auf den Neuzuschnitt ausführender Produktionsarbeit gerichtet. "Inzwischen zeigt sich, daß die 'neuen Module' nicht ins 'alte System', sprich die tradierte organisatorische Schneidung des Betriebes passen, sondern ihre vollen Effekte erst in einer entsprechend veränderten Umgebung entfalten können. Anders gesagt: Die neuen Arbeitsformen im shop floor sind zwar Neues, aber nicht das Neue, sondern nur ein Teil eines neuen Betriebes. "34 Der entstehende neue Betrieb kann nicht nur von neuen Produktionskonzepten geprägt sein, sondern er benötigt flankierend eine umfassende organisatorische Renovierung. Dezentralisierungs-, Enthierarchisierungs-, Gruppenarbeitsund Beteiligungsansätze gehen in eine solche Richtung, und die Prinzipien von "Lean production"3s fungieren als entsprechendes Leitbild. 36 16 Zwar zeichnen sich unterschiedliche Wege zu diesem neuen Betrieb ab, als erfolgversprechendster erscheint aber die .. Rücknahme von Heteronomie der Industriearheit als Produktivitätsstrategie der 90er Jahre"37. Bereits die Reprofessionalisierung durch die neuen Produktionskonzepte bildete, so erfahren wir, ..eine durchaus hinreichende Voraussetzung [ ... ] fiIr die innerbetriebliche 'Emanzipation' der neuen Arbeiterkader. Unterhalb der durch die Eigentumsverhllltnisse gesetzten Interessendifferenzen und VerfOgungsmöglichkeiten schien der neue Produktionsfacharheiter mit der Reprofessionalisierung die entscheidenden Schritte zur Befreiung von Heteronomie in der Industriearbeit gemacht ZU haben."38 In der jetzigen Phase gehe es nun darum, mit Hilfe der angesprochenen Organisationskonzepte eine ..fllrmliche Egalisierung der Betriebsstrukturen" zu erreichen und vor allem ..die schwerwiegendste Produktivitätshypothek des Taylorismus, die Trennung zwischen Planung und AusfOhrung, an ihren Wurzeln abzutragen."39 In .. interfakultativen Arbeitsteams" könnten sich dann die .. fachliche Souveränität, Produktionskompetenz und innovative Phantasie" der Beschäftigten frei entfalten. '0 "Oie Schlüsselressource des Konzepts ist die kreative Potenz jedes Einzelnen, die entfaltete Subjektivität, die in der traditionellen Betriebs- und Arbeitsorganisation in ihren Fähigkeiten nur unzureichend genutzt bzw. gänzlich unterdrückt wird ..... ' Damit wäre der durch die neuen Produktionskonzepte in Gang gesetzte substantielle Abbau betrieblicher Herrschaft wohl besiegelt - im Rahmen und als Ergebnis der avanciertesten kapitalistischen Wettbewerbs- und Rationalisierungsstrategien." Obgleich in der Sache kaum von den bereits betmchteten Umbruchgemälden abweichend, sind die hier gewählten Formulierungen doch besonders erstaunlich. Der Kontrast zu den bisher als gesichert geltenden theoretischen Postulaten ist frappierend. Wir müssen nur ein Lehrbuch der Industriesoziologie aufschlagen, um ihn zu illustrieren: "Oas Machtungleichgewicht zwischen Lohnarbeit und Kapital [... ] wird auf der Ebene des Industriebetriebs in ein betriebliches Herrschaftsverhältnis umgesetzt"" .. In den Strategien kapitalistischer Rationalisierung werden [... ] die Entwicklung und der Einsatz rationaler Mittel an den Zwecken der Kapitalverwertung und der Herrschaftssicherung orientiert. ' ..... - ..Unter den institutionellen Gegebenheiten der kapitalistischen Wirtschaftsordnung bilden Leitung und Kontrolle [ ... ] die Tragpfeiler der Herrschaftsausübung im Betrieb. [... ] Die gesellschaftlich institutionalisierte Herrschaft umfaßt nicht nur das Verhältnis zwischen Vorgesetzten und Untergebenen. Sie strukturiert den gesamten Betrieb [ ... ], begründet die VerfOgung über Arbeitsntittel und Arbeitskraft und schließt prinzipiell die Arbeitenden von Unternehmensentscheidungen [ ... ] aus, wiewohl ihre Ar17 beitsplätze davon betroffen werden. [... ] Bei prinzipieller Aufrechterhaltung des betrieblichen Herrschaftsverhältnisses ist die Form der Herrschaftsausübung wandelbar."45 Mit einem Wort: Heteronome Arbeit gehört zum Wesen des Kapitalismus. Ein solcher Kontrast zwischen den Lehrbuchweisheiten und den Dingen, die es neuerdings zwischen Himmel und Erde zu bestaunen geben soll, macht nochmals sowohl die revolutionäre Rhetorik als auch die verhaltene Skepsis des Organisationssoziologen Baecker verständlich. Ganz irritationsfrei und ohne Ironie wird hingegen im Trendreport Rationalisierung die Möglichkeit in Erwägung gezogen, das kapitalistische Unternehmen könne sich selbst gezwungen sehen, betrieblicher Herrschaft und heteronomer Arbeit - auch ihnen endlich noch - ein stilles Ende zu bereiten. 46 Solche Aussichten lassen sich mit den überkommenen Vorstellungen von kapitalistischer Herrschaft im modemen Produktionsprozeß schwerlich in Einklang bringen. Eine Revolution der Organisation, mit weitreichender betrieblicher Demokratisierung und betrieblichem Herrschaftsabbau, ist mit jenen Vorstellungen unvereinbar. Sowohl der überkommene Begriffsapparat als auch der gewohnte Standort wären, träfen die Diagnosen zu, in der Tat grOndlich in Frage zu stellen. Doch nichts davon geschah. Die unumgänglichen theoretischen Konsequenzen wurden nicht gezogen.<1 Statt dessen mehren sich in der jüngsten Zeit wieder weit skeptischere Stimmen. Der Organisationssoziologe Argyris etwa betont die tiefe und dauerhafte Kluft zwischen den AnsprOehen partizipativer Konzepte und der von ihrer Propagierung nur wenig beeindruckten Organisationspraxis. 48 Das Pendel, so legen nun selbst die aktuelleren Äußerungen derjenigen Autoren nah, die gestern noch von entscheidenden UmbrOchen berichteten, soll schon wieder umgeschlagen sein. Kaum war die .. Befreiung von Heteronomie in der Industriearbeit" als neuester Rationalisierungstrend verkündet, ist bereits wieder eine "Rekonventionalisierung" der Organisationsentwicklung auszumachen' 9, und schon steht die Frage nach dem Ende der neuen Produktionskonzepte im Raum. 5o Wie immer auch diese erneute Kehrtwende und die deutliche Ernüchterung in den Beschreibungen der Produktionswirklichkeit motiviert sein mögen -als Reaktion aufneuerlichen realen Wandel oder stillschweigendes Eingeständnis frOherer Fehleinschätzungen -, auch sie zeugen noch von den gravierenden Problemen, die sich bei allen hier exemplarisch skizzierten Deutungsversuchen ergeben, wenn es darauf ankommt, sich einen theoretischen Reim auf die gegenwärtigen Veränderungen in der Produktionssphäre zu machen. An diesen Problemen setzt der vorliegende Versuch an und schlägt Wege zu ihrer Überwindung und damit zum besseren Verständnis aktueller Entwicklungen vor. 18 Aber ist nicht wirklich das Licht der großen Kulturprobleme bereits in andere Gefilde abgewandert? An der Diskussion der "Arbeitsfrage" hat sich immer wieder die Auseinandersetzung um Rationalität und Legitimität der gesellschaftlichen Verhältnisse entzündet. 5! Stand indes die Kategorie der Arbeit noch vor nicht allzu langer Zeit vielfach im Zentrum der Bemühungen um eine kritische Gesellschaftstheorie und eine soziologische Analyse der Gegenwartsgesellschaft, weil man glaubte, sich in der Kategorie der Arbeit sowohl ihrer Grundlagen als auch ihrer Emanzipationschancen vergewissern zu können, so hat sich die Situation diesbezüglich grundlegend geändert. Nicht zuletzt die breite Abkehrbewegung vom Marxismus und die Kritik am "Produktionsparadigma"52 haben, zusammen mit dem wachsenden Bewußtsein von den destruktiven statt befreienden Potentialen der Produktivkraftentwicklung, zu einer deutlichen' Abwertung' der Produktionssphäre als Bezugspunkt kritischer Theorie und emanzipatorischer Praxis geführt. Vor diesem Hintergrund ist die Diskussion über die gesellschaftliche Produktion breiter und vielschichtiger geworden und hat ihren Schwerpunkt verlagert. Von den Fragen ihrer inneren Organisations- und Funktionsweise verschob sich die Aufmerksamkeit auf die Probleme der Entwicklung von Struktur und - in Anbetracht dauerhaft hoher Arbeitslosigkeit - Volumen der Erwerhsarbeit im allgemeinen sowie auf die Fragen der gesellschaftlichen und ökologischen Folgen und Voraussetzungen, der sozialen und natürlichen Schranken der Reproduktion des Erwerbsarbeitssystems. Mit Recht werden vor diesem erweiterten Horizont viele neue Fragen gestellt. 53 Die Auftnerksarnkeitsverschiebung und der Bedeutungsverlust der Industriesoziologie rur gesellschaftstheoretische Überlegungen" birgt indes auch die Gefahr, daß wichtige soziale Entwicklungen nicht mehr gebührend wahrgenommen werden können. Doch auf der alten Domäne der Analyse und Kritik kapitalistischer Arbeitsverhältnisse zeigen sich einige unerwartete Erscheinungen, die, vom alten Standort und mit dem alten Begriffsapparat beleuchtet, höchst irritierende Bilder-vom lautlosen Ende der heteronomen Arbeit und dem Verllchwinden der Herrschaft im Produktionsprozeß - hervorrufen. Damit ist offensichtlich ein Bedarf an theoretischer Klärung entstanden. Er zwingt dazu, arn Begriff der Arbeit noch (oder wieder) einige Arbeit des Begriffes zu leistenalso einige alle fragen nicht zu vergessen oder überhaupt erst wieder ernsthaft zu stellen und angemessener als bisher aufzuklären. Die frage nach Arbeit und Autonomie, nach Fremd- und Selbstbestimmung in der Produktion, ist eine davon. Von ihr ausgehend scheint es heute vielleicht sogar möglich, theoretische und politisch-praktische Bezüge wieder herzustellen, die im Verlauf der letzten Jahrzehnte verlorengegangen sind." 19 Widersprüche und Metamorphosen der Beherrschung von Arbeit: Das Problem und der Gang der Untersuchung Unser Versuch unterstellt also, daß die bisher referierten Beobachtungen und Situationsdeutungen nicht einfach Modeerscheinungen oder fahrlässige Überhöhungen empirischer Epiphänomene zu epochalen Trends sind. In Anbetracht des Erstaunens, das diese Beobachtungen und Deutungen bei uns auslösen, ergeben sich dann drei Möglichkeiten. Das Beobachtungsobjekt könnte tatsächlich tiefgehende Veränderungen erfahren. Aber auch die Beobachter (die Forscher und Interpreten bzw. deren Erkenntnisinteressen, -perspektiven und -möglichkeiten) könnten sich verwandelt haben. Schließlich könnten die' Beobachtungsinstrumente ' selbst - die Theorien und Methoden der Industrie- und Arbeitsforschung - verantwortlich sein: sie könnten am Prüfstein der aktuellen Entwicklung gravierende Mängel offenbaren. Alle diese Momente mögen eine gewisse Rolle spielen. Der zweiten Vermutung nachzugehen, würde vielleicht einer Soziologie des sozialwissensehaftlichen 'Homo academieus' reizvolle Perspektiven eröffnen. Sie soll uns trotzdem im folgenden nicht weiter beschäftigen. Wir wollen WlS in erster Linie mit der Sache selbst auseinandersetzen. Und zwar lassen wir uns dabei von der doppelten Annahme leiten, daß sowohl die erste als auch die dritte Prämisse zutreffen: Der Gegenstand unserer Betrachtung - die kapitalistische Art, Arbeit zu organisieren und zu beherrschen - verändert deutlich seine Gestalt, - und angesichts ebendieses Gestaltwandels werden wichtige Defizite der überkommenen Theorien über den Zusammenhang von kapitalistischer VergesellschaftWlg und Organisation der Arheit sichtbar. Gerade weil diese Theorien-vor allem im Hinblick auf Fremd- Wld Selbsthestimmung in der Arbeit - Konstruktionsmängel aufweisen, geht mit den Einsichten in wichtige Merkmale des heute Neuen eine bisweilen - bei Lichte betrachtet - grobe Fehleinschätzung seines Charakters und seiner Reichweite einher. Nur wenn diese Konstruktionsmängel, die in allen zitierten Aussagen und Ansichten - auch denen der bisherigen Lehrbuchweisheit - ihren Ausdruck finden, erkannt und behoben sind, lassen sich auch die ObjeklVeränderungen besser verstehen. Die Fragestellung ist demnach eine doppelte: Die Studie soll zur theoretischen Klärung und zur Deutung aktueller Entwicklungen beitragen. Der Versuch einer theoretischen Klärung setzt zum einen am Problemkreis der konkreten Praxis der Beherrschung von Arbeitsprozessen an und fragt neben dem allgemeinen Charakter der - widersprüchlichen - Handlungsbedingungen, die diese Praxis erzeugt, nach spezifischen - individuellen und gemeinschaftlichen - impliziten oder verdeckten Formen des sozialen Handeins in der 20 Arbeit, welche die Arbeitenden in diesem Kontext entwickeln - Formen des Handeins, für die die traditionelle deutsche Arbeitssoziologie kein Sensorium besitzt, die aber heute mit ins Zentrum der Rationalisierungsentwicklung in den Unternehmen gerückt sind. Zum anderen soll der (Ideo-)'Logik' jener Herrschaftspraxis - im Sinne der kulturellen Orientierungskomplexe, die sie anleiten, und deren Entwicklungsdynamik - nachgegangen werden. Der Versuch der Klärung dieser Fragen setzt umfängliche gesellschaftstheoretische Erörterungen voraus. Der Beitrag zur Deutung aktueller Entwicklungen soll wichtige Aspekte der Arbeits- und Organisationsveränderungen heleuchten, die heute unter dem Einfluß neuer Managementleitbilder und modifizierter betrieblicher Herrschaftsstrategien zu beobachten sind. Dieser Deutungsversuch konzentriert sich, wie die theoretischen Bemühungen, auf die Besonderheiten der Herrschaftspraktiken und deren Folgen für das Arbeitshandeln und die Arbeitserfahrung. Klärungs- wie Deutungsversuch sollen diesbezüglich sowohl die Bereiche materieller als auch immaterieller Arbeit im industriellen Großbetrieb erhellen helfen, wobei die empirischen Belege fast durchweg dem Bereich der materiellen Produktionsarbeit entstammen. Handlungsbedingungen des Managements werden sporadisch, am ausführlichsten bei der Betrachtung der aktuellen Entwicklungen, in den Blick genommen. Die Hauptströmungen der deutschen Industrie- und Arbeitssoziologie haben die Frage nach der konkreten betrieblichen Herrschaftspraxis und nach Fremd- und Selbstbestimmung in der Produktion, so lautet unsere in Kapitel Il anband exemplarischer Studien und Interpretationen zu belegende Ausgangsthese, nicht nur im Lauf der Zeit immer mehr in den Hintergrund gedrängt, sondern von Beginn an in folgenreicher Weise 'enggeführt' und 'kleingearbeitet' . Durch eine spezifische Konzeptualisierung von Arbeit und die entsprechenden Analysekategorien der industriesoziologischen Arbeitsforschung (Qualifikationsanforderungen, Belastungen, Dispositionschancen oder' Autonomiespieträume') hat sie sich den Blick auf Phänomene, Handlungsdimensionen und Interessen eher verstellt, in denen Heteronomie und Autonomie im Produktionsprozeß sich manifestieren bzw. durchgesetzt oder unterdrückt werden. Damit blieb auch die kritische Fähigkeit der Industriesoziologie zur Aufdeckung historisch-gesellschaftlicher 'Unruheherde' und Konfliktfelder begrenzt. Denken wir insbesondere an neuere Entwicklungen der Disziplin, so mag die These ihrer - partiellen - Blindheit für die Problematik der Herrschaft im modernen Produktionsprozeß'6 zunächst verwundern. Ein Gutteil der theoretischen Bemühungen drehte sich in der Industriesoziologie seit den frühen achtziger Jahren ja gerade um eine Rehabilitierung und angemessene Fassung 21 der Politik-, Kontroll- und Machtdimensionen von Arbeitsorganisationen. 57 Und die Rezeption der angelsächsischen 'Labour Process Debate' hat auch fraglos zu wichtigen Einsichten verholfen. Vorerst nur zu nennen - und im Kapitel II zu diskutieren - ist hier vor allem die Denkfigur einer spezifischen Offenheit bzw. Unbestimmtheit des Arbeitsvertrages und einer daher notwendig widersprilchlichen Kontrollstruktur kapitalistisch organisierter Arbeit. An ihr hätte eine Kritik an frilheren Engfilhrungen des Arbeitsbegriffs gut ansetzen und zu einem entsprechend revidierten analytischen Rahmen weiterentwickelt werden können. Dies wurde indes versäumt. Die gewonnenen Einsichten hat man zwar als 'abstrakte' Erkenntnis in den Korpus der Lehrmeinungen aufgenommen. Doch dadurch änderte sich an den materialen industriesoziologischen Arbeitsanalysen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, kaum etwas. Die auf die Rezeption folgende Debatte und die von ihr ausgelösten Themenkonjunkturen verliefen dann gleichsam jenseits der Sphäre der 'normalen' Arbeit. In den Blick kamen auch dort, wo sich neue Leitformeln filr die Forschung herausbildeten ('Mikropolitik', 'betriebliche Sozialverfassung' usw.), fast ausschließlich Phänomene 'oberhalb' des unmittelbaren Produktionsprozesses: Prozesse der kulturellen Integration und vor allem soziale Prozesse der Veränderung von Organisationen, nicht hingegen ihr alltägliches Funktionieren in der konkreten Praxis der Arbeit Als gleichfalls begrenzt - wenn auch lehrreich - filr die aufgeworfene Fragestellung erweist sich vorerst der Ertrag von Versuchen, angesichts des sozioökonomischen Wandels und veränderter Rationalisierungsstrategien die Beschränkungen der bisherigen industriesoziologischen Perspektive durch eine Umakzentuierung und Ausweitung des Begriffes gesellschaftlicher Arbeit aufzubrechen. Eine befriedigende theoretische Synthese, die der Dialektik von Fremd- und Selbstbestimmung in der kapitalistischen Produktion sowie den aus ihr resultierenden notwendigen subjektiven und kreativen Momenten des Arbeitshandelns gerecht würde, ist bislang nicht formuliert worden. Eine solche Synthese zumindest in Umrissen zu skizzieren und zu erproben, ist das Ziel der vorliegenden Studie. Von vornherein abheben müssen wird sich unser Klärungsversuch von dem scharfen Dualismus, der sich in den meisten bislang referierten Aussagen ausdrilckt. Sie tendieren dazu, Herrschaft, Fremdbestimmung, heteronome Arbeit auf der einen, Freiheit, Selbstbestimmung und autonome Arbeit auf der anderen Seite als starre, sich wechselseitig ausschließende Gegensätze einander gegenüberzustellen. Solche maniehAisehen Begriffskonstruktionen gehen jedoch am Kern der Sache gerade vorbei. Sie mißachten zumal grundlegende soziologische Einsichten in die Dialektik der Herrschaft und die Balancen der Macht. 58 Eine Besonder- 22 heit des kapitalistischen Produktionsprozesses besteht gerade darin, daß er immer eine widersprüchliche Einheit von Fremd- und Selbstbestimmung darstellt und daß es - verdeckte, verdrängte - Formen der Selbsttätigkeit der Arbeitenden geben muß, damit er überhaupt funktioniert. Diese grundlegende Erkenntnis wurde von der traditionellen Industrie- und Arbeitssoziologie immer wieder verschüttet. Nur in wenig folgenreichen, marginal gebliebenen Studien schien sie - oft durch intensive teilnehmende Beobachtungen zu Tage gefördert - in dichten Beschreibungen des Arbeitsalltags immer wieder deutlich auf und wurde ansatzweise formuliert. Von solchen empirischen Studien ausgehend, soll in Kapitell/I die These von der notwendigen, aber verdrängten Selbsttätigkeit entfaltet werden. Die Paradoxien der Fremdbestimmung und die dadurch provozierten Formen der Selbsttätigkeit in der Arbeit, die hierbei in ihren konkreten Ausprägungen sichtbar werden, nötigen zu deutlichen Korrekturen an bislang dominierenden theoretischen und auch methodischen Perspektiven soziologischer Arbeitsforschung. Erst das genauere Verständnis des früher von ihr Ausgeblendeten würde ihr auch ein wirkliches Verständnis der heutigen Versuche der Unternehmen, auf ebenjene verdrängte Dimension der Selbsttätigkeit gezielt 'zuzugreifen', erst eröffnen, und es würden begründete Annahmen darüber, wo ein solcher Zugriff wirklich greift, wo er zum Mißgriff wird und wo er selber wieder neue Widersprüche hervorrufen und sozialen Konfliktstoff schaffen könnte, erst möglich. Um die angesprochenen Korrekturen in konsistenter Weise vornehmen zu können, bedarf es auch theoretischer Neuorientierungen. Diese können sich, wie Kapitel IV dann zeigen soll, unter anderem von den Arbeiten von CorneIius Castoriadis inspirieren lassen. Vor allem der Rückgriff auf dessen hierzulande - zumal im arbeitssoziologischen Kontext - bislang so gut wie unbeachtet gebliebenen Konzeptionen von der imaginären Institution, der dualen Institution der Gegenwartsgesellschaft und des spezifisch widersprüchlichen Charakters der kapitalistischen Organisation kann zur Klärung beitragen. Er fiihrt zu einem vertieften Verständnis der spezifischen Dialektik der Herrschaft im Produktionsprozeß und der doppelten Zielsetzung des bürokratisch-kapitalistischen Projekts - der' Ausschaltung' von Subjektivität bei gleichzeitig optimaler Ausschöpfung ihrer 'Potentiale' - sowie der Widersprüche und Spannungen, die diese doppelte Zielsetzung hervorruft. Um sein zwiespältiges Programm realisieren zu können, scheint jenes Projekt-durch seine Abhängigkeit von der Selbsttätigkeit der Beherrschten - einem alternativen gesellschaftlichen Entwurf immer wieder Nahrung zu geben: dem Entwurf individueller und kollektiver Autonomie. Entsprechende theoretische Klärungen, die eine Präzisierung des Autonomiebegriffs einschließen, kön23 T nen - ergänzt durch weiterfUhrende Überlegungen zur historischen Dynamik und zur Rolle von Leitbildern im Rationalisierungsprozeß - wichtige Bausteine rur eine kritische Theorie kapitalistischer Produktion liefern, die Engfllhrungen und Ausblendungen älterer Versuche vermeidel. Das Prüffeld rur die Verwendbarkeit und Tragfähigkeit dieser Bausteine bilden - in Kapitel V -die aktuellen Umbrüche und Metamorphosen der Produktionssphäre, die hier bereits mehrfach angeklungen sind und rur die Stichworte wie partizipatives Management, Dezentralisierung, Gruppenarbeit, Vermarktlichung der Binnenorganisation oder Unternehmensnetzwerke stehen. Gebündelten Ausdruck finden entsprechende Bestrebungen in ihrem antitayloristischen, anti-zentralistischen und anti-bürokratischen Schibboleth: der 'Selbstorganisation' . Auf eine Beschreibung und Analyse dieser neuesten Managementideologie der Selbstorganisation folgt der Versuch einer kritischen Darstellung der neuen Formen des Managements und der Arbeit, die sich unter der Ägide jener Ideologie herausgebildet haben: der 'schlanken' Bllrokratie mit ihren inszenienen Märkten und der' Rationalisierung in Eigenregie' zwischen gesteuerter Partizipation und Ökonomisierungsdruck. So widerspruchsvoll und spannungsgeladen die Arbeitssituationen, die sich abzeichnen, sind, so unintendiert folgenreich kOnnte die explizite Thematisierung der früher verdrängten Selbsttätigkeit der Arbeitenden sein. Die Frage stellt sich, ob deren -neuerliche- 'Entdeckung' und die Versuche ihrer Nutzung als 'Selbstorganisation' gleichsam ihr sang- und klangloses 'Verschwinden' im Management zur Konsequenz haben können - oder ob diese Versuche nicht vielleicht eher zur eigensinnigen Aneignung der Selbsttätigkeit durch die Arbeitenden und zur Politisierung der Arbeit beitragen. Womöglich stünde damit auch die Frage der realen Demokratie und der Autonomie in der Produktionssphäre wieder auf der Tagesordnung. All dies hat Konsequenzen rur Arbeitsforschung wie Gesellschaftstheorie. Sie sollen in Kapitel VI skizziert werden. Eine der Schlußfolgerungen lautet, daß die Tendenz zur Entproblematisierung und Dethematisierung der Arbeit in der zeitgenössischen - zumal sich als kritisch verstehenden - Soziologie und Gesellschaftstheorie von wichtigen Entwicklungen abzulenken droht. Insofern werfen die von uns im folgenden zu erörternden Zusammenhänge auch ein Licht auf den gegenwärtigen Zustand kritischer Gesellschaftstheorie. Eine weitere Schlußfolgerung besteht in der Forderung, die Entwicklungen in der Produktionssphäre weit stärker und reflektierter als bisher im normativen Horizont der Entfaltung oder Behinderung indvidueller wie kollektiver Autonomie zu analysieren. Dies setzt entsprechende Revisionen der Analysekategorien der Arbeitsforschung voraus. Die Forderung impliziert 24 auch, daß die Arbeits- und Industriesoziologie ihre Aufmerksamkeit wieder stärker ihren genuin kritischen Aufgaben zuwenden muß. Worin diese bestehen, wollen wir am Ende unserer Studie in Erinnerung rufen und zu konkre- tisieren versuchen. Einige Bemerkungen zur Methode Im Mittelpunkt dieses Versuchs, Widersprüche und Metamorphosen kapitalistischer Produktion erneut zum Gegenstand zu machen, steht die theoretische Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Ansätzen und Konzepten soziologischer Arbeitsanalyse, mit expliziten wie impliziten theoretischen Annahmen über die soziale Verfaßtheit kapitalistisch organisierter moderner Produktionsverhältnisse und ihre Entwicklungsdynamik. Zu diesem Zweck mußte die relevant erscheinende industrie- und arbeitssoziologische wie auch ausgewählte gesellschaftstheoretische Litemtur durcbgegangen und unter den skizzierten, diesen Versuch leitenden Fmgestellungen und Gesichtspunkten einer Bewertung unterzogen werden. An industrie- und arbeitssoziologische Studien war dabei die Fmge nach ihrem Arbeits- und nach ihrem Herrschaftsbegriff zu richten; nach ihren Vorstellungen von Herrschaft in der alltäglichen Arbeit; nach ihren Konzepten von Fremdbestimmung und Selbsttätigkeil, des Verhältnisses von geistiger und körperlicher Arbeit bzw. von Planung und Ausführung; nach ihrem Bild von der betrieblichen Gesamtorganisation und dessen Relevanz für die Arbeitsanalyse; und nicht zuletzt danach, ob in ihrer Analyseperspektive überhaupt ein besonderer herrschaftstheoretischer Analyseansatz notwendig erscheint. Typische und bedeutsam erscheinende Positionen waren mehr oder weniger ausführlich darzustellen und einer nachvollziehbaren kritischen Würdigung zu unterziehen. Die Darstellung und Kritik solcher Positionen nimmt daher im folgenden einen relativ breiten Raum ein. In den Kapiteln II und III sind es vor allem 'klassische', beispielgebende und einflußreiche oder f"tir unsere Fragestellung wichtige, weniger beachtet gebliebene empirische Studien, auf die intensiv eingegangen wird. Dabei konnte es nicht darum gehen, die gesamte Entwicklung der Disziplin nachzuzeichnen und dabei gar Vollständigkeit anzustreben. Aus 'paradigmatischen' Leistungen und Schwächen waren Lehren für eine Aktualisierung der Problematik von Heteronomie und Autonomie in der Produktion zu ziehen. In Kapitel IV bildet die Rekonstruktion einiger Kernelemente der Theorie von Comelius Castoriadis den Schwerpunkt. Für den eigenen, auf der Basis der Ergebnisse der theoretischen Argumentation in Kapitel V vorgelegten Beitrag zur Interpretation gegenwärtiger 25 Entwicklungstendenzen war dann auch in größerem Umfang auf bereits veröffentlichte (Zwischen-lBefunde aktueller empirischer Untersuchungen zurückzugreifen. Der Stoff für den vorliegenden Text stammt indes nicht nur aus anderen Texten. In zweifacher Hinsicht ist das Erarbeitete auch Resultat eigener 'Primärerfahrung' als Sozialforscher. Zum einen liegen ihm Erfahrungen in empirischen Forschungsprojekten zugrunde, die jene theoretischen Probleme erst offenlegten. Vor allem zu nennen sind hier die Untersuchungen, die ich zusammen mit Fred Manske und Otfried Mickler zur Rationalisierung technisch-geistiger Angestelltenarbeit durchgeführt habe" In ihrem Verlauf stießen wir auf Grenzen der Anwendbarkeit traditioneller arbeitssoziologiseher Konzepte in Bereichen schwer kontroIlierbarer Planungs- und Konstruktionstätigkeiten, bei denen von jeher Formen der kreativen und selbsttätigen Problemlösung für die Bewältigung der Arbeitsaufgaben entscheidende Bedeutung besaßen. Die Auseinandersetzung mit den Rationalisierungs- und Kontrollversuchen des Managements in solchen Arbeitsfeldern führte an die Fragen nach den Paradoxien der Fremdbestimmung und nach der notwendigen Selbsttätigkeit im Arbeitsprozeß heran, die die vorliegende Studie wie ein roter Faden durchziehen. Zum anderen fließen schließlich, am offenkundigsten in die Analysen des Kapitels V, an verschiedener Stelle Erfahrungen ein, die ich im Rahmen einer empirischen Untersuchung gemacht habe, die von 1992 bis 1996 ebenfalls am Soziologischen Forschungsinstitut in Göttingen durchgeführt wurde und an der Klaus Dörre und Jürgen Neubert mitwirkten. 60 Untersucht haben wir die Implikationen neuer Managementkonzepte rur die industriellen Beziehungen auf der betrieblichen Ebene. Es entstanden zwölf Betriebsfallstudien und eine ganze Reihe von Kurzrecherchen. Die empirische Hauptphase des Projekts stand freilich erst am Anfang, als ich aus ihm ausschiedum unter anderem mit den Arbeiten an dieser Studie zu beginoen. Der direkte Gewinn, den diese Studie aus der empirischen Untersuchung ziehen kann, ist daher relativ gering; der Großteil der Erhebungen und vor allem der Auswertung und Interpretation des Materials haben ohne mich stattgefunden. Dennoch kann der Versuch, die Frage nach Arbeit und Autonomie in ihren aktuellen Gestalten zu beleuchten, von ihr profitieren: Bisher vorgelegte und publizierte Befunde werden in Kapitel V herangezogen, und die Mitarbeit an den ersten Betriebsrecherchen verhalf mir zu Einblicken in heutige Widersprüche und Metamorphosen kapitalistischer Produktion, die zu den folgenden Betrachtungen den Anstoß gaben. 26 11. Die Hauptströmungen der Arbeitssoziologie und das Problem der Heteronomie "Zunächst: was ist eigentlich Arbeit? Es gibt zweierlei Arten: einmal, Verlagern der Materie auf oder nahe der Erdoberfläche in bezug auf andere derartige Materie; zweitens. andere Leute anweisen, es zu tun. Arbeit der ersten Art ist unangenehm und schlecht bezahlt, der zweiten angenehm und hoch bezahlt," Berteand RusselI, Lob des Müßiggangs' Die Gleichsetzung von Arbeit mit Erwerbs- oder Lohnarbeit ist historisch ein sehr junges, sozusagen kapitalistisches Vorurteil. Betrachten wir jegliche menschliche Tätigkeit, die den Gebrauchswert von materiellen wie immateriellen 'Gütern' oder 'Diensten' erhöht, als Arbeit', dann wird auch heute noch ein GUlleii der Arbeit dieser Welt jenseits der Lohnarbeitssphäre und der Arbeitsmärkte getan: in Kontexten unbezahlter Hausarbeit, von Selbsthilfe, Tauschhandel oder einfacher Warenproduktion. 3 Gewiß sind auch diese Formen der Arbeit von Herrschaft, Hierarchien und Ungleichheiten geprägt. Aber die Industrie-, Betriebs- und Arbeitssoziologie' folgte jenem Vorurteil und hat dessen Kriterium - erst Entlohnung macht eine Tätigkeit zu 'wirklicher Arbeit' - als Kriterium der Abgrenzung ihrer Zuständigkeit als Fachdisziplin übernommen und verinnerlicht. Wenn wir untersuchen wollen, wie sich die Arbeitssoziologie bislang mit dem Problem der Heteronomie in der Arbeit auseinandergesetzt hat, müssen wir daher Russell in die abgründigen Gefilde bezahlter Arbeit folgen. Bezahlte Arbeit als materielle Arbeit im Russellschen Sinn ist - als Lohnarbeit in der unmittelbaren Produktion von Industriebetrieben - der Hauptgegenstand der deutschen Arbeitssoziologie in den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg; erst allmählich erschließt sich ihr später auch der Bereich immaterieller Arbeit in Büros, Dienstleistungsbetrieben und öffentlichen Verwaltungen. Was 'Angewiesen werden', diese oder jene solcher Arbeiten zu tun, also heteronomes Arbeiten. bedeutet, welche Fonnen es an27 nimmt, welche Folgen es hat und wovon dies abhängt - diese und andere Fragen drängen sich von Beginn an auf bei der Erforschung jener Felder. Betrachten werden wir im folgenden, auf welche Weise sich die deutsche Arbeitssoziologie solchen Fragen im Laufe ihrer Entwicklung theoretisch wie methodisch zu nähern versucht hat. Abzeichnen wird sich auch, wie dabei die Möglichkeiten und Bedingungen eines autonomen Arbeitens mitgedacht und in den Blick genommen worden sind. Und wir werden auf einige Gründe dafilr stoßen, warum eine gewisse Diskrepanz zwischen neueren Befunden über die Entwicklung von Organisationen und Arbeitsstrukturen und eingeschliffenen Vorurteilen über den heteronomen Grundzug kapitalistischer Arbeitsverhältnisse entstehen konnte - und warum diese Diskrepanz vielleicht gar nicht so groß ist, wie es auf den ersten Blick scheinen mochte. Die Auseinandersetzung mit der Problemstellung stand lange Zeit ganz im Zeichen einer Präokkupation mit dem technischen Wandel. Bezogen auf ihn wurden weitreichende Diagnosen über Tendenzen des Herrschaftsabbaus in der Produktion gestellt, und bezogen auf ihn wurde ein Typus empirischer Arbeitsforschung entwickelt, der die Art und Weise, wie entfremdete, fremdbestimmte Arbeitsverhältnisse untersucht und interpretiert werden, bis heute mitprägt (Abschnitt I). Mit der Überwindung technikzentrierter, wenn nicht technikdeterministischer Vorstellungen vom Wandel und Charakter der Arbeit traten soziale Bestimmungsgrößen die Herrschaft im Reich der Notwendigkeit an. Die Thematisierung von Politik und Kontrolle in der Produktion änderte die Vorstellung davon, was heteronome Arbeit ist, gründlich. Unterschiedlich motivierte Plädoyers filr einen revidierten bzw. erweiterten Arbeitsbegriff wirkten in dieselbe Richtung: sie bemrderten die Einsicht in die herrschaftssoziologischen Schwachstellen der überkommenen Sichtweise (Abschnitt 2). Trotz zunehmender Klärung harrt indes das Problem der Heteronomie aus der Sicht einer kritischen Arbeitssoziologie weiterhin einer theoretisch wie methodisch wirklich befriedigenden Lösung. Vor allem die Erblasten einer Orientierung an einem obsoleten Paradigma industriegesellschaftlicher Entwicklung blockieren im Verein mit dem Fehlen eines konzisen alternativen Forschungsprogramm eine solche Lösung-und dies führt zu Aussagen, wie wir sie soeben Revue passieren ließen (Abschnitt 3). 28 1. Arbeit und Herrschaft im Zeichen des technischen Wandels Es waren zunächst gerade die Nähe und der privilegierte Zugang zur Frage moderner sozialer Herrschaft, die die Industriesoziologie für eine ganze Generation deutscher Nachkriegssoziologen attraktiv machte und die den besonderen Rang dieser Teildisziplin begründete. Industrie und Industrialisierung gallen dieser Generation ohnehin als herausgehobene, ja 'konstitutive' soziologische Themenkomplexe.' Und insofern Soziologie - in der Tradition von Weber und Marx - zuvörderst an der Aufdeckung und Analyse gesellschaftlicher Herrschaftszusammenhänge arbeitet, wurde für sie vor allem der betriebsfOrrnig organisierte industrielle Produktionsprozeß zur Konkretisierung und zum Spiegel der Sozialstruktur kapitalistischer Gesellschaft insgesamt. 6 "Als eine der bedeutendsten Herrschaftsorganisationen (also als SozialsphAre der legitimen Ausilbung von Macht) hat der Betrieb [ ... ] eine besondere soziopolitische Bedeutung für die Gesellschaft: Die konkrete Darstellung von Herrschaft als sachlich-funktional (scheinbar) notwendiger Bestandteil sozialer Wirklichkeit."7 Die Fabrik erscheint als prototypische "Organisationseinheit partikularer Interessen", und in allen betrieblichen Ent- scheidungen und VorgAngen nrealisieren sich Interessen an Ressourcen, an Macht und an Stabilisierung oder Veränderung gegebener gesellschaftlicher Ungleichheits- und Herrschaftsverhältnisse."8 Einerseits gall es also, den Industriebetrieb als denjenigen sozialen On wissenschaftlich zu thematisieren, an dem gesellschaftliche Herrschaftsstrukturen in besonders wirkungsvoller Weise gerechtfertigt und verschleiert wurden. 9 Andererseits wurde es zu einer vordringlichen Aufgabe soziologischer Forschung, nach der konkreten Ausübung von Herrschaft, ihren Bestimmungsgründen, ihrer Gestalt und ihrer Entwicklungsdynamik an jenem Ort zu fragen. In diesen Fragen spiegelten sich auch die politischen Intentionen der Forscher, die sich ihnen zuwandten, deutlich wider: Es ging ihnen letztlich um die Möglichkeiten und Perspektiven betrieblicher Demokratie. Die unter solchen Vorzeichen durchgeführten Untersuchungen der fünfziger und sechziger Jahre haben wertvolle Aufschlilsse über Phänomene der Herrschaft in der industriellen Produktion erbracht. Sie leisteten allerdings auch Engfilhrungen und Ausblendungen bei der Auseinandersetzung mit der Herrschaftsthematik Vorschub, die bis heute nachwirken. 29 Herrschaftsabbau durch Technisierung Am deutlichsten kommt das überaus starke Interesse der ersten Nachkriegsgeneration der Arbeitssoziologie an der Problematik betrieblicher Herrschaft und an den Möglichkeiten ihrer Überwindung wohl in den Untersuchungen zum Ausdruck, die aus der Forschergruppe um Pirker und Lutz hervorgegangen sind. Sowohl die Studien über Arbeiter, Management, Mitbestimmung'· als auch die über den Zusammenhang von Mechanisierungsgrad und Entlohnungsfarm" und einige weitere Arbeiten von Pirker'2 heben auf diese Problematik ganz unmittelbar ab. Vom Willen zur gesellscbaftsverändemden Praxis und zur tiefgreifenden Demokratisierung gesellschaftlicher Strukturen beseelt, glaubte man, im großbetrieblieh organisierten industriellen Produktionsprozeß hierfür den Hebel gefunden zu haben." Die Forschungen - obzwar ihrem Anspruch nach zugleich streng wissenschaftlich konzipiert - sollten dem "Ziel einer betriebsdemokratischen Reorganisation der Arbeitsverhältnisse"'· dienen, indem sie sich aufgenaujene realen Entwicklungen konzentrierten, die die Voraussetzungen einer solchen Reorganisation zu schafren versprachen. In der Studie Arbeiter, Management, Mitbestimmung gehen die Autoren davon aus, daß die konkrete betriebliche Herrschaftsstruktur im wesentlichen von drei Variablen abhängt: von der Produktionstechnik, den Wertorientierungen und Aspirationen der Beschäftigten sowie den Ordnungsvorstellungen - Pirker spricht später auch von den Utopien" - des Managements. In diesem Kontext entsteht die These von der 'Versachlichung' der Herrschaft durch zunehmende Technisierung. ,,Jeder industriellen Ordnung wohnt ein gewisser Zwangscharakter inne, dessen Art und Grad vom technischen Prazeß, von Bewußtsein und Einstellung der Belegschaft und endlich von den gültigen Ordnungsvorstellungen jn der industriellen Einheit bestimmt werden. Es IIlßt sich generell sagen, daß ein starker Mecb8oisicruogsgrad eine Versachliebung des Zwangscharakters mit sich bringt; das entgegengesetzte Extrem ist eine Sklavenwirtschaft, bei der der physische, unmittelbar persönliche Zwang höchste Effektivität des Systems verbürgen kann. Der höchste Versachlichungsgrad des Zwangs dOrfte bei einer Arbeitsstruktur erreicht sein, die sich etwa durch das Fließband kennzeichnen lAßt; hier ist nahezu keine persönliche Fremdbestimmung des einzelnen Arbeiters mehr notwendig, um von diesem eine quantitativ und qualitativ ausreichende Erfüllung seiner Arbeitsaufgabe zu erzwingen. Ebenso wie die An des Zwangscbarakters [...J ist auch sein Grad - aber weniger stark - von der technischen Struktur abhängig. Das Ausmaß der Djfferenzierung des technischen Prozesses hat zweifellos einen gewissen Einfluß auf den Grad des Zwangscharakters. So erfordert bei sonst gleichen Bedingungen eine geringere Übersichtlichkeit der Arbeit, cine geringere Einsichtigkeit der Notwendigkeiten der eigenen Arbeitsaufgabe durch den einzelnen Arbeiter, einen höheren Grad von Zwang."16 30 Die Rationalität der betrieblichen Herrschaft bemesse sich nun daran, inwieweit es gelinge, die genannten Variablen - auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse - aufeinander abzustimmen und damit ein 'soziales Gleichgewicht' im Betrieb herzustellen. "Der Grad der Organisiertheit ist [...) nicht identisch mit dem Grad der Rationalisiertheit eines industriellen Gebildes."" Der industrielle Großbetrieb erweise sich gerade typischerweise als nur partiell rationalisiert; Aufgabe der sozialwissenschaftlichen Betriebsforschung sei es, an seiner weitergehenden 'sozialen Rationalisierung' aktiv mitzuwirken. 18 Vor dem Hintergrund gewerkschaftlicher Reformversuche und der Konflikte um die Montanmitbestimmung sowie das Betriebsverfassungsgesetz l9 postulieren die Forscher eine ..enge Verbindung zwischen der sozialen Rationalisierung und der Demokratisierung der industriellen Betriebsverfassung sowie zwischen der Demokratisierung der industriellen Betriebsverfassung und der Sozialforschung."2o Sowohl die technische Entwicklung als auch das Kritikpotential einer neuen Generation von Industriearbeitern setzen, so die Annahme, die überkommene Herrschaftsordnung und das ihr entsprechende Arbeitssystem unter Veränderungsdruck. Die jungen, im Nachkriegsjahrzehnt neu in die Betriebe einruckenden Arbeiter haben nach den Befunden dieser Analysen weitreichende Anspruche auf 'sachlich-rationale' Behandlung und persönliche Autonomie entwickelt.'1 Die Technisierung verstärke und stütze derartige Bedürfnisse und Erwartungen. "Einmal weisen die Eigenlogik der technischen Entwicklung und von ihr ausgehenden Sachzwange prinzipiell in die gleiche Richtung wie die Ansprüche der jüngeren Arbeiter [... ]. Zum anderen legitimiert die technische Entwicklung ein kritisch-selbstbewußtes Verhalten der Arbeiter und hieraus abgeleitete Anspruche, die in deutlichem Widerspruch zur traditionellen betrieblichen Ordnung und dem überkommenen Arbeitssystem steht.·<22 Die konstatierten technischen Veränderungen in der Stahlindustrie wirkten "im Sinne einer progressiven Verlagerung von Muskel- zu Maschinenarbeit. Damit verändern sich die Voraussetzungen der disziplinarischen Ordnungen; während schwere muskulöse Arbeit in erster Linie durch direkte Autorität zu ordnen ist, verlangt ein kompliziertes technisches Gebilde Mitarbeit und Initiative der Belegschaft auf allen Stufen der Anweisung und Ausführung."23 Die überkommenen autoritären und bürokratisch-hierarchischen Ordnungsvorstellungen werden zunehmend obsolet. Dem neuen Technisierungsniveau angemessen scheint hingegen die Überwindung der strikten Trennung von leitender und ausfUhrender Arbeit sowie der Privilegierung bestimmter Gruppen, damit "eine soziale Gestaltung der Arbeitsverhältnisse, die am besten noch durch den Begriff des 'Teams' gekennzeichnet" wäre und ..notwendigerweise auf die Anerkennung der vollen menschlichen und gesellschaftlichen Selbständigkeit der Belegschaft aufbauen"2' müßte. 31 Die darin sich äußernde Neigung, die technologische Entwicklung als primären Bestimmungsfaktor menschlicher Arbeit aufzufassen, bestand in den tunfziger und sechziger Jahren bekanntlich generell"; ihr Einfluß auf thematische und methodische Ausrichtungen und 'Fixierungen' der arbeitssoziologischen Forschung kann kaum überschätzt werden. Die optimistischen Konnotationen, die sich mit dieser Neigung lange insbesondere in bezug auf herrschaftssoziologische Aspekte verband, kommen ebenso klar wie in Arbeiter, Management. Mitbestimmung in den von Lutz u.a. durchgetuhrten Untersuchungen über die Entwicklungstendenzen der Leistungsentlohnung in der Stahlindustrie zum Ausdruck. In der Krise des Lohnanreizeil6 betitelten Publikation wichtiger Untersuchungsergebnisse hat Lutz rückblickend noch einmal die explizit herrschaftssoziologische Forschungsperspektive27 und die damals mit den Befunden verknüpften weitreichenden politischen Erwartungen der Wissenschaftler deutlich hervorgehoben. Der zentrale - und, so Lutz, nach wie vor gültige- Befund lautet, daß in der Stahlindustrie das Optimum der Praktizierbarkeit von Lohnanreizen inzwischen dauernd unterschritten werde, weil durch die Technisierung der Produktionsprozesse zwischen Arbe itsleistung und Produktionsergebnis keine eindeutige Beziehung mehr gegeben sei; infolgedessen werde der Leistungslohn in der Stahlindustrie eine immer geringere Rolle spielen. Die politischen Implikationen schienen immens: .,Mehr oder minder implizit ging der Verfasser damals davon aus, daß der Abbau von Lohnanreizen auch zu einer unmittelbaren Abschwichung der konkreten Ausformung von Herrschaft im Betrieb führen würde und daß dies Ansitze zu einer Refonn der Betriebsverfassung eröffne. die weit über die eher formale Mitbestimmung hinausfUhren kOnnte, wie sie seit 19S 1 in der Montanindustrie bestand. Kurz nacb Abschluß der Untersuchung sprach er sogar auf einer internen Arbeitstagung von Sozialwissenschaftlern und Gewerkschaftsfunktionären von der Existenz 'herrschaftsfreier Räume' in hochmechanisierten Industriebetrieben, die zu Keimzellen realer ArbeiterselbstYClWaltung gemacht werden kÖMlen.",. Zumindest jedoch standen lohn- und leistungspolitische Reformen an. die "in jedem Falle [...] der Autonomie der Arbeitenden größeren Raum zuweisen. die Ausbildung eines neuen, souverAnen Arbeiterbewußtsein fljrdern und tendenziell die Arbeilsgruppen und Anlagenbelegschaften - im großen Rahmen der betrieblichen Organisation und der sicb in ihr ausdrückenden ökonomischen Zwinge-zu selbstverantwortlichen und sich selbstbestimmenden Produzenten machen müsse."29 Eine sich hierauf stützende gewerkschaftliche Politik der 'Mitbestimmung am Arbeitsplatz' sollte "das scheinbar uns nun sich eröffnende emanzipatorische Potential im Produktionsprozeß selbst mobilisieren und strukturierenuJo • Die im seI ben Zeitraum und auch in der Stahlindustrie durchgetuhnen arbeitssoziologischen Studien der Gruppe um Popitz und Bahrdt befassen sich ebenfalls, wenngleich zunächst vermittelter, mit dem Problem des Schicksals traditioneller Herrschaftsforrnen. Ihre Befunde von der zunehmenden Bedeu- 32 tung 'gefugeartiger Kooperation' etwa, die sie im Rahmen von Technik und IndustriearbeitJ' gewinnen, werden im Rahmen der 'Versachlichungsthese' gedeutet: Solche modernen Arbeitsformen indizierten eine der technologischen Entwicklung inhärente Objektivierungs- und Rationalisierungstendenz, an der sich sowohl die Herrschaftsansprüche des Managements als auch das Arbeiterverhalten auszurichten hätten und in ihrem Rationalitätsanspruch zu beurteilen wären. 32 Bahrdt hat diesen Argumentationszusammenhang weiter entfaltet und zu der These von der Krise der Hierarchie zugespitzt. Die beginnende Automation rufe tiefgreifende "Veränderungen der Kooperationsformen, sowohl da, wo Güter, als auch da, wo lFührung' produziert wird,"33, hervor. Horizontale, technisch vermittelte Kooperationszusammenhänge breiteten sich in allen Tätigkeitsbereichen aus und die entsprechenden Erfordernisse gerieten mit dem überkommenen, weiterhin vertikal gegliederten hierarchisch-bürokratischen Führungssystem in Konflikt. 34 Der sich mancherorts bereits abzeichnende Umbau des Führungssystems ergibt sich als direkte Konsequenz der Technikentwicklung: "Niemand wird sagen, daß eine solche Umordnung des Führungssystems [ ... ] das Werk weltfremder Utopisten ist. die lediglich 8US freiheitlicher Gesinnung die Henschaftsfonn der bürokratischen Hierarchie abschaffen möchten. Die Auflösung dieser Hemchaftsfonn und ihrer Verwandlung in ein kooperatives Ffihrungssystem neuen Typs ist vielmehr eine 'durch die Natur des Arbeitsmittels diktierte technische Notwendigkeit' ,"35 Freilich ist mit mächtigen - hinter den alten institutionellen und rechtlichen Strukturen sich verschanzenden und in überkommenen Denkweisen sich ausdrückenden - Beharrungskräften zu rechnen, deren Einsicht in jene Notwendigkeit begrenzt bleiben könnte. Ein dauerhaft aufrechterhaltener 'fiktiver Zentralismus' - mit einer unvollständigen Delegation von Kompetenzen und dem Festhalten an Machtbefugnissen, die in Wahrheit gar nicht ausgeübt werden können - wäre womöglich die Folge. 36 Gleichwohl wird das Tor zur freien Assoziation der Produzenten im Zuge und als direkte Konsequenz der technischen Entwicklung aufgestoßen, an die Stelle der Herrschaft über Personen könnte die rationale Verwaltung von Sachen und Leitung von Produktionsprozessen !reten.37 Das Bahrdtsche Marx-Zitat von der durch die Natur des Arbeitsmittels diktierten technischen Notwendigkeit ist kennzeichnend fur den Stand der damaligen Diskussion; es atmet ganz den Geist eines optimistischen technologischen Determinismus. Wie die Handmühle eine Gesellschaft mit Feudalherren und die Dampfmühle eine mit industriellen Kapitalisten ergeben hatte, so ging die Automationstechnik mit einer Gesellschaft der frei assoziierten Produzenten schwanger. 3ft 33 Am Ende der Automationsdebatte war von solchen hochfliegenden Hoffnungen auf eine von den technologischen Umwälzungen getragene Revolutionierung der gesellschaftlichen Verhältnisse mit radikaldemokratischer Perspektive indes nicht mehr viel übrig; zu offenkundig widersprachen ihnen die ernüchternden empirischen Befunde. Statt dessen setzte sich die Ansicht durch, daß "auch Hochmechanisierung und Automation [ ... ] weniger als Vehikel einer quasi-naturwüehsigen Emanzipation, bzw. einer erhofften 'kalten Revolution', denn als Fortentwicklung des Bestehenden im Sinne des Bestehenden"J9 zu deuten waren. Das bedeutete freilich vorerst noch nicht, daß mit dem positiven Vorzeichen auch die spezifische Fixierung der arbeitssoziologischen Forschung auf den technischen Wandel schon zur Gänze in Frage gestellt war. Sie hielt sich in modifizierter Weise in den Studien der sechziger und siebziger Jahre durch und wirkt in manchem noch heute fort. Noch lange machte sich mit dieser Fixierung jener Zusammenhang geltend, den Lutz später selbstkritisch als "Konditionierung sozialwissenschaftlicher Technikforschung durch das Paradigma industriegesellschaftlicher Entwicklungsdynamik'''o bezeichnet hat. Gemeint ist die - oft unterschwellige und kaum reflektierte - Abhängigkeit von einem Vorstellungskomplex, dessen Kern schlicht ist: "Die Richtung der gesellschaftlichen Entwicklung ist [... ] durch Wissenschaft und Technik grundlegend vorgezeichnet, wenngleich es immer wieder zu Konflikten und Verzögerungen kommen kann, wenn sich einzelne Bereiche dem Modernisierungsdruck widersetzen und die Spannungen sich verschärfen, die aus dem ungleicben Entwicklungs- und Anpassungstempo der verschiedenen Teile der Gesellschaft entsteben,'''1 Zur Aufgabe von Politik wird es, entsprechende Spannungen abzubauen und die Anpassung zu erleichtern, zur Aufgabe von Wissenschaft, sie mit dem hierfUr nötigen' Anpassungswissen' zu versorgen. HinzugefUgt werden muß wohl, daß dem ein Bild von Materie umwandelnder oder verlagernder, ausfuhrender Fabrikarbeit korrespondierte, welches gleichsam den privilegierten Ort der Wirksamkeitjener gesellschaftlichen Entwicklungsdynamik auswies, und damit auch den Fokus wissenschaftlicher Expertise. 42 Bis in den Ansatz und die Anlage empirischer Erhebungen hinein beeinflußten solche tief wurzelnden Vorstellungen - nach der These von Lutz - die arbeitssoziologische Forschung. Die Problematik betrieblicher Herrschaft jedenfalls rückt allmählieb wieder aus dem Brennpunkt des soziologischen Interesses. Lehrbuchmäßig zwar als "konfliktträchtiger Herrschafts- oder Zwangsverband" festgeschrieben", wird die Betrachtung des Betriebes zunehmend entproblematisiert und unkritisch. Das entspricht dem 'Zeitgeist' einer Entwicklungsphase, in der namhafte Soziologen wie Luhrnann die Antiquiertheit des Herrschaftsbegriffes 34 Oberhaupt verkündeten und sich eine Wahrnehmung der modemen Gesellschaft ausbreitete, derzufolge sich diese Gesellschaft von grundlegenden Problemen ihrer Produktionsweise emanzipiert hat und "die Thematisierung von aktuellen gesellschaftlichen Problemen als Ausdruck struktureller Widersprüchlichkeit der Organisation der Produktion obsolet geworden ist'''''. Die 'Wiederentdeckung' des Betriebs im Verlauf der siebziger Jahre stand dann im Zeichen einer im Ganzen doch eher ökonomistischen und objektivistischen Marx-Renaissance, mit der Forderung nach dem Primat des Ökonomischen in der soziologischen Analyse und der Betrachtung des Betriebes als 'Strategie' der Verwertung des Einzelkapitals - nicht als Organisation oder Institution. 4S Die soziologische Arbeitsanalyse im engeren Sinn war - trotz der wertvollen Beiträge der erwähnten 'klassischen' Studien - zu diesem Zeitpunkt, selbst nach dem Urteil ihrer Protagonisten, noch nicht ins Stadium 'normalwissenschaftlicher' Forschung eingetreten. Noch im Jahre 1968 konstatiert Lutz, "daß die Erforschung von Formen und Entwicklungstendenzen menschlicher Arbeit vor einem riesigen, bisher noch weitgehend unerschlossenen Feld steht,'''' Seine Begründung dafür, warum und mit welcher Stoßrichtung die Soziologie dieses Feld sich noch weiter erschließen müsse, markiert den Ausgangspunkt der nun anstehenden Bemühungen, rur die weiteren Forschungen einen angemessenen kategorialen und methodischen Rahmen zu schaffen . .. Insoweit die Arbeit'" schreibt Lutz, "als mächtige Sozjalisierungsinstitution betrachtct werden muß, ist eine Erkillrung sozialen Verhaltens nicht nur in der Arbeit. sondern auch in allen anderen Bereichen der Gesellschaft offenbar nicht möglich, wenn wir nicht sehr viel klarer als bisher die Bedingungen menschlichen Handelns bei der Arbeit, vor allem die sie bcstinunenden, technisch-organisatorischen und im engeren Sinn sozialen Zusammenhänge kennen. Daß frühere Versuche. aus der Arbeitssituation das Gesellschaftsbild (Popitz und Bahrdt) oder das Freizeitverhalten (Haherrnas u.a.) oder das politische Verhalten zu erklären, gescheitert sind, besagt ja nicht, daß die Fragestellung falsch oder irrelevant gewesen sein müßte; diese Tatsache scheint mir bis zum Beweis des Gegenteils nur zu besagen, daß es bisher noch nicht gelungen ist, die Arbeitssituation soziologischen Fragestellungen adäquat zu beschreiben:<47 Herrschaftsfragen In der normalwissenschaftIlchen Forschung Den maßgeblichen An.lyseansatz, der solche Beschreibungen ermöglichen und damit jenes weite Feld der Formen und Entwicklungstendenzen menschlicher Arbeit erschließen helfen sollte, haben Kern und Scbumann mit Industriearbeit und Arbeirerbewußtsein' 8 vorgelegt. Nicht so sehr die öffentliche und wissenschaftliche Resonanz der Befunde und Interpretationen der beiden 35 Göttinger Soziologen - die insbesondere mit ihrer These von einer Qualifikationspolarisierung in technisch avancierten Produktionsprozessen einen kritischeren Blick auf die Folgen des technischen Wandels befördern halfen und insgesamt die arbeitssoziologische Forschung ohne Zweifel einen bedeutenden Schritt voranbrachten - steht fiir uns hierim Vordergrund. Wichtig ist filrunseren Zusammenhang, daß ihre 'Konstruktion' des Analysegegenstands und ihr methodisches Vorgehen erkennbar Schule gemacht haben. Sie waren, so könnte man sagen, ein entscheidender Beitrag zur Ausarbeitung eines 'normalwissenschaftlichen' Forschungsprogramms, das sich an dem erwähnten 'Paradigma' industriegesellschaftlicher Entwicklung orientierte.49 In der Folgezeit greifen dann, wie Brandt später zu Recht feststellt, fast alle arbeitssoziologisehen Untersuchungen "auf das Instrumentarium der Göttinger zurück, wenn es darum geht, den unmittelbaren Produktionsprozeß in die Analyse einzubeziehen. "50 Die Auseinandersetzung mit dem Arbeits- und Herrschafts begriff der ersten KernlSchumann-Studie erhält somit einen exemplarischen Charakter. Durch weitgehende Übernahme der Analyseperspektive und der Analysekategorien schleicht sich nämlich in den Folgejahren auch in viele andere Untersuchungen, gewollt oder ungewollt, eine entsprechende Thematisierung - und Entthematisierung - von Herrschaftsfragen ein, - eine Thematisierung, die auch noch in manchen aktuellen und irritierenden Stellungnahmen der Arbeits- und Rationalisierungsforschung ihren Widerhall findet, von denen wir in der Einleitung hörten. 51 Aus dem Blickwinkel unserer Fragestellung ergeben sich drei Problembereiche, in denen es bei Kern und Schumann zu folgenschweren Vorentscheidungen kommt. Der eine ergibt sich daraus, daß von ihnen wesentliche Dimensionen des betrieblichen Herrschaftssystems und der Herrschaftsausübung aus dem Analysezusammenhang herausgeschnitten werden (I). In dem derart bereits eingeengten Feld der Analyse erfolgt eine Konzentration auf Probleme der 'Restriktivität' von Arbeit, die mit einer spezifischen Vorstellung von 'ausfilhrender Arbeit' korrespondiert. Damit geht eine extrem verkürzte Vorstellung von Konflikt-, Kritik- und Politisierungspotentialen in der Arbeit einher. Es fUhrt auch zu einseitigen und beschränkten Möglichkeiten, sowohl Momente der Selbsttätigkeit in der Arbeit, als auch der asymmetrischen und widersprüchlichen Sozialbezüge, die sie impliziert und in die sie eingelassen ist, erkennen und thematisieren zu können (2). Schließlich werden auch die methodische Ausrichtung und das Erhebungsinstrumentarium zumindest da zum Problem, wo sie zur Fixierung auf entsprechende Untersuchungsperspektiven beitragen und wo es zur Perhorreszierung alternativer methodischer Zugänge kommt, die vielleicht eine bessere Wahrnehmung der für uns 36 relevanten Phänomene versprächen (3).52 Betrachten wir die drei Problembereiche genauer. (I) Zunächst: was ist hier eigentlich Arbeit? Den gesellschaftstheoretischen Bezugsrahmen des KernlSchumann-Ansatzes bildet ihre Lesart der Marxsehen Theorie. Aus ihr leitet sich eine doppelte Bestimmung des Begriffs der Arbeit ab: eine 'klassentheoretische' (das Lohnarbeitsverhältnis) und eine 'arbeitssoziologische' (der Erfahrungsbereich konkreten Arbeitshandelns im Produktionsprozeß). Kapital wie Arbeit werden zunächst als 'objektive' klassentheoretische Bestimmungen aufgefaßt, als herrschende und beherrschte Klasse 'an sich' .53 Die klassische Folgefrage lautet natürlich, unter welchen Bedingungen die Arbeiterklasse sich als 'Klasse für sich' konstituieren kann, sich also zum bewußten historischen Subjekt emanzipatorischer gesellschaftlicher Veränderung entwickelt. 54 Nach diesen Bedingungen wird in den konkreten Erfahrungen der Arbeiter gesucht, und als relevanter Erfahrungsbereich wird neben "Politik und Staat" sowie der "Absatz- und Konsumsphäre" von Kern und Schumann der Bereich von "Produktion und Arbeit" angefUhrt, auf den sich die eigene Forschungsperspektive beschränken soll. Bestimmt ist die Lage der Arbeiter in diesem Bereich zwar abstrakt durch das Lohnarbeitsverhältnis; wie dessen Ausprägungen sich indes historisch im einzelnen darstellen und entwickeln, bleibt eine allein empirisch zu beantwortende Frage. Als die vier relevanten Dimensionen dieser Ausprägungen werden die Entlohnung, die Arbeitsmarktposition, die Partizipationsmöglichkeiten bzw. der Ausschluß von Entscheidungen im Betrieb und schließlich die 'eigentliche' Arbeit - als "Arbeitsbedingungen", ,,konkrete Bedingungen der ausgeObten Tätigkeit" oder des "Vollzugs der Arbeit" bezeichnet - ins Auge gefaßt. 55 Diese eigentliche Arbeit - 'eigentliche' deshalb, weil allein sie, in noch zu präzisierender Weise, als Untersuchungsobjekt Obrigbleibt - ist die "technische Arbeit": "Industriearbeit ist immer technische Arbeit in dem Sinn, daß der Arbeitsvollzug wesentlich durch den Umgang mit technischen Instrumenten - Maschinen und Apparaten-bestimmt wird. Spezifische Formen der Technik produzieren spezifische Formen industrieller Arbeit. .. 56 Auch Herrschaft erscheint zunächst als Kategorie der politökonomischen Klassentheorie. Die Theorie hat den 'Herrschaftscharakter' der kapitalistischen Gesellschaft bereits erfaßt und aufgedeckt: Kapital und Arbeit stehen sich in einem Verhältnis der Klassenherrschaft gegenüber. Die Aufgaben der Arbeitssoziologie liegen anderswo: sie fragt nach der "Erfahrbarkeit des Klassenzusammenhangs durch Entfremdung in der Arbeit".57 Denn der Zusammenhang von Herrschaft und Arbeit ist - und dies scheint der entschei- 37 dende implizite Argumentationsschritt - als Verhältnis von Wesen und Erscheinung gefaßt. Die Arbeitssoziologie muß aufzeigen, wie das Wesen (die Klassenherrschaft) und die Erscheinung (die 'eigentliche' Arheit als konl<reter Erfahrungsbereich der Arbeiter) vermittelt sind. Muß jenes Wesen überhaupt erscheinen? Der Herrschaftscharakter der Gesellschaft kann sich, so die Vorstellung, mehr oder weniger 'offenbaren'; im Grenzfall bleibt er gänzlich 'verdeckt'. Und wie erscheint jenes Wesen? Nicht im Sinne einer direkt wirksamen und erkennbaren - und als solche zu analysierenden - Herrschaftsbeziehung (etwa als Beziehung der Befehlenden zu den Gehorchenden, des bürokratischen Apparats zu den Weisungsunterworfenen oder der Planenden zu den Aus!tihrenden). Es erscheint indirekt, vermittelt: Es äußert sich in strukturellen Benachteiligungen, in defizitären Lebensbedingungen. Im Erfahrungsbereich "Produktion und Arbeit" erscheint das Wesen kapitalistischer Herrschaft in Gestalt von vier - den bereits genannten relevanten Dimensionen entsprechenden - sozialen Tatbeständen: in schlechten Entlohnungsbedingungen, in der individuellen Ersetzbarkeit der Arbeitenden, im Ausschluß aus betrieblichen Entscheidungsgremien und der Unterordnung unter das managerielle Direktionsrecht sowie in den restriktiven Bedingun- gen der ausgeübten Tätigkeit. s, Die Annahme, daß die drei zuerst genannten Aspekte struktureller Benachteiligung auch heute noch mehr oder weniger gleichartig und gemeinsam wahrgenommen werden, also was sie betrifft eine weitgehend ungebrochen homogene - und negative - Erfahrungsbasis der Klasse unterstellt werden kann, wird zur Begründung !tir die weitere Eingrenzung des Forschungsfokus'. Die bedeutsamen Unterschiede erwartet man allein auf der Ebene der eigentlichen Arbeit. Nur auf dieser Ebene setzt daher auch - mit welchen zusätzlichen Eingrenzungen, werden wir gleich sehendie systematische Arbeitsanalyse an. Die restlichen Aspekte des Erfahrungsbereichs "Produktion und Arbeit" sind nicht mehr ihr Gegenstand. Und der unmittelbar wahrnehmbare, dem Sozialforscher wie dem gemeinen Bewußtsein zugängliche Gradmesser gesellschaftlicher Herrschaft besteht in den Beschriinkungen und Benachteiligungen, die auf dieser Ebene-im unmittelbaren Arbeitsvollzug - erfahrbar sind. Auch den Schauplatz der Klassenkonstitution sollen sie abgeben. Nur die Erfahrung dieser Beschränkungen in der eigentlichen Arbeit - als Verallgemeinerung miserabler, restriktiver Arbeitsbedingungen - !tihre, wie Marx annehme, zu gesellschaftskritischem Bewußtsein, zur Kritik an der Herrschaft des Kapitals. Dieses wiederum !tihre schließlich zur Beseitigung seiner Herrschaft durch die revolutionäre Aktion. s9 Für die Frühphase der kapitalistischen Entwicklung halten Kern und Schumann einen solchen Zusam- 38 menhang zwischen Arbeit, Bewußtsein und politischem Handeln I1ir evident. 60 In Frage aber steht ftIr sie - und damit ist das zentrale Forschungsinteresse, dem der Untersuchungsansatz verpflichtet ist, formuliert - , ob die tUr damals als gültig unterstellte Prämisse heute noch gelte ... Industriearbeit könnte sich soweit untergliedert haben, daß die Unterschiede in der Arbeit I1ir die Bestimmung der Lebenssituation der Arbeiter und ihr gesellschaftliches Denken und Handeln tendenziell wichtiger werden als die für alle gleiche Stellung zu den Produktionsmitteln und deren Folgen."61 Die Forschungsfragen richten sich damit ausschließlich auf die nach dem skizzierten Muster verstandenen Konflikt- bzw. Integrationspotentiale der 'eigentlichen Arbeit' und ihrer Entwicklung. 62 Damit ist manches für uns Wichtige vorentschieden: das Aufkommen von Kritik und Konflikt wie auch die Sicherung von Akzeptanz und Integration in die gesellschaftlichen Verhältnisse werden als wesentlich von den Bedingungen und Entwicklungen der 'eigentlichen Arbeit' abhängig konzipiert. Konflikt bzw. Befriedung verbinden sich direkt mit .. Leiderfahrungen"63 in der Arbeit: steigende oder gleichbleibende Restriktivität schaffen ein distanziertes Verhältnis zum Betrieb und zur Arbeit und damit Voraussetzungen I1ir ein kritisches Bewußtsein und Widerstand. Abschwächungen des restriktiven Charakters der Arbeit ftIhre zu einer .. konfliktverdünnten" Arbeitsatmosphäre und zu wachsender Akzeptanz der betrieblichen Verhältnisse. So rucken zwei Fragen in den Mittelpunkt der Arbeitsforschung: Inwieweit wird durch den heute womöglich differenzierenden (statt nivellierenden) Einfluß des technischen Wandels die kollektive Erfahrungsgrundlage der Arbeiterschaft in der eigentlichen Arbeit beeinträchtigt; und inwieweit drucken sich die Unterschiede in der eigentlichen Arbeit in Unterschieden im Arbeiterbewußtsein aus. 64 (2) Für eine Beschreibung der eigentlichen Arbeit, die auf solche Fragestellungen zugeschnitten ist, muß also die 'Restriktivität' von Arbeit ins Zentrum rucken. Da die Dynamik der Arbeitsbedingungen - und damit von 'Restriktivität' - indes ihre wesentlichen Impulse von der technischen Entwicklung erhalte, setzt die 'Vermessung' von Restriktivität eine adäquate Dimensionierung der unabhängigen Variable Technik voraus, die bereits direkte .. Rückschlüsse auf den Charakter der an bestimmten Produktionsinstrumenten erforderlichen Arbeit zulassen''';s soll. Dies werde möglich, ..wenn man die technische Entwicklung als einen Prozeß sieht, der durch zunehmende Ausweitung der Eigenfahigkeiten der technischen Apparatur mehr und mehr die Notwendigkeit menschlicher Eingriffe in den Produktionsablauf beseitigt."66 Bereits die Feststellung des 'Mechanisierungsgrads' von Produktionsprozessen impliziere dann auch Aussagen über die 'noch' zu leistende Arbeit. 39 Unterstellt wird damit ein Kontinuum aus menschlichen und technischen 'Funktionen', die sich gegenseitig ersetzen können. 61 Das Verhältnis der menschlichen zu den technischen Funktionen wird zudem gleichsam als Nullsummenspiel konzipiert, mit einem im Verlauf der technischen Evolution zunehmend ungünstigen Ausgang fur die menschlichen Funktionen. 68 Das Spektrum der so konstruierten technischen Entwicklungsstufen liegt zwischen zwei hypothetischen Extremen: einem Nullpunkt der Mechanisierung ("reiner Handbetrieb"), in dem alle Arbeitsfunktionen noch den Arbeitenden überlassen sind, und der automatisierten Produktion, in der alle Funktionen auf die Maschinerie übergegangen sind. Die Technikgeschichte hat einen eindeutigen Verlauf. 69 Die abhängige Variable Arbeit, deren 'Funktionskontur' sich im Schatten der "Eigenfähigkeiten der technischen Apparatur" abzeichnet, wird zwei AnaIyseschritten unterworfen: einer "arbeitsbezogenen Analyse" der konkreten Arbeitsinhalte und einer "arbeiterbezogenen Analyse" des Arbeitsverhaltens bzw. seiner subjektiven Bedingungen. Erstere soll die an einem Arbeitsplatz nötigen menschlichen Arbeitsfunktionen (die 'Restfunktionen') präzise bestimmen.1° Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, daß alle diese Arbeitsfunktionen tendenziell als reine Aus/ührungsfunktionen konzipiert sind. Selbst bei Funktionen wie denen des Informierens, des Leitens oder Steuerns werden stillschweigend 'Soll-Zustände' und -Größen des Arbeitshandelns immer schon unterstellt; die Tätigkeiten der Planung, Festlegung bzw. Durchsetzung relevanter Produktions normen und -parameter, die dann durch die genannten Arbeitsfunktionen zu realisieren (zu beachten, einzuhalten, umzusetzen) sind, scheinen gar nicht als integrales Moment von Arbeit (als Arbeitsinhalt) präsent zu sein. 11 Zweck- und Themafindung der Arbeit selbst - und darauf bezogene Interpretationsleistungen der Arbeitenden - sind kein Thema der Arbeitsanalyse. Sind die Arbeitsfunktionen und damit die Arbeitsinhalte, die einen Arbeitsplatz kennzeichnen, genauer umrissen, erfolgt als zweiter Schritt die arbeiterbezogene Analyse. Sie operiert mit den heute geläufigen arbeitssoziologischen Kategorien der Dispositionschancen, der Qualifikationsanforderungen, der Belastungen und der Kooperationsbeziehungen, um das' Arbeitsverhalten' und damit die 'Auswirkungen' der Arbeitsbedingungen zu bestimmen. Es erscheint nützlich, hier einige Charakterisierungen dieser Analysekategorien in Erinnerung zu rufen, um sie aus der Perspektive unseres Interesses am Problem der Heteronomie in der Arbeit kurz zu kommentieren. Die Dispositiotlschancen werden definiert als "Möglichkeit [des Arbeitenden; H.W.], den Ahlaufseiner Arbeit eigenständig zu planen und auszufiihren."72 Abgehoben wird 40 auf die individuelle "Gestaltungsfreiheitu des Arbeitenden im Hinblick auf Interven· tionszeitpunkt, Arbeitstechnik und .geschwindigkeit, Produktionsqualität und -quantität sowie physische Bewegung im Raum. Synonym zu den Dispositionschancen oder -spielrAumen ist zuweilen auch von "Arbeitsautonomie .. die Rede: "Die Frage nach dem Dispositionsspielraum ist [ ...] identisch mit der Frage nach dem Umfang. in dem ein Arbeiter in den angeftihnen Bereichen autonom sich betätigen kann:·n Gesucht wird nach dem "Grad der Vorbestimmtheit"74 einer Arbeit; in direkter, 'inverser' Abhängigkeit hiervon variieren ihre 'Freiheitsgrade' (auch hier ist eine Nullsummenvorstellung unterlegt). Wer hier die Arbeit vorbestimmt und wie, bleibt - jenseits 'der Technik' - unbestimmt, fl1r die Arbeitsanalyse zahlt einzig das graduierbare und zu messende Resultat. Fremdbestimmung und Selbstbestimmung erscheinen zudem als starre Gegensitze und schließen sich gegenseitig aus, Autonomie wird mit Unabhängigkeit, ja tendenziell mit Beliebigkeit gleichgesetzt,7.5 "Arbeitsqualiflkationen sind menschliche Fähigkeiten, die der Arbcitsprozeß verlangt, um erfolgreich abgewickelt werden zu können."76 ,.DieArbeitsbelaslungen, denen ein Arbeiter ausgesetzt ist, ergeben sicb aus der Beanspruchung seines muskulären und nervlichen Leistungsvermögens,"77 Auch hier interessieren weder die relevanten Akteure noch der asymmetrische Prozeß machtbestimmter sozialer Definition von Qualifikationsanforderungen und Belastungen. Es ist 'der Arbeitsprozeß', aus dem sie sich ergeben und der sie 'verlangt'. Im Hinblick auf die sozialen Beziehungen der Arbeitenden setzt die Analyse "an deren Rolle als Arbeitende" an und konzentriert sich ,.aufdie Kontakte. die durch den Arbeitsvollzug selbst herbeigefilhrt werden. "78 Die sogenannten informellen Beziehungen sondere man dadurch, darin gaDZ in der Tradition der deutschen Industriesoziologie, aus der Analyse aus. Bestritten wird damit die Möglichkeit, daß ein Gutteil des 'Informellen' sich im Gegenteil gerade auf den unmittelbaren Arbeitsvollzug beziehen, ja gleichsam in diesen eingelagert sein könnte. Stillschweigend wird im übrigen Kooperation aufhorizontale Sozialbezüge reduziert; vertikale Anweisungs- und Kooperationsbeziehungen zwischen Vorgeset%ten und Untergebenen (oder auch Planungsstlben und 'Ausfilhrenden ') bleiben ausgespart. Sie gehören entweder zu den Unteraspekten der Analyse von Dispositionschancen (in der Form von 'Resultaten') oder zu den 'betrieblichen Rahmenbedingungen • der Arbeit, die der Analyseansatz nicht systematisch 「・セ@ rOcksichtigt. Die Folie, auf die sich diese Analysekalegorien aus den genannlen Grunden vor allem beziehen müssen, ist 'reslriklive' Arbeit. Deren typische Merkmale verkörpert die 'repetitive Teilarbeit' : "Repetitive Teilarbeit ist sich nicht selbst genügende, restriktive und in ihren sozialen Bezügen verkümmerte Arbeit - sie unterwirft den Arbeiter dem Diktat eines fremden WiJlens; hindert ihn an der Ausbildung und Entfaltung von KenntDissen und manuellen Fertigkeiten; bindet ihn an einen Arbeitsprozeß, der seine physischen und psychischen Reserven auszehrt; ersetzt lebendige Kooperation durch soziale Isolierung"'79 Repelitive Teilarbeit slellt in allen Dimensionen der arbeiterbezogenen Analyse den Negalivpol des Arbeilsverhallens dar. Sie wird als Prololyp enifrem41 deter Arbeit gekennzeichnet. 80 An zentraler Stelle findet sich hier also ein weiterer Rekurs auf eine grundlegende gesellschaftstheoretische Kategorie. Die Kategorie der Entfremdung verweist nun in der Tat auf wesentliche Dimensionen der Heteronomie im kapitalistischen Arheitsverhältnis: die/remde Bestimmung und Verfllgung über die Produklionsziele (bzw. die Produkte) sowie die Produktionsweise selbst. 81 Umstandslos wird hier nun freilich -die Vorlage mag dazu verfuhren-die Entfremdung allein zum Resultat und Zustand, zur empirisch exakt zu beschreibenden Tatsache, einem mal ausgeprägteren, mal weniger ernsten Krankheitsbild vergleichbar, das anhand der ausgewiesenen Entfremdungs-Indikatoren (Qualifikationen, Disposition, Belastung, Interaktion) diagnostiziert werden kann. Als Prozeß hingegen als Erzeugung und Aufrechterhaltung heteronomer Arbeitsverhältnisse kommt Entfremdung nicht ins Blickfeld. Für die eingenommene Analyseperspektive ist allein von Belang, ob im Zuge der technischen Entwicklung restriktive Formen der Arbeit - mit schweren Symptomen von Entfremdung - an quantitativem Gewicht eher zu- oder abnehmen. Im derart justierten analytischen Koordinatensystem soll nun ein objektives, eindeutiges und widerspruchsfreies Bild vom Zustand der eigentlichen Arbeit eingefangen werden. Triffi sich ein solches klares Bild auch mit den Wahrnehmungen und Einschätzungen der Arbeitenden? Lassen wir diese zur Abwechslung auch einmal selbst zu Wort kommen. Wie stellt sich rur die Arbeitenden die Thematik von 'Technik und Herrschaft' im Horizont ihrer eigenen Arbeitspraxis und Erfahrung dar? ,. 'Die Technik macht uns gefangen, anders gesehen befreit sie uns aber auch von der Last der Arbeit. Der Mensch bleibt Mensch, und wenn er sich nicht unterwerfen läßt, dann wird er nicht unterworfen. Fest steht jedenfalls, daß die Maschine schwere körperliche Arbeit abnimmt.' [... ] "Durch die moderne Maschine hat manjB immer weniger körperlich schwere Arbeit zu verrichten. Das Leben wird leichter; aber einen Menschen kann man nie durch eine Maschine ersetzen. Da kann die Technik noch so ヲッイエセ@ schreiten. da kann man von Unfreiheit gar nicht sprechen. Denn der Mensch ist es ja. der die Maschine baut. "'82 Für die Forscher offenbaren seinerzeit solche Statements "deutlich die insgesamt verkürzte, teils konkretistische, teils arglose Denkweise der Arbeiter, ihre Unfähigkeit, die Komplexität der Thematik zu erfassen", ihren "Fortschrittsoptimismus", der sich auf "voluntaristische Annahmen" grOnde.8l Für uns deuten sie eher auf ambivalente Erfahrungen mit der technischen Entwicklung, die zugleich gefangenhält und hefreit, auf den nicht auszuschaltenden Eigensinn der Arbeitenden und auf die Unersetzlichkeit ihrer subjektiven Leistungen hin. Sehr viel klügeres weiß auch die neuere Forschung über die Automationsarbeit hierzu kaum zu sagen.S< Keine geringe 'Diagnosefähig- 42 keil', so scheint es uns, spricht auch aus den folgenden Aussagen der von Kern und Schumann interviewten Arbeiter, die ihre Einschätzung der zukünftigen Entwicklung ihrer 'Arbeitsautonomie' zum Ausdruck bringen. Aufdie Frage, ob sie ihre Position als 'Experten der Praxis' gegenüber den planenden 'Theoretikern' und ihre entsprechenden Dispositionsspielräume gefahrdet sehen, antworten die meisten verneinend: ,,'Der Ingenieur, der die Maschine konstruiert hat und die Plane gemacht hat, der bleibt ruf mich immer nur ein Theoretiker. Der Arbeiter, der in der ersten Zeit daran arbeitet, der weiß doch mehr von der Maschine, wie sie arbeitet, der weiß dann auch mehr, wie noch Fehler behoben werden können, die es in der ersten Zeit gibt.' [ ... J 'Das stimmt nicht, wir haben das hier schon gehabt, daß die Ingenieure dort !;tanden und nichts machen konnten und die Leute haben es dann hingekriegt. Theoretisch sieht es ganz anders aus, die Praxis ist was anderes', [... ] 'Das stimmt nicht aus einem ganz einfachen Grund: Der Arbeiter, der da tagtäglich arbeitet, wird sicb sein Wissen schon aneignen. Bin der Meinung, daß der dem Ingenieur noch was weismachen könnte. Das ist eine ganz normale Sache: der Ingenieur muß den Arbeiter fragen: Mensch, wie ist denn das?' {... } 'Eben dies, Tricks, Kniffe, wer da ein bißehen Ausbildung hat, der kÖMte doch ein bißehen rausholen. [ ... ] Hier an der Maschine, da kann man sich immer noch was ausknobeln, wie das gemacht werden könnte. Sonst kann man da nicht bestehen. So wie jetzt an den Maschinen, da ist auch alles festgelegt, aber man muß doch immer hier noch eine Schraube und dort Doch eine Einstellung verändern' ."85 Hier klingen deutlich einige Momente des Arbeitshandelns und der Erfahrung an, die das Problem der Heteronomie (und ihrer Grenzen) tangieren, die freilich in ihrer dauerhaften Bedeutung seinerzeit der Aufmerksamkeit der Forscher entgingen. Theoretisch spielen solche Momente in ihrem Ansatz keine Rolle. Die Praxis aber ist was anderes. Und am Ende wird der Soziologe, wenn er denn am Problem der Heteronomie interessiert ist, doch den Arbeiter und die Arheiterin fragen müssen: Mensch, wie ist denn das? (3) Auch heute noch gelten die Arbeitsanalysen aus Industriearbeit und Arbeiterbewußtsein als Meilensteine und Musterbeispiele arbeitssoziologischer 'Empirie'. Sie trugen entscheidend dazu bei, daß die industriesoziologische Beschäftigung mit der Entwicklung der Arbeitsstrukturen in Deutschland "zu einer eminent empirischen Sache wurde..... Die Leistungen auf methodischem Gehiet - vor allem auch der entschiedene Vorstoß zur Etahlierung einer obligatorischen 'cross examination' mittels unterschiedlicher Recherchiertechniken - waren enorm, wurden fiIr viele zum Synonym fUr eine gründliche 'Empirie' schlechthin und fanden überall Nachahmer. Brose ist zuzustimmen, wenn er schreibt: "Diese Studien brachten einen qualitativen Sprung in der Entwicklung von Erhebungsverfahren und ihrer Kombination. Nicht zuletzt das sehr komplexe Beobachtungsverfahren zur objektiven Analyse der Arbeitsprozesse. das entwickelt wurde, ist rur 43 Generationen von industriesoziologischen Empiriker/innen ein beispielgebendes hebungsinstrument geworden."87 eイセ@ Aus unserer Sicht sind die verwendeten Instrumente selbst auch keineswegs problematisch; ein entsprechend eingesetztes Beobachtungsverfahren oder Intensivinterviews gehören selbstverständlich ins Arsenal unverziehtbarer arbeitssoziologischer Methoden. In Frage stebt hier allein, ob der spezielle Zuschnitt, den sie im Kontext des KemlSchumann-Ansatzes erhielten, womöglich auch der Erforschung wichtiger, insbesondere fUr die Betrachtung des Heteronomieproblems relevanter Aspekte der Arbeitssituation im Wege steht. Daher sind hier einige kritische Bemerkungen zur generellen Rolle der Empirie in diesem Ansatz und zu einzelnen Aspekten ihrer Ausrichtung am Platze. Zunächst zeigt die Studie deutlich, daß eine Konzeption, die Wesen und Erscheinung einer Sache derart klar zu trennen können glaubt, auch dazu tendiert, einen Keil zwischen Theorie und Empirie zu treiben. Nicht eigentlich über die Sache selbst (deren Wesen ja bereits theoretisch bestimmt ist) muß empirische Forschung strenggenommen hier noch Aufschluß geben, sondern über deren äußere Erscheinungsformen und deren Wandel. Der theoretische Entwurfmuß nicht darauf zielen, sich an der (theoretischen wie empirischen) Durcharbeitung der Sache mit Konkretionen anzureichern 88 ; er sucht in der Empirie nach den 'Gegebenheiten', die ihm (und dem Wesen der Sache, das er bereits enthüllt hat) aktuell entsprechen. Die Empirie fUgt der Erkenntnis der Sache selbst nicht wirklich etwas Neues hinzu; ihr geht es um Typenbildungen und Verteilungen, um Breite und Solidität des beizutragenden Materials. Vielleicht erklärt dieser Habitus auch jenes früh monierte "gründIiche[.] Desinteresse an der Mikrologie gesellschaftlicher Prozesse, das sich hinter allem empirischen Aufwand nur schlecht verbirgt. "89 Damit verbinden sich Anzeichen eines zu wenig reflektierten Umgangs mit den Instrumenten. Sie zeigen sich in der ersten KemlSchumann-Studie vor allem in der starren und eigentümlichen Gegenüberstellung, ja im Auseinanderreißen der 'objektiven' und 'subjektiven' Momente sowohl des Untersuchungsgegenstandes als auch, damit zusammenhängend, des Forschungsprozesses selbst. Eine "objektive Analyse der Industriearbeit"90 ist allein auf Basis intensiver, systematischer Arbeitsplatzbeobachtungen möglich; ohne die Anwendung dieses anspruchsvollen Instruments (das eine eingehende Schulung des Beobachtenden erheischt) muß es, so die Überzeugung, zu "Verzerrungen" am angestrebten "objektive[n] Bild der Arbeit"91 kommen. Das Gespräch mit den Arbeitenden besitzt dagegen -jedenfalls den progtarDmatiscben Äußerungen der Forscher zu ihrer Methodik zufolge-als Zugang 44 zur Arbeitsrealität keine konstitutive Bedeutung.92 Evoziert wird das Bild eines Forschers, der, dank der Beobachtungstechnik, über einen privilegierten - 'objektiven', von 'Verzerrungen' freien - Zugang zu den objektiven Gegebenheiten der Arbeit verfügt. Das arbeitende Subjekt -ja das 'Subjektive' schlechthin - erscheint aus dieser Warte allein als Quelle von Verzerrungen und Einseitigkeiten.93 Daß es sich dabei nur um ein stilisiertes Selbstbild handeln kann, wird klar, wenn die konkreten Verfahrensweisen bei der Anwendung der entwickelten Instrumente erörtert werden. Dann wird die "reine Beobachtung""', die doch die überlegene Objektivität verbürgen soll, natürlich zum - kaum vorkommenden - Grenzfall: "In allen übrigen Fällen waren wir auf erläuternde Infonnationen der Arbeiter angewiesen."95 Im Forschungsprozeß selbst löst sich also, kaum verwunderlich, jene prätendierte strikte Trennung von Objektivem und Subjektivem auf. Doch wird dies so nicht thematisiert. Verhannlosend verbucht man es als pragmatische und den Notwendigkeiten eines flexiblen Verhaltens im 'Feld' geschuldete Abweichung von einer "puristischen Empirie"96. Zum Anlaß einer Reflexion über die eigene Vorstellung vom Forscher mit dem privilegierten Einblick ins Objektive wird sie nicht genommen. 97 Dieser Mangel an methodischer Selbstreflexion98 hat vielleicht auch zu einer gewissen Fixierung auf den einmal entwickelten 'Methodenmix ' als einem venneintlichen arbeitssoziologischen Königsweg geführt - und zum Außerachtlassen, ja zur Ausgrenzung scheinbar 'subjektivistischer' und unwissenschaftlicher Methoden wie derjenigen der teilnehmenden Beobachtung. 99 Fassen wir kurz zusammen. Die Frage der betrieblichen Herrschaft als eigenständige theoretische und empirische Problematik, die einer speziell auf diese Frage gerichteten Forschungsorientierung bedürften, stellt sich für das nonnalwissenschaftliche Programm nicht. Teils explizit, teils implizit kommt es zu einer Bereinigung des möglichen Untersuchungsfeldes von einer ganzen Reihe von Aspekten, die für herrschaftssoziologische Fragen relevant wären (managerielle Verfügungsrechte, Vorgesetzten-Untergebenen-Beziehungen, 'Betriebsklima' und nicht zuletzt: der Konflikt um Lohn und Leistung). Ansonsten wird gesellschaftliche Herrschaft als eine Art 'latente Struktur' aufgefaßt, als ein Wesen, das sich nur vennittelt durchsetzt. Es spricht sich gleichsam nur in Erscheinungen aus, die der Übersetzung bedürfen . Die Herrschafts- und Entfremdungsdimension von Arbeit wird sozusagen 'indikativ', durch entsprechend konstruierte Indikatoren erst erschließbar. Sie druckt sich etwa inl niedrigen Niveau von Qualifikationsanforderungen oder inl hohen Belastungsniveau aus, gibt sich in sozialer Isolation 45 und in geringfügigen Dispositionsspielräumen zu erkennen. Gleichsam in den stofflichen Merkmalen des Arbeitsprozesses stecken die Zeichen der Herrschaft, die es zu entziffern gilt. Und wenn die Qualifikationsanforderungen steigen, die Belastungen sinken? Bedeutet dies einen Abbau gesellschaftlicher Herrschaft? Ja und nein. Den Betroffenen muß es so erscheinen: die Herrschaft ist weniger spürbar und tritt ihnen weniger ins Bewußtsein, und es wird deshalb unwahrscheinlich, daß sie sich gegen sie auflehnen. Aber das Wesen der Herrschaft bleibt davon unberührt. Weiterentwicklungen und Grenzen des normalwlssenschaftIichen Programms Seit den frühen siebziger Jahren vollziebt die Arbeitssoziologie schrittweise ibre Abkebr von der- im Hinblick auf die Zukunft der Herrschaft anfänglicb optimistischen, später pessimistischeren - Technikzentrierung der zurückliegenden Jabre. Zur Leitformel avanciert die Rede von der technischen Entwicklung als gesellschaftlichem Prozeß. 'oo Ein wichtiger Schritt in diese Richtung besteht darin, der Dimension der Arbeitsorganisation eine relativ autonome Rolle im Prozeß der Entwicklung der Produktion einzurliumen.'D' Und es setzt sieb die nocb weiterreichende These durcb, daß im Verlauf der industriellen Evolution die Elastizität der Beziehungen zwiscben Technik und Arbeit- aufgrund wachsender räumlicher wie zeitlicher Entkopplung der Arbeitsvollzüge vom tecbnischen Prozeß - deutlich zunehme, und desbalb auch deren Gestaltbarkeit.'D2 In den Vordergrund rückt damit die "Perspektive betrieblieber Politik".'D) Doch sind solche Wendungen vorerst nicht notwendigerweise gleichbedeutend mit einer klaren und bewußten Ablösung vom Paradigma industriegesellscbaftiicber Entwicklungsdynamik, von dem wir sprachen. Die These von der wachsenden Elastizität und Gestaltbarkeit arbeitsorganisatorischer Lösungen etwa, sofern selbst wiederum technologisch begründet, steht ganz mit ibm im Einklang, und die Perspektive auf betriebliebe 'Politik' und die technische Entwicklung als ' gesellscbaftlichen Prozeß' läßt recht unterschiedliche Ausdeutungen zu. Es dominieren zunächst die Versuche, die eingeforderte ,,'Sozialgeschichte' von technischen und arbeitsorganisatorischen Neuerungen"'04, unter dem starken Einfluß einer von der Studentenbewegung ausgelösten erneuten Welle einer entsprechenden Marx-Rezeption, in einem struktur- und subsumtionstheoretischen Sinne zu fassen. Orientiert an einem 'Subsumtionsmodell ' argumentieren in jenen Jabren vor allem das Münchener Institut für Sozialwissenschaftliehe Forschung und das Frankfurter Institut für Sozial forschung. Im '0' 46 ersten Fall unter dem Titel 'betrieblicher Strategien', im zweiten unter dem der Durchsetzung von 'Zeit- und Marktökonomie', werden hier die sozialen Ausformungen der betrieblichen Strukturen und der Arbeitsformen als Prozesse einer zunehmenden Unterwerfung der materiellen Produktionsbedingungen darunter auch die menschliche Arbeitskraft - unter die Erfordernisse der Kapitalverwertung thematisiert. Ohne auf solche Versuche an dieser Stelle ausfilhrlicher eingehen und ihnen auch nur annähernd gerecht werden zu können, so scheinen sie doch - ungeachtet ihrer sonstigen möglichen theoretischen Vorzüge - gerade im Hinblick auf die uns hier beschäftigende Problematik heteronomer Arbeit kaum einen Erkenntnisfortschritt zu markieren. 1m Fall des Münchener 'Betriebsansatzes' etwa ist bisweilen die fatale Neigung spürbar, herrschaftstheoretisch in die Irre filhrende "Vorstellungen von schrankenloser Programmierbarkeit des Ausfilhrungshandelns"'·6 zu entwickeln, und im Fall des Frankfurter Ansatzes die Tendenz, die reelle Subsumtion als schicksalhaft voranschreitenden und sich bruch los vollendenden ProzeB zu begreifen. Solche objektivistischen Tendenzen und die Fokussierung ökonomietheoretischer Argumentationsstränge gelten, nach dem Urteil von Brandt, auch filr andere damalige arbeitssoziologische Versuche, die Formel von der Technikentwicklung als gesellschaftlichem ProzeB zu konkretisieren'·8: '.7 .. Kategorial gesehen halten sich [... ] die genannten Varianten industriesoziologischer Forschung fast durchweg im objektivistischen Bezugsrahmen der Kritik der politischen Ökonomie und privilegieren r_, "] die Ebene der Systeminlcgration auf Kosten der Sozialintegralion. Selbst auf die Nutzung hcrrschafts- und machtlheoretischer Ansätze wird eigenen Eingeständnissen zufolge weitgehend ven:ichtet (... ]."109 Und kaum Aufmerksamkeit erfahrt in jenem Zeitraum auch die kouzcptuelle und methodische Weiterentwicklung der empirischen Arbeitsanalyse. Im Rahmen der meisten Untersuchungen finden bei der Erforschung der Ebene des konkreten Arbeitsprozesses bzw. des Arbeitsplatzes nach wie vor die überkommenen normalwissenschaftlichen Analysekategorien und -instrumentarien Anwendung. Einige Ausnahmen sind freilich zu nennen: die Studie Rationalisierung, Krise, Arbeiter, der 'dynamische' Ansatz von Fricke und die Arbeiten der Projektgruppe Automation und Qualifikation. Rationalisierung, Krise, Arbeiter"· stellt nicht nur, wie angedeutet, im Hinblick auf die Dimension betrieblicher Politik, sondern auch im Hinblick auf die Heteronomieproblematik einen Schritt zur Weiterentwicklung und Öffnung des normalwissenschaftlichen Programms dar. Diese Öffuung zeigt sich zunächst im Rahmen der Bemühung, die Bedeutung von Arbeit filr die Arbeiter selbst systematischer als bisher zu ermitteln. So dient das Postulieren eines doppelten Bezugs der Arbeitenden auf die Arbeit - in der Arbeitskraft- 47 und in der Subjektperspektive -, auch in Aufnahme der Kritik an Industriearbeit und Arbeiterbewußtsein, einer angemesseneren Berucksichtigung der subjektiven Bedürfnisse und Leistungen der Arbeitenden in der Arbeit. Dabei kommen, durch Rückgriffaufvom symbolischen Interaktionismus inspirierte AnsAtze, die Mehrdeutigkeit und innere Widersprtlchlichkeit als normale Eigenschaften von betrieblichen Herrschaftssystemen und als Begründung ihres 'Subjektivitätsbedarfs' zugleich ins Spiel. "Der Arbeiter ist immer, also auch in der Arbeitssituation. zu unterschiedlichen Interprctationsleistungen aufgerufen, die er nur im Rückgriff auf den Fundus seiner biographisch erworbenen Ich-Identität bewältigen kann. Der Ausgangspunkt ist hier also die InterpretatioDsbedOrftigkeit sozialer Rollen und Nonnen. Daß Handlungssysteme Oberhaupt funktionieren, setzt bei den Individuen die Fähigkeit zur situationsspezifischen Interpretation gerade auch inkonsistenter und konfligierender Nonnen und RoIlenanforderungen voraus. Die Notwendigkeit. sich als Person in einen Handlungszusammenhang einzubringen (bzw. der Zwang zu einem Mindestmaß kreativer Deutung der Situation und seiner selbst), gründet in der Aufgabe, eben diese Inkonsistenzen von Norrnensystemen und die Widerspriichlichkeit von Handlungskontexten interpretierend zu überbrücken."111 Darüber hinaus macht die Ausweitung der Analyse auf Momente der Lohn-I Leistungsrelation deren große Bedeutung filr die Wahrnehmung des Herrschaftscharakters der Arbeit klar und scheint in dieser Beziehung auf eine Relativierung der traditionellen Analysedimensionen (Qualifikation, Belastung usw.) hinauszulaufen. 1I2 Parallel dazu machen die Forscher nunmehr die ..zunehmende Beherrschung des Produktionsprozesses durch den Betrieb"lIJ als zentralen Bestimmungsgrund von Rationalisierungsfolgen aus; in der Konsequenz wird damit, anders als früher, der betriebliche Herrschaftsanspruch zur- theoretisch freilich noch näher zu bestimmenden - bedeutsamen eigenständigen Analysedimension. Und bei der Betrachtung des 'arbeitspolitischen Konservativismus' der Beschäftigten schließlich - ihres tiefen Mißtrauens gegenüber jeglicher betrieblicher Neuerung - treten erneut Phänomene ins Blickfeld, die den spezifischen - und spezifisch widerspruchlichen und gebrochenen - 'Subjektivitätsbedarf' heteronomer Arbeit erhellen könnten: Formen der verdeckten, kreativen Problemlösung, des ..unreglementierten, セ・ゥァョュ¦」ィエG@ Vorgehens" 114 und der inoffizielen 'Rationalisierung in Eigenregie' der Arbeitenden. "s Fricke betont in seiner Studie Arbeilsorganisation und Qualifikation l16 - in Anlehnung an Lutz-die Bedeutung der 'autonomen' sozialen Gestaltung von Produktionsprozessen (im Sinne ihrer relativen Unabhängigkeit von technischer Funktionalität und ökonomischer Rentabilität) und den entscheidenden Einfluß der Arbeitsorganisation auf die Arbeit. Sein Blick richtet sich auf 48 entsprechende Gest.ltungsch.ncen und Alternativen - die er stets ansatzweise bereits artikuliert sieht im kooperativen Handeln der Arbeitenden selbst, das er als sowohl die etablierte Arbeitsnrganisation aktualisierendes, als auch diese transzendierendes zu fassen sucht. Damit wird die Untersuchung des Kooperationsprozesses zentral: "Er ist der soziale Ort zur Identifikation innovatorischer Potentiale im Industriebetrieb, ihrer Grenzen wie der Bedingungen zu ihrer Realisierung. "117 Sichtbar wird dies nur, wenn man über eine hinreichend differenzierte Vorstellung von betrieblichen Prozessen verfügt und diese bei deren Analyse systematisch berücksichtigt: .. Kooperation kann analysiert werden als Vollzug der fonnal im Betrieb geregelten Arbeitsorganisation [... ], als funktionales Handeln also nach festgelegten Regeln zur Erfüllung des Betriebszwecks. Es kann aber aucb [... ] nach den Ansatzpunkten arbeitsorganisatorischer Veränderungen im Arbeitsprozeß gefragt werden, nach den Abweichungen zwischen fonnat vorgeschriebener und tatsächlich vollzogener Kooperation also. Stellt man die Frage so. dann lassen sich im tä.glichen Arbcitsvollzug eiDe Reihe von Momenten entdecken. die auf eine veränderte soziale Gestaltung der kooperativen Arbeit zielen: einige von ihnen werden informell und sozusagen 'illegal' praktiziert, andere filhren zur Revision fannaler Organisationsregeln, wieder andere scheitern am Widerstand der fonnalen Organisation [... ]."118 Ziel des Frickeschen Ansatzes soll es sein, auf objektive Möglichkeiten und subjektive Potentiale hinzuweisen, die für eine Emanzipation industrieller Arbeit nutzbar ZU machen sind, deren Fluchtpunkt die Idee beruflicher Autonomie bildet. Jene Potentiale zeigen sich, so die Vorstellung, gerade in den verschiedenen Formen abweichenden Verhaltens in der Arbeit, des Nicht-Befolgens formaler organisatorischer Regeln. Für eine dynamische, an alternativer Gestaltung und Wandel der Arbeit orientierte Arbeitssoziologie rücken daher solche Phänomene in den Mittelpunkt des Interesses. Will man sie gebührend berücksichtigen, reicht die alte Defmition der technischen Arbeit, deren Anforderungen sich allein in Hinsicht auf ihren funktionalen Bezug auf die Technik bestimmen lassen sollen, keineswegs mehr hin. Notwendig wird eine "Defmition der Arbeit als Prozeß der aktiven und schöpferischen Auseinandersetzung mit Arbeitsaufgaben durch Einsatz von Qualifikationen im Arbeitsprozeß") t9 - von Qualifikationen, die neben ihren funktionalen stets auch innovatorische, die bestehenden Elemente der Arbeitsorganisation verändernde Aspekte besitzen. Auch die Projektgruppe Automation und Qualifikation gehört zu jenen Ausnahmen von der Regel. In dem Buch Widersprüche der Automationsarbeit t20 hat sie ihr Konzept und wichtige Ergebnisse aus ihrer langjährigen Forschung nochmals zusammengefaßt. Ausgehend von der Annahme, daß die neue Entwicklungsstufe der' Automationsarbeit' die Widersprüche zwischen Produk- 49 civkräften und Produktionsverhältnissen in neuartiger Weise aktualisiere und diese Widersprüche auch im konkreten Arbeitshandeln zu Tage treten müssen, versucht die Projektgruppe einen kategorialen Rahmen für die empirische Analyse der Arbeit zu entwickeln, der diese Widersprüchlichkeit einzufangen vermag. Sie versucht, dieser Widersprüchlichkeit durch Ausdifferenzierung der Arbeitsanalyse in die Dimensionen der' Anforderungen', der 'Aufgaben' und der 'Tätigkeiten' gerecht zu werden. Während die Anforderungen einen durch den Stand der Produktivkräfte konstituierten (und von den Forschern als "methodischeIr] Fluchtpunkt"l2l konstruierten) Möglichkeitsraum bezeichnen sollen, stellen die Arbeitsaufgaben im wesentlichen die aus der Aneignung dieser Möglichkeiten aus der Kapital- und Managementperspektive sich ergebenden 'offiziellen' Verhaltenszumutungen und Vorgaben für die Arbeitenden dar; die empirisch zu konstatierenden Tätigkeiten schließlich konzipiert die Projektgruppe als Resultat der aktiven Auseinandersetzung der Arbeitenden sowohl mit der (möglichen) Anforderungs- als auch der (wirklichen) Aufgabenstruktur. Insbesondere Widersprüche und Spannungen zwischen Aufgaben und Tätigkeiten sollen so - in der explizit politischen Perspektive einer emanzipatorischen Ausschöpfung jenes MögIichkeitsraumes an Anforderungen - systematisch von der Arbeitsanalyse in den Blick genommen werden. Docb sowohl der Ansatz von Fricke, als auch der der Projektgruppe Automation und Qualifikation sind eher zu den Unterströmungen der deutschen Arbeitsforschung zu rechnen. Sie haben die Ausrichtung der Hauptströmungen kaum zu irritieren und zu beeinflussen vermocht. Und auch Rationalisierung, Krise, Arbeiter ist eher Episode geblicben; die verschiedenen Vorschläge zur theoretischen Differenzierung (auch in herrschafts theoretischer Beziehung), die die Studie enthält, sind später selbst im engeren Göttinger Kontext allenfalls partiell wirklich aufgegriffen worden. Im nachhinein betrachtet erweist sich indes manches von dem, was hier nur angerissen werden konnte. als ein· leuchtender Hinweis auf Mllngel und Grenzen des normalwissenschaftlichen Programms. Wie diese Mängel und Grenzen in der Folge kritisch zu überwinden versucht wurden, ist im nächsten Abschnitt zu betrachten. 50 2. Die Wiederentdeckung der Herrschaft und die Kritik am normalwissenschaftlichen Arbeitsbegriff Etwa seit Beginn der achtziger Jahre ruhrt die Hinwendung zu handlungs· und akteursbezogenen Ansätzen zur weiteren Konkretisierung und Differenzie· rung der Perspektive betrieblicher Politik. Nachdem zuvor aus unterschiedlichen Grunden das Interesse an Herrschaftsfragen erlahmt war, wird nun ein neuer Anlauf genommen, sich mit dem Problem der Heteronomie auseinanderzusetzen. Aufkommende Begriffe wie Arbeitspolitik, Mikropolitik, Kontrolle, hetriebliche Sozialverfassung oder Sozialordnung signalisieren, daß sich die Aufmerksamkeit mehr und mehr dem Themenfeld 'Politik und Kontrolle im Produktionsprozeß' zuwendet. Parallel hierzu häufen sich Versuche - sei es ausgehend von theoretischen Erwägungen oder von empirischen' Anomalien', sei es aus dem Blickwiukel der Frauenforschung, der Arbeits- oder der Organisationssoziologie -, die Mängel und Einseitigkeiten des überkommenen Arheitsbegriffs zu überwinden. Der Strukturwandel gesellschaftlicher Arbeit, die damit zunehmende Relevanz immaterieller Produktionsprozesse im Dienstleistungs-, aber auch im Industriesektor, die Inforroatisierung materieller wie immaterieller Arbeit oder auch die Besonderheiten neuerer Rationalisierungsstrategien und Managementkonzepte bilden darur den Hintergrund. All dies bietet Anlaß, einen nicht mehr auf materielle, ausruhrende Produktionsarbeit eingeengten, in verschiedener Hinsicht erweiterten Begriff gesellschaftlicher Arbeit zu entfalten, der dann, unter anderem, auch dem Problem der Heteronomie in angemessenerer Weise Rechnung tragen müßte. Politik und Kontrolle im ProduktlonsprozeO Die Hinwendung zu diesem Themenfeld geht mit einer 'Renaissance' machtund herrschaftstheoretischer Diskussionen in der Arbeitssoziologie einher. Je nach empirischen Bezugspunkten und theoretischen Quellen lassen sich Unterschiede bei der Akzentsetzung in diesen Diskussionen ausmachen. Die empirischen Bezüge ergeben sich zunächst vielfach im Rahmen von 'Implementationsstudien' ; der Erforschung der Einruhrung neuer Techniken (I). Einen wichtigen Anstoß und auch wichtige Orientierungen hat die hierzulande dann geruhrte 'Kontrolldebatte' von der anglo-amerikanischen ' Labour Process Debate' erhalten. Auf einige Vorstellungen und Theoreme aus ihrem Kontext, die inspirierend wirkten, auch weithin akzeptiert zu werden schienen und gewiß bedeutsame Impulse rur eine kritische Theorie der Herrschaftsverhältnisse in der Produktion enthalten, ist im folgenden hinzuwei51 sen (2). Am Beispiel der wobl bekanntesten empirischen Srudie, die aus dem Zusammenhang der 'Labour Process Debate' hervorging, Burawoys Manujacluring Consent l21 , werden freilich auch Probleme und Grenzen deutlich, denen sich eine solche Theorie gegenüben;ieht, wenn sie zu eng den Vorgaben verhaftet bleibt, die sich aus einem traditionellen marxistischen Bezugsrahmen ergeben (3). (I) In der Perspektive betrieblicher Politik, die sich der Arbeitssoziologie nach dem Verblassen technologischer und dann auch ökonomischer Determinismen geöffnet hatte, besetzt zunächst in erster Linie das betriebliche Innovationshandeln das Fon;chungsinteresse. In wachsendem Maße werden die sozialen Prozesse bei der Einfilhrung neuer Techniken bzw. neuer technisch-organisatorischer Arrangements zum Untersuchungsgegenstand. Die konkreten "innerbetrieblichen Handlungskonstellationen"12J, die Interessen und Optionen der beteiligten Akteure l24 werden nun auszuleuchten ven;ucht, um Anhaltspunkte filr die Erklärung offensichtlicher Unterschiede beim Technikeinsatz und der Organisationsgestalrung- bei vergleichbaren ökonomischen wie techniscben Ausgangsbedingungen - ausfindig zu machen. Auch die zweite Kem/Schumann-Srudie reiht sieb in diese neue Forscbungsorientierung ein. Das Ende der Arbeitsteilung?l23 richtet den Blick auf Akteure, unte=biedliche Strategien und Fraktionierungen im Management und verwendet mehr Sorgfalt als viele frühere Srudien auf sozioökonomische wie technische Rahrnenbedingungen, die als Ressourcen und Einflußfaktoren des variierenden betrieblieben Rationalisierungshandelns in Frage kommen. 12. Die zentrale These, die Kern und Schumann aus ibren Befunden ableiten, bezieht sich hingegen bekanntlich wiederum auf die Entwicklung der Arbeit in der unmittelbaren Produktion. Hier attestieren sie "neuen Produktionskonzepten", die im Unterschied zu tayloristischen Formen der Arbeitsorganisation deutlich breitere und anspruchsvollere Arbeitsplatzdefinitionen mit der Tendenz zur Reprofessionalisierung von Produktionsarbeit von;ehen, zumindest in den unten;uchten Industriebranchen (Automobil bau, Chemische Industrie, Werkzeugmaschinenbau) realistische Durchsetzungschancen. Diese neuen Konzepte der Arbeitsgestalrung könnten sich zu einem neuen stilbildenden Muster der betrieblichen Arbeitskraftnutzung entwickeln, das den Übergang zu einer grundlegend neuen Verlaufsform kapitalistischer Rationalisierung anzeigen würde, die Kern und Schumann als "Neoindustrialisierung"l21 bezeichnen. In deren Kontext böten sich denn auch weitreicbende Möglichkeiten des Abbaus betrieblicher Herrschaft. So heißt es etwa: .,Heute bietet die in den industriellen Kemsektoren entstandene Dynamik mehr cィ。ョセ@ cen denn je, [.,.] die Heteronomie aus der industriellen Arbeit in einem Ausmaß auszu- 52 treiben, das nicht vernachlässigt werden kann,"118 Und weiter: ?,Erstmals in der g・セ@ schichte des Industriesys tems wird es mit der Neoindustrialisierung möglich, statt die Heteronomie in der Industriearbei t zu erhöhen, sie breitflächig zurückzudrängen und die Voraussetzungen filr kompetentes, selbstbewußtes Verhalten im ArbeitsproLeß entscheidend zu verbessern. [ ... ] Sicher: Die Systemhaftigkeit von Industrieproduktion und die damit verbundene Determination der Grunddaten von Arbeit sind im pイゥョセ@ zip unveränderbar. Doch kann heute immerhin der Durchbruch zur ProfessionalitAt von Industriearbeit gelingen - eine Zäsur, durch die nicht nur die Ansatzpunkte für Persönlichkeitsentwicklung im Arbeitsprozeß verbessert, sondern mit der [ ... ) auch die Voraussetzungen für autonomes Tun außerhalb der Arbeit erhöht werden."129 Wie begründet die empirischen und interpretatorischen Annahmen sein mögen, die in solchen Aussagen zum Ausdruck kommen, wurde zum Gegenstand heftig geführter Debatten. 130 Die Form der Aussagen scheint die alte, bereits betrachtete Unterscheidung von Wesen und Erscheinung gesellschaftlicher Herrschaft auf einer anderen Ebene zu reproduzieren und bereitet damit die doppelbödige und mißverständliche Art der Thematisierung der Heteronomieproblematik vor, mit der wir auch heute zum Teil noch konfrontiert sind. Wir werden im nächsten Abschnitt auf sie zurückkommen und möchten hier nicht vorgreifen. Es mehren sich jedenfalls, wie gesagt, die Versuche, die betriebspolitische Vermittlung der unternehmerischen Verwertungs- und Innovationsstrategien mit einem eigenständigen analytischen Zugriff einzufangen. Da gleichzeitig die Informationstechnologie eines der Hauptinstrumente solcher Strategien darstellte, entstehen in den achtziger und neunziger Jahren zahlreiche Untersuchungen, die bemüht sind, "mit den Kategorien 'Politik' und 'Kontrolle' einen Zugang zur Analyse der Veränderungen des Sozialsystems in Organisationen unter Bedingungen der Einführung von informationstechnologisehen Systemen zu gewinnen."131 Es entwickeln sich gar Bestrebungen, aus der Thematik eine eigene Teildisziplin 'Arbeitspolitik' - im Grenzbereich von Arbeitssoziologie, Industrial Relations, Politikwissenschaft und Arbeitsrecht - zu formen. Ein bald erschienenes Lehrbuch gibt folgende Definition des Gegenstands einer solchen Teildisziplin: .. Unter Arbeitspolitik wird der Prnzeß der Einflußnahme von betrieblicben, überbetrieblichen und staatlichen Handlungsträgem auf die Organisation des Arbeits· und Produktionsprozesses und seine sozialen Folgewirkungen - unter Berücksichtigung unterschiedlicher Interessenlagen - verstanden,"131 Wenn also immer mehr von Arbeitspolitik die Rede ist, so in erster Linie in diesem Sinne: als Politik oberhalb und in Bezug auf die Arbeit - nicht in der Arbeit selbst. Gleichsam die große Politik von ' korporativen' Akteuren: Unternehmerverbände, Gewerkschaften, Staat, danehen noch Management und 53 Betriebsrat, steht deutlich im Vordergrund. Es geht um die Gestaltungsspielräume und -alternativen ihrer Einflußnahme aufProduktionsformen und Arbeitsstrukturen. Eine so gefaßte 'arbeitspolitische' Forschungsorientierung mußte am normalwissenschaftlichen arbeitssoziologischen 'Kanon' nichts ändern. Eine so verstandene 'Politik' betraf und beeinflußte den Rahmen der Arbeit, die Formen ihrer Regulierung. 133 Diese selbst hingegen ließ sich weiterhin mit dem vorhandenen Analyseinstrumentarium 'beforsehen '. Die betriebspolitischen Verhandlungs- und Entscheidungsprozesse sind jedoch - so eine frühe Erkenntnis in der Diskussion - nur als Spitze des Eisbergs zu betrachten. lenseits und unterhalb der im Zuge der 'Implementationsforschung' in extenso untersuchten offiziellen Politik wuchert ein schwer zu entwirrendes Gestrüpp 'mikropolitischer' Prozesse und Arrangements. 134 Den Boden für dessen Erforschung hat nicht zuletzt die Rezeption der 'Labour Proeess Debate' geebnet. (2) Bravermans Labour and Monopoly Capital 135 gilt heute, bei aller berechtigter Kritik, als eines der bedeutendsten intellektuellen Ereignisse der letzten 2S lahre in den englischspraehigen Sozialwissenschaften. 136 Dieser anspruchsvolle Versuch, eine marxistische Theorie des Produktionsprozesses im Zeitalter des Monopolkapitalismus zu formulieren, löste jene lebendigen Debatten und vielfaltigen Forschung5bemühungen in den USA und in Großbritannien aus, die unter dem Titel der 'Labour Proeess Debate' bekannt geworden sind. Die wichtigen Kritikpunkte am Werk von Braverman wurden auch zu deren zentralen Diskussionslinien: der 'technische' Qualifikationsbegriff, die an eine Romantisierung des Handwerks geknüpfte Vorstellung von der Cdegradation ofwork" die Konzentration auf den 'shop floor' die Identifikation des Taylorismus mit der Logik des Kapitalismus und die vernachlässigte Frage der Subjektivität und des Widerstandes. 13? Das Themenspektrum der Debatte ist zu breit, als daß wir es hier auch nur annähernd durchmessen könnten. Es gilt, auf einige wichtige Bezugsprobleme und Argumentationsfiguren hinzuweisen, die neue Einsichten vermitteln können. Den Springpunkt der Debatte bildet die spezifische Unbestimmtheit des Arbeitsvertrages, der, anders als gewöhnliche Kaufverträge, durch seine Offenheit, was die konkreten Leistungen des Verkäufers betrifft, gekennzeichnet ist. Ist dies einerseits aus der Käufersicht funktional, da die betrieblichen Nutzungsbedingungen sich in ständigem Wandel befinden, sind damit gleichzeitig Abhängigkeiten von der Subjektivität des Arbeitenden gesetzt, und das Einfallstor filr 'Politik' ist geschaffen: Es kommt zu einer .,Überlagerung von Dispositionssphären, die rechtlich nicht entwirrt werden können"l3H. Der Arbeitsvertrag umgrenzt das Feld, auf dem die Auseinandersetzung um die 1 S4 Nutzung der Arbeitskraft stattfindet, bei der es dem Unternehmen gelingen muß, "die von ihm gekaufte und ihm rechtmllßig zustehende Arbeitszeit tatsächlich in verausgabe Arbeit umzusetzen"139, während die Arbeitenden bestrebt sind, sich vor 'Vernutzung' zu sichern und sich damit 'marklflihig' zu halten sowie "an ihrem Widerstand dagegen festhalten, wie eine Ware behandelt zu werden."I'O So wird die asymmetrische gesellschaftliche Beziehung zwischen Käufer und Verkäufer der 'Ware' Arbeitskraft "in jedem einzelnen Arbeitsvollzug zum Streilpunkt und zum Thema bewußt oder unbewußt, kollektiv oder individuell ausgetragener Konflikte", eben "des Klassenkampfes in seiner elementarsten Form'·141. Die Unbestimmtheit des Arbeitsvertrages begründet die Notwendigkeit von Herrschaft und Kontrolle im Produktionsprozeß und deren Widersprüchlichkeit zugleich. Der kapitalistische Anspruch auf völlige 'Fremdsetzung' der Arbeitsbedingungen, auf totale Beherrschung erweist sich als uneinläsbar. Die Transformation von Arbeitsvermögen in Arbeitsleistung ist und bleibt ein Dauerproblem, dessen 'LOsung' nur in stets labilen, au!kündbaren, temporären Arrangements möglich. Damit eröffnen sich nicht nur Spielräume für 'eigensinniges' Verhalten und für 'Mikropolitik'. Es zeigt sich, daß die Selbsttätigkeit der Arbeitenden sogar nötig ist, um den Arbeitsprozeß fortzusetzen. "Ohne die engagierten Interpretationsleistungen und Zu-Taten der Subjekte filhrte ein 'Dienst nach Vorschrift' in heillose Verwirrung und Blokkade."142 Die Widersprüchlichkeit der Herrschaft über Arbeit ist eine doppelseitige, sie betriffi, wie Cressey und Maclnnes l43 argumentieren, sowohl das Kapital bzw. das Management als auch die Lohnabhängigen. Einerseits ist das Management gezwungen, seine Herrschaft über den Produktionsprozeß und die Disziplinierung der Arbeitenden durch Marktmechanismen, Kontrollstrategien, Technisierung, Arbeitszerlegung etc. durchzusetzen und aufrechtzuerhalten; andererseits ist es auf die kreativen und produktiven Potentiale der lebendigen Arbeit angewiesen, um Gebrauchswerte produzieren zu können, was zugleich Kooperation und Konsenssuche erforderlich machl. Auch filr die Arbeitenden ist die Situation höchst zwiespältig. Einerseits versuchen sie, auf mannigfaltige Weise gegen den Herrschaftsanspruch des Managements und ihre Behandlung als Ware Widerstand zu leisten; andererseits geht mit ihrem Interesse am Erhalt des Arbeitsplatzes auch ein Interesse am Überleben 'ihres' Unternehmens einher, was sie dazu bringt, sich mit den Vorgaben und Zumutungen zu 'arrangieren' .144 Diesem doppelt widersprüchlichen Spannungsfeld, als das sich der Arbeitsplatz in kapitalistischen Organisationen somit darstellt, wird weder der Topos der reellen Subsumtion der Arbeit 55 unter das Kapital, noch die Analyseperspektive und das Instrumentarium einer auf 'Beruflichkeit' fixierten Arbeitssoziologie gerecht. Die beiden Widerspruchspole in der Kapitalperspektive transformiert Friedman gleichsam in zwei idealtypische, extreme Kontrollstrategien: die der 'verantwortlichen Autonomie' und die der 'direkten Kontrolle'. Beide können wiederum - dem eben Gesagten zufolge - keine Allheilmittel sein, sondern treiben selbst wieder je spezifische Widersprüche und Folgeprobleme hervor: "Das Zwangsregime der direkten Kontrolle provoziert neben Infantitisierung und Desinteresse vor allem Widersfand [ ... ], der in einer eskalierenden Kontrollspirale wiederum beherrscht werden muß, so daß schließlich aufunproduktive Kontrolle ein immer größerer Anteil des Zeit- und Kostenbudgets des Managements entfällt. (._. J Die Vertrauensstrategie der verantwortlichen Autonomie setzt eine umgekehrte Spirale [ ... ] in Gang: die Vorrechte des Managements werden durch eine immer selbstbewußtere und informierte Belegschaft zunehmend in Frage gestellt. denn letztlich läßt sich Autonomie nicht auf 'den Arbeitsplatz' beschrAnken, sondern weitet sich zu einem umfassenden Anspruch auf Mitbestimmung und Teilhabe aus, was dem Imperativ der Kapitalakkumulation widerspricht. Es ist deshalb nicht überraschend, wenn die Zauberlehrlinge, die es mit Einbindungsslrategien versucht haben, händeringend [ ... ] darum bemüht sind. die Geister, die sie riefen, in Schach zu halten [... ]."I"S Die Grenzen jeglicher Managementkontrolle werden plastisch sichtbar. Littler tormuliert die These, daß alle Kontrollpraktiken im Laufe der Zeit verschleißen, ja zerfallen, weil sie aufgrund ihrer Widersprüchlichkeit an Wirksamkeit verlieren. 146 Starke Zweifel am 'Strategie'-Status der Managementpraktiken kommen in der Diskussion auf, die insgesamt zunehmend den Blick auf die Handlungsbedingungen des Managements richtet (als den 'Produktionsbedingungen' von Leitung und Kontrolle). Das Management selbst erscheint als widersprüchlicher sozialer Akteur mit einer komplexen, heterogenen Aufgabenstruktur und intern wie wechselseitig zum Teil widersprüchlichen Funktionsbereichen.!<7 In diesem Zusammenhang erlangen auch die Ideologien des Managements, die seine Herrschaft legitimieren sollen, verstärkte Aufmerksamkeit. Ebenfalls fast zwangsläufig kommt man zu der Frage nach der Konstitution und den Formen und Bedingungen der Nutzung jener Subjektivität, auf die das Management doch angewiesen ist. Hier läßt sich im Rahmen der 'Labour Process Debate' in den letzten Jahren freilich wieder eine starke Tendenz feststellen, die arbeitenden Subjekte vor allem als gut funktionierende 'Produkte' der Kontroll- und Sozialisationstechniken des Managements aufzufassen. Die neuen Managementstrategien erscheinen bisweilen als endlich doch noch gefundene Strategien einer effektiven Totalisierung der Kontrolle über das Subjekt, "die es zwingen, an der fortwährenden Selbstdisziplinierung 56 mitzuwirken, sie aktiv und 'freiwillig' selbst zu besorgen."I<! Nicht zuletzt vermittelt über eine breite Foucault-Rezeption, haben sich entsprechende Argumentationsmuster in der Debatte etablien. Demnach impliziert zwar jede Macht den Widerstand der Subjekte, doch ist dieser Widerstand niemals fahig, der Kontrolle zu entgehen und einen wirklichen 'Eigensinn' zu entfalten. Der Widerstand bleibt immer reaktiv und vor allem funktional für den Machterhalt bzw. eine Voraussetzung für weitere Machtsteigerung. Durch den Widerstand erkennt die Macht, wo sie noch unvollkommen ist. 149 Ironischerweise scheint damit die 'Labour Process Debate' wieder bei einem ihrer Ausgangspunkte angelangt zu sein: der seinerzeit an Braverman gerichteten Frage, wo denn bei ihm der Widerstand, das abweichende Verhalten und die Subjektivität der Arbeitenden geblieben seien. ISO In gewissem Sinne sind indes die angedeuteten Argumentationsmuster so neu gar nicht. Schon in dem einflußreichen Buch von Burawoy finden sie sich vorgezeichnet. (3) Während der Marx.ismus - und zuletzt Braverman - allzu oft die Arbeiter als bloße Objekte von Ausbeutung und Herrschaft betrachtete, blieb es, wie Burawoy feststellt, der (amerikanischen) Industriesoziologie überlassen, die subjektiven Momente der Arbeit zu betonen, die Vorstellung eines 'subjektlosen ' Subjekts zu bekämpfen und die allenthalben im Arbeitsalllag präsenten Formen des Widerstands zu thematisieren. 1S1 Burawoy versucht, aus einer marxistischen Perspektive jenen subjektiven Momenten gerecht zu werden. Auf Basis seiner eigenen empirischen Forschung muß er anerkennen, daß esselbst in rigide laylorisienen Strukturen-ein breites Repertoir an Variationsund Kompensationsmöglichkeiten im Arbeitsprozeß gibt, eine Masse kleiner selbstbestimmter Akte, die als befriedigend erlebt werden. Burawoy hat durch teilnehmende Beobachtung - in direkter Nachfolge der bekannten Fallstudie von Roy - die selbstorganisierten 'Making-out'-Praktiken von LeistungsIOhnern in einem metallverarbeitenden Betrieb untersucht und kommt dabei zu Befunden, die dem auch von Braverman kolportierten Bild vom passiven, die Maßnalunen des Managements und die technisch-organisatorischen Zumutungen nur erleidenden Arbeiter diametral entgegengesetzt sind: "We havc seen, how operators, in order to make out at all, subvert rules promulgated from on high, ereate informal aLliances with auxiliary workers, make their own tools, and so on. In order to produce surplus valuc, workers have had to organize their relations aod activities in opposition to management [ ... ]. We sball see [... ] how workers activcly strugglc against management to defend tbc conditions for producing profit."':52 Eine konkrete Dialektik heteronomer Arbeit zeichnet sich hier ab. Ohne die Selbsttätigkeit der Beherrschten funktioniert das System nicht, das sie beherrscht: 57 "Unabhängig davon, wie vollständig Tätigkeiten durch technische und bOrokratische Kontrolle vorgeschrieben, bewertet und sanktioniert werden, die Kontrolle kann und darf die spontane Kooperation der Arbeiter, die für die Produktion notwendig ist, nicht eliminieren, Arbeit nach Vorschrift ist das wirksamste Mittel zur Unterbrechung des Arbeitsprozesses. Falls es dem Kapitalismusjemals gelänge, Arbeiter aufkonditionierte Automaten zu reduzieren, so würde dies den unmittelbaren Zusammenbruch des Produktionsprozesses bedeuten. Der Traum der Manager wOrde zum Alptraum, Der Kapitalismus ist abhängig von der schöpferischen Tei lhabe der unmittelbaren pイッ、オセ@ zenten,"I.SJ Doch bleibt von dieser Abhängigkeit und von der Selbsttätigkeit der Arbeitenden, die seine Befunde belegen, nach den theoretischen Anstrengungen Burawoys so gut wie nichts mehr übrig. Stets ist das Management laut Burawoy in der Lage, seine Abhängigkeit gleichsam wiederum zu kontrollieren, ja umzumünzen in die scheinbar selbstbestimmte Folgebereitschaft der Arbeitenden. Das Management weist ihnen 'Arenen' zu, in denen ihre Selbsttätigkeit in Form von 'Spielen' zugleich sich austoben, Managementfehler ausbügeln und den nötigen Konsens erzeugen kann. Durch das 'Spiel', dessen Regeln ganz ebenso wie die Motivation seiner Spieler vom Management definiert werden können, wird die individuelle unter die kapitalistische Rationalität subsumiert. ". Alle empirisch beobachtbare Selbsttätigkeit ist daher letztlich fast nur notwendiger Schein, unter dessen Schleier Konsens erzeugt und die Mehrwertproduktion verdeckt und abgesichert werden. Weder impliziert sie wirklich abweichende Orientierungen, noch ist sie wirklich als unvorhersehbare, kreative Eigeninitiative der Arbeitenden zu fassen. ISS Am Ende von Burawoys Theoretisierungsversuch ist sie schlicht wieder ein notwendiger Bestandteil des Systems, und alles, was auf Dauer Bestandteil des Systems ist, ist notwendig zur Aufrechterhaltung des Systems, und was das System aufrechterhAlt, stärkt die Macht und Kontrolle des Managements ... Durch diesen funktionalistischen Zirkel hat sich die partielle Ohnmacht des Managements auf wundersame Weise in dessen Allmacht verwandelt. Die konkrete Dialektik der heteronomen Arbeit ist wieder stillgestellt. 'S6 Alles deutet hingegen darauf hin, daß das, was Burawoy teilnehmend beobachtet hat, keine Fabrikation von normativem Konsens war. Das Faktischedas Mitmachen und Mitspielen - läßt keineswegs einen direkten Schluß aufs Normative zu. Festzuhalten gilt es vielmehr, daß das Mitspielen auch als Selbsttätigkeit erfolgt, gleichsam im Medium selbsterzeugter, 'autonomer' sozialer Regeln, die gerade nicht von vornherein Systemkonformität garantieren. Sie bleiben für unterschiedliche, alternative Interpretationen offen. 58 "Das 'manufacturing consent' basiert auf einer faktischen und überdies begrenzten Akzeptanz bestimmter Regeln sozialer Interaktion und Kooperation aufBetriebsebcne; weder setzt es nonnativen Konsens voraus, noch kann es ihn erzeugen. [, .. ] Weil zentrale moralische Images moderner kapitalistischer Gesellschaften slrukturell offen sind gegenüber schichten- und gruppenspezifischen Interpretationen, ist davon auszugehen, daß sie in ihrer Anwendung aufbelriebliche Arbeits- und Herrschaftsbeziehungen eine 'subversive Kraft' beinhalten, die der Herstellung eines nonnativen Grundkonsenses prinzipielle Grenzen setzt; dies gilt in besonderem Maße ruf ein Image wie das der ' Demokratisierung' ,.,157 Pliidoyers für Revisionen des Arbeitsbegriffs Für Revisionen des engen Arbeitsbegriffs, der dem alten Entwicklungsparadigma korrespondiert, besteht genügend Anlaß. Plädoyers fiir eine solche Revision speisen sich aus unterschiedlichen Quellen. So kommen in der feministisch orientierten Forschung neben dem - bereits zu Beginn dieses Kapitels vermerkten - Hinweis auf die Ausblendungen des gängigen vorurteilsbeladenen, erwerbsarbeitszentrierten Begriffes von Arbeit auch noch andere Momente von Heteronomie ins Spiel (I). Angesichts des Bedeutungszuwachses bestimmter immaterieller Arbeitsarten im Zuge des gesellschaftlichen Strukturwandels und der Informatisierung der Produktions prozesse werden zuvor unterhelichtete Dimensionen von Arbeit besser sichtbar und drängen zu theoretischen Korrekturen (2). Und auch der 'normale' Gang arbeitssoziologischer Forschung - freilich zum Teil abseits der traditionell bevorzugten Forschungsdomänen -liefert wichtige Beiträge zu herrschaftstheoretisch relevanten Revisionen des Arbeitsbegriffs (3). (I) Daß die traditionelle Arbeitssoziologie zum Gutteil 'geschlechtsblind' geblieben ist, zeigt sich sowohl in ihrer zu Beginn dieses Kapitels erwähnten Übernahme der gesellschaftlich gültigen Gleichsetzung VOn Arbeit mit Erwerbs- bzw. Lohnarbeit als auch beispielsweise in ihrem Verständnis von Arbeils-'Qualifikation', das geschlechterspezifische und -hierarchische Zuschreibungen und Unterscheidungen umeflektiert mittransportiert. ls , Es sind indes Frauen und Männer, die die Materie auf oder nahe der Erdoberfläche verlagern und andere Frauen und Männer anweisen, es zu run. Und da diese Frauen und Männer als soziale Gruppen, in gesellschaftlich institutionalisierter Form, zueinander in spezifischen Beziehungen stehen, prägen diese Beziehungen - als 'Geschlechterverhältnis' - auch die Institution der Arbeit. Feministisch orientierte soziologische Analysen betrachten Geschlechterverhältnisse als genuine Herrschaftsverhältnisse, die zwar mit anderen Vergesellschaftungsmechanismen verschränkt und durch diese vermittelt sich 59 durchsetzen, aber auf diese nicht reduziert werden können. Geschlechtsspezifische Zuweisungen und Ausgrenzungen bilden eine eigene Quelle gesellschaftlicher Heteronomie. In dieser allgemeinen Perspektive werden auch Arbeit und Arbeitsorganisation zu wichtigen Themenfeldern der Frauen: forschung. Das Geschlechterverhältnis differenziert und hierarchisiert vor allem die Arbeitsmärkte und strukturiert auch die Produktionsprozesse mit: in Gestalt vertikaler Trennungslinien zwischen Berufen, Tätigkeiten, ja Lebensbereichen und entsprechender Über- und Unterordnungsverhältnisse einer geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung.I>9 Dem empirischen Nachweis solcher in die gesellschaftliche Organisation der Arbeit eingelassener heteronomer Geschlechterverbältnisse und ihren Konsequenzen widmet sich eine Vielzahl von theoretisch unterschiedlich ansetzenden Studien, die hier nicht im einzelnen betrachtet werden können. 160 Entgegen der Annahme einer vermeintlichen kapitalistischen Tendenz zu allgemeiner Austauschbarkeit der Arbeitenden und zunehmender Nivellierung von Differenzen zeigt sich in diesen Studien immer wieder die beharrliche Relevanz der Polarisierung und Hierarchisierung der Geschlechter auch in der Produktionssphäre. Jede Betrachtung von heteronomen Arbeitsverhältnissen - der Reiche der Notwendigkeit, des Sachzwangs und der ökonomischen Rationalität- hat deshalb die grundlegende Bedeutung des Geschlechterverhältnisses auch filr diese Praxisfelder zu berücksichtigen. 161 Aus der Perspektive des Geschlechterverhältnisses betrachtet, erweisen sich dann jene Sachzwänge und jene Rationalität in einem weit größeren Ausmaß als Formen von 'Rationalisierung' und Ideologie, als es sich die traditionelle Arbeitssoziologie je eingestand. 162 So ist es insbesondere auch die große Bedeutung von - allgemein gesprochen - heteronomen kulturellen Orientierungen, zu denen die feministische Forschung Zugänge eröffnet und die sie als nicht zu vernachlässigenden Aspekt einer kritischen arbeitssoziolog;schen Analyse nachdrücklich ins Spiel bringt. Ein damit zusammenhängender Gesichtspunkt dürfte filr uns besonders wichtig sein: der Hinweis darauf, daß bestimmte Tätigkeitsbereiche und -dimensionen gesellschaftlich gar nicht als Arbeit anerkannt bzw. als solche unsichtbar gemacht und gehalten werden. Dies betrifft einerseits die 'externen' Reproduktionsvoraussetzungen des Erwerbsarbeitssystems (die vorrangig Frauen zugewiesene unbezahlte Hausarbeit), andererseits aber auch 'interne' Momente und Funktionsbedingungen besonderer Art. Sie kommen hier als spezifiscbe nicht-formalisierte Qualifikationen und Verhaltenspotentiale eines 'weiblichen Arbeitsvermögens' - etwa durch Erfahrungswissen, Intuition, Fürsorglichkeit, Geduld charakterisiert - in den Blick. Offiziell als sol- 60 ehe in weiten Teilen des Erwerbssystems kaum abgefordert, ja in gewisser Hinsicht verpönt und ausgegrenzt, sind solche Qualifikationen doch für die Aufrechterhaltung des 'Betriebs' in jedem Fall funktional notwendig und unerläßlich. Einem allein auf die 'fachlichen' Qualifikationen und die 'technische' Arbeit abhebenden Arbeitsbegriffmüssen solche verdrängten und zugleich notwendigen Momente des Arbeitshandelns entgehen. (2) Der tiefgreifende Strukturwandel gesellschaftlicher Arbeit und die gleichzeitige 'Informatisierung' der materiellen wie immateriellen Produktionsprozesse lenken den Fokus soziologischer Betrachtung zunehmend weg von der klassischen Industriearbeit. An diese Verschiebung knüpfen eine Reihe von Überlegungen an, in deren Konsequenz wichtige Differenzierungen und Erweiterungen des soziologischen Arbeitsbegriffs liegen. Vor allem mit der Informatisierung treten Produktionsprozesse verstärkt als Wissen voraussetzende, erzeugende und transformierende soziale Prozesse in den Blickpunkt. Der Betrieb wird als komplexes Informationssystem konkret erkennbar, in dem den materiellen wie immateriellen 'Realprozessen' in vielfaltiger Weise aufeinander bezogene und voneinander abhängige Prozesse der 'Modellierung' von Produktionszielen und Arbeitsprozessen parallel laufen und mit diesen interagieren. 163 Der Akzent verschiebt sich vor diesem Hintergrund auf Arbeit als Interaktion und Kommunikation. Damit werden - angesichts spezifischer Rationalisierungsanstrengungen - bestimmte Aspekte von Arbeit, die schon immer wesentlich sind, erst als solche deutlich ins soziologische Bewußtsein gehoben . ..Die Konturen des bisherigen ArbeitsbegrifTs wurden vor allem durch die pbysikalischorgsolschcn Prozesse des . Stoffwechsels mit der Natur und durch den instrumentellen Umgang mit dcn Dingen vorgezeichnet. [... ] Dieses stoffliche und instrumentalistische Verständnis der Arbeit verhinderte [... ] ruf lange Zeit, daß die interaktiven und kommunikativen Aspekte der Arbeit wahrgenommen und angemessen sozialtheoretisch begriffen wurden."I64 nWenn die Arbeit im mechanischen und energetischen Sinn nicht mehr der zentrale Bezugspunkt der industriellen Entwicklung ist, sondern Aspekte der Information und Regelung in technischen Systemen in den Vordergrund rücken, dann stellt sich auch die Frage nach der Neufassung und Neubewertung des klassischen ArbeitsbegrifTs in der Soziologie." 16!1 t Der arbeitssoziologische Blick blieb vielfach auf das Russellsche Verlagern von Materie beschränkt: auf Tätigkeiten mit hoher Energieumwandlung und, vermeintlich. geringem Niveau an Infonnationsverarbeitung. "Bei einem solchen halbierten Arbeitsbegriff blieben in der Regel alle jene Arbeitstätigkeiten ausgeblendet, die sich nicht dem Schema der Stoffgewinnung, der Stoffumwandlung und des Energieumsatzes fügten, und auch all jene Aspekte von Arbeitstätigkeiten, die sich nicht instrumentell daraufbeziehen ließen. 61 Darunter fallen die informationsschaffenden, -verarbeitenden und -übermittelnden Tätigkeiten und die Aspekte der Wahrnehmung, der Interaktion und Kommunikation,"166 Gefordert wird nun, das industrialistische Konzept ausfuhrender Fabrikarbeit durch ein kommunikationstheoretisches Modell organisierter Arbeit, in dem die kommunizierenden Subjekte zu ihrem Recht kommen, zu ersetzen. 167 Gerade in hochtechnisierten und computerisierten Arbeitssystemen besteht ein großer und vielgestaltiger' Subjektivitätsbedarf' im Hinblick auf Applikation, Kontrolle und Flexibilisierung dieser Systeme, 168 Betrachtet man diesen offensichtlichen funktionalen Bedarf an ordnungsstiftender Subjektivität in informatisierten Systemen genauer, wird deren generelle Bedeutung in Organisationen klar, Diese notwendige "lokale und situative 'Selbstorganisation'''169 ergibt sich schon, wenn man Organisationen als bloße Strukturzusammenhänge mit bestimmten funktionalen Erfordernissen thematisiert und noch ganz außer acht läßt, daß sie gleichzeitig aus Akteuren mit unterschiedlichen Interessen bestehen, Sie zeigt sich gerade im Umgang mit komplexen Maschinensystemen, in denen die Reduktionen sinnhafter Verweisungshorizonte, die jede Technik darstellt, in präzise festgelegten Sequenzen klar umschriebener Problembearbeitungsoperationen gleichsam' eingefroren' sind,l7o ,,Als sinnhaft operierende Systeme vennägen Personen die durch Technik ausgeschlossenen Sinnverweisuogen potentiell zu restituieren. In personalen Systemen ist Technik eben nicht eingefroren, sondern immer nur in einem gleichsam halb flüssigen Zustand und dadurch jederzeit verfl11ssigbar. Die durch die jeweilige Technik gesetzlen Grenzen sinnbaften Opericrens können überschritten werden. Diese ihrer Subjeklivitat innewohnende Fähigkeit personaler Systeme zur Techniktranszendenz ist der Schlüssel zum Subjektivitätsbedarf hochtechnisierter Produktionsorganisationen. [ ... ] Maschinensysteme mOssen mit personalen Systemen verkoppelt werden. Die Utopie der menschenleeren Fabrik ist eine technokratische Illusion. Denn allein Subjektivität vermag die durch Technik ausgegrenzten Verweisungshorizonte im Bedarfsfall wieder einzubeziehen, die im maschinellen OperationskalkUI nicht vorgesehenen Umweltgegebenheiten zu bestimmen und in maschinell traktierhare zu überführen."111 Ohne solche systemtheoretischen, ihrerseits noch reichlich technokratischen Formulierungen und eine Stufe differenzierter hat Böhle den 'dialektischen' Zusammenhang von TeChnisierung und Subjektivität zu fassen versucht. Nach seinen Forschungen korrespondiert der Arbeit im hochtechnisierten Umfeld gleichsam eine doppelte Anforderungsstruktur, Zum einen muß sich das Arbeitshandeln an den Maximen eines objektivierenden - an der verstandesmäßigen Erfassung 'objektiver' Informationen auf der Grundlage kategorialen und formalisierbaren Wissens orientierten - Handelns ausrichten, die 62 den Arbeitenden auch in der Auslegung der techniscben Systeme und der 'Mensch-Maschine-Schnittstellen' computerisierter Kontroll- und Steuerungsapparaturen in vergegenständlichter Fonn gegenübertreten. 172 Doch zwischen solchen aus den in den Rechnennodellen erfaßten Parametern und Prozeßverläufen abgeleiteten 'objektiven' Handlungsanforderungen und dem realen ArbeitsbandeIn besteben erbebliche Diskrepanzen. Die Grenzen der technisch-wissenschaftlichen Beherrschung führen dazu, daß kompensierende und korrigierende menschliche Eingriffe in die Prozeßverläufe eher die Regel sind. Oft verdeckt erfolgend, machen diese Eingriffe die Notwendigkeit von Formen objektivierenden Arbeitshandelns nicht hinfallig, zeigenjedoch, "daß sie in der Praxis verschränkt sind mit Arbeitsweisen, die einer anderen 'Logik' folgen und die im konkreten Fall entweder alternativ oder ergänzend zu einem objektivierenden Handeln zur Anwendung kommen."173 Erkennbar wird eine anders geartete, eigenständige 'Methode' des Arbeitens, die weder dem objektivierenden Handeln unterlegen noch durch dieses ersetzbar ist: subjektivierendes Arbeitshandeln. Bei diesem Handlungsmodus ist die sinnliche Wahrnebmung nicht von persönlicber EinfUhlung abgelöst und verstandesmäßigen Denkprozessen untergeordnet; werden ein sinnlich strukturiertes Gedächtnis und assoziativ bildliches Denken einbezogen; sind subjektives Nachvollziehen, Identifikation und Empatbie die Voraussetzungen des Erkennens; werden Gemeinsamkeiten und Ähnlichkeiten zwischen Subjekt und Objekt der Arbeit zu Bezugspunkten. 17. Diese Art des 'aneignenden' Arbeitens erweist sich einerseits als notwendig und muß vom Betrieb stets genutzt werden, wird andererseits aber immer wieder durch die einseitig auf objektivierendes Arbeitshandeln ausgerichtete technisch-organisatorische Entwicklung 'negiert': "Objektivierendes und subjektivierendes Handeln sind zwar in der konkreten Bewllltigung der Arbeitsanforderungen aufeinander verwiesen, geraten mit dieser Entwicklung aber in ein widersprüchliches Verhältnis. Das widersprilchliche Moment dieser Entwicklung liegt dabei aber nicht in einer vollständigen Zurückdrängung oder Erosion subjektivierenden Handeins, sondern vielmehr in dem prekären Verhältnis zwischen seiner faktischen Nutzung (Notwendigkeit) und gleichzeitigen Geflhrdung. Widersprachlich meint hier nicht einen einfachen Gegensatz, sondern bezieht sich auf 'Einheit' wie auch 'Gegensatz'. als sicb wechselseitig bedingend und zugleich - in seiner konkreten Ausformung - ausschließend. "17' Eine ähnlich gelagerte 'Entwicklungsdialektik' macht auch Malsch bei seiner Analyse der im Zuge der Inforrnatisierung angestrebten Umwandlung von Erfahrungswissen in Planungswissen aus. Er formuliert die analoge These, daß die Computerisierung der Produktion zwar zur 'Formierung' von Erfahrungswissen, Eigensinn und kommunikativer Kompetenz fUhrt, gleichzeitig 63 aber aufparado"e Weise zu deren Erneuerung beiträgt. Dies erkläre sich aus dem Umstand, daß die Informatisierung von Erfahrungswissen zugleich auf neue Formen des reflexiven Umgangs mit Informationen und der 'Selbstbeobachtung' der Arbeitenden angewiesen sei. 176 Die Transformation von Erfahrungs- in Planungswissen ist somit als nicht abschließbare Kreislaufbewegung von Wissensgewinnung, Wissensobjektivation und Verwissenschaftlichung sowie der Wissensrückkehr in einen Anwendungskontext (den Produktionsprozeß) zu fassen. Im Zuge der Informatisierung bildet sich nun, so Malseh, ein neuer Modus der Wissensobjektivation heraus: Umfang, Systematik und Geschwindigkeit der Wissenserzeugung nehmen zu, und es kommt bei der Wissens gewinnung im Hinblick auf den "Fremdbeitrag" und den "Eigenbeitrag" zu einer wichtigen Differenzierung. "Dcr tayloristische Modus der Wissens gewinnung beruht auf Beobachtungs- und Erhebungstcchniken. die von einem außenstehenden Spezialisten auf die Arbeitsverausgabung der Beschäftigten angewandt werden: Fremdbeobachrung. Diese verzichtet systematisch aufeine aktive Unterstützung oder Mithilfe durch die Betroffenen. [ ... ] Dies reicht bei zunehmender Informatisierung nicht mehr aus. Deshalb bildet sich eine neuartige Informationskompetcnz der Beschäftigten heraus, die den intelligenten Eigenbeitrag des ArbeitsvcnnögcDs ins Zentrum der Informationsgewinnung ruckt. Die Objektivation des Erfahrungswissens ist in wachsendem Maße auf die subjektive iョエ・イー。ゥッウセ@ und Informationsleistung angewiesen: Selbstbeobachtung,··'77 Gewiß, dies betont auch Malseh, bleibt ihr Umgang mit der EDV den Arbeitenden nicht äußerlich, sondern er tendiert zu deren 'Formierung' in Richtung - mit Böhle zu sprechen - eines objektivierenden ArbeitshandeIns. Doch öffnet die wachsende Bedeutung der "Selbstbeobachtung" auch den Raum (und scham Notwendigkeiten) für einen nicht-instrumentalistischen Umgang mit relevanten Informationen, die als "Algorithmisierungsbeitrag" der Anwender von Computersystemen filr deren Funktionieren und Weiterentwicklung unerläßlich sind. "Hier ist eine subjektive Infonnationsleistung gefordert, die den betreffenden aイ「・ゥエウセ@ kräften niemand abnehmen kann. 'Fremdbeobachtung' ist hier nahezu ausgeschlossen. Relevante Ereignisse können nicht am fertigen Resultat erhoben werden, da sie nicht antizipierbar sind, nur im unmittelbaren Arbeitsvollzug wahrgenommen werden können und nach Arbcitscnde verschwunden bzw. bloß noch im Gedächtnis der Arbeitskraft vorhanden sind. Nur der Arbeitende selbst kann die von ihm wahrgenommenen oder herbeigefDhrten Ereignisse in speicherbare und prozessicrbare Infonnationen wnsel2en. Das ausfuruende Personal wird deshalb zunehmend als Rohstoffiieferant von PrimlrinformatioDen interessant."17' Damit wird die Informatisierung betrieblichen Erfahrungswissens zum stets prekären, verwundbaren und widersprüchlichen sozialen Prozeß, der "ein ei- 64 gentümlicbes Politikpotential erzeugt. "179 Der Prozeß spielt sich selbstredend im Rahmen von Machtasymmetrien und Ökonomisierungszwängen ab, die neben der Einbindung der 'Rohstofflieferanten' -im Wissenskreislauf immer auch Versuche der 'Rationalisierung', Intensivierung oder Substitution ihrer lnfonnationsleistungen nahelegen und hervorbringen. Diese dürfen gleichwohl den .. Algorithmisierungsbeitrag" nicht aufs Spiel setzen, sonst wird der lnfonnatisierungsprozeß mißlingen. (3) Aus der nonnalwissenschaftlichen Forschung erwachsen insbesondere dann neue Erkenntnisse für unsere Problematik, wenn sie sich Arbeitsarten jenseits der klassischen ausfuhrenden Fabrikarbeit zuwendet. Andere Leute anweisen, Materie zu verlagern, ist auch Arbeit. Die Untersuchung solcher Arbeitsarten liefert ebenfalls Hinweise fur notwendige Erweiterungen des Arbeitsbegriffs, die herrschaftstheoretischen Anspruchen eher genügen. Die Betrachtung der Produktion von 'Anweisungen' - in Fonn von Modellen bzw. Handlungsplänen fnr die Ausfuhrenden bzw. fnr Produktionsprozessewirft neues Licht auch auf die Produktionsorganisation als Herrschaftsorganisation. Nicht nur die spezifischen subjektiven Leistungen der' Anweisungen' produzierenden Arbeitenden, sondern auch spezifische Formen ihrer sozialen Strukturierung und Organisation erhellen etwa die Befunde über den betrieblichen Umgang mit Wissen in der Produktentwicklung von Lullies, Bollinger, Weltz und Ortmann . I8O Sie zeigen, wie bei betrieblichen Entwicklungsvorhaben dem offiziellen und kodifizierten Modus des Wissenstransfers zwischen Abteilungen und Personenjeweils als zwingend notwendiges Komplement ein 'infonneller wissenslogistischer Modus' korrespondiert. Durch diesen Modus werden "die Probleme und Langwierigkeiten der offiziellen Regelung des Wissenstransfers überbrückt und die Diskrepanzen zwischen den kodifizierten Richtlinien und Vorgehensvorschriften und den Erfordernissen der Praxis aufgehoben. [ ... ] ]n unserer Untersuchung gewannen wir den Eindruck. daß überall dort, wo der Wissensaustausch im Entwicklungsprozeß offiziell sehr stark reglementiert und kodifiziert war, infonnelle Verfahren als Gegengewicht umso bcdeutsamerwurden [... ]. Mit [ihnen1erbringen die Mitarbeiter unter der Oberfläche der offiziellen Vorgehensrichtlinien eine stille Leistung, ohne die kaum ein Entwicklungsprojekt zum Erfolg kommen würde."181 Die notwendigen subjektiven Leistungen müssen also zum reil selbst organisiert und gegen die Forrnalorganisation durchgesetzt werden. VieltlUtige Fonnen durchaus funktionaler, individueller oder bereichsübergreifender "produktiver 'Konspiration'''18' und "faktische!r] Selbstorganisation" l8l unter der Oberfläche der offiziellen betrieblichen Wirklichkeit werden als 'Betätigungsfeld' jenes 'subjektiven Faktors' ausgemacht. 65 Ekardt, Löffler und Hengstenberg gewinnen mit ihren empirischen Studien Ober die Organisations-, Planungs- und Leitungsaufgaben von Firmenbauleitern in der Bauindustrie ebenfalls einen erhellenden Zugang zu dieser Problematik. 18< Über den Themenkomplex 'Planung und Ausfilhrung' ergibt sich auch ein verändenes Verständnis von Arbeitssituation und Arbeitshandein im allgemeinen. Der empirisch fundiene Nachweis mannigfaltiger Grenzen der Planung ftihn zur Zurückweisung von auch arbeitssoziologisch virulenten "Vorstellungen von schrankenloser Programmierbarkeit des Ausftihrungshandelns" 185 und der "Idee der vollständigen Fremdsetzbarkeit der Ziele" ls, im Produktionsprozeß. Dies hat Konsequenzen rur einen arbeitssoziologisch brauchbaren Arbeitsbegriff: "Insgesamt schließt das hier gezeichnete Bild [... ] ein Modell der Arbeit und der Arbeitsorganisation aus, demzufolge Arbeit die 'Ausübung einer Regel' (Bourdieu), der 'Vollzug' von Arbeitsanweisungen, die 'Erfüllung' vorgegebener Arbeitsziele ist. Vielmehr kann auch fremdbestimmte Arbeit unter fremdgesetzten Zielen nur erfolgreich sein. wenn sie virtuell autonom geschieht, eigenen Gestallungsleislungen und Zielsetzungen folgt, durch selbst zu verantwortende risikovolle Annahmen, Setzungen, Modellbildungen vermittelt ist .. 187 Die Theorie der Arbeitssituationen, mit der Ekardt, Löffler und Hengstenberg versuchen, einen entsprechenden Arbeitsbegriffunter Rückgriff auf Überlegungen zur 'Stofflichkeit' und 'Logik' von Arbeitsprozessen zu rekonstruieren, geht davon aus, "daß Arbeit nur begriffen werden kann, wenn man sich gleichermaßen auf die leistende Subjektivität, die systemischen und die arbeitsstomiehen Bedingungen bezieht."188 Es geht ihnen um ein theoretisches Konzept, das die fraglos erbrachten, selbstverständlichen 'Konstitutionsleistungen ' der handelnden Individuen im Arbeitsprozeß ins Zentrum rückt, ohne dabei die objektiv vorgegebenen Strukturen und Anforderungen aus den Augen zu verlieren . ..Die Arbeitenden hAngen [... ] im Prozeß der leislungscrbringung [... ] nicht als Marionetten an den Fäden der Formalorganisation, sondern sie gehen auf dem festen Grund der Stofflichkeit der Arbeit und deren Logik, und diese bildet einen Oberindividuellen undjeder spezifischen Arbeitsorganisation zugrundeJiegeooen allgemeinen gesellschaftlichen und kulturellen Tatbestand einer jeweils bestinunten technisch-zivilisatorischen Entwicklungsstufe. Gerade indem die Arbeitenden der ihnen fremd auferlegten Objektivität folgen, stützen sie sich auf eine andere Objektivität; Arbeiten bedeutet, zwischen diesen objektiven Welten sich selbst zu behaupten." I89 Der mögliche Einwurf, hier läge eine unzulässige Verallgemeinerung spezifischer Aspekte eines Arbeitshandeins, das allenfalls für bestimmte Ingenieurberufe bzw. das untere und mittlere Management typisch sei, greift angesichts des zuvor Gesagten zu kurz. Er kann zusätzlich durch den Blick auf 66 ganz andere Arbeitsarten entkräftet werden. So weist Moidaschi mit seinen Untersuchungen über die Rationalisierung von' Frauenarbeit' in der Großserienmontage der Elektroindustrie-dem Prototyp taylorisierter 'Massenarbeit' - nach, welch vielfältige Kooperations- und Improvisationsleistungen der vermeintlich gering qualifizierten Arbeitskräfte notwendig sind, um die Funktionsflihigkeit des Produktionssystems zu gewährleisten. Da diese Notwendigkeit aber aus betrieblicher Perspektive ausgeblendet oder geringgescbätzt wird, feblen in der Regel die zeitlieben, sachlichen und sozialen Ressourcen, um sie angemessen zu erbringen. Aus den korrespondierenden widersprücblichen Arbeitsanforderungen ergeben sich spezifische Belastungen . .. Die - im wörtlichen Sinn - offiziell, d. h. in den Büros und besonders seitens der technischen Stabsabteilungen nicht zur Kenntnis genommenen oder als 'Sonderfälle' und 'Übergangsprobleme' klassifizierten Synchronisationsprobleme werden [ ... ] untcr stillschweigendem (und kostenlosem) Rückgriff auf die elastischen Potenzen des Arbeitsvermögens bewältigt, ohne die notwendigen Ressourcen in Fonn von Informationen, Befugnisst:n. Zeitkontingenten. Kommunikationskanälen und -verfahren bereitzustellen. [ ... ) Es ist einer der paradoxen Effekte der Bewältigung widersprüchlicher Arbeitsanforderungen durch die Arbeitskräfte, daß sie den Planem die Illusion beizubehalten gestatten, ihre Systeme und Konzeptionen funktionierten so, wie sie sich das gedacht hatten. Das Einbringen von 'tacit knowledge' kann sinngemäß auch als 'unsichtbare' Leistung verstanden werden. Das Modell technischer Beherrschbarkeit immunisiert sich also nicht nur selbst, sondern es wird auch durch die verdeckte Eigenleistung der Subjekte nichtintentional gestützt."J90 Um solchen Momenten des Arbeitshandelns - und besonders ihren Belastungseffekten - genauer auf die Spur zu kommen, entfaltet Moldaschl sein Analysekonzept der widersprüchlichen Arbeitsanforderungen 191, das eine entscheidende Verschiebung des Analysefokus' impliziert, die Moidaschi so beschreibt: ,,1m Mittelpunkt unseres Interesses steht das 'eigentlich' nicht Vorgesehene: der Konflikt zwischen (kontextfreien) Regeln, Vorschri fien, Anweisungen und den konkreten stofflichen und sozialen Bedingungen des Handlungskontexts. Damit thematisieren wir die 'andere Seite' jener Unbestimmtheit, die in der KontroJldebaue primär als Quelle von Selbstregulationsmöglichkeiten und Verhandlungsmacht der Arbeiter untersucht wird. Im Hinblick auf psychische Belastungen interessieren Fonnen des 'Mehr-tunMGssens' bis hin zum Zwang zu 'systernwidrigern' Verhalten bzw. zur Regelverletzung. Der Konstitution psychischer Belastungen gehen wir nach anband jener 'allgegenwärtigen Sonderfälle', in denen technizistische Vorstellungen des One-hest-way, der Planbarkeit und Beherrschbarkeit komplexer technischer und organisatorischer Systeme an ihre Grenzen [stoßen]."192 Ausgehend von solchen Erkenntnissen ließe sich die Dialektik von Fremdund Selbstbestimmung im Produktionsprozeß, die enge und spannungsvolle 67 "Verzahntheit von Heteronomie und Autonomie"'93 in der Arbeitssphäre weit angemessener thematisieren und analysieren, als es in der traditionellen arbeitssoziologischen Analyseperspektive möglich ist. Die hier ins Blickfeld geratenen Momente von Subjektivität, Selbstorganisation und Kreativität in der heteronomen Arbeit sind als solche für einen kritischen Arbeitsbegriff festzuhalten und bei der in Angriffzu nehmenden theoretischen Neuorientierung gebührend zu würdigen. 3. Das ungelöste Problem der Heteronomie Die Hauptströmungen der deutschen Arbeitssoziologie besitzen das unbestreitbare Verdienst, das Problem betrieblicher Herrschaft als eine ihrer zentralen Fragestellungen aufgefaßt zu haben. Schon die ersten Studien der filnfziger Jahre zeigen sich vordringlich am 'Zwangscharakter' industrieller Produktionsprozesse interessiert, gepaart zudem mit der politischen Intention, so weit als möglich zu dessen Überwindung beizutragen. Und bei allem technologisch begründeten Fortschrittsoptimismus jener ersten Phase können bleibende Einsichten in die Besonderheiten moderner fremdbestimmter Arbeitsverhältnisse gewonnen werden. Die Erkenntnis 'irrationaler', dysfunktionaler1!ieteronomer Organisation der Arbeit scheint auf. Man sucht sie auf interessebedingt unangemessene Ordnungs-'Utopien' des Managements zurückzufilhren. Die Aufrechterhaltung eines den wachsenden horizontalen Kooperationserfordernissen widersprechenden 'fiktiven Zentralismus' wird vor diesem Hintergrund - als Folge solchen sozialstruktureIl verankerten Utopismus' -zur möglichen Dauerkonstellation. Ein wichtiger Impuls war es ebenfalls, danach zu fragen, welche Ansprüche die Arbeitenden selbst im Hinblick auf das betriebliche Herrschaftssystem formulieren und so den 'Autonomiebedürfnissen' der Nachkriegsgeneration von Industriearbeitern nachzuspüren. Auch das von uns als normalwissenschaftlich apostrophierte dominierende Programm der empirischen Arbeitsanalyse besitzt seine großen Stärken. Das gründliche Ausloten der fachlichen Anforderungen am einzelnen Arbeitsplatz, der Detailreichtum und die Bandbreite der Tätigkeitsbeschreibungen und Arbeitstypologien stellen den unverzichtbaren Fundus jeder weiterfilhrenden Beschreibung und Interpretation je aktueller Arbeitsrealitäten bereit. Und erst im 'Kreuzverhör' der unterschiedlich ansetzenden Erhebungsinstrumente erschließt sich jene heterogene Fülle an empirischem Material, die immer wieder den Blick übers Eingefahrene und die ursprüngliche Fra68 gestellung hinaus ermöglicht,ja provoziert. Zugleich hält sich die Bemühung lange durch, die umfangliche Empirie im Rahmen einer gesellschaftstheoretisch anspruchsvollen Deutungs- und Klärungsarbeit zu verorten und zum Sprechen zu bringen. Hiertlir stehen der zumindest phasenweise enge Bezug zur Marxschen Theorietradition und die Rezeption der Kritik der politischen Ökonomie sowie die davon inspirierten Versuche, Begriffe wie Entfremdung und reelle Subsumtion oder auch wert- und klassentheoretische Theoreme für die arbeitssoziologische Forschung fruchtbar zu machen. In der Fortführung der mit dem normalwissenschaftlichen Programm ursprünglich verbundenen Theoriearbeit wurde es dann auch möglich, über die' Perspektive betrieblicher Politik' eine Brücke hin zur Wiederentdeckung der Heteronomieproblematik im Zuge der Auseinandersetzung mit der 'Labour Process Debate' und der 'Kontrolldebatte' zu schlagen. 194 Andererseits sahen wir aber aucb, auf welche Weise - und unter welchen 'Opfern' -das Problem der Heteronomie nur durch das Nadelöhr der normalwissenschaftlichen Forschung gelangte. Es wurde aus dem Zusammenhang gerissen und 'kleingearbeitet' . Die Funktionen und Dysfunktionen bnrokratischer Organisation, die konkrete Herrschaftspraxis in der Interaktion zwischen Management und Gemanagten, der tagtägliche Kampf um Enteignung und Aneignung der Arbeitsbedingungen, um Lohn und Leistung - all dies wird nicht zum Thema systematischer empirischer Arbeitsforschung. Der Ausgrenzung derart zentraler Sachverhalte steht die Konzentration auf einen aus der Gesamtproblematik herausprllparierten kleinen Ausschnitt des HerrschaftsphAnomens gegenüber: letztlich allein die Frage der 'Beruflichkeit' von Arbeit und ihres Schicksals. Als Konsequenz ergibt sich ein habitualisierter Forschungszugriff, der an der Dialektik von Fremd- und Selbstbestimmung vorbei greift und dazu tendiert, den Blick von Strukturen und Prozessen abzulenken, in denen Heteronomie und Autonomie im Produktionsprozeß konkret zum Ausdruck kommen bzw. unterdrückt werden. Zugleich aber wird von der Warte einer solchen norrnalwissenschaftlichen Forschung der Anspruch weiter erhoben, das Urteil über die Zukunft der Heteronomie im Produktionsprozeß schlechthin abgeben zu können. Dies zeigt sich noch einmal in aller Deutlichkeit am letzten großen Beispiel dieser Tradition, dem Trendreport Rationalisierung, aus dem wir bereits in der Einleitung zitierten. So scheint es aus mehreren Grunden nützlich, uns dieser Studie auf den folgenden Seiten etwas ausführlicher zuzuwenden. Wir knüpfen damit in der Hoffnung an die Einleitung an, nunmehr besser zu verstehen, wie die dort referierten teilweise irritierenden Aussagen zustandegekommen sind: als wenn auch irreführender, so doch folgerichtiger Ausfluß jener 69 nonnalwissenschaftlichen Tradition. Gleichzeitig machen wir uns deren Stärke zunutze, indem wir uns anhand einiger Befunde des Trendreport diejenigen Entwicklungstendenzen kapitalistischer Produktion etwas ausführlicher vergegenwärtigen, die es später besser zu interpretieren gilt. Die Ausgangsfragen des Trendreport ergaben sich aus der Debatte um Das Ende der Arbeitsteilung?: Wie entwickelten sich die dort - anhand empirischer Befunde vom Anfang der achtziger Jahre - diagnostizierten neuen Produktionskonzepte im Verlauf der nächsten Dekade weiter, welcher Verbreitungsgrad wurde erreicht, wie war die weitere Entwicklungsdynamik einzuschätzen? "An 'Tatsachen' meßbar machen" war der Leitspruch des neuen Unternehmens 195; hierfllr bedurfte es zum einen methodischer Innovationen, die dem Anspruch aufRepräsentativität in bestimmten Untersuchungsdimensionen gerecht werden sollten: den Dimensionen der Tätigkeitstypen und der Qualifikationsanforderungen. Was die Erhebungen in der 'Breite' anbelangt, nahm man eine weitere Eingrenzung des Ausschnitts der Arbeitsrealität auf diese Dimensionen in Kauf. Daneben sollte insbesondere die Galionsfigur der neuen Produktionskonzepte, der neue Arbeitstyp des Systemregulierers, einCT intensiveren arbeitssoziologischen .,Evaluierung" nach bekanntem Muster unterworfen werden: durch "arbeitssituative Einschätzungen der neu entstehenden Automationsarbeit in ihren berufsfachlichen Anforderungen, Autonomiespielräumen und Belastungen." 19" Zur Erinnerung: Unter den Bedingungen der "in der Automatisierung angelegte[n] Transformation von Herstellungsarbeit in Gewährleistungsarbeit" 197 und unter Bedingungen schärferen Wettbewerbs wird das Rationalisierungshandeln der Unternehmen in der unmittelbaren Produktion immer mehr zu der Maxime, "Produktivität durch pfleglichen statt durch strangulierenden Umgang mit menschlicher Arbeit zu suchen"198, gedrängt, um "an das lange Zeit verschenkte, nun in der Stunde der Not um so gesuchtere 'Gold in den Köpfen der Arbeiter' heranzukommen".199 Die neuen Produktionskonzepte und der Arbeitstyp des Systemregulierers werden geboren. ,,Als Systemregulierung gefaßte Produktioosarbeil ist dabei Ausdruck der prinzipiellen betrieblichen Anerkennung des Sachverhalts, daß trotz Verwissenschaftlichung und Modellierung der Produktionsprozesse Lücken der Prozeßoptimicrung, -steuerung und -gewährleistung fortbestehen, d.h. menschliche Interventionen notwendig bleiben als Kompensat technischer Unvollkommenheit."2oo "Die beteiligten Produktionsarbeiter machen dabei die Erfahrung, daß diese Rationalisierung nicht Effizienz auf ihre Kosten erzielt, weil die neue 'Gewährleistungsarbeit' durch die Entkopplung von Arbeit und ProzeB anderen Leistungsgesetzen folgt als die bekannte Herstellungsarbeit."2ol Damit seien auch bedeutsame Veränderungen in der Ausübung und der Wahrnehmung des betrieblichen Herrschafts- und Kontrollanspruchs verknüpft: 70 "In Verbindung mit den für komplex automatisierte Prozesse typischen Unvollkommenheiten und Prozeßunsicherheiten ist dieses insgesamt breiter angelegte Arbeitshandeln auch weit weniger von außen plan- und kontrollierbar. Für die [ ... ] Figur des Systemregulierers ist eine eher offene Handlungssituation konstitutiv . Typisch ist eine hohe Selbsländigkeit und der Zwang, das eigene Arbeilshandeln vor dem Hintergrund wechselnder Anforderungen eigenständig zu organisieren. [... ] "Die Kontrollsituation der Systemregulierer ist durch eine auf professionellen Standards beruhende Beziehung geprägt, bei der die Arbeitskräfte von den Betrieben weitgehende Freiräume bei der Gestaltung ihrer Arbeit zugestanden bekommen und diese ihrerseits im Sinne der Kontinuisierung und Effektivierung des Produktionsprozesses nulzen."202 Dies präge auch ihr Arbeitsbewußtsein und zwar in dem Sinne, daß "der traditionelle, über den Arbeitsprozeß reproduzierte Interessenantagonismus in wichtigen Dimensionen abgeschwächt ist - was aber keineswegs heißt: außer KIaft gesetzt. Auch Systemregulierung ist keine widerspruchsfreie Form von Lohnarbeit, in der Konflikte entlang der Pole von Kapital und Arbeit vollständig verschwänden. "203 Neben weiter virulenten Lohn-, Personalbesetzungs- und Arbeitszeitfragen entstehe eine neue Konfliktfront, an der es genau um Fragen der (unzureichenden) Rücknahme von Arbeitsteilung, Erweiterung von Handlungsspielräumen, Veränderung von Kontrollstilen, der Kompetenzerweiterung und beruflichen Entfaltung der Arbeitenden gehe. "Gerade der Wandel der Betriebsorganisation ist aus ihrer Sicht noch zu unvollständig."204 Die bereits "praktizierte Selbstorganisation"20s blieb zunächst noch informell und entsprechend prekär. Schon die Befunde von Das Ende der Arbeitsteilung? rechtfertigten aber die Annahme, daß die "Verberuflichung [durch die neuen Produktionskonzepte; H. W.) eine durchaus hinreichende Voraussetzung sei rur die innerbetriebliche ' Emanzipation' der neuen Arbeiterkader. Unterhalb der durch die Eigentumsverhältnisse gesetzten Interessendifferenzen und Verfügungsmöglichkeiten schien der neue Produktionsfacharbeiter mit der Reprofessionalisierung die entscheidenden Schritte zur Befreiung von Heteronomie in der Industriearbeit gemacht zu haben. u2C6 Soweit zur retrospektiven Beschreibung der Ausgangssituation. In der ersten Hälfte der neunziger Jahre sah sich die Industrie nun einem neuerlichen Umbruchprozeß gegenüber, der wiederum eine Umakzentuierung und eine "neue Problemlage betrieblicher Rationalisierung"207 mit sich bringe. Die neue Problemlage bestehe in nichts geringerem als der Krise bzw. dem Umbau des deutschen Produktionsmodells,08 im Kontext einer "weltweiten Suche nach einem neuen, post-fordistischen Regulationsregime"209. Ob und wie von diesen veränderten Bedingungen die seinerzeit ausgemachten neuen Modi von Rationalisierung und Herrschaft tangiert werden, ist nun die Frage 71 des Trendreporl. Sie wird zunächst dahingehend beantwortet, daß die Problemsicht und Lösungsansätze der Rationalisierungsakteure sich in der Tat auch verändert haben: Der Ansatz der neuen Produktionskonzepte wird nunmehr als zu 'eng' eingeschätzt, der 'isoliert' betrieben nur begrenzte Rationalisierungserträge abwerfe: "Inzwischen zeigt sich, daß die 'neuen Module' nicht ins 'alte System" sprich die tradierte organisatorische Schneidung des Betriebes passen, sondern ihre vollen Effekte crst in einer entsprechend verlnderten Umgebung entfalten können. Anders gesagt: Die neuen Arbeitsfonnen im shop floor sind zwar Neues, aber nicbtdas Neue, sondern nur ein Teil eines neuen Betriebes. "2 10 Um neue Konzepte der Unternehmens- und Betriebsorganisation gehe es nun vor allem. Die Formel filr die angestrebte Reform des Gesamtunternehmens liefere die Strategie der 'Lean production' , und sie laute: "Dezentralisierung, flache Hierarchie, Delegation von Verantwortung, kurze Entscheidungswege, Rücknahme von Arbeitsteilung insbesondere zwischen planender und ausfUhrender Arbeit; für die Reorganisation der Produktionsarbeit [ ...) geht es urn eine Kombination von breiteren Aufgaben und erweiterter Zuständigkeit mit direkter Beschäftigtenpartizipation."211 Die Formel ist uns inzwischen hinreichend geläufig. Doch was weiß man über die genaue Ausgestaltung? Die gegenwärtig vorfmdlichen Realisierungsversuche und organisatorischen Realformen, so der Trendreporl, fallen sehr unterschiedlich aus. Eine 'innovative' Variante setze auf "eine entschiedene Enthierarcbisierung die die Arbeiter tatsächlich ein gutes Stück weit zu Herren des Geschehens zumindest der Arbeitsausführung und Leistungsregulation macht; durch Selbstorganisation und Eigenverantwortung wird die Suche nach Effizienz und Optimierung ins 'Geschäft' der Arbeiter implementiert."212 Die "Reetablierung der Figur des Facharbeiters" - Kerngehalt der ursprünglichen neuen Produktionskonzepte- vollziehe sich hier also in einem gründlich umgestalteten betriebsorganisatorischen und leistungspolitischen Rahmen, der nicht nur auf eine breite Verankerung von Gruppenarbeit und eine "Autonomisierung von verantwortlichen, um die Produkterstellung zentrierten Organisationseinheiten" hinauslaufe, die "in die Rolle von quasi selbständigen Unternehmen schlüpfen"213, sondern letztlich darauf, daß die "Mauer der traditionellen Zweiteilung zwischen denen, die das Sagen haben, und den nur 'Ausfllhrenden'" und damit die "Trennung zwischen Planung und Ausführung"214 endgültig falle. "Die Heteronomie der Industriearbeit, bereits durch die Verberuflichung für den Einzelnen verringert, würde durch die Gruppen-(Teil)Autonomie nun auch im kollektiven Bezug substantiell abgebaut."'" Und somit wären wir wieder bei der verblüffenden Feststellung angelangt, wonach t 72 sich möglicherweise die "Rücknahme von Heteronomie der Industriearbeit als Produktivitätsstrategie der 90er Jahre"" 6 erweise. Von welcher Heteronomie ist hier die Rede? Meint man wirklich, die hierarchisch verteilten Kompetenzen und Belohnungen ebenso wie die soziale Trennung in Planer und Verplante stünden zur Disposition? Die kapitalistische Organisation der Arbeit scheint jedenfalls weitgehend indifferent gegenüber solchen grundlegenden innerbetrieblichen Herrschaftsstrukturen zu sein. In ihr kollidierte zumal eine "förmliche Egalisierung der Betriebsstrukturen""7 offenbar mit den Interessen und Optionen der in diesen Strukturen bislang privilegierten, herrschenden sozialen Gruppen nicht. Ja diese müßten jene Egalisierung sogar selber durchsetzen, um im internationalen Konkurrenzkampfmit der richtigen Strategie zu obsiegen. All dies ist freilich aber doch "unterhalb der durch die Eigentumsverhältnisse gesetzten Interessendifferenzen und Verfilgungsmöglichkeiten"2J8 angesiedelt, die parallel zu all dem Herrschaftsabbau natürlich erhalten bleiben. Und all dies gilt freilich auch nur von jener 'innovativen' Variante. Eingeräumt werden muß, daß eine 'konservative' Variante, bei der alle essentiellen Veränderungen ausgespart bleiben, die vorherrschende sei: "Die Hierarchie wird nicht angetastet. Der erweiterte Zugriff auf das Arbeitsvermögen konzentriert sich darauf, zusätzliche Leistungsressourcen durch Arbeitsverdichtung zu erschließen und selektiv die Kompetenz ausgewählter Arbeiter für betriebliche Optimierung abzufragen.""· 'Selbstorganisation' der Arbeitenden ziele hier auf Selbstkontrolle. Es deutet sich an, daß das Verwischen gewisser Trennungslinien von vornherein als temporär intendiert ist: "Wenn die Ideen und Erfahrungen der Spezialisten der Praxis abgeschöpft sind, endet zumeist ihre Expertenrolle; sie wechseln zurück ins Glied. "no Unvermittelt und unverbunden steht hier nach wie vor mancherlei nebeneinander: anspruchsvolle Aussagen und weitreichende Extrapolationen über einen gravierenden Wandel der Herrschaftsverhältnisse in der Produktionssphäre - auf der diesbezüglich äußerst schmalen empirischen Grundlage normalwissenschaftlicher Forschung - auf der einen Seite; beiläufige Hinweise darauf, daß im Hinblick auf den gesamtgesellschaftlichen Rahmen der Herrschaft und die grundlegenden Interessendivergenzen in allen entscheidenden Belangen Alles beim Alten bleibt, auf der anderen. Die Herrschaftsverhältnisse in der Produktion werden in bezug auf die gesamtgeseUschaftliehe Herrschaft als kontingent gesetzt. Ständig und unausgesprochen bewegt sich die Argumentation zwischen diesen beiden Sphären der Heteronomie hin und her. Wenn nötig ließe sich stets behaupten, die eine gehöre zu den Erscheinungen, die andere hingegen mache das Wesen der Sache aus. So 73 schließt sich endlich der Kreis. Am Beispiel des Trendreport wird nochmals deutlich, warum man, im Hauptstrom der Arbeitssoziologie schwimmend, meint, über das Problem der Heteronomie - und der Autonomie - in der Arbeit derart fundamentale Trendaussagen machen zu können, wie wir sie schon in der Einleitung zitierten: als 'Indikator' heteronomer Arbeit dient allein die 'Beruflichkeit'. Darüber hinaus verfügt man über keinerlei theoretischen Rahmen und keine angemessenen Kategorien, die es erlaubten, mehr als nur einen Bruchteil des Problems thematisieren zu können. So schreibt sich die alte normalwissenschaftliche Doppelbödigkeit in der Frage der Herrschaft fort. Die empirischen Befunde, die der Trendreport, aber auch andere neuere Studien vorlegen, signalisieren indes in der Tat dringenden Klärungsbedarf. Die Entwicklungen in der Produktionssphäre, die im Zuge der Durchsetzung des informationstechnologischen Paradigmas, der Orientierung an den Leitlinien einer Netzwerk-Organisation und der Vermarktlichungstendenzen des neuen Kapitalismus zu beobachten sind, lassen auch die Herrschaftsstrukturen nicht unberilhrt. Im Gegenteil, mit und in diesen Entwicklungen wird gerade dervom Management erhobene - Anspruch laut, die überkommene Herrschaftsgestalt kapitalistischer Produktion zu überwinden. Freilich kann es fiir eine kritische Analyse dieser Entwicklungen nicht darum zu tun sein, des Kaisers neue Kleider laut zu preisen22l ,jenem Anspruch damit bloß gleichsam echohaft zu resonieren und mit doppeldeutigen Formulierungen da schon Antworten zu suggerieren, wo doch erst ein Rattenschwanz von Fragen sichtbar wird. Nach den skizzierten Diskussionen der letzten beiden Jahrzehnte ist gewiß die Sensibilität für das Problem der Heteronomie und der subjektiven Leistungen im Produktionsprozeß deutlich gewachsen. Wichtige Ausschnitte des Problems sind beleuchtet und wichtige Aspekte in theoretisch gehaltvoller Weise erörtert worden. In Überblicks- oder Lehrbuchdarstellungen ist dies als 'state of the art' dokumentiert. 222 Wenn freilich der Eindruck nicht trügt, dann wird den gewonnenen Einsichten im Ganzen doch eher der Status eines 'given fact' zugewiesen: einer zwar wichtigen Voraussetzung der Forschung, die aber inhaltlich vemachlässigbar ist und die eigentlichen Fragestellungen nicht tangiert. So bleibt einerseits der 'praktische' Effekt der Einsichten bislang begrenzt. Von einer wirklichen Umsetzung in eine durch sie aufgeklärte empirische Forschung kann noch kaum die Rede sein. Die Erblasten und Beharrungskräfte des alten Paradigmas und seines norrnalwissenschaftlichen Forschungsprogramms - gleichsam verkörpert im kulturellen Kapital und dem Forschungshabitus vieler Arbeitssoziologen - wiegen nach wie vor schwer. Andererseits entsteht bisweilen auch schon einmal der Eindruck, als ginge im Zuge der berechtigten Betonung der Subjektivität der Arbeitenden 74 und ihrer Kommunikation im Arbeitsprozeß gleichzeitig der Blick für deren allgegenwärtige herrschafts bedingte Bedrohung, Begrenzung und Unterdrükkung fast schon verloren. m Es dürfte deutlich geworden sein, daß das überlieferte industriegesellschaftliche Entwicklungsparadigma längst nicbt mehr dem erkannten Problemniveau und dem gewonnenen Problembewußtsein entspricht. Will man das Paradigma endgültig hinter sich lassen, kann davon auch der eng mit ihm verbundene normalwissenschaftliche Kategorien- und Methodenkanon der Arbeitsanalyse nicht unberührt bleiben. Für eine das Problem der Heteronomie in den Vordergrund rückende Arbeitssoziologie ginge es zunächst, wie ansatzweise gezeigt werden sollte, auch darum, auf jenen Kanon und die theoretischen Vor-Urteile, die in ibn eingehen, zu reflektieren. Verbunden mit dem erreichten Diskussionsstand über die komplexe Realität beteronomer Arbeitsverbältnisse vermag eine solche Reflexion neue Orientierungspunkte ZU markieren, von denen neu ansetzende empirische Forschungsbemühungen dann ihren Ausgang nehmen können. 224 Als Fluchtpunkt der referierten Diskussionen zeichnet sich .llenthalben die Betonung von Widerspruch und Konflikt im Kern von Produktionsprozessen .b. Das Problem der Heteronomie - und damit der Subjekt/Objekt-Relationen - in der Arbeit scheint sich am ehesten unter einem Blickwinkel zu erschließen, der den spannungsvollen 'Doppelch.r.kter' des Produktionsprozesses tatsächlich ernst nimmt, der also einerseits darum weiß, daß die Arbeitenden in ihm immer wieder zum Objekt, zum Mittel, zum Enteigneten gemacht werden, andererseits aber auch, daß sie zugleich Subjekte, Tätige und Aneignende sein und bleiben müssen. 225 "Beide Seiten des Produktionsprozesses und die aus ihnen resultierenden Verhaltenszwänge sind kontrovers zueinander und werden in ihrer Einheit als Spannung erfabren."226 Arbeit urnf.ßte demnach "zugleich die Erfahrung von Enteignung/Aneignung, Verbraucht- und Gebrauchtwerden, aber auch Entäußerung lebendigen Arbeitsvermögens [ ... ); Erfahrungsdimensionen also, die kontrapunktisch zueinander stehen und als solcbe nicht auf einen Nenner gebracht werden können. "227 Dem widersprüchlichen 'Doppelcharakter' des Produktionsprozesses korrespondieren auf Seiten der Subjekte Ambivalenzen, im Handeln wie im Bewußtsein. 228 Ein Denken hingegen, dem Widersprüche und Ambivalenzen des kapitalistisch organisierten Produktionsprozesses aus dem Blick geraten, entschlägt sich der Möglichkeit, Heteronomie und Selbsttätigkeit ins rechte Licht zu rücken. Eine das Problem der Heteronomie unter diesem Blickwinkel noch einmal neu durchdenkende Arbeitssoziologie verabschiedet endgültig die Vorstel- 75 lung von den Arbeitenden als 'Anhängseln' - von was auch immer. Gerade rur eine solche Arbeitssoziologie kommt es darauf an, Arbeit in ihren akti- ven, subjektiven und kreativen Dimensionen zu explorieren, sich auf jenen Unterbau an individueller und kollektiver Selbsttätigkeit - der immer schon wesentlich ist und nun verstärkt als Rationalisierungs-'Ressource' entdeckt wird - endlich theoretisch wie empirisch angemessen einzulassen. Zunächst müssen wir die Facetten des Problems, die unter einem solchen Blickwinkel deutlicher sichtbar werden und die dem Hauptstrom der Arbeitssoziologie oft genug entgingen, noch genauer beschreiben. Mehr Stoff ist nötig nach dieser tour de force durch Ansätze und Theoreme. Erst dann können wir die Elemente einer Theorie heteronomer Arbeitsverhältnisse, die jenen Facetten gerecht werden, formulieren und zusammenfugen. Was anstebt, sind theoretische wie methodische Neuorientierungen, die sich zwar zum Teil auf die skizzierten Ansätze werden stützen können, die indes obne einen gründlieben Rekurs aufs Besondere nicht auskommen und mit ihm beginnen müssen. 76 IH. Die verdrängte Selbsttätigkeit Im Gefolge der 'Labour Process Oebate' und als Ergebnis von Diskussionen, die auf wesentliche Korrekturen am überkommenen Arbeitsbegriff der Arbeitssoziologie hinausliefen, zeichnete sich ein Weg ab, auf dem einige Defizite der traditionellen industriesoziologischen Analyseperspektive überwunden werden konnten. Vermehrt war die Rede von 'Subjektivität', Kommunikation und Widerstand in der Arbeit, man entdeckte die Produktion als politische und kulturelle Sphäre. Oft waren die Versuche, diesen Weg zu beschreiten, freilich noch halbherzig und blieben nicht selten im 'Programmatischen' stecken, ohne die konkrete Analyse wirklich zu befruchten. Und am Beispiel der einflußreichen Studie von Burawoy sahen wir gar, wie die von der 'Labour Process Debate' ausgelöste eingehendere Thematisierung von Phänomenen der Kontrolle des Produktionsprozesses unversehens wieder in eine 'strukturfunktionalistische' Oe-Thematisierung derjenigen Dimensionen des Arbeitshandelns umschlagen konnte, die gerade entdeckt oder 'rehabilitiert' worden waren. Erneut waren die Arbeitenden wieder zu den reinen Manipulationsobjekten des Managements oder des Systems geworden. Und erneut gelangte man so zu einer "schmeichelhafte[n] Überzeichnung der Rationalität des betrieblichen Vorgehens" und einer "Heroisierung der Effizienz des Managements.. I , die sich von den entsprechenden früheren Vorstellungen der Industriesoziologie kaum unterscheidet. Solche Vorstellungen aber sind es gerade, die einem wirklichen Verständnis jener Dimensionen des Arbeitshandelns und damit letzten Endes der gesamten Arbeitsrealität im Wege stehen. Es gilt, den Blickwinkel zu lindern und die 'normale' Irrationalität und Ineffizienz bürokratisch-kapitalistisch organisierter Produktionsprozesse in den Mittelpunkt der Betrachtung zu rucken. Erst aus diesem Blickwinkel werden spezifische Anforderungen, die diese Produktionsprozesse an die Arbeitenden stellen, und damit spezifische Formen selbsttätigen sozialen Handeins, die zu ihrer Bewältigung notwendig sind, sichtbar und begreifbar (Abschnitte I und 2). Von Anfang an versucht das Management auf verschiedene Weise und mit zwiespältigen Resultaten 77 der damit verbundenen Problematik Herr zu werden (Abschnitt 3), und von Anfang an ist Selbsttätigkeit auch in der Perspektive der Arbeitenden eine ambivalente Erfahrung (Abschnitt 4). Am Schluß dieses Kapitels sollen einige vorläufige Überlegungen über die Bestimmungsgründe und die arbeitspOlitischen Potentiale der Selbsttätigkeit angestellt werden (Abschnitt 5). Einen Begriffvon der notwendigen und verdrängten Selbsttätigkeit zu gewinnen, ist für ein vertieftes Verständnis der wiederholt ent- und verdeckten subjektiven und politischen Dimensionen der Arbeit von entscheidender Bedeutung. Wir können diesen Perspektivenwechsel in enger Anlehnung an einige - meist ältere - empirische Studien vornehmen, die die Erfahrung moderner Arbeitsverhältnisse mit der Methode der teilnehmenden Beobachtung zu entschlüsseln versuchten. Manche Überzeichnung der Irrationalitäten und der Ineffizienzen betrieblicher Prozesse, die sich ihrerseits in diesen Studien finden mag, hilft dabei, gerade das besonders plastisch hervorzuheben, was die traditionellen Studien übersehen oder als unbedeutend betrachten, und ist daher kein Manko, sondern erleichtert unsere Aufgabe.' 1. Paradoxien der Fremdbestimmung ,:Die Norm spielt im volkswirtschaftlichen System des Anreizes die Rolle der unvenneidbaren Fiktion', würde der Soziologe sagen. 'Die Nonn ist Humbug', sagt mein Nachbar." Mik16s Haraszti, Stücklohn) Wenn die Arbeitssoziologie in der Regel unterstellt, daß Arbeit als' Ausfullung' von - technisch-organisatorisch determinierten - 'Funktionen' verstanden werden kann, dann trifft sie sich darin mit dem herrschenden (Selbst-) Bild der kapitalistischen (Produktions-) Organisation. "Die 'Funktion' ist der Kern, um den sich alles im modemen [bürokratischen) Organisationskonzept dreht. Funktionen sind Aufgabenspezifikationen, die sich von den Organisationszielen her definieren.''' In diesem 'rationalen' Funktionsgefuge gehen letztlich sämtliche relevanten Momente der betrieblichen Sozialordnung auf.' Den Fokus industriesoziologischer Analyse und Kritik bilden fur ein solches Verständnis dann die mit der Funktionsverteilung unter den Arbeitenden verbundenen Restriktionen: die von den Aufgabenspezifikationen herrührenden Unterforderungen in der Dimension der fur die Funktionsausfüllung nötigen Kenntnisse und Kompetenzen und die Überforderungen in der Dimension der verlangten Leistungsintensität. Denn Funktionen sind stets "Reduktionen der 78 menschlichen Kapazität: Sie spezifizieren nur Eigenschaften und Fähigkeiten, die organisatorisch brauchbar und nützlich sind.". Gewiß unterstellt dieses herkömmliche 'funktionale' und rationalistische Bild der Industriesoziologie von kapitalistischer Organisation auch gesellschaftliche Herrschaft. Das institutionell verankerte Machtgetlille zwischen Kapital und Lohnarbeit setzt sich im Betrieb in Verfugungsgewalt des Managements über Arbeitsmittel und Arbeitskräfte, in Leitung und Kontrolle um. Planung und Funktionsausfiillung-die' Ausftihrung' -sind getrennt, die Definition der Aufgaben und die Überwachung ihrer Exekution erfolgen fremdbestimmt. Sie obliegen den exklusiven manageriellen Leitungs- und Kontrollagenturen, deren Funktion ihrerseits in der Exekution betrieblicher Verwertungs- und Herrschaftsinteressen besteht. "Die Funktionen werden durch Funktionäre umschrieben und bestimmt.'" Sie formulieren Normen und Regeln, deduzieren Verhaltensprogramme ftir die Aufgabenausfiihrung. Und ,,[b]esondere Funktionäre beaufsichtigen die Einhaltung der Regeln und garantieren die Kontinuität bei deren Anwendung. "8 Im Mittelpunkt soziologischer Analysen der Arbeitsbedingungen und der Arbeit stehen indes nicht solche Prozesse der Ausübung betrieblicher Herrschaft, sondern ihre im Rahmen jenes funktional-rationalistischen Bildes sich ergebenden eindeutigen Resultate: die tecbnisch-organisatorisch - also 'objektiv' - bestimmten, formalen Aufgabendefinitionen, die mit klaren Handlungsvorgaben, Verhaltenszumutungen und sonstigen Folgewirkungen ver- bunden zu sein scheinen. Abgesehen von seinen materialen Voraussetzungen - den grundlegenden sozioökonomischen Machtasymmetrienkapitalistischer Gesellschaften, die auch die Trennung von Planung und Ausfllhrung bedingen - , wird dieses Resultat als Ausdruck einer rationalen Produktionsorganisation betrachtet, die im großen und ganzen effizient und störungsfrei funktioniert. Betont die herrschende Sicht - eine Sicht von oben und von außen-das Licht, in das ihre 'Rationalität' alle Dinge taucht, so registriert und fokussiert die arbeitssoziologische Analyse auch die Schatten und Folgeprobleme fiir die Arbeitenden. Das reibungslose 'Funktionieren' des betrieblichen Systems wird jedoch hier wie da in der Regel wie selbstverständlich vorausgesetzt. 9 Diese irrige Prämisse ist höchst folgenreich : Sie verdeckt wesentliche Dimensionen der sozialen Realität der Produktion. Von unten aus betrachtet - dafiir liefern die herangezogenen Studien eine Fülle von Belegen - funktioniert die Produktion jedoch ganz anders, als von oben vorgesehen und ersichtlich ist. Die klaren Konturen des offiziellen Bildes kapitalistischer Organisation zerfließen, und das Bild wird schließlich zur Schimäre. Dcr ,,'Normalablaut" eines Produktionsprozesses ist [ ... ] eine 79 planerische Fiktion und deckt sich nicht mit der Realität in der Produktion."lo Ein Guttei! der 'Rationalität' und der effizienten Funktions· und Anwei· sungsstruktur verwandelt sich in Chaos und Konfusion. ll ,.[D]er Zusammen· halt des Betriebes von 'oben t nach 'unten' wird zu einer Anarchie, die nur noch durch die Kommandogewalt von oben und den Zwang, Geld verdienen zu müssen, von unten im Gefilge bleibt."l' Eindeutig und präzise umschriebe· ne Funktionen entpuppen sich als widersprüchliche, ja irrationale Konstrukte. Zum Vorschein kommt eine in ihrer Bedeutung kaum zu überschätzende Pa· radoxie dieser Art von Fremdbestimmung: Verhielte man sich strikt ihren Vorgaben gemäß, 'flIbrte' sie exakt' aus', ergäben sich genau dadurch gravie. rende Fehler und Störungen. Das Erreichen quantitativer wie qualitativer Produktionsziele würde durch widerspruchsloses 'Funktionieren' der Arbei· tenden gerade gefährdet,ja verhindert. Einige Befunde und Feststellungen aus empirischen Berichten mögen diese paradoxe Situation filrs erste illustrieren: Nachdem er die zahlreichen .. Möglichkeiten" des "Nicht-Funktionierens" von Arbeitsprozessen, mit denen die oder der Arbeitende tagtäglich konfrontiert ist, aufge- listet hat (z. B. das Fehlen von Material und Werkzeugen, Mängel bzw. vom Plan abweichende Eigenschaften von Material und Werkzeugen, Umdispositionen bei Auf- trägen bzw. bei der Maschinenbelegung, Dysfunktionen der Hierarchie, Planungs-, Organisations- und Arbeitsfehlervorgelagerter Instanzen aufgrund von Termindruck lJ ), flhrt Thomas fort: ..Da [der Arbeiter; H. W.] Geld verdienen will, muß er versuchen, alles zu tun, damit seine Arbeit lAuft. Das heißt nun. daß er täglich die mangelnde Ordnung und das mangelnde Funktionieren des Betriebes durch seine Leistung kompensiert. [... 1Zu dieser seiner Leistung gehört nicht nur der Teil, der die Desorganisation begleicht, sondern auch sein Widerstand gegen ihm auferlegte untragbare Bedingungen und zusätzliche Leistungen. "14 ,,Die Norm (egal, ob sie erfilllbar ist oder nicht) träumt davon, daß ich ein aus einigen Vorschriften gewobenes vollkommenes Wesen bin, das mit immaterieller Materie arbeitet und das bei gleichbleibender Effektivität gegen ein beliebig anderes (vollkommenes) Wesen austauschbar ist. Sie kennt keine Übergänge, Zufille, keine Komplexität, weder beim Menschen, noch beim Material. Sie kennt gesunde und kranke Menschen, aber sie kennt keinen Husten, der mich zwingt, meine Hand vor den Mund zu halten. und mich hindert, gleichzeitig das StOck zu heben - obwohl gerade das dran wäre; sie kennt keine Fußschmerzen, die mich am schnellen Laufen hindern; sie kennt keine abschweifenden Gedanken, keine eingerissenen NAgel; keinen unangenehmen Schweiß; keine angenehme Sattheit. Genauso ist es mit der Maschine und mit dem Material."IS - ..Es gibt nur einen einzigen Anhaltspunkt: Die technologische Vorschrift nicht einhalten!"16 "Thus I was embroiled in constant negotiation. IfI followed Carroll's [des Betriebsleiters; H. W.] orders literally,l often failed to solve the problem. But ifl neglected to follow them, I risked being labeled insubordinate or (worsc yct) lazy,"17 Kurz, von unten aus betrachtet funktioniert die Produktion - zugespitzt for· muliert-nur trotz der von oben gesetzten Nonnen,jagegen sie: nEin Betrieb, 80 in dem ab morgen die Arbeiter nur noch das täten, wozu sie der Ordnung nach verpflichtet sind, würde aufhören zu existieren."'8 Die Rationalität der eindeutigen Planvorgaben und der präzisen Aufgabendefinitionen erweist sich, folgt man den herangezogenen empirischen Studien, im Arbeitsalltag als schimärische, kontrafaktische Pseudo-Rationalität.'9 Unter diesen Bedingungen wird es zu einer zentralen Anforderung rur die Arbeitenden, "das NicbtFunktionieren der Organisation umzuwandeln in Funktionieren u20, die mangelnde Ordnung und das mangelnde Funktionieren durch ihre Selbsttätigkeit aufzufangen und auszugleichen. Die Umstellung der Perspektive nötigt zu einer anderen Fokussierung der arbeitssoziologischen Analyse. In den Mittelpunkt rückt die notwendige Selbsttätigkeit der Arbeitenden, die in den hier zu Rate gezogenen Untersuchungen in vielfaltigen Facetten anschaulich beschrieben wird. 2 ' Selbsttlitigkeit im Produktionsprozeß soll in erster, negativer Abgrenzung heißen: ein Arbeitshandeln, das nicht abgedeckt ist von den offiziellen betrieblicben - techniscb und organisatorisch bestimmten oder sonst als Norm, Regel oder Anweisung gültigen - Vorgaben (Definitionen der Arbeitsrolle bzw. der konkreten Arbeitsaufgabe). Nicht abgedeckt von den Vorgaben kann ein Arbeitshandeln etwa - am einen Ende eines breiten Spektrums - in FAllen mangel- bzw.lückenhafter Rollen- oder Aufgabendefinitionen sein; es kann indes auch - am anderen Ende - die Form von unmittelbar 'subversiven', den betrieblieben Normen direkt widersprechenden Tätigkeiten bzw. eines entsprechenden Verhaltens annehmenP In welchen Situationen tritt solche Selbsttätigkeit auf? Notwendig wird sie in Situationen, die 'problematisch' sind-bzw. von den Arbeitenden als 'problematisch' wahrgenommen werden - im Hinblick auf (I) das Funktionieren des Produktionsprozesses oder (2) ihre eigenen Interessen. (I) Das Funktionieren des Produktionsprozesses wird 'problematisch' zum einen: als Folge von täglich auftretenden, unvorhergesehen und nur bedingt einplanbaren technischen Störungen und organisatorischen 'Reibungen' ('menschliches Versagen', krankheitsbedingte Ausfalle, Zuständigkeits- und Kompetenzprobleme, technische Pannen, Terrninüberschreitungen anderer Stellen usf.); zum zweiten: noch deutlicher sichtbar als Folge von technischen Neuerungen und organisatorischen Umdispositionen, in den mehr oder weniger haufigen betrieblichen Situationen also, in denen neue Arbeitsweisen und Lösungen gefunden bzw. eingeübt werden müssen; und zum dritten: infolge systematischer Fehlplanungen, Fehlkalkulationen und Fehlfunktionen betrieblicher Organisation, die mit den bereits genannten Gründen engstens verwoben sind und deren Ursachen im spezifiseben Charakter bürokratisch81 kapitalistischer Beherrschung der Produktion selbst gesucht werden müssen." In dieser Perspektive dreht sich fiir die Beschäftigten ein Gutteil ihres täglichen Arbeitshandelns darum, .. das Nicht-Funktionieren der Organisation umzuwandeln in Funktionieren; die nicht berücksichtigten Faktoren in die Zeitplanung hineinzupressen."" Arbeiten muß demnach in nicht unerheblichem Maße als ein Kompensieren von Fehlern, Störungen, planerischen 'Lücken', Unvollständigkeiten, Fehlkalkulationen begriffen werden. (2) Als problematisch für die Interessen der Arbeitenden - in dem hier zu erörternden, Selbsttätigkeit provozierenden Sinn - erweisen sich Situationen im Produktionsprozeß, in denen die eigene Arbeitsökonomie, Leistungs- und Lebensfllhigkeit oder aber elementare kommunikative soziale Bedürfnisse durch die betrieblichen Vorgaben in Frage gestellt werden. In Auseinandersetzung hiermit entwickeln die Arbeitenden eigene Leistungsnormen und Arbeitsstile (z.B. auch durch sog. Habitualisierung), schaffen sie Formen freiwilliger arbeits bezogener Kooperation, der gegenseitigen Hilfe gegen Druck und Kontrolle. Selbsttätigkeit erweist sich sowohl im individuellen, als auch im kollektiven Arbeitsprozeß als notwendiges Element der Verausgabung von Arbeitskraft. Sie basiert auf spezifischen Arten des Wissens, die nur im Arbeitsprozeß selbst entstehen und angeeignet werden können. Sie erfolgt mehr oder weniger verdeckt, bäufig als normabweichendes, streng genommen widerrechtliches Handeln. Und sie läßt sich in materiellen wie in immateriellen, sowohl in gering technisierten, arbeitsintensiven, als auch in (teil·) automatisierten Produktionsprozessen beobachten. Kollektive Selbsttätigkeit steht in der berangezogenen Literatur eindeutig im Vordergrund. Nach frühen pointierten Deutungen konstituiert diese kollektive Selbsttätigkeit nicht weniger als ..das wirkliche soziale System des heutigen Betriebes u25 , erweist sie sich, in Gestalt von spontanen Assoziationsformen in Kleingruppen, als die eigentliche Zelle der realen produktiven Aktivität. 26 Hillmann faßt solche Vorstellungen von der fundamentalen Bedeutung dieser spezifischen kollektiven Kraft, die sich in spontanen Assoziations- bzw. Kooperationsformen ausdrückt, folgendermaßen zusammen: "Modeme Kooperation umgeht, unterläuft oder durchschneidet horizontal und diagonal die vertikalen Befehls- und Bericbtslinien mit Kommunikationslinien ncuer Art. Sie werden dwcb individuelleoder kollektive Initiative und Entscheidung, durch Improvisation, durch sowohl selbstbestimmtes wie funktional definiertes Verantwortungsbewußtsein geknüpft. I... ] Es handelt sich hier um das Wirken einer kollektiven Kraft, die durchaus nicht nur in der Sponaneität grundet, sondern ebenso in einer ausgebildeten Kooperationsfahigkeit und -bereitschaft, in einem gründlichen Sachinteresse, in einem ausgeprlgten Sinn rur das Funktionieren der Arbeitsprozesse, der auf Erfahrung 82 beruht und Zusammenarbeit dort organisiert, wo hierarchische oder bürokratische SteIlen dazu nicht in der Lage sind. Modeme Kooperation charakterisiert sich durch: kollektive Maßnahmen, verkno.pft mit persönlicher Initiative und Selbständigkeit. Sachverstand und Können der Spezialisten als Entscheidungskriterien, Diskussion als Fonn der Auseinandersetzung, wechselseitige und wechselnde Abhängigkeit der Zusammenarbeitenden, Selbstkontrolle statt Kontrolle von außen, Verschränkung von Planung, Disposition, Ausfilhrung, Kontrolle und Lenkung usw. [... ] In diesem kooperativen Netzwerk werden Störungen nicht zentral geregelt, sondern dort, wo sie auftreten, im Moment der Störung, durch die direkt Beteiligten und also am besten Infonnierten selbst, durch diejenigen, die auch die Folgen ihrer Entscheidungen selber tragen und nicht auf Schwächere abwälzen können."27 Das besondere Wissen, das die Voraussetzung für solche praktischen interventionen darstellt, entwickelt sich parallel zur Entwicklung dieser konkreten Praxis ständig weiter. Das ständige Arbeiten an technischen 'Grenzwerten' verschiedenster Art, mit vorher unbekannten Effekten, das ständige Vordringen auf neuartiges, bislang unbeherrschtes Terrain ist ein Kennzeichnen kapitalistischer Produktion. Arbeit in einer sich permanent verändernden Produktion wird zum eigentümlichen "Dauerexperiment": Es kommt zu keiner systematischen, sondern zu einer faktischen, unvorhersehbaren Variation der experimentellen Variablen. Und die 'ganzheitlichen' Konstellationen dieses Dauerexperiments führen zu 'ganzheitlichen' Erfahrungen, die kein wissenschaftliches Wissen, sondern Erfahrungs- und Rezeptwissen konstituieren, dessen Bedeutung für die Aufrechterhaltung 'durchrationalisierter' , 'verwissenschaftlichter' Produktionsprozesse chronisch unterschätzt wird. 28 In Wirklichkeit bleibt sie enorm: "Auch bei einer weitgehenden Verwissenschaftlichung der Tiefenstruktur der Produktion bleibt der konkrete Arbeitsvollzug in so starkem Maße auf das Rezeptwissen des Arbeiters angewiesen, daß dessen Vorenthaltung zum Zusammenbruch des Prozesses führt. "29 Es speist sich zum einen aus in mitunter generationenübergreifenden Lernprozessen angesammelten industrie- und Betriebserfahrungen, die oft auf informellen Wegen der Qualifizierung bzw. Sozialisation im Arheitsprozeß weitergegeben werden. Zum anderen wird es immer wieder naturwüchsig im individuellen und kollektiven Arheitshandeln, im konstruktiv-kreativen Umgang mit Planungs mängeln, Pannen, neuartigen Problemstellungen neu geschaffen und angeeignet. Aus solchen ungeplanten und unsichtbaren Lernprozessen in der Arbeit ergibt sich ein Großteil der "Fähigkeiten zum modifizierenden Arbeitshandeln"3o, sprich: zur Selbsttätigkeit. Wichtige Merkmale des dabei gewonnenen und wirksamen Produzentenwissens faßt Hoffmann so zusammen: "Ganzheitlichkeit, Komplexität, Rezeptartigkeit; kumulative Entwicklung im Medium der Arbeit selbst; Pluralität [ ... ]; Primat mündlicher 83 Anleitung, Beobachtung und nachvollziehender Erprobung bei Weitergabe und Aneignung. "3 J Die Aktivierung solcher Fähigkeiten und Kenntnisse, das Einbringen von Erfindungsgabe und praktischer Intelligenz, war freilich lange Zeit filr die Masse der Arbeitenden mit ihrer offiziellen Rolle als rein ausfilhrende, nur vorgegebene Regeln anwendende Funktionsträger eigentlich unvereinbar. Nicht zuletzt deshalb - weil sie oft nicht nur nicht durch die betrieblichen Vorgaben gedeckt waren, sondern diesenzuwiderlieJen -mußten viele selbsttätige Anpassungs- und Kompensationsleistungen verdeckt, geheim erfolgen. Beim bloßen Blick auf die formale Definition der Arbeitsrolle bzw. der Arbeitsaufgabe und auf die vorgegebene' Soll-Leistung' blieb die selbsttätige 'Mehr-Leistung' daher auch zwangsläufig unerkannt: ,.Die Fähigkeit auf der einen und der Druck auf der anderen Seite, Anweisungen anders auszuführen als vorgesehen, lassen es dazu kommen, daß zwar am Ende das, was beabsichtigt war, produziert wird. daß aber der Weg zu diesem Ende nicht nur in der 'Soll-Leistung' gesucht werden darf, sondern auch in der 'Mehr-Leistung'. Und diese Mehr-Leistung ist eigentlich als Ausgangspunkt der Definition zu wählen, weH in ihr die Anstrengung des Menschen sehr viel offensichtlicher ist als bei bloßen' AusfOhrungs-Leistungen' ."32 Beim Erbringen der Mehr-Leistung handeln die Arbeitenden ..widerrechtlich. Denn was siefiirdie volle Leistung,jUr das Funktionieren des aー。セ@ rates, filr ihre eigene Lebensfähigkeilleisten, tun sie dann gegen die Anordnung")). Selbsttätigkeit tritt als Normabweichung oder gar Normverletzung auf. 34 Daher rührt, zumindest zum Teil, die immer wieder beschriebene Geheimhaltung, das Verdecken,ja unter Umständen sogar das 'Verdrängen' der Selbsttätigkeit - durch die Beteiligten selbst. So muß sie ihnen am Ende als solcbe nicht einmal mehr bewußt sein: Sie wissen es dann nicht, aber sie tun es. Auf diesen wichtigen Gesichtspunkt ist - wie auf die meisten der hier vorläufig erst angedeuteten Aspekte - weiter unten noch näher einzugehen. 35 Dafilr, daß Selbsttätigkeit auch in weitgehend durchtechnisierten, teilautomatisierten Prozessen für die Aufrechterhaltung der Produktion wesentlich bleibt, haben wir bereits im letzten Kapitel eine Reihe von Hinweisen gefunden. 36 Bei den zitierten Zeugnissen und den auf ihnen aufbauenden theoretischen ErwAgungen handelt es sich nicht um Reminiszenzen aus einer inzwischen überwundenen Epocbe der Rationalisierung oder Technisierung. Exemplarisch sei nochmals auf die Befunde von BOhle verwiesen, der von einer Vielzahl entsprecbender 'inoffizieller' Eingriffe in teilautomatisierte Prozeßverläufe berichtet. Diese Eingriffe blieben jedoch häufig verdeckt, "und zwar um so mehr, als die Arbeitskräfte präventiv und antizipatorisch Unregelmäßigkeiten vermeiden und/oder rasch beheben. Dabei handelt es sich hier keineswegs um Übergangserscheinungen; vielmehr ergeben sich 84 solche Anforderungen an die Arbeitskräfte gerade in Verbindung mit einer fortschreitenden Verwissenschaftlichung und Technisierung in immer wieder neuer Weise.'<37 Böhle, der solche Formen der Selbsttätigkeit "subjektivierendes Arbeitshandeln" nennt, geht- wie bereits dargestellt - davon aus, daß auch die weitere Rationalisierungsentwicklung sich als widersprüchlicher Prozeß der Nutzung und Negation solchen Arbeitshandelns vollziehen wird" Nur analytisch abgrenzbar sind die hier betrachteten Arten der nOlwendigen Selbsttäligkeit in der Arbeit schließlich - in beiden Varianten - von rein 'informalen' Gruppenbildungen und sozialen Beziehungen, die ohne intendierten Bezug zum Arbeitsprozeß und 'Betriebszweck' sind und 'neben' der unmittelbaren Arbeit existieren (wenngleich nicht ohne Rückwirkungen auf dieselbe, was eben jede derartige Abgrenzung schwierig und letztlich künstlich werden läßt). Ebenfalls schwer, aber bereits deutlicher zu unterscheiden sind sie von ofTenem, sich der dafür vorgesehenen offiziellen Kanäle bedienendem Interessehandeln, als der untersten Ebene der sogenannlen 'Arbeitspolitik' im engeren Sinn (etwa in Form der Konsultation von Betriebsrat und Gewerkschaftsvertretern, der Artikulation von Forderungen in Betriebsversammlungen, von offiziellen Beschwerden gegenüber Vorgesetzten elc.). Die Übergänge sind in beiden Fällen freilich fließend. 19 Die Arbeitenden machen die widersprüchliche Erfahrung, daß die Entfaltung ihrer individuellen wie kollektiven organisatorischen und erfinderischen Fähigkeiten - und in diesem Sinne: ihrer Subjektivitäl- sowohl für die Aufrechterhaltung als auch für die WeiterentwiCklung der Produktion eine kardinale Voraussetzung ist, daß aber gleichzeitig ihre Verwandlung von Subjekten in Objekte eine zentrale Tendenz der ökonomischen Mechanismen und der betrieblichen Herrschaft darstellt. Es zeigl sich, "daß die widersprüchlichen Strukturen und Prozesse im Industriebelrieb soziales Handeln von Belegschaften notwendig erfordern und dies nichl ein voluntaristischer Akt ist.'''o Nicht erst aus Anlaß von Interessenverletzungen handeln die Arbeitenden kollektiv und 'politisch'. In der Arbeit selbst muß bereits ihr Streben nach Selbstorganisation wirksam werden, müssen Keime ihrer Selbslbestimmung exislieren, müssen sie in einem emphatischen Sinn handeln: selbsttätig sein. Wir können von dieser Selbsltätigkeit, die den Paradoxien der Fremdbestimmung entspringt, als von einer impliziten Produktivkraft sprechen. Es bleibt zunächst näher zu betrachten, welche Formen sie annimmt und wie ihre spezifischen Merkmale im einzelnen aussehen. 85 2. Das Spektrum und die Sphären der Selbsttätigkeit Die Bandbreite aktiver Aneignungs- und Verhaltensweisen, die sich in Arbeitsverhältnissen beobachten lassen, ist groß. Sie reicht vom begeisterten Übereifer bei der Erftillung betrieblicher Ziele und Arbeitsnormen bis zur Sabotage, von der 'bedingten' Leistungserbringung übervieltliltigste Formen der Leistungsbegrenzung und LeistungszurUckhaltung bis hin zu deren völligem Entzug. Vor allem Befunde aus der US-amerikanischen Industrie- und Organisationsforschung, die sich von jeher eingehender mit informalen Phänomenen beschäftigte, haben immer wieder belegt, daß ein bedeutender Anteil des Verhaltens der Arbeitenden am Arbeitsplatz in irgendeiner Weise von der formalorganisatorischen Agenda abweicht.4I Nicht erst im 'Widerstand' gegen die betrieblichen Leistungsansprüche und das Herrschaftssystem zeigt sich subjektive Aneignung der Arbeitsbedingungen durch die Arbeitenden. Jegliches Arbeitshandeln setzt subjektives Mitund Zutun voraus. Auch ein 'Aufgehen' in der Rolle und völliges 'Einverständnis' mit den organisatorischen Zielen impliziert subjektive Leistungen. Vor allem darf solches 'Einverständnis' keineswegs mit dem blinden Befolgen organisationaler Regeln verwechselt werden. Auch wenn Organisationsziele in hohem Maße verinnerlicht werden, spielt Selbsttätigkeit durchaus eine wichtige Rolle: wenn nämlich Anweisungen und Regeln nicht zieladäquat oder zu diffus oder widersprüchlich sind.42 Taktische Unterwürfigkeit und das Buhlen um die Gunst von Vorgesetzten oder von anderen Organisationsmitgliedern, um individuelle Vorteile zu erlangen, können ebenfalls mit Selbsttätigkeit verknüpft sein-ohne deshalb Akte von 'Widerstand' zu sein. Am häufigsten sind gewiß Einstellungen und Strategien einer bloß 'bedingten', gleichsam kalkuliert aufgewendeten Arbeitsmühe, sowohl in quantitativer (Arbeitsmenge und -geschwindigkeit) wie qualitativer Hinsicht (Art der Leistung): Variationen der Arbeitsintensität, Vermeiden von ungeliebten und Übernahme anderer Aufgaben - und vor allem: 'Making out'. Diese in der angloamerikanischen Literatur gebräuchliche Bezeichnung meint das ubiquitäre Moment des Ausbalancierens von Verhaltenszumutungen und eigenen Verhaltenspräferenzen bei der Detailausgestaltung des ArbeitshandeIns, das Finden von Wegen, auf denen organisatorische Anforderungen und eigene Bedürfuisse zugleich befriedigt werden können. Hier gibt es einen gut dokumentierten, ungeheuren Phantasiereichtum beim Erfinden von Strategien zur Verteidigung von Freiräumen und von Würde in der Arbeit. Sie gehen meist mit einer der Geheimhaltung dienenden Erzeugung von 'Smoke screens' einher. 86 Daß der tägliche Kampf um die Einzelheiten der Leistungsanforderungen und das Aushandeln von Lohn-/Leistungsbalancen eine - wenn auch selten offen zu Tage liegende - Lebensquelle moderner Organisationen darstellt, ist allgemein bekannt und insbesondere fiir Regime des Leistungslohns häufig herausgearbeitet worden. Hier zeigen sich Merkmale der Selbsttätigkeit aufgrund der unmittelbaren Verknüpfung mit Entlohnungsfragen besonders deutlich: Zeitgewinne und Belastungsminderungen erreichen die Arbeitenden im Akkord durch allerlei 'Kniffe', 'Tricks' und kleine Erfindungen, die es ihnen erlauben, den vorgeschriebenen Ablaufund die vorgegebenen Techniken - in ihrem Interesse, aber auch im Interesse des Produktionsziels - zu umgehen. Was der Arbeiter oder die Arbeiterin als gelungenen 'Kniff' und womöglich die eigentliche eigene Leistung ansieht, wird fiir das Management zur illegitimen 'Methodenänderung' 43 Die Verknüpfung mit dem Lohnanreiz farben die erbrachten subjektiven Leistungen in spezifischer Weise ein: sie werden zum notwendigen Einsatz im harten betrieblichen Leistungswettbewerb und im rastlosen individuellen Streben nach Zusatzverdiensl. "Man muß auf die Jagd gehen, man muß sich den Raub sichern, darauf spekulieren, Positionen erobern. man muß dafür wüten, muß dafiir jeden Tag winzige. aber letzten Endes lebenswichtige Kämpfe ausfechten, gegeneinander und gegen alle. Alle FAhig. keiten, der Fleiß und das Wissen, die man für eine gute Arbeit braucht, werden in den Dienst des Raubes und damit auf den Kopf gestellt [... ].'<44 Ständig müssen wieder neue Möglichkeiten entdeckt werden, um noch schneller arbeiten zu können, und .. all das selbständig und insgeheim.''''5 uIch muß dabei meinen ganzen Erfindungsgeist, mein Wissen, meine Phantasie, meinen Mut einsetzen, und das verursacht-wenn die Sache klappt - ein gewisses Erfolgserlebnis. Deswegen kommt es den Stücklöhnem manch· mal so vor, als wären sie es, die das Lohnsystem überlisten, als wären sie es, die je manden übers Ohr gehauen hätten.'<46 4 , Die sozialen Prozesse zwischen Arbeitenden und Vorgesetzten, bei denen Selbsttätigkeit solcherart zum kalkulierten Einsatz und Mittel wird, nehmen einen "Weukampfcharakter" an. 47 Das "Akkordspiei" wird gespielt: Die Arbeiter oder die Arbeiterin verheimlicht die eigenständig veränderte Arbeitsweise und die Tricks, und der Meister versucht sie zu entdecken, um die 'Reserven' der Arbeitenden abzubauen. "Der Arbeiter tarnt und versteckt, der Meister sucht. In der Regel beginnt mit jedem neuen Arbeitsauftrag, der nach einigen Tagen wechselt, ein neues Spiel,'''s Manches liegt somit im Dunkeln, nicht nur bei der Arbeit unter den Bedingungen des Akkords. Ihr "innerste[s] Kräftefeld, [die] Druckkammer des Arbeitsplatzes'''9, ist auch unter anderen Entlohnungsformen - allgemein: unter Bedingungen heteronomer Arbeitsverhältnisse - in vielerlei Hinsicht eine Art Dunkelkammer, eine "verborgene Situation"so. "Im heutigen Betrieb 87 erscheinen diese Funktionen als notwendig. So, wie er besteht, muß einiges bekannt sein, einiges aber verborgen bleiben, d.h. auch verheimlicht und verdrängt werden."'! Sie werden abgedrängt in die diffusen "rückseitigen Regionen"" des betrieblichen Sozial zusammenhangs. Die Selbsttätigkeit wirkt rypischerweise im Geheimen B Das hat auch Konsequenzen für die Fähigkeiten und Qualifikationen, die notwendig sind, um in diesem Umfeld zu bestehen. Sie sind noch anderer Natur als die technisch-instrumentellen oder kommunikativen Kompetenzen, die man, neben dem arbeits bezogenen Wissen, üblicherweise thematisiert. Denn das den Arbeitenden Abverlangte und damit auch ihre Qualifikationen ergeben sich - wie nun schon oft genug betont - gerade nicht direkt aus der offiziellen Definition ihrer Aufgabe. Somit steht auch ihr "Können [... ] oft im Gegensatz erstens: zu dem von den planenden Stellen veranschlagten Maße, zweitens: zu den sich daraus ergebenden Arbeitsbedingungen. Diese erfordern, daß das Aneignen dieses Könnens außerhalb und gegen die Einplanung geschieht. ,," Die Liste der notwendigen Kenntnisse ist entsprechend zu erweitern. "Dabei sollten auch diejenigen Fähigkeiten berücksichtigt werden, die in der 'verborgenen Sphäre' entwickelt werden, also die Technik des Verbergens, die Geschäftstechnik der Kompensation, alle Fähigkeiten, die bei der Manipulierung des Akkordes, wie bei der Umgehung unzutreffender Normen entwickelt werden müssen."ss Die unerkannt bleibende, dabei notwendige und selbsttätig erbrachte MehrLeistung ergibt "sich nicht, nachdem die eigentliche Arbeit getan [ist], allgemeiner gesagt: 'auDerhalb' der eigentlichen Arbeit, sondern in der Arbeit selbst."' · Ebenso verhält es sich mit der Aneignung des Wissens und der fertigkeiten, die zu dieser Mehr-Leistung befahigen. Wenn auch "außerhalb und gegen die Einplanung", so doch gleichzeitig mit dem Erlernen der offiziellen organisatorischen Regeln, die sich auf ihre Tätigkeit und die Einordnung in den betrieblichen Zusammenhang beziehen, lernen die Arbeitenden auch, wie sie diese Regeln dazu benutzen können, um ihre Eigenständigkeit und ihre Würde zu behaupten. Die Erfahrung des Erlernens selbst noch von Regeln, deren Hauptziel in der Begrenzung oder im 'Ausschalten' der Eigeninitiative besteht, wird immer wieder zur Chance, sie in kreativer Weise umzudeuten, sie sich anzueignen: durch die Entwicklung von Handlungsweisen und Gegenstrategien, die Sphären der Selbsttätigkeit hervorbringen oder verteidigen helfen. S7 Sphären der Selbsttätigkeit nehmen nicht in allen fällen wirklich die konturierte Gestalt fest umrissener Nonnsysteme und dauerhafter Kommunikationsstrukturen an, die sich deutlich vom Formalsystem abheben und abgren- 88 zen. Und doch tendieren sie in diese Richtung: In ihnen findet die (Selbst-) Verwandlung zufallig zusammengewürfelter Individuen in Gruppen und größere Kollektive statt, die eigene kreative Aktivitäten, Widerstands formen und kulturelle Orientierungen hervorbringen. Diese Sphären haben mit dem .. Underlife" vieles gemeinsam, wie es Goffman in totalen Institutionen beobachtet hat.,g Sie sind die Welt der Notbehelfe s9 und des impliziten Wissens, der verdeckten kollektiven Produktions- und Kooperationszusammenhänge, der Gruppe mit ihren eigenen Normen, Formen der Selbstorganisation und Interessenvertretung, der informalen Organisation, die notwendig ist zur Aufrechterhaltung der Produktion. Vom aktiven Mitmachen auch gegen die Regeln (oder auch gegen die Mit-Arbeitenden) über die individuellen kleinen Fluchten bis hin zur mehr oder weniger offenen Gegenorganisation - hier entwickeln sich vielfliltige Varianten und Muster der Aneignung oder des ..Eigen-Sinns"", der Subjektivität und 'kleinen' Politik, Von entsprechenden Bewußtseins- und Wissens formen und sozialen Normen. Dies sind die unkontrollierbaren ErfahrungSräume einer individuellen und kollektiven Selbsttätigkeit, die aufruht auf den erwarteten und erzwingbaren 'normalen' Leistungen, die widersprüchliche Anforderungen stellen, vor denen bloße Exekution versagt. Zwar sind überall die Spuren, doch der Fremde vermag sie nur selten zu lesen. Die Gegenstände selbst, deren materielle Arrangements, könnten Zeugnis ablegen von dem widersprüchlichen Zusammenhang ihrer Entstehung und Verwendung, bei der die geheime Selbsttlltigkeit der Menschen eine so wichtige Rolle spielt. Betreten wir ein Betriebsmittelloger: ..An den älteren Apparaten kleine, handwerkliche Veränderungen, die Spuren verbotener 'Neuerungen', die der Normabteilung unbekannt blieben."61 Wer weiß um ihren Nutzen? Nur die unmittelbar Beteiligten. Wenn es 'aufflog', wurden die Vorgabezeiten gekürzt. .. Der Schleiftaum verbirgt die geheimen Fachkenntnisse der Dreher. Alle boben einen oder zwei Kniffe, mit denen die Messer schneller geschärft werden können [... ]. Neben dem Schleifstein baumelt eine einzige Schutzbrille mit gesprungenem Glas an einem Gummiband; sie ist von einer dicken Staubschicht bedeckt. Zwei Tafeln an der Wand schreiben ihren Gebrauch vor."" Noch im hektischen Lärm der Werkstätten und in der gedämpften Gesprächskulisse der Büros schwingen feine Untertöne mit, die auf ihre Befteiung zu hoffen scheinen. 89 3. Managementperspektiven Das Unternehmen lebt ein Doppelleben: als formale Organisation und realer Produktionsprozeß. Das stellt auch an das Management widersprüchliche Handlungsanforderungen. Die formale Definition dessen, was passieren sollte, ist Thema und Aufgabe des Managements. Es entwirft und diktiert entsprechende Pläne, Regeln und Organigramme. Das, was wirklich passiert, ergibt sich aus dem Befolgen dieser Pläne, Regeln und Organigramme und aus ihrem Nicht-Befolgen: ihrer Umdeutung und Außerkraftsetzung durch die Selbsttätigkeit der Arbeitenden. Das Unternehmen funktioniert nur, weil seine Normen nicht immer gehen, partiell mißachtet werden. Die formale Definition dessen, was passieren sollte, folgt einem präskriptiven 'Bild' von der Produktion und von den Arbeitenden, das jener funktional-bürokratischen Pseudo-Rationalität entspricht, auf die wir eingangs in diesem Kapitel Bezug nahmen. 63 Sowohl dieses Bild als auch jene Definition müssen die reale Produktion verfehlen. Das Management kämpft aber ständig um ihre 'Umsetzung'. Ihre Absurditäten sind daher keine bloßen theoretischen Mängel, sondern prägen die Wirklichkeit kapitalistischer Organisation. Erstaunlich sind weniger die 'theoretischen Mängel', als vielmehr der Umstand, daß das Management fast Erfolg damit hat, die Menschen in die Kästchen auf einem Organigramm zu verwandeln. Die Verwandlung scheitert nur, weil und insoweit sich die Menschen dagegen wehren." Das Management ist sich im allgemeinen einer Kluft zwischen seiner Theorie und der Produktionsrealität bewußt und versucht diese Kluft selbst zu überbrücken: durch Schaffung eines betrieblichen Informationssystems, das es mit immer mehr und immer besseren Informationen über die realen Abläufe und wirklichen Tatbestände versorgen soll. Doch ist das Problem der Informationsgewinnung unter biirokratisch-kapitalistischen Bedingungen alles andere als trivial. Zunächst sind die gewonnenen Informationen natürlich abhängig von dem zugrundegelegten Wahmehmungs- und Deutungsraster: wahrgenommen werden kann stets nur, was in der Gesellschafts- und Produktions-'Theorie' des Managements als relevant erscheint. Entsprechend tendieren die gesammelten Informationen dazu, die Realität zu 'Fakten' zu verarbeiten und auf mechanische Einheiten zu reduzieren; den Arbeiter und die Arbeiterin als ein System von Nerven und Muskeln zu betrachten, das durch gezielte Anreize dazu stimuliert werden kann, bestimmte Gesten und Bewegungen auszufUhren; die Einzelelemente des Prozesses zu isolieren und damit die Kooperationserfordernisse notorisch zu unterschätzen.6s Unabhängig davon kommt hinzu, daß vieles in der Produktion - wie erörtert - bewußt oder 90 unbewußt vor den Augen des Managements verborgen wird. Die Grenzen der Einsicht in die reale Produktion, die deshalb dem Management gesetzt sind, betont Haraszti vor dem Hintergrund seiner besonderen Erfahrung in scharfer Weise: "Die Kalkulatoren gefallen sich in der Rolle derer, die exakt 'wissenschaftlich' dem Niveau der technischen Entwicklung und der möglichen leistungssleigerung der Ar· heiter folgen. In Wirklichkeit tapsen sie nur im Dunkeln herum, erhöhen blindlings und modifizieren im Falle eines Mißerfolgs; die Qualität müssen sie durch besondere Leute erzwingen. [ ...] [J]eder weiß, daß sie mit keiner einzigen Infonnation rechnen dürfen, die von uns, den Bedienern der Maschine stammt. Im Gegenteil: ihre ganze 'Wissenschaft' bemüht sich nur, unsere dauernde instinktive Sabotage zu überwinden. Auf manchen Gebieten ist diese feindliche Wissenschaft vielleicht in der Lage, die Sabotage zu umgehen und abzuwägen, wozu wir hier und heute als Lohnarbeiter und Vollstrecker eines fremden Willens fähig sind. Sie haben keinen Begriff davon, wozu wir in dcr Lage wären, ginge es um unsere cigene Sache. Unsere Sabotage besteht in nichts anderem als in der Weigerung. Informationen und Erfahrungen preiszugeben, oder in der Verfälschung derselben."66 So entsteht ein informatorischer Teufelskreis für das Management. Der Betrieb muß anders funktionieren, als von der planenden Stelle her angenommen wird und einsehbar ist. Die 'Unstimmigkeiten' werden 'oben' weniger sichtbar als 'unten'. Aber von 'oben' wird geplant und kontrolliert. Ein Teil des vom Management definierten Solls und Sollens erweist sich im Prozeß als sachlich und systematisch irrational bzw. nicht durchführbar. So muß sich der oder die Arbeitende wieder gegen das angeblich Durchfiihrbare betätigen. Weil dabei wieder andere Faktoren ins Spiel gebracht werden als vorgesehen - und dies wiederum sehr wahrscheinlich intransparent bleibt -, funktioniert der Betrieb auf eine andere Weise, als man von der planenden Stelle aus annimmt und als das betriebliche Informationssystem erkennen kann. Daher muß ein 'reibungsloser Ablauf' letztendlich anders hergestellt werden, als es das Managementwissen vorsähe und der formalen Rationalität entspräche: häufig durch Zwang und direkte autoritäre Maßnahmen. Neben den Strategien einer immer weitergetriebenen Informatisierung und Verwissenschaftlichung oder eines Rückgriffs aufrohe Autoritätsformen gibt es freilich noch andere Methoden, aus der Managementperspektive mit der betrieblichen Doppelwirklichkeit und ihren Problemen umzugehen: die 'andere Realität' kann notgedrungen und stillschweigend geduldet werden; sie kann (partiell) anerkannt und das Mittun der Arbeitenden beim Schließen der Kluft zwischen 'Theorie' und 'Praxis' kann durch 'Normalisierung' bestimmter Praktiken und von Freiräumen zu sichern versucht werden"7; außerdem kann das Management anstreben, 'Unsicherheitszonen' auf bestimmte 91 Bereiche der Organisation einzugrenzen und damit besser kontrollierbar zu machen. Am verbreitetsten ist fraglos die notgedrungene Duldung der Selbsttätigkeit: "Die Betriebsleitung weiß eine Menge von 'unerlaubten Dingen', deren Nützlichkeit sie zwar einsieht, gegen die sie aber dauernd Verbote erläßt, weil sie es aus verschiedenen Gründen sich nicht erlauben kann, sie zu 'erlaubten Dingen' zu erklären. In diesen Fällen ist die Rechtsbeziehung innerhalb des Betriebes eine völlig verschwommene Angelegenheit. Aus dem Vertrag wird ein Duldungsverhältnis."68 Eine weiterreichende Anerkennung, ja Förderung der schöpferischen Teilhabe der Arbeitenden hat wichtige Voraussetzungen: Es muß - als funktionales Äquivalent direkter Kontrollstrategien - ein Mindestmaß an beiderseitigem Vertrauen und an 'verantwortlicher Autonomie' (mit der Betonung auf verantwortlich) geben. 69 Aus der Managementperspektive stellt sich das Problem, wie die Arbeitenden zur aktiven UnterstOtzung der Managementziele zu bewegen sind, oder in den Worten Burawoys: "Wie können die Arbeiter dazu überredet werden, bei der Herstellung ihres Arbeitsgefängnisses aktiv mitzuarbeiten?"7o Eine Betriebspolitik, die das, was wir eine implizite Produktivkraft nannten, ausbeuten und gleichzeitig die alten Machtpositionen aufrechterhalten will, führt zu einem widersprüchlichen "Nebeneinander der kooperativen Ansätze und der traditionellen Hierarchie bzw. bürokratischen Organisation".71 Beispiele für solche Einbindungs- und Verbindungsversuche sind Human-Relations-Konzepte, insbesondere eine 'Betriebsklima'Politik oder auch andere Maßnahmen zur Erhöhung der Betrlebsbindung und Schaffung einer Stammbelegschaft. Hillmann deutet solche kostspieligen Bemühungen nicht zu Unrecht auch als eine "Reaktion auf die zentrale Bedeutung [...1, die der selbstbestimmten Kooperation als Produktionsfaktor und Profitquelle zugewachsen ist. "72 Da solche Maßnahmen sich indes im weiterbestehenden bürokratischen Rahmen bewegen, bildet sich mit ihnen noch eine weitere Facette der Doppelwirklichkeit moderner Organisationen heraus. Angedeutet halten wir schließlich eine weitere mögliche Strategievariante: die Eingrenzung der SelbSltätigkeit auf bestimmte Organisationsbereiche, gleichsam deren selektive Freigabe und Konzentration. 73 Dies kann entweder bewußt geschehen oder aber na!urWüchsig aus direkten Kontrollstrategien resultieren: Wenn die Einengung von Dispositionsmöglichkeiten in einem Bereich erfolgreich ist, kann dies eine Erhöhung in anderen Bereichen hervorrufen. Nicht zuletzt hat ja die Ausbreitung des Taylorismus zur Schaffung indirekter immaterieller Produktionsprozesse größeren Umfangs geführt, die intransparent und schwer zu kontrollieren sind. Analoges gilt f"ur weit weni- 92 ger spektakuläre, alltägliche Verschiebungen im betrieblichen Kontrollgefuge, wie die Beispiele in der Untersuchung von Lichte zeigen. Das Management kann Selbsttätigkeit also durchaus dulden oder sogar offizialisieren und zu instrumentalisieren versuchen, kann aber auch immer wie· der auf seine Autorität und seine Verfiigungsgewalt rekurrieren und zu anderen, gröberen Herrschaftsinstrumenten greifen, wenn die Dinge aus dem Ruder zu laufen drohen. Doch ist auch dies zweischneidig: es kann seinerseits zur Quelle von LeistungszurOckhaltung und Desorganisation werden. Alle Reaktionsformen und auch die Instrumentalisierungsversuche des Managements bringen neue WidersprOehe hervor. Dem Management aber die uneingeschränkte Anerkennung der Selbsttätigkeit anzuraten hieße, ihm seinen Selbstmord vorzuschlagen." 4. Ambivalenzen der Selbsttätigkeit Auch aus der Sicht der Arbeitenden ist Selbsttätigkeit nicht unbedingt erwünscht und vorgesehen. Die ihnen zugeschriebene Rolle des ausführenden 'Funktionsträgers' verpflichtet sie diesbezilglich zu nichts, und vielleicht präferieren sie die weitestmögliche Konformität. Sie verfügen überdies auch nicht immer über die angemessenen Mittel, das Wissen oder die Informationen, die zur Ourchsetzung des Funktionierens oder eigener Interessen gegen die Vorgaben vonnöten wären. Selbsttätigkeit stellt für sie eine zusätzliche Anforderung und in den meisten Fällen eine Belastung dar. Und Erfahrungen mit soeben erwähnten Instrumentalisierungs- und Einbindungsversuchen durch das Managements mögen ebenfalls ins Gewicht fallen. So entsteht auch bei den Arbeitenden eine widersprOchliehe Haltung: sie schwanken zwischen Partizipation und ZurOckhaltung, zwischen Verweigern, Verdrängen und bewußter Aneignung, die womöglich politische Folgen hat. Unter den Bedingungen vorgeplanter, in engen zeitlichen Margen abzuwikkeInder Ausführungsarbeit sieht sich die Selbsttätigkeit manchen Schwierigkeiten und Hindernissen gegenüber. Die spezifische Mehr-Leistung, die mit ihr verbunden ist, bedeutet oft nicht unerheblicben Zusatzaufwand. Denn es mangelt ihr - quasi definitionsgemäß - an den nötigen Ressourcen: Zeit, Material, Information. Auch diese müssen in der Regel selbsttätig 'organisiert' werden. Bei dieser Gelegenheit sei auch daran erinnert, daß zur Selbsttätigkeit "nicht nur der Teil, der die Desorganisation begleicht, sondern auch [der) Widerstand gegen [ ... ] auferlegte untragbare Bedingungen und zusätzliche Leistungen [gehört]"", also etwa alle Bemühungen, die einer eigenen 93 Arbeitsäkonomie dienen sollen, der Hilfe fllr Mitarbeitende, dem informellen Kampfum Leistungsnormen etc. Und das Verdecken und Geheimbalten all dieser Aktivitäten absorbiert ebenfalls Energie. So kommt eine ansehnliche Liste von Leistungen zusammen, die bis dato noch in keinem Arbeitsvertrag und in keinem Arbeitsplan Erwähnung gefunden haben. Die Selbsttätigkeit steht stets unter schwerem Druck. Sie muß den Zwängen kontinuierlicher Produktionsabläufe abgerungen werden, stößt schnell an die Grenzen zu geringer Spielräume, hat sich dem Muß des Funktionierens zu beugen. Letztlich bleiben alle auch noch so kreativen Aktivitäten der Arbeitenden von den übergreifenden Bedingungen ihrer Passivität grundiert. Selbsttätigkeit verkehrt sieb unter solchen Bedingungen zu einem Modus von 'Anpassung' und zur Quelle besonderer Belastungen . .. Man muß sich den Faktoren, die da aufeinander einwirken, fügen, weil sie den Charakter übermächtiger Gewalten angenommen haben. Dieses ·Sich-Fügen·. das erkauft wird mit einer die erträglichen Möglichkeiten uberschreitenden Anpassung, Verheimlichung, Verdrängung, hai aus der Übermacht der Situation als Resultat die überall lauernde Angst und einbrechende Nervosität. Angst, Nervosität und Ohnmacht ermöglichen wiederum, daß man sich dem Funktionieren anpaßt. ..76 Selbsttätigkeit ist daher 'aufreibend>71 und bringt normalerweise "eine starke nervliche und psychische Belastung mit sich"78. Besonders fällt hier das 'Unrecht' des Unterlaufens betrieblicber Vorgaben ins Gewicht sowie der Umstand, daß es unbekannt bleiben muß. Je nach Persönlichkeitsstruktur werden solche Bedingungen dauernder Widerrechtlichkeit oder doch normativer Diffusitöt unterschiedlich verarbeitet werden. Sie können sicherlich demoralisierend, psychisch belastend und krankheitsfördernd wirken. 79 Wir hatten gesehen, daß nicht nur verborgene Qualifikationen und Techniken entwickelt werden müssen, sondern auch Techniken des Verbergens selbst. Wichtig ist nun, wie die Arbeitenden im Umgang mit jenen Belastungen diese Techniken auch gleichsam gegen sich selbst wenden: Sie verbergen gewisse Aspekte ihres Handeins vor sich selbst, 'gewöhnen' sich an sie oder drücken sie unter die Schwelle des noch Wahrnehmbaren. So kann es dazu kommen, daß die spezifische Mehr-Leistung, in der die Selbsttätigkeit besteht, auch von ihnen schließlich gar nicht mehr als besondere und originäre Leistung wahrgenommen wird. Die Arbeitenden halten es dann "filr natürlich, daß sie, selbst um den Preis ihrer Gesundheit, die Verbote mißachten."8o Thomas diskutiert eine Reihe solcher Ausblendungsmechanismen am Beispiel der Larmbelastung, auch das Phänomen der "Gewöhnung, die ja eigentlich eine Verdrängung genannt werden mußte."81 "In dieser Wirkung steht aber der Lärm nur beispielhaft fiir eine große Zahl von Arbeitsbedingungen, die als ebenso 94 gefilhrdend und schädlich angesehen werden mOssen, die aber selbst dann, wenn sie in höherem Maße als gefilhrlich anerkannt sind, aufgrund der Tatsache, daß sie unausweichlich erscheinen, von den Betroffenen nicht allgemein wahrgenommen werden dürfen und können."82 Was gesellschaftlich gilt und was nicht, entscheidet darüber, was wahrnehmbar ist und zum 'Thema' werden kann. Das gilt auch und besonders ftir die Selbsttätigkeit in der Arbeit. So findet die betriebliche Doppelwirklichkeit gleichsam ihre innerpsychische Verlängerung. Auch dem Arbeitenden "bleibt vieles an seiner Situation verborgen und gerät im Prozeß der Arbeit in Verborgenheit. Und zwar ist er zu dieser Verborgenheit gezwungen. Denn wenn sie aufgedeckt wäre, würde ihm die Anpassung erschwert - er würde alle zusammengeraffte Sicherheit verlieren." 83 Die Gewöhnung und das Ausblenden sind zur 'Anpassung' notwendig, und sie blockieren das Bewußtsein von der eigenen Selbsttätigkeit: "Gewöhnung oder Verdrängung stehen der Erkenntnis im Wege."84 All das macht die Situation ftir die Arbeitenden in mancher Hinsicht nicht ohne weiteres durchschaubar und äußerst ambivalent. Die Mithilfe bei der Lösung von Produktionsproblemen ist zwar notwendig, aber die nötigen Ressourcen und Organisationsformen werden vorenthalten und unterdrückt; gleichzeitig versucht das Management, die Fähigkeit der Arbeitenden zur Selbsttätigkeit - partiell und selektiv - zu nutzen. Die Partizipation hält sich deshalb in Grenzen, Leistung wird zurückgehalten, Ideen und Verbesserungen bleiben geheim; und alle halten die Fassade des Respekts vor den offiziellen Normen aufrecht. Die Widersprüche sind auch in den Vorstellungen und im Verhalten der Arbeiter virulent. Einige Momente der Situation faßt Lichte folgendermaßen zusammen: "ln dieser dialektischen Verknüpfung von subjektiver Ausgestaltung der im Produktionsprozeß notwendigen Dispositionsspielräume im Sinne einer Aneignung und Veränderung des Produktionsprozesses schaffen die Arbeiter einerseits kollektive Arbeitsfonnen. produzieren aber gleichzeitig Konkurrenzverbältnisse zu anderen Belegschaftsteilen. Indem sich die Arbeiter die objektiven ProduktioDsbedingungen durch Arbeilshandeln subjektiv aneignen und auszugestalten versuchen. helfen sie, den Produkrionsprozeß in Gang zu setzen, wirken verändernd auf ihn ein, entwickeln alternatives Arbeitshandein, das durchaus der Verwertungsdominanz nicht zu widersprechen braucht und reproduzieren doch damit diesen Produktionsprozeß immer wieder als ein Verhältnis, dem sie sich nicht nur nicht entziehen können, weil sie ihre Arbeitskraft verkaufen mOssen. sondern auch, weil ihnen die Ergebnisse des Produktionsprozesses in Form konfliktverursachender, -lenkender und handlungsbeschränkender Strukturen gegenübertreten."85 Doch die Arbeitenden sind den Widersprüchen nicht passiv ausgesetzt. Sie handeln und ruhren im Arbeitsalltag einen impliziten Kampf um die Aneig- 95 nung ihrer Arbeit und ihrer Selbsttätigkeit. Wenn sie es lernen, sich die Zusammenhänge, denen letztere zugrundeliegt, transparent zu machen und handelnd zu handhaben, erlangen sie dadurch Machtpositionen in der betrieblichen Interessenauseinandersetzung . .,Das Produktionswissen der Belegschaft kann aufgrund der Widerspnlchlichkeit der Produktionsbedingungen zum Mittel der InteresscDwahrung und ·durchsetzung werden. [ ... ] Voraussetzungdafilr ist die Aneignung der objektiven Produktionsbedingungen durch die den Produktionsprozeß praktisch bewältigenden Belegschaft, der subjektive Nachvollzug des Produktionsvorganges durch die Arbeitenden selbst."S6 Die Widersprüchlichkeit des Produktionsprozesses und die Notwendigkeit der Selbsttätigkeit bringen "notwendig kollektive Aneignungsformen und zugleich deren ständige Infragestellung"S7 mit sich. Die Sphären der Selbsttätigkeit sind fUr die Arbeitenden nicht ohne weiteres 'disponibel' und nehmen selbst innerhalb einer Belegschaft unterschiedliche Gestalt an und sind unterschiedlich verteilt. Gleichwohl konstituieren sie Machtpositionen und bilden Ansatzpunkte betrieblichen KonflikthandeIns. In schwierigen Lernprozessen in der Arbeit müssen sich die Arbeitenden jene Sphliren und damit ihre Konfliktfllhigkeit anzueignen versuchen. "Über die Fähigkeit zur Ingangsetzung und -haltung des Produktionsapparates entwickelt sich auch die Fähigkeit zur Durchsetzung von Forderungen und Abwehr von Verhaltenszumutungen mit Hilfe des Produktionsprozesses.',s8 Es dürfte ein breites Spektrum solcher Aneignungsweisen geben. Formen gleichberechtigter Kooperation werden dabei ebenso zu beobachten sein wie Formen individueller oder gruppenförmiger Konkurrenz und des Ausschlusses anderer aus dem Aneignungszusammenhang. Je nachdem, wie solche Lernprozesse im einzelnen verlaufen, sind die Chancen dauerhafter 'Politisierung' der Selbsttätigkeit größer oder geringer. 89 Der Erfolg einer solchen 'Politisierung' zeigt sich im industriellen Konflikt. Und hier offenbaren sich bisweilen die selbsttätigen Potenzen der Arbeitenden in besonders deutlicher Weise. Die verdeckten, verheimlichten Potentiale "werden in bestimmten Arbeitskämpfen freigesetzt, wo sie allerdings meistens in der destruktiven Variante ihrer Möglichkeiten sichtbar werden."90 Die Kampfforrn des Vorenthaltens von Selbsttätigkeit, des sogenannten Dienstes nach Vorschrift, haben wir schon erwähnt. Bei Betriebsbesetzungen kann es dagegen zu ihrer positiven Wendung, zur koordinierten Aktualisierung der FAhigkeit zur Selbsttätigkeit bei der WeiterfUhrung betrieblicher Aktivitäten kommen. Ein Beispiel wie das der britischen Firma Lucas Aerospace, wo die Belegschaft ihre kumulierte Intelligenz und ihr Erfahrungswissen in einen seinerzeit - Mitte der siebziger Jahre - weithin beachteten 96 alternativen Produktionsplan umsetzte,91 gehört auch in eine entsprechende Liste, die sich unschwer verlängern ließe. Nicht erst in solchen deutlich sichtbaren Aktionen scheinen die Möglichkeiten nicht-heteronomer Arbeitsverhältnisse auf. Das von Haraszti dargestellte Phänomen des 'Schwarzarbeitens ' verweist auf die unspektakulären Pendants solcher Aktionen im betrieblichen Alltag. Der Ausdruck Schwarzarbeiten 92 weckt falsche Assoziationen: Es geht um-aus der Betriebssicht- 'nutzlose' Gegenstände, die die Arbeiter in den eroberten Poren des Arbeitstags fiir sich selbst herstellen; zum anderen bezeichnet der Ausdruck auch gewisse Arbeiten unter der Hand und außer der Reihe (etwa das Herstellen von kleinen Hilfswerkzeugen oder ähnliches). Schwarzarbeiten ist "Arbeit als Selbstzweck"93 und eine Art Leidenschaft. "Der Grund dafür ist zweifellos, daß diese Arbeit von uns selbst geplant und so gemacht werden kann, wie wir es wollen."94 Viele kleine Produkte (Aschenbecher, Messer, Spielzeug und ähnliches, zum Teil auch als Geschenk verwendet) entstehen auf diese Weise. "Wenn [der Arbeiter] das Produkt benutzen wird, so wird er dara" vor allem genießen, daß er es zustanrlegebracht hat, daß er weiß, wann, wie, woraus er es gemacht hat, daß er Ober diese Existenz entschieden hat. Diese ännliche. unter Opfern und heimlich vollbrachte, auf den Eigenbcdarfbcscbränkte Schwanarbcit ist die einzige Möglichkeit der freien, schöpferischen Arbeit, ihr Keim, ihr Modell- das ist das Geheimnis ihrer Leidenschaft. [ .. ,] Die Freude an der Arbeit ohne Kalkulator, Kontrolleur und Hallenleiter unterstützt die selbständige, unkontrollierte Tlltigkeit."95 nOie Freude über die Einheit von Planung und Ausfilhrung kontrastiert aufs SchArfste mit unserer alltäglichen Arbeit."96 Die Konkurrenz zwischen den Arbeitern verliert an Bedeutung, freiwillige ZusanuneoBIbeit entwickelt sich, und die meisten Freundschaften fmgen bei gemeinsamer Schwarzarbeit an. "Diese Freuden über "das andere' werden natürlich durch das Bewußtsein kaputtgemacht, daß es nur die Freuden einer Oase in der Wüste der Lohnarbeir sind."97 "So führen die zwei Schritte in Richtung des Sinnlosen -nutzlose Dinge produzieren, auf den Lohn verzichten - in Wirklichkeit in Richtung der Freiheit, um dann sehr schnell an die Schranke der Lohnarbeit zu stoßen. Es ist ein erfolgloser Versuch, aus dem Kosmos der Lohnarbeit zu desertieren."98 "Die Schwarzarbeit ist - gerade durch ihre Sinnlosigkeit vom Gesichtspunkt der Fabrik aus - die stille, standhafte Ankündigung des Bedürfnisses nach einer Arbeit, die einen einzigen. übennächtigen Anreiz hat, die Überzeugung nämlich, daß unsere Arbeit, unser Leben und Selbstbewußtsein durch unsere eigenen Ziele geleitet werden."99 ,,[Dlie Botschaft der Schwarzarbeit, der paar Minuten, in denen unsere Energie und unsere Fähigkeiten auferstehen")(lO, besteht fiir Haraszti also darin, daß hier "der Keim eines ganz anderen Sinnes verborgen liegt: Der Sinn der mit Freude geleisteten Arbeit"tOl - und der Wunschtraum ihrer autonomen Organisation. Aber die jenseits des geltenden Realitätsprinzips liegende Bedeutung dieses Wunschtraums ist unter dem allgegenwärtigen Druck der 97 Verhältnisse nur schwer zu entziffern. "Ich konnte es auch an meinen Kollegen beobachten, daß sie rur alles Worte finden können, nur rur diesen zweifellos existenten, in den Augenblicken" der Selbsttätigkeit "sich stotternd offenbarenden Traum nicht.",o2 5. Ausblick: Bestimmungsgründe und Potentiale der Selbsttätigkeit Rekapitulieren wir nun noch einmal eine Reihe der erörterten Aspekte und knüpfen einige weiterfuhrende Überlegungen und Fragen an. Entgegen der früher - und zumal zu Zeiten der Entstehung der Studien, auf die wir uns gestützt haben-verbreiteten Vorstellung, daß durch Technisierung, Arbeitsteilung und Kontrolle im Betrieb die Subjektivität der Arbeitenden immer mehr zurückgedrängt, immer mehr unterdrückt, immer weniger nötig werde, ergibt sich aus dem Entwickelten die Folgerung, daß kapitalistische Herrschaft und Arbeitsteilung notwendig bestimmte Forrnen von Subjektivität auf Seiten der Beherrschten hervorbringt und voraussetzt. Es gibt 'systemfremde' Bedingungen des Funktionierens des bürokratisch-kapitalistischen Arbeitssystems, und diese Bedingungen werden von diesem System immer wieder notwendig hervorgebracht- und unterdrückt. Damit erweist sich die zum Teil auch gesellschaftstheoretisch wirksame Idee der Möglicbkeit einer vollständig fremdbestimmten Setzung von Handlungszielen, einer vollstän· digen Instrumentalisierbarkeit lebendiger Arbeit als gänzlich unangemessen. Die erörterten Phänomene belegen eindrücklich, daß auch fllr den Bereich des instrumentellen Handeins vielfaltige Chancen der Erfahrung von Heteronomie, von sozialer Fremdbestimmtheit des Handeins existieren. Nicht etwa erst aus dem Bewußtsein "systemisch verzerrter Kommunikationsverhältnisse" (Haberrnas), sondern schon aus der Erfahrung der Unterdrückung des systemisch erzwungenen Anspruchs auf Selbsttätigkeit in der Arbeit resultiert moralisch-praktisches, politisch relevantes Wissen. ,o3 Die Gründe hierrur liegen in der strukturell bedingten, partiellen 'Blindheit' des betrieblichen Herrschaftssystems, in der profunden Widersprüchlichkeit seiner Zielsetzungen und der Mittel, deren es sich bedient. Wodurch entstehen diese blinden Flecken des bürokratisch-kapitalistischen Projekts? Ausgehend von den ausgewerteten Studien oder auch mit Bezug auf die Diskussionen im letzten Kapitel bieten sich verschiedene Erklärungsmöglichkeiten an. Obwohl die orthodoxe marxistische Sichtweise, wie wir bereits andeuteten, ganz ähnlich wie die traditionelle Arbeitssoziologie gewisse Af- 98 finitaten zum bürokratisch-kapitalistischen 'Selbstbild' besitzt und deshalb auch zur Ausblendung unserer Problematik neigt, läßt sich doch auch eine marxistische Erklärung formulieren. So versucht Lichte, seine Befunde im Rekurs auf das widersprüchliche gesellschaftliche Verhältnis zwischen Produktionsmitteleignern und Arbeitskraftbesitzern sowie den doppelten, Gebrauchswert und Tauschwert setzenden Charakter der Arbeit zu theoretisieren und dies flir die betriebliche Ebene konkret zu entfalten. Er fragt danach, welche Handlungsbedingungen und -anforderungen aus diesem widersprüchlichen Verhältnis fur die Arbeitenden resultieren. Sie werden einerseits zu individuellen Lohnarbeitern, zwischen denen Konkurrenz herrscht; diese Konkurrenz muß aber im Produktionsprozeß zurücktreten, ein betrieblicher 'Gesamtarbeiter' konstituiert sich. Einerseits von außen aufgezwungen, ist diese Verwandlung aber gleichzeitig nur möglich als eine durch subjektive Leistungen der Arbeitenden ausgeformte und nachvollzogene. Daraus ergibt sich ein notwendiges 'Oszillieren' zwischen Objekt- und Subjektstatus: "Die Lohnarbeiter im Betrieb sind [... ] Subjekte des Produktionsprozesses als Träger nützlicher Arbeit, werden aber unter der Dominanz des Verwertungsprinzips als Objekte im Produktionsprozeß vom Kapital angewendet und seiner Herrschaft zum Zwecke der Verwertung untergeordnet."I04 Beide Momente sind untrennbar, es handelt sich um eine widersprüchliche Unterwerfung; und eine spezifische Konfliktdynarnik ist die Folge: Beide "Elemente liegen im ständigen Widerstreit miteinander, sind aber im unmittelbaren Produktionsprozeß nicht voneinander zu trennen.ulOS Man kann Phänomene der Selbsttätigkeit auch in bezug auf die Stofflichkeit und Logik von Arbeitsprozessen thematisieren, auf die - worauf wir schon im letzten Kapitel verwiesen - Ekardt, Löffler und Hengstenberg ihr Augenmerk richten. Demnach muß sich Arbeitshandeln zum einen an fremdgesetzten Zielen und Methoden und zum anderen an der objektiven Logik des Arbeitsprozesses orientieren. Ekardt, Löffler und Hengstenberg postulieren eine Stofflichkeit und Eigenlogik von Arbeitsprozessen, die als solche kein 'formalisierbarer' Organisationstatbestand ist und daher auch weder vom Kapital noch vom Management 'besessen' und restlos instrumentalisiert werden kann. Diese Stofflichkeit und Logik "bildet einen überindividuellen und jeder spezifischen Arbeitsorganisation zugrundeliegenden allgemeinen gesellschaftlichen und kulturellen Tatbestand einer jeweils bestimmten technisch-zivilisatorischen Entwicklungsstufe."I06 Diese arbeitsstoffliche Basis und notwendige Prozeßstruktur setzt objektiv Ansprüche an Selbsttätigkeit, da die Prozeßziele sonst nicht zu erreichen sind. I07 "Gerade indem die Arbeitenden der ihnen fremd auferlegten Objektivität folgen, stützen sie sich auf eine andere 99 Objektivität; arbeiten bedeutet, zwischen diesen objektiven Welten sich selbst zu behaupten."IOB "Für das arbeitende Subjekt bildet diese (Vermittlungs-) Notwendigkeit die Bedingung der Möglichkeit von Autonomie in einer objektiv strukturienen Welt." 'o, Und sie schlußfolgern: ,,zu denken ist sowohl an die Möglichkeit der Transformation funktional notwendiger Subjektivität in dysfunktionale Widerstandspotentiale, aber auch an die erneute Abdrängung solcher Potentiale in die Latenz, wenn sich Unterdrückungserfahrungen verbinden mit der Selbsterfahrung funktional formaler Autonomie."1 10 Weit stärker auf die Besonderheiten bürokratisch-kapitalistischer Herrschaftsstrukturen hebt eine Erklärungsstrategie ab, die Castoriadis ausgearbeitet hat. Sie rückt die jenen Strukturen eigentümlichen Formen der Trennung von Planung und AusfUhrung, der Etablierung eines externen Managements und der Unbestimmtheit des Arbeitsvenrages ins Zentrum. Der Inhalt der Arbeit muß immer wieder neu definiert werden, doch erweist sich die Lösung dieser Definitionsftage aus einer externen Managementperspektive letztlich als unmöglich. Die Ignoranz des Managements in bezug auf die realen Prozesse ist sozial bedingt, eine rationale Planung kann es vor diesem Hintergrund nicht geben. Das Funktionieren des Systems muß gegen die auf dieser Grundlage generienen Normen sichergestellt werden. 11 I Der Taylorismus war ein Versuch, mit diesen Problemen umzugehen, der jedoch auch nur partiell erfolgreich sein konnte; die tägliche Krise der Produktion ging weiter. Castoriadis lenkt den Blick auch stärker auf das 'Menschenbild' und die 'Produktionstheorie' des Managements. I12 Während das wirkliche 'Subjekt' des Produktionsprozesses mehr und mehr aus der Kollektivität der Arbeitenden besteht, geht dieses höchst selektive, ideologische Bild des Arbeitenden - das aus der sozialen Position des Managements resultiert-vom vereinzelten Arbeiter, vom individuellen Produzenten aus und somit von künstlich isolierten Elementen. Es fUhrt dazu, daß nur entsprechend 'gefilterte' Informationen aus der Produktion überhaupt wahrgenommen und als relevant betrachtet werden. Man kann indes auch die möglicherweise 'ideologischen' Konsequenzen der Selbsttätigkeit für die Arbeitenden hervorheben. Sie wird dann, wie bei Burawoy, zum Moment einer besonders raffinierten Form der Manipulation: Hier ist es das Management selbst, das bewußt Freiräume scham oder beläßt und dadurch eine An Spielwiese mit scheinbaren Wahlmöglichkeiten bereitsteUt. Durch das mゥエNセー・ャョ@ reproduziert sich Einverständnis mit Herrschaft. "Im Rahmen dieser Arena versuchen die Arbeiter, Kontrolle über den Arbeitsprozeß zu gewinnen [ ... ]. Eine solche Anpassung an die Arbeit ist oft in Form von Spielen sozial organisiert"II'. Dies wird vom Management so lange geduldet, wie es die Produktion aufrechterhält. "Eine solche minimale 100 Verwirklichung des radikalen Bedürfnisses, die eigene Arbeit zu kontrollieren, wird zu einem grundlegenden Bestandteil der Zustimmung zur kapitalistischen Produktion."114 So kurzschlüssig und überzogen diese Argumentation auch sein mag l15 , so wichtig ist doch die Frage, die sie aufwirft: nämlich inwieweit das Phänomen der Selbsttätigkeit selbst wieder beherrscht, ' eingeplant' und funktionalisiert werden kann. Vor diese Frage stellen uns heute auch wieder die partizipativen Managementstrategien. Wir werden uns deshalb in Kapitel V noch ausfilhrlich mit ihr auseinandersetzen müssen. An gleichsam transzendierende Potentiale der Selbsttätigkeit wäre jedenfalls in einer Burawoy folgenden Perspektive kaum zu denken. Anders verhielte es sich damit, folgte man einer der ersten drei Deutungsvarianten und einigen Hinweisen, die sich schon in den verwendeten Quellen fanden. Demnach ist der Arbeitsalltag nicht nur per se politisch und konfliktorisch. Aus seinen verdeckten Kämpfen und aus der impliziten Selbsttätigkeit, die in ihm stetig wirkt, lassen sich Bedeutungen herauslesen, die über das Bestehende hinausweisen. Durch sie erscheint - verdeckt, verdrängt, pervertiert, instrumentalisiert - innerhalb der herrschenden sozialen Realität eine mögliche alternative Organisationsform: selbstbestimmte, autonome Produktion. Neben Castoriadis zieht vor allem auch Hillmann entsprechende Schlußfolgerungen. Er will in den genannten Erscheinungen die Vorzeichen einer "Belegschaftskooperation" erkennen: der "Möglichkeit einer betrieblichen Kooperation, die alle Belegschaftsmitglieder einbezieht und aus der schöpferischen Initiative aller Arbeitnehmer hervorgeht", das heißt einer ,,selbstbestimmten und sich seihst regelnden Produktions- und Informationsorganisation".ll. Wir deuten hier solche weitreichenden theoretischen und praktischen Fragen, die sich aus den dargestellten empirischen Befunden und den Überlegungen, die wir in diesem Kapitel angestellt haben, ergeben, vorläufig erst an. Im Zusammenhang mit dem weiterfilhrenden theoretischen Klärungsversuch des nächsten Kapitels und den resümierenden Erwägungen des Schlußkapitels werden wir sie wieder aufnehmen. I 17 Wichtig ist unser paradoxer Hauptbefund : Selbsttätigkeit ist eine wesentliche Bedingung heteronomer Arbeit und der Lebensflihigkeit bürokratisch-kapitalistischer Organisationen. Die vorherrschenden Theorien über die Arbeit behandeln hingegen die Selbsttätigkeit der Arbeitenden entweder als Abweichung und Ausnahme, die früher oder später eliminiert werden kann, oder als theoretisch trivial. Es wird nun darum gehen, eine theoretische Alternative hierzu zu entwickeln, die unserem Hauptbefund Rechnung trägt. 101 IV. Bausteine einer kritischen Theorie kapitalistischer Produktion Die traditionellen Ansätze der deutschen Arbeitssoziologie sind, wie wir in Kapitel II sahen, nicht in der Lage, die subjektiven Leistungen der Arbeitenden, ihr aktives Zutun im Produktionsprozeß, kurz: ihr Arbeiten als Handeln hinreichend zu erfassen. Diesem Mangel korrespondiert, so erwies sich ebenfalls, ihr frappierendes Desinteresse an der konkreten Herrschaftspraxis des Managements und den aus ihr resultierenden widersprüchlichen Handlungsanforderungen. Die weißen Flecken und schiefen Perspektiven, die deshalb ihr Bild von der Arbeitsrealität verunstalten, verdanken sich ihrem unzulänglichen theoretischen Rahmen. Phänomene verdrängter Selbsttätigkeit, wie wir sie soeben erörterten, können in ihm keinen systematischen Stellenwert beanspruchen. Die innerhalb und außerhalb der Arbeitssoziologie in den letzten beiden Jahrzehnten formulierte Kritik hat diesen Rahmen zwar erschüttert und auf manche Einseitigkeit des traditionellen Bildes wie auf nötige Korrekturen hingewiesen. Allenfalls ansatzweise hat dies aber bislang zur Entwicklung alternativer Konzepte gefilhrt, die jenen Phänomenen den ihnen gebührenden Rang einräumen, und noch weniger zum Versuch einer entsprechenden Revision der Analysekategorien und Untersuchungsmethoden. In diesem Kapitel sollen einige Schritte in diese Richtung unternommen werden. Die Einfilhrung zentraler Begriffe und Theoreme der Gesellschaftstheorie von Cornelius Castoriadis bildet dabei den Ausgangspunkt (Abschnitt I). Sie sollen dabei helfen, ein Gerüst und einige Bausteine filr den Weiterbau an einer kritischen Theorie der kapitalistischen Produktion bereitzustellen, die tragrahiger sind als diejenigen, welche, zunehmend implizit, bei der traditionellen arbeitssoziologischen Konzeptualisierung und Analyse von Arbeitsverhältnissen in Anschlag kommen (Abschnitt 2). Daß eine Anlehnung an die Theorie von Castoriadis im arbeitssoziologischen Zusammenhang nicht nur möglich, sondern sogar naheliegend ist, mag denen, die nur seine späteren Arbeiten insbesondere Gesellschaft als imaginäre Institution I - kennen, vielleicht nicht auf den ersten Blick einleuchten. Es gründet gleichwohl in deutlichen Affi102 nitäten zwischen der ursprünglichen Fragestellung und Problemsicht von Castoriadis und dem Fragehorizont, wie er sich auch rur uns nun abzeichnet. Ihre reife Gestalt erhielt seine Theorie im Verlauf einer langen und gründlichen Überarbeitung, Vertiefung und Ausweitung theoretischer wie politischer Motive und Anstrengungen, die von Anfang an um das epochale Problem bürokratischer Organisation und deren Überwindung kreisen. ' Bürokratie stellt für Castoriadis den Inbegriff moderner Fonnen gesellschaftlicher Fremdbestimmung dar. Und die Bestrebungen zu deren Überwindung versucht er, in Orientierung an der Leitidee der Autonomie, zusammenzufassen und aufzuklären; die Perspektive, die hier aufscheint, ist die konkrete Utopie der autonomen Arbeit (Abschnitt 3). So ist es also kein Zufall, daß noch die allgemeinsten sozialontologischen und politisch-philosophischen Erwägungen von Castoriadis bei näherem Hinsehen in einer erhellenden Beziehung zu der uns im weiteren Fortgang dieses Kapitels beschäftigenden malerialen Frage stehen: der Frage einer angemessenen Analyse und Kritik der kapitalistiscben Institution der Arbeit. Was unsere Erörterung dieser Frage ergibt, fassen wir im abschließenden Abschnitt dieses Kapitels zusammen (Abschnitt 4). 1. Die imaginäre Institution gesellschaftlicher Heteronomie Gesellschaft als imaginäre Institution Der Begriff der imaginären Institution zielt auf die besondere Seinsweise des gesellschaftlich-geschichtlichen Feldes. Er hat zunächst einen Prozeßsinn, hebt also zuallererst auf das Instituieren, das Einrichten, das Setzen gesellscbaftlicber Fonnen oder Ordnungen ab. Als Movens wie als Resultat dieses Prozesses erscheint das Imaginäre: die sinn schöpfende gesellschaftliche Einbildungskraft des anonymen Kollektivs, Instituierendes und Instituiertes, Bildendes und Bild, Satz und Gesetz, Strömung und Sediment im Fluß gesellschaftlich-geschichtlicher Selbstinstitution. Den Kern jeder Institution bilden historisch-spezifische gesellschaftliche imaginäre Bedeutungen. Der Institutionenbegriff der von Durkheim ausgehenden soziologischen Tradition erhält hier eine kulturanthropologisch und philosophisch radikale Wendung und Zuspitzung. J Im Unterschied zu den funktionalistischen Beiklängen, die er in der soziologischen Tradition hat, dient er bei Castoriadis gerade der Grundlegung eines Gesellschaftskonzeptes, das der sinnhaften und kreativen Komponente des Sozialen in besonderer Weise Rechnung tragen 103 und dadurch auch theoretische wie praktische Kurzschlüsse der marxistischen Tradition korrigieren will.· Gewiß haben Institutionen wichtige funktionale Aspekte, vor allem jedoch existieren sie "als gesellschaftlich anerkannte Symbolsysteme. Ihre Leistung besteht darin, Symbole (Signifikanten) mit Signifikaten (Vorstellungen, Ordnungen, Geboten oder Anreizen, etwas zu tun oder zu lassen-also Bedeutungen im weitesten Sinne) zu verknüpfen und ihnen als solche Geltung zu verschaffen, d.h. diese Verknüpfung innerhalb der jeweiligen Gesellschaft oder Gruppe mehr oder weniger obligatorisch zu machen."s In manchen, jedoch längst nicht allen Fällen ist ihre Geltung durch Zwang und offene Sanktionen gesichert, in den meisten durch Gehorsam, Konsens, Legitimität, Glauben - und immer durch Sozialisation: die Verwandlung von Soma und Psyche des Säuglings in ein gesellschaftliches Individuum. Neben Normen, Werten, Sprache, Werkzeugen, der Art und Weise, wie Dinge getan und behandelt werden, ist auch das Individuum eine Institution in diesem weiten und grundlegenden Sinn. 6 Der Gesamtkomplex der Institutionen formt ein kobärentes Ganzes, eine je historisch-spezifische Gesellschaftsform. Ihre Spezifität und ihre Kohärenz verdankt sie den besonderen Sinngebalten, auf die sie sich bezieht, "um sich selbst, die Welt und ihren Platz im Rahmen der letzteren zu bestimmen",' und die Castoriadis gesellschaftliche imaginäre Bedeutungen nennt. .,Die FunktionatitAt erhorgt sich ihren Sinn anderswo: der Symbolismus ist wohl oder übel Buf etwas AuBersymbolisches bezogen, was aber auch nicht bloß Reales oder Rationales ist. Dieses Element. das der Funktionalität jedes institutionellen Systems eine besondere Ausrichtung gibt und das die Wahl und die Verknüpfungen der symbolischen Netze überdeterminiert; dieses Element, das sich jede geschichtliche Epoche scham und in dem sie unnachahmlich ausdnickt, wie sie ihre eigene Existenz, ihre Weil und ihre Beziehungen zu dieser erlebt, sieht und gestaltet; dieses ursprungJich strukturierende Moment, diese Quelle unbezweifelbaren Sinns, dieser TrAger aller Verknüpfungen und Unterscheidungen zwischen Wichtigem und Unwichtigem, dieser Ursprung der Seinsbereicherung, den die Gegenstände praktischer. affektiver oder intellektueIJer, individueller oder kollektiver Besetzungen erfahren - dieses Element ist nichts anderes als das ImaginAre der Gesellschaft oder der jeweiligen Epoche!l8 Der Begriff des Imaginären bietet Anlaß zu Mißverständnissen. Wenn wir uns dieses von Castoriadis in den Rang einer Schlüsselkategorie gehobenen Begriffes vergewissern wollen, ohne uns in dem diffusen und schillernden Bedeutungshorizont des Wortes zu verlieren, sind daher Vorsicht und Sorgfalt geboten. Die Schwierigkeiten wurzeln vor allem darin, daß das Imaginäre - als 'Einbildung' und 'Phantasiewelt' - nicht nur im Wortgebrauch der Umgangssprache, sondern im gesamten überkommenen Denken immer nur negativ, als Derivat, als Abgeleitetes, als das 'Unwirkliche' par excellence 104 gedacht wird. Es vermag bestenfalls getreue Kopien, meist jedoch bloß feblerhafte Imitationen und verzerrende Nachbildungen eines scbon vorher und unabhängig von ihm existierenden 'Wirklichen' zu liefern, dem unsere eigentliche Aufmerksamkeit gebührt. Die Lesart, die Castoriadis vorschlägt, ist dem diametral entgegengesetzt: Ohne die pOSitiven Setzungen einer radikalen Imagination gibt es keine 'Realität', sie gehen der Unterscheidung zwischen dem 'Wirklichen' und dem 'Fiktiven' (als eines sekundären Imaginären) je schon voraus, macben sie fiir die jeweilige Gesellschaft erst möglich und sinnvoll.9 Castoriadis verwendet den Begriff der Imagination, weil sich mit ihm zwei rur ihn entscheidende Konnotationen verbinden: der Verweis auf 'Bilder' oder 'Figuren' im weitesten Sinne, nämlich von Formen; und der Verweis auf die Idee der Schöpfung. 10 Die Gesellschaft schöpft sieb selbst immer wieder als Form - als Institution mit einem Netz imaginärer Bedeutungen -und immer wieder als neue, einzigartige Form, deren Kem aus je besonderen, epocbenspezifischen gesellschaftlieben imaginären Bedeutungen besteht: Geister, Götter, Gott; polis, Bürger, Nation, Staat, Partei ; Ware, Geld, Kapital, Zinsrate; Tabu, Tugend, Sünde; Mann, Frau, Kind in ihrer von der jeweiligen Gesellschaft geschaffenen Ausprägung. I I An den imaginären Bedeutungen versucht Castoriadis nicht nur, die ontologiscbe Eigenart der gesellschaftlich-gescbicbtlichen, sondern auch der psycbischen Welt abzulesen . Die Seinsweise der psychischen Welt erschließt sich ihm durch die intensive Auseinanderserzung mit der Freudschen Theorie. 12 Diese mündet in eine ..Umwandlung der psychoanalytischen Perspektive in eine Fundamentalanthropologie besonderer Art",13 welche im ..monadisehen", unbewußten Kern der Psyche das radikale Imaginäre, den .. ungeteilte[n] Strom von VorstellungenlAffektenlIntentionen",14 und mit ihm die .. letztendliebe Grundlage wie auch das paradigmatische Vorbild der sozialen Kreativität"15 aufdeckt. Die radikale Imagination wird zum spezifischen Gattungsmerkmal. Die Seinsweise der gesellschaftlich-geschichtlichen Welt transzendiert indes jede möglicbe Hervorbringung der Psyche. Die Institution und die in ihr verkörperten gesellschaftlichen imaginären Bedeutungen sind Schöpfungen einer anderen, kollektiv-anonymen Quelle, des radikalen instituierenden Imaginären. Das Gesellschaftlich-Geschichtliche ist nicht nur irreduzibel auf psychische Leistungen und Inhalte, es überschreitet auch weit den Horizont der ..Intersubjektivität" oder des ..kommunikativen Handeins". Keinerlei .. Interaktion" wäre etwa imstande, die fundamentale Institution der Sprache hervorzubringen ... Im Vergleich zu Habermas verschiebt sich hier der Akzent vom kommunikativen Aufbau und der intersubjektiven Geltungsbasis der 105 Deutungsmuster auf ihre kreativen Leistungen und ihre Vorgängigkeit gegenüber individuellen und kooperativen Deutungsprozesscn."16 Erst die instituierten - in Institutionen verkörperten und durch diese stabilisierten - imaginären Bedeutungen formieren die Individuen als gesellschaftliche, befähigen sie, am gesellschaftlichen Tun wie am Vorstellen und Sagen teilzunehmen. Institution und gesellschaftliche imaginäre Bedeutungen besitzen immer zwei voneinander untrennbare Dimensionen: eine mengen- und identitätslogische und eine imaginäre im engeren Sinn. Für erstere ist Sein Bestimmt-Sein, fiir lelztere ist Sein Bedeutung. Bei der Institution der Sprache lassen sich entsprechend die Dimensionen eines sprachlichen Codes und der auf Bedeutung bezogenen Sprache (langue1unterscheiden. Die mengen- und identitätslogische Dimension enthält die "Grundregeln des identifizierenden und klassifizierenden Vorstellens sowie des zwecktätigen Eingriffs in die Welt".17 Erstere nennt Castoriadis (mit der griechischen Bezeichnung filr unterscheidenlauswählenl aufstellenlzählenlsagen) legein, letztere teukein (fiir zusammenstellenlzurichteniherstellenlaufbauen).18 Als die grundlegenden "instrumentellen Institutionen" verkörpern sie "allgemeine Aspekte der Institutionalisierung, die den elementaren Weltbezügen der Gesellschaft entsprechen und, so gesehen, eine Übergangszone zwischen dem Funktionalen und dem Imaginiiren darstellen."19 Doch diese allgemeinen instrumentellen Aspekte des Bestimmt-Seins - selbst nur als Schöpfungen des gesellschaftlichen Imaginären denkbar, weIche sich in Anlehnung an eine primäre natürliche Schicht entfalten - bleiben stets eingelassen in das gesellschaftliche Sein als Bedeutung im eigentlichen Sinn. Bedeutungen sind nicht 'bestimmt', nicht abgeschlossen, nicht strikt voneinander trennbar, nicht von notwendigen und hinreichenden Bedingungen und Grunden miteinander verknüpft; sie konfrontieren uns mit dem absolut 'künstlichen' - das heißt instituierten - Verhältnis des quid pro quo. 20 Mit den Bedeutungen taucht eine Organisationsweise auf, die wir aus anderen Seinsbereichen der unbelebten und belebten Natur nicht kennen. Um sie von der mengen- und identitätslogischen Organisation scharf abzugrenzen, bezeichnet Castoriadis sie als Magma. Als gesellschaftlich-geschichtlicher 'Ordnungstyp'21, von der Gesellschaft als radikalem Imaginärem selbst hervorgebracht und instituiert, 'materialisiert' er sich jedes Mal in unterschiedlichen Formen, von denen jede wiederum eine neue Schöpfung verkörpert, ein neues eidos von Gesellschaft. Das Imaginäre ist 'radikal', weil es die neuen Formen ex nihilo schöpft - freilich nicht in nihilo oder cum nihilo, denn es handelt sich selbstverständlich immer um Schöpfungen im Rahmen vorgegebener Bedingungen: der natürlichen Umwelt, des psychischen Überlebens, des historischen Milieus, nicht zuletzt der inneren Kohärenz und Vollstän106 digkeit der imaginären Institution selbst. 22 Die Betonung muß gleichwohl auf der eigentümlichen Fähigkeit zu einer nicht-trivialen Selbstveranderung liegen, zur kreativen Diskontinuität, zum schöpferischen Ausbruch aus dem Alten 'aus eigener Kraft' - angesichts derer die 'traditionelle Theorie', die ihre Kategorien der Mengen- und Identitätslogik entnimmt, kapitulieren und die Augen verschließen muß. Deshalb kann auch der Versuch von Castoriadis, die Besonderheiten der sozialen und historischen Welt in den imaginären Bedeutungen zu verorten und von ihnen aus zu rekonstruieren, nicht einfach einer weiteren 'traditionellen Theorie' den Weg bahnen. Sie ruhrt statt dessen zu "einer Denkweise, die [... ] bereichsspezifische Grenzen der systematischen Theorie, der begrifflichen Vereinheitlichung und der wissenschaftlichen Erklärung betont.'>23 Doch bleibt die fundamentale Kritik an der Verabsolutierung von 'Bestimmungen' selbst permanent gezwungen, mit 'Bestimmungen', ohne die keine Verständigung möglich wäre, zu arbeiten. 24 Worum es also geht, ist "eine aporetische und dialektische Aufklärung."2s Heteronomie und Autonomie Die Gesellschaft ist ihr eigener Ursprung - und verbirgt diesen Ursprung in der überwältigenden Mehrzahl der Fälle vor sich selbst, indem sie ihn in eine außergesellschaftliche Sphäre projiziert, deren Imperativen sie sich unterwirft. Ein Anderer oder Anderes, he/eros, wird zum Urheber von nomos, dem Gesetz - im Sinne von Institution - gemacht. Die Selbstschöpfung der Gesellschaft im Medium der imaginären Bedeutungen schlägt um in Heteronomie, in Selbstverleugnung und Kapitulation vor vermeintlich externen Determinanten, vor Pseudonatur- in Wahrheit vor den instituierten imaginären Bedeutungen selbst. Heteronomie bezeichnet also eine bestimmte Modalität des Verhältnisses zur Institution: Entfremdung der Institution von der Gesellschaft.26 Zwar stellt letztere die Regeln, Prinzipien, Gesetze und Bedeutungen, die ihr Leben und ihren Austausch mit der Umwelt regulieren, in Wirklichkeit selbst auf, doch erscheinen ihre Setzungen als ewig geltende und der bewußten Einflußnahme rur immer entzogen. "Weit davon entfernt, ein Erzeugnis unseres Willens zu sein, bestimmen sie ihn von außen her; sie bestehen gewissermaßen aus Gußformen, in die wir unsere Handlungen gießen müssen."211m Zustand der Heteronomie wird das Imaginäre mit Realität besetzt, verselbständigt und erhält gleichsam die Entscheidungsbefugnis übertragen.28 Eine zentrale Rolle als instituierte Vorstellung einer außergesellschaftlichen Quelle des nomos spielt geschichtlich die Religion. Sie hleibt der Prototyp der 107 primären Fonn gesellschaftlicher Heteronomie: der Projektion imaginärer Bedeutungen - Geister, Götter, Gott - auf eine metasoziale Ebene. Mit der Schaffung einer imaginären Perspektive der unbegrenzten Ausdehnung rationaler Kontrolle über die natürliche wie die soziale Welt entsteht indes im Kapitalismus "eine neue F onn der Heteronomie, die der Verabsolutierung der instrumentellen Grundinstitutionen in bisher unbekanntem Maße Vorschub leistet "29 Die Durchsetzung unbegrenzter 'Rationalisierung' und Kontrolle als programmatisches Phantasma der Modeme mit der damit verbundenen Fetischisierung instrumenteller und funktionaler Leitwerte markiert im Vergleich zur früheren Fonn der Heteronomie eine wichtige Differenz: Da nun die Anpassung des Institutionengefilges an die verselbstllndigte Logik expandierender rationaler Herrschaft über Natur und Soziales zur pennanenten Aufgabe wird, muß auch die gesellschaftliche Kapazität der Selbslveränderung "filr diesen Prozeß in Anspruch genommen und zugleich nach Maßgabe seiner Logik eingedämmt werden."'O Diese Besonderheit der modemen Form gesellschaftlicher Heteronomie ist filr unsere Fragestellung von großer Bedeutung. Von dieser Besonderheit rührt in letzter Instanzjene widersprüchliche soziale Dynamik her, der wir uns im Zentrum der kapitalistischen Institution der Arbeit gegenübersehen. Sie wird uns daher in den folgenden Abschnitten noch ausfilhrlich beschäftigen. Befinden sich zwar nahezu alle uns bekannten Gesellschaften im Status instituierter Heteronomie, so wissen wir doch - und könnten sonst all dies nicht schreiben -, daß deren geschlossenes Universum aufgebrochen und der Schleier außersozialer Detenninanten des Sozialen gelüftet werden kann. Die Perspektive auf gesellschaftliche (und individuelle) Autonomie kann sich öffnen: Die Gesellschaft kann versuchen, sich ihre Fähigkeit der Selbstinstitution anzueignen und sich bewußt selbst -autos - ihre Gesetze, den nomos zu geben. Nur zwei Mal in der Geschichte - und jedesmal nur partiell und begrenzt- ist, so Castoriadis, ein solcher Durchbruch zur Autonomie gelungen: durch die Institutionalisierung der Demokratie in der griechischen Antike und in der Modeme. Auch die Autonomie ist eine geschichtliche - imaginäreSchöpfung und nicht etwa eine 'notwendige Entwicklungstendenz' , die im bloßen Faktum des Sozialen schon angelegt wäre." Mit ihr erscheint ein Typus von gesellschaftlichem Sein, das seine eigenen Gesetze, seine eigene bestehende Ordnung bewußt reflektieren und verändern und ständig die Frage: 'Warum dieses Gesetz und nicht ein anderes?' offenhalten kann. Das schließt das Auftauchen eines autonomen Individuums ein, das in der Lage ist, diese Frage nach dem gerechten Gesetz zu stellen. '2 Bevor wir versuchen, diesen Autonomiebegriff weiter zu explizieren und daran anschließend filr unsere Untersuchung fruchtbar zu machen, ist es nütz108 lieh und rur die weitere Argumentation instruktiv, einige begriffliche Abgrenzungen vorzunehmen." Zunächst ist zu betonen, daß wir es hier keineswegs mitjenerüblicherweise assoziierten 'Privatautonomie' des neuzeitlichen, aus den Zwängen traditionaler Ordnungen freigesetzten 'souveränen Individuums' zu tun haben, die dieses befähigt, in 'Eigeninitiative' und durch entsprechende Wahlhandlungen den Imperativen der Marktvergesellschaftung zu folgen und sich dadurch in einer feindlichen oder indifferenten Umwelt selbst zu behaupten. Dieser Vorstellungskomplex, um den die Individualismustheoreme und Individualisierungsdiskurse großer Teile der zeitgenössischen Ökonomie, Soziologie und selbst der politischen Philosophie kreisen, ist in der hier präferierten Lesart letztlich als Komplement der modemen Variante gesellschaftlicher Heteronomie aufzufassen. 34 Die individuelle Autonomie, um die es Castoriadis - in Anlehnung an Freud - hingegen geht, ist im Kern eine Frage der Relation der psychischen Instanzen und einer spezifischen psychischen Organisation - um deren Entfaltungschancen es gerade unter den Bedingungen um sich greifender .. lndividualisierungsschübe"JS nicht gut bestellt ist. Wir werden hierauf noch eingehen. Des weiteren ist eine scharfe Abgrenzung gegenüber einem Begriff von' Autonomie' vorzunehmen, der in den letzten Jahrzehnten in den Naturwissenschaften, insbesondere der Biologie, entwickelt und in der Folge von der allgemeinen und soziologischen Systemtheorie adoptiert worden is\,J6 Was hier als 'autonomes', 'selbstorganisiertes' oder 'autopoietisches' System firmiert-ein nach selbst bervorgebracbten, aber ein für alle Mal geltenden Regeln sich reproduzierendes, geschlossenes System -, ist das strikte Gegenteil dessen, was der hier eingeführte Begriffvon Autonomie bezeichnen soll: ein die eigenen Gesetze nicht nur schaffendes, sondern ständig bewußt infragestellendes und umschaffendes, fllr Neues offenes Sein. Die von der Biologie inspirierte Systemtheorie versteht ironischerweise unter' Autonomie' das, was wir hier als Heteronomie definiert haben. J7 Wir werden an diesen wichtigen Punkt in unserer materialen Analyse anknüpfen und ihn auszuführen haben (in Abschnitt 2 von Kapitel V). Der vielschichtige, auf das individuelle wie das kollektive Feld zu beziehende Autonomiebegriff, mit dem Castoriadis arbeitet, stellt in seiner reifsten FassungJ8 eine originäre Synthese von Motiven dar, die sich bei Kant, vor allem jedoch bei Freud und Marx finden. J9 Kants Idee der Selbstgesetzgebung fließt als der elementarste Sinngehalt der Autonomie ein. Wichtiger indes ist die Verknüpfung mit den sozialontologischen Reflexionen und die Neubestimmung des Sinns der Autonomie für das Individuum durch die Psychoanalyse. Hinzu kommt die Aufnahme und die Transformation des 109 Marxschen Erbes. Ausgehend von der Einsicht, daß ,,[ d]ie Einheit von Gesellschaft und Geschichte [.. .] als pennanente Schöpfung, d.h. als Poiesis in einem radikalen und ontologischen Sinne" aufzufassen ist, ergibt sich als Definition der "autonome[n] Praxis": "die explizite, reflektierte und nur als gemeinsame Leistung autonomer Individuen denkbare Aneignung dieser Poiesis:"· Autonomie besteht also vor allem in einer "Aneignung und Orientierung der Kreativität"141 , was, wie wir noch sehen werden, eine neue Form der Institutionalisierung bzw. ein verändertes Verhältnis zur Institution einschließt. Diese Vorstellung geht über Marx und die Marxsche Tradition speziell dort hinaus, wo diese nahelegt, "die Umwälzung der Produktionsverhältnisse nur als Aufhebung spezifischer Institutionen und nicht als Übergang zu einer neuen Fonn der Institutionalisierung'''2 zu betrachten, die ein konstitutives, aber verdeckt wirkendes Merkmal des Gesellschaftlich-Geschichtlichen nunmehr offen und bewußt in Anspruch nimmt: das kreative Vennögen des Imaginären. Wenn wir mit Castoriadis davon ausgehen, daß "eine erhellende Analogie (gewiß keine Identität oder 'strukturelle Homologie') zwischen den Fragen und Aufgaben, denen das Projekt der Autonomie im individuellen und im kollektiven Feld begegnet''''), besteht, dann wird es filr die weitere Begriffsklärung hilfreich sein, nochmals auf der individuellen Ebene anzusetzen. Inwiefern und wann können wir davon sprechen, daß ein Individuum autonom ist? Die Frage verweist auf eine doppelte Problematik, gleichsam eine interne und eine externe. Die interne kann man im Rückgriff auf die Freudsche Maxime: "Wo Es war soll Ich werden''''' verdeutlichen. Es geht dabei nicht um einen Rollenwechsel oder gar den absurden Gedanken einer Eliminierung des Es. "Ich soll die Stelle von Es einnehmen - das kann weder heißen, daß die Triebe unterdrückt werden sollen, noch daß das Unbewußte zu beseitigen oder aufzusaugen ist. Vielmehr geht es darum, ihren Platz als Entscheidungsinstanz einzunehmen.·... s Und es geht dabei auch nicht um eine "Machtergreifung des Bewußtseins im engeren Sinne''''6 und nicht um das Erreichen eines fertigen Zustands, sondern um eine "tätige Situation''''1. Die Freudsche Maxime "darf nicht auf eine ideale Person bezogen werden, die ein filr allemal Ich geworden wäre, die einen ausschließlich ihr gehörigen Diskurs lieferte und niemals Phantasmen hervorbrächte. Vielmehr verweist jener Satz auf eine wirkliche Person, die in ihrer Bewegung niemals innehält, das einmal erworbene (also den Diskurs des Anderen) wieder aufzunehmen; eine Person, die weiterhin fahig ist, ihre Phantasmen als Phantasmen zu entschleiern und sich von ihnen nicht beherrschen zu lassen - oder das zumindest zu verhindern versucht.''''s So kann man den Satz ergänzend auch umkehren: "Wo Ich 110 bin, soll Es auftauchen.'''9 Individuelle Autonomie entsteht durch die Etablierung eines neuen Verhältnisses zwischen der reflexiven und den anderen psychischen Instanzen, bei dem das reflexive Subjekt die Stelle der Entscheidungsinstanz besetzt und die radikale Imagination als Quelle von Schöpfung und Veränderung nicht unterdrückt, sondern anerkennt. In nichts anderem besteht im übrigen die Zielsetzung der psychoanalytischen Therapie. Die externe Problematik, von der wir sprachen, besteht darin, daß die psychische Besetzung von Freiheit und Wahrbeit, die das beschriebene Verhältnis impliziert, enorme gesellschaftlich-geschichtliche Voraussetzungen hat. In einer heteronomen Gesellschaft ist individuelle Autonomie nicht möglich. Der Durchbruch zur gesellschaftlichen Autonomie muß zumindest panieIl gelungen sein, damit jene überhaupt als Ziel aufscbeinen kann. Freiheit und Wahrheit müssen als gesellschaftliche imaginäre Bedeutungen vorhanden und instituiert sein, sonst könnten sie für kein Individuum einen Sinn besitzen. Es muß mit anderen Worten ein gesellschaftlieber Entwurf von Autonomie aufgetaucht sein, dessen Maximen ein individuelles Autonomiestreben aufnehmen und stützen: "Wo NiemandwQT, sollen wir werden. "10 Und: "Der Gemeinschaft dazu verhelfen, Institutionen zu erschaffen, deren Verinnerlichung durch die Individuen deren Fähigkeit, autonom zu werden, nicht beschränkt, sondern erweiten."51 Und zu diesen gesellschaftlichen Voraussetzungen zählt auch das, was vielleicht am schwersten wiegt: Autonomie ist ohne soziale Gleichheit nicht möglich - und zwar in dem Sinne, daß sie die egalitäre Teilnahme an der expliziten gesellschaftlichen Selbstinstitution erforderlich macht, "weil eine ungleiche Teilhabe an der sozialen Macht (... ] filr die Benachteiligten auch eine strukturelle Einschränkung der Freiheit bedeutet. "52 Denn wie wäre sonst ein doch stets unter dem gesellschaftlichen Gesetz lebendes Individuum auch in der Lage, wirklich und wahrhaftig behauptcn zu können, es lebe nach seinem eigenen Gesetz? Es ist dies nur, wenn es sich tatsächlich an der kollektiven 'Gesetzgebung' beteiligt. 53 Die Schaffung der gesellschaftlichen Voraussetzungen der Autonomie ist in der griechischen und in der modemen Demokratie in Angriff genommen worden. In der griecbischen polis gelingt es zuerst, einen Teil der instituierenden Macht der Gesellschaft explizit ZU machen und in spezifischen Institutionen so zu formalisieren, daß allen Mitgliedern des politischen Körpers die Panizipation an der Bestimmung des nomos möglich wird. Das - noch exklusive - Kollektiv bestimmt sich potentiell selbst, die radikale Infragestellung und Veränderung der Institutionen wird möglich. 54 Erst die modeme bürgerliche Demokratie setzt das Problem der Autonomie erneut auf die historische Tagesordnung. Es erfahrt in der Folge weitere Radikalisierun111 gen, zunächst durch die Arbeiterbewegung, die etwa die Frage aufwirft (und verneint), ob in einer Gesellschaft mit einer ungleichen Verteilung ökonomischer Ressourcen, die in politische Macht transformierbar sind, Demokratie überhaupt möglich ist; sodann durch die Frauenbewegung, die den demokratischen Charakter einer Gesellschaft grundlegend anzweifelt, in der Frauen nur 'Passivbürger' sind. Parallel zu dieser Aktualisierung und Radikalisierung des Autonomieentwurfs entsteht und entfaltet sich der modeme Kapitalismus. Er begründet, wie wir bereits andeuteten, eine neue und besondere Form der gesellschaftlichen Heteronomie. Deren Gestalt und deren Verhältnis zur autonomen Praxis gilt es nun näher zu betrachten. Kapitalismus Der modeme Kapitalismus entwickelt sich als die imaginäre Institution einer grenzenlosen Ausdehnung der 'rationalen' Beherrschung der sozialen und der natürlichen Welt. Von jenem zentralen Knoten - der Vorstellung einer unendlich perfektionierbaren und unablässig ihren Wirkungskreis erweiternden 'rationalen' Herrschaft - gehen die Stränge aus, die sich zu dem Netz imaginärer Bedeutungen verknüpfen, das die kapitalistische Gesellschaft zusammenhält und bewegt: die permanente Revolutionierung der Produktivkräfte und die obsessive Bescbllftigung mit Problemen des 'Wachstums', der 'Entwicklung', des 'technischen Fortschritts', der 'Produktion', der 'Ökonomie'; die 'Rationalisierung' und 'Kontrolle' aller Aktivitäten; die Zergliederung und Spezialisierung der Tätigkeiten; die Organisation als Selbstzweck etc. 55 Diesem Netz korrespondieren die institutionellen Formen des kapitalistischen Unternehmens und des 'Marktes', des bürokratisch-hierarchischen Apparates, des modemen Staates, der Partei - um nur einige wichtige hervorzuheben. Bei diesen Bedeutungen und institutionellen Formen handelt es sich zum Teil um originäre, zum Teil um vorkapitalistische Schöpfungen, die vom Kapitalismus adoptiert und in Instrumente der Verwirklichung seines 'Geistes' verwandelt werden.56 Am Ende ergeben sie ein neuartiges, kohärentes gesellschaftlich-geschichtliches Gebilde, dessen sich trotz zweifellos enormer zeitlicher und räumlicher Varianzen durchhaltende Grundmerkmale die Rede von einem gesellschaftlichen Regime rechtfertigen.57 Es ist aus verschiedenen Gründen hier wesentlich, 'rational' und 'Rationalisierung' in Anfiihrungszeichen zu setzen. Zum einen will Castoriadis damit, ähnlich wie etwa Horkheime,s8, der Tatsache Rechnung tragen, daß die kapitalistische Lesart von 'Vernunft' zu einer auf die Operationen des Verstan112 des, die instrumentelle Vernunft oder, in seiner eigenen Terminologie, die ldentitäts- und Mengenlogik reduzierten Form einer hauptsächlich quantifizierenden 'Ratio' filhrt, die in eine Fetischisierung von 'Wachstum' per se mundet." Die imaginäre Aufwertung und Verselbständigung der formalen, kognitiv-instrumentellen Rationalität ist jedoch nur ein zentraler Sinngehalt des kapitalistischen Projekts. Es kommen, wie bereits angedeutet, noch weitere Bedeutungen hinzu, die mit ihm zu jenem Bedeutungskomplex verschmelzen, dessen Kern die kulturelle Orientierung eines Projektes der unendlichen Ausweitung der 'rationalen' Umweltkontrolle darstellt. 60 Die Abspaltung und Verabsolutierung dieser imaginären Bedeutungen einscbließlich der Prädominanz entsprechender institutioneller Formen zeigen somit einerseits an, daß aucb der moderne Kapitalismus sich - ganz wie die sogenannten archaischen oder religiösen Gesellschaften - im Zustand gesellschaftlicher Heteronomie befindet. Seine imaginären Bedeutungen sind filr ihn ebenfalls Fetische, deren Beruhrung tabu bleibt, und die fundamentalen institutionellen Mechanismen und Merkmale gleichen filr ihn Naturgesetzen, die ewig gelten und deren bewußte Veränderung unvorstellbar erscheint. Freilich ergibt sich auch ein wichtiger Unterschied zu fruheren Heteronomieformen. Charakteristisch filr die kapitalistischen imaginären Bedeutungen ist nämlich andererseits die spezifische Besetzung des sozialen Wandels, die positive Orientierung an einem bestimmten Typus gesellschaftlicher Veränderung, ja die Besessenheit von der nschöpferischen Zerstörung", von der Schumpeter spricht. 61 Das kapitalistische Projekt externalisiert nicht mehr einfach seine Abhängigkeit von den kreativen Potentialen des gesellschaftlichen Imaginären, sondern versucbt zugleich, auf die elementare Eigenscbaft des Sozialen zur Selbslveränderung auf seine Weise 'zuzugreifen'. Auf seine Weise heißt: gemäß seinen unantastbaren 'rationalen' Leitwerten und Kontrollprinzipien, in deren engem Horizont die Indienstnahme der Kreativität des Sozialen eingeschlossen bleiben soll. Da die Anpassung des Institutionengefilges an die verselbständigte Logik expandierender rationaler Herrschaft über Natur und Soziales zur permanenten Aufgabe wird, muß auch die gesellschaftliche Kapazität der Selbstveränderung ..filr diesen Prozeß in Anspruch genommen und zugleicb nach Maßgabe seiner Logik eingedämmt werden."62 Mit diesem instituierten Streben nach lnstrumentalisierung der Kreativität des Sozialen entsteht - nicht nur, aber auch in der Produktionssphäre - ein ausgedehntes Spannungsfeld von gesellschaftlichen Widerspruehen, das wir in den folgenden Abschnitten zu durchmessen haben. Auf einer allgemeinen Ebene druckt sich diese Widerspruchlichkeit in der Diskrepanz zwischen dem System der imaginären 'Selbst-Vorstellungen', 113 das diese Gesellschaft hervorbringt, und der gesellschaftlichen Wirklichkeit aus, eine Diskrepanz, die in dieser Fonn und in diesem Ausmaß, wie Castoriadis meint, in anderen Gesellschaften unbekannt ist. Hier liegt ein weiterer Grund dafür, warum wir von kapitalistischer 'Rationalität' immer nur in Anführungszeichen sprechen können: Es ist eine Schein-Rationalität, deren ·Verwirklichung' mindestens ebensoviel Desorganisation wie Organisation, ebensoviel Intransparenz wie Transparenz, ebensoviel Verwirrung wie Klarsicht, kurz: Irrationalität auf großer Stufenleiter stiftet. Dies sind keine zufalligen Nebenfolgen, es ist in der Grundstruktur der kapitalistischen Sozialverhältnisse selbst veranken. Im bürokratisch organisienen Unternehmen, Kern- und Keiminstitution des Kapitalismus·3 , zeigt sich dies in exemplarischer Weise. Hier konkretisien sich die spezifisch kapitalistische Fonn gesellschaftlicher Heteronomie in einer- sogleich genauer zu erörternden - besonderen .. Fonn der Arbeitsteilung, die einerseits auf der radikalen Trennung von Lenkungs- und Ausführungsfunktionen und ihrer Verteilung auf unterschiedliche soziale Träger basiert, andererseits aber die maximal eflektive Nutzung der auf subalterne Funktionen beschränkten Arbeitskraft anstrebt. ,.,., Diese doppelte Zielsetzung des Kapitalismus, die Subalternität der Subjektivität bei optimaler Ausschöpfung ihrer Potentiale, gebiert in der Realität Widerspruche und Spannungen, die diese bis in die kleinsten Äußerungen und nebensächlichsten Aktivitäten prägen ... Die kapitalistische Organisation der Gesellschaft ist widersprüchlich in dem strikten Sinne, in dem ein neurotisches Individuum es ist: sie kann ibre Ziele nur durch Handlungen zu verwirklichen versuchen, die jenen beständig widersprechen. "6S Und nur durcb eine gleichsam nachträgliche und vorübergehende Aufhebung der Subaltemität der Subjekte gelingt es, diese Widerspruche zu überdecken, latent zu halten. Bevor wir dies im näcbsten Abschnitt näher ausführen, muß ein wesentlicher Aspekt, der oben scbon anklang, wieder aufgenommen werden. Das kapitalistiscbe Projekt ist nur eine von mehreren Komponenten der modernen gesellschaftlichen Entwicklung, wenngleich die dominante. Es befindet sich von Anfang an in einem permanenten Spannungsverhältnis zu einem Gegenpol: dem Entwurf individueller und kollektiver Autonomie, der in Ansätzen sich ebenfalls institutionell manifestiert. Das kapitalistiscbes Projekt und der Entwurf der Autonomie sind ..aufeinander irreduzible und gegenläufige Tendenzen".66 Und docb bleibt das erstere in paradoxer Weise auf Bedingungen der Entfaltung des letzteren angewiesen. Um ihr zwiespältiges Programm realisieren zu können, muß die kapitalistische Institution gleichsam jene Geister immer wieder rufen, die der imaginären Institution der Autonomie ihre Nah114 rung geben. 67 Die duale Institution der Modeme ist auch eine Konsequenz der doppelten, in sich widersprüchlichen Zielsetzung des Kapitalismus. Was dies im einzelnen heißt, bleibt nun zu erörtern. 2. Organisation der Entfremdung: das bürokratischkapitalistische Projekt in der Produktion "Unter der Anspannung dieses ständig über mir schwebenden Fluches [... ) wurde mein eigent- liebes Ich ein vom Fieber aufgezehrtes und ausgesogenes Geschöpf, schlaff und matt an Körper und Geist und nur von dem einen Gedanken besessen: der Angst vor meinem anderen Selbst." Rohert Louis Stcvenson, Dr. Jekyll und Mr. Hyde" Grundbestimmungen kapitalistischer Produktionsorganisation Die Wirklichkeit der heteronomen kapitalistischen Institution, so deuteten wir an, ist von eigentümlich widersprüchlicher Gestalt und gibt durch ihre konkrete Dialektik dem Entwurf der Autonomie immer wieder neue Nahrung. Um dieser Dialektik näher auf die Spur zu kommen, ist es nötig, die traditionelle arbeitssoziologische Perspektive entschieden zu erweitern. Wir bedienen uns dabei der erarbeiteten Theorieelemente - durchaus auch und bewußt in ihrem 'übertreibenden' und 'verfremdenden' Potential, wo es um Sachverhalte gebt, die die traditionelle Perspektive notorisch verfehlt - und ergänzen sie um Konkretisierungen filr den Bereich der Produktionsorganisation. Wir wollen davon ausgehen, daß bei der "Doppelutopie" der kapitalistischen Modeme - Organisation und Markt, Beherrschbarkeit und 'Selbstorganisation', Organisierbarkeit und Kommodifizierung69 -das erste 'Glied', das Projekt organisationsförrniger Subsumtion menschlicher Kooperation, historischen wie systematischen Vorrang besitzt. 7o Castoriadis gelangt zu dieser Einsicht durch eine grundlegende Revision von Grundannahmen der Man<sehen Wert- und Kapitaltheorie. Er richtet seine Kritik "gegen eine fetischistische Werttheorie, eine verdinglichende Auffassung des Verhältnisses zwischen Kapital und Lohnarbeit, die die unvollständige und von permanentem Widerstand begleitete Angleichung der Arbeitskraft an die Warenform mit der definitiven Verwandlung in Ware verwechselt, und gegen ein ökonomi- 115 stisch verengtes Modell der kapitalistischen Gesellschaftsform, die den Despotismus der Fabrik der Anarchie des Marktes gegenüberstellt, während die wirkliche Geschichte des Kapitalismus durch wechselnde Verbindungen von Despotie und Anarchie im Rahmen des Betriebs und auf der gesamtgesellschaftlichen Ebene gekennzeichnet iSt."11 Nach dieser Revision ist es nicht länger möglich, allein in der Konkurrenz der Kapitale ein zentrales Moment und in der Anarchie des Marktes sowie entsprechenden 'objektiven' ökonomischen 'Bewegungsgesetzen ' privilegierte Quellen der Irrationalität des Kapitalismus zu sehen. Es zeigt sich vielmehr, daß seine Widersprüche und seine Dynamik wesentlich in der Pseudo-Rationalität des hürokratisch organisierten Produktionsprozesses mit seiner krisen- und konfliktträchtigen Teilung zwischen Entscheidung und Ausführung, zwischen Planem und Geplanten begründet liegen. Die moderne Bürokratie erscheint auf einer gewissen Abstraktionsstufe als logischer Schlußpunkt der kapitalistischen Entwicklung und als adäquater Ausdruck des 'Geistes' des Kapitalismus bzw. des Magmas gesellschaftlicher imaginärer Bedeutungen, das sein Innerstes ausmacht. 72 Es sind die Prozesse der Kapitalakkumulation und -konzentration, die Entwicklung der kapitalistischen Technologie und Produktionsorganisation, die jene gesellschaftlichen 'Aufgaben' entstehen lassen, welche die modeme Bürokratie erfolgreich als die ihren reklamiert. Doch lassen sich Ursprunge, Ausprägungen und Ausbreitung der modernen Bürokratie keineswegs auf solche ökonomischen Fak- toren reduzieren; ihre Eigenart bliebe unverstanden, wenn nicht zum Beispiel auch die Anverwandlung vorkapitalistischer Organisationselemente, der Beitrag und die Rückwirkungen des keineswegs allein ökonomisch bedingten Funktionszuwachses und -wandels des Staates oder auch der Entwicklung der Organisationen der Arbeiterbewegung berücksichtigt würden. Entscheidend ist für uns hier indes, daß die modeme Bürokratie das Management von dynamischen und nicht - wie jede traditionelle Bürokratie - von statischen Institutionen übernimmt, mehr noch: daß sie sich selbst zum Urheber und Katalysator eines geplanten Wandels macht. Die allgemeinen Prinzipien bürokratisch-hierarchischer Organisation sind hinreichend bekannt. 73 Hervorgehoben seien hier nur diejenigen Aspekte, die sich mit unseren bisherigen Überlegungen verbinden und für eine kritische Theorie kapitalistischer Produktion von besonderem Interesse sind. Imaginäre Perspektiven wie die grenzenlose Ausdehnung 'rationaler' Herrschaft und des Primats einer quantifizierenden Ökonomie nehmen in der bürokratischen Organisation die operationale Gestalt des formal-rationalen Kalküls an. Es orientiert die Handlungen des bürokratischen Apparates. jener hierarchischen 116 Führungs- bzw. Managementstruktur, in der die Kompetenz jeder Position präzise definiert ist und in der sich die Kompetenzbereiche verkleinern, wenn man die hierarchische Leiter hinabsteigt; in der es somit selbst bereits eine interne Arbeitsteilung zwischen zentraler Direktion und unmittelbarem Kommando gibt. Diesem manageriellen Planungs- und Leitungsapparat steht die Masse der 'Ausführenden' gegenüber, die als 'Ware' erscheinen und behandelt werden und deren TIItigkeiten jener Apparat 'von außen' formiert, steuert, kontrolliert. "Der Bürokrat hat in der Welt ein bloßes Objekt seiner Behandlung", schreibt Marx." Wichtiges Medium dieser Manipulation ist die 'SchriftfOrmigkeit' aller Vorgänge, der eine Verdoppelung der betrieblichen Wirklichkeit in reale und 'symbolische' Prozesse korrespondiert-bei Primat des symbolischen Schattenreiches der Produktion, der Domäne der Bürokratie. Sie ist damit eine ..imaginäre Macht"7S neben und über der realen Produktion, aber eine wirkliche und wirkende Macht, .. ein Gewebe von praktischen Illusionen n •16 Solche Kembestimmungen des bürokratischen Phänomens sind in keiner Weise 'veraltet'. In einem ganz elementaren und bleibenden Sinn steht das 'Büro' für jenen externen, formierenden und regulierenden gesellschaftlichen 'Ort', jenen 'Überbau' an Macht- und Interessenstruktur, der unter dem Kapitalismus auf allen Tätigkeiten lastet und die konstitutive Trennung in Organisierende und Organisierte ebenso ausdrückt wie die damit verbundene Herrschaft aufrechterhält. Dieser wesentliche Sinngehalt muß in einem kritischen Begriff von kapitalistischer Produktion aufgehoben sein. 77 Im Zentrum des bürokratischen Syndroms steht der Versuch, die Trennung von Leitenden und Ausfuhrenden, 'Kopf' und 'Hand', Kommando und Exekution in radikaler Weise und auf großer sozialer Stufenleiter durchzuführen. Dic sich ergebende hierarchische Struktur von Positionen und Einflußmöglichkeiten drückt sich nicht nur in wohlbekannten enormen Ungleichheiten der Ressourcen- und Chancenverteilung aus. Aus ihr resultieren in letzter Instanz auch die seit langem bekannten und analysierten Irrationalitäten bilrokratischer Planung und Organisation. Die soziale Trennung zwischen Managern und Gemanagten und ihre hierarchische Struktur isoliert die Unternehmen von Informationen, die für die Planung unabdingbar wären. Denn die 'Hände' verbergen entscheidende Anteile ihres - der bürokratischen 'Theorie' zufolge ohnehin entweder inexistenten oder nebensächlichen, in Wahrheit für den Produktionserfolg wesentlichen - Wissens vor dem Apparat. Und im Apparat selbst, der in viele, oft einander bekämpfende Interessengruppen und Cliquen zerfallt, regiert gleichfalls- als Mittel der Machterweiterung und Karrieresicherung - das Prinzip der 'Falsifikation der Fakten'. Ein Gutteil des 117 zur Schau gestellten souveränen Expertentums, des erschöpfenden Wissens und der universalen Kompetenz des Managements entpuppt sich zuletzt als reine Illusion. Doch hält es die Fiktion seines Wissens- und Planungsmonopols, trotz aller systematisch immer wieder erzeugten, sozialstrukturell bedingten Lückenhaftigkeit und Unsicherheit seiner Wissensbasis, vor sich selbst und vor anderen aufrecht. Es übt seine imaginäre Macht weiter aus, die betriebliche Realität bleibt das Objekt seiner Planung. Die Illusionen sind und bleiben praktisch. Den Symptomen von Produktionsanarchie und den 'Planungsproblemen', die hieraus folgen, begegnet der Apparat mit der Yennehrung von Kontrollmechanismen und bürokratischen Agenturen - und vennehrt damit auch die Faktoren, die jene Symptome und Probleme erst schaffen. Insbesondere ihren Anspruch, die Integration des (von ihr) fragmentierten, hocharbeitsteiligen Gesamtprozesses der Produktion zu sichern, kann die Bürokratie unter diesen Bedingungen nur schwerlich einlösen. Aus all diesen Gründen steht am Ende - und am Anfang - des bürokratischen Teufelskreises der despotische Eingriff der bürokratischen Spitze, der nichts übrigbleibt, als mit Zwang und Willkür zu versuchen, diejenigen Krisenherde zu bekämpfen, die keinen weiteren Aufschub mehr dulden.'8 Die bürokratisch-kapitalistische Organisation an sich ist somit weder rational, noch produktiv, noch kreativ. Die 'Organisierbarkeit' der Welt, auf die sie es abgesehen hat, ihre Organisation 'von außen', ist Ideologie: gesellschaftlich notwendig falsches Bewußtsein einer dominanten sozialen Schicht und ihrer organisationalen Herrschaftspraxis, welche "die Welt zerteilt in diejenigen, die zugreifen und in diejenigen, auf die zugegriffen wird. "79 Die Logik dieser Herrschaft - eine Identitäts- und Mengenlogik und damit eine Logik der Subsumtion - reduziert diejenigen, auf die sie zugreift, auf reine 'Exekutoren' und auf 'Waren', auf eine "Ansammlung von Instrumenten ohne eigenen Zweck".80 Und weil diese Reduktion eine mächtige reale Tendenz darstellt, behält auch die Kategorie der Entfremdung, in freilich zu präzisierender Weise, ihren besonderen Stellenwert. Mit vollem Recht bildete der Entfremdungsbegriff einen Bezugspunkt der traditionellen arbeitssoziologisehen Konzeptualisierung von Arbeitsverhältnissen. Die 'EngfUhrung' des Begriffs begann indes bereits damit, daß man die entfremdete Arbeit, in einem ausschließlichen Resultatssinn, als gleichsam statische Ergebnis-Substanz kapitalistischer Formierung, in den Mittelpunkt rückte. Zur Hauptaufgabe der arbeitssoziologischen Analyse wurde es dann, unterschiedliche Grade von Entfremdung an jener Substanz abzulesen. Worauf es jedoch ankommt, ist, Entfremdung als einen pennanenten Prozeß zu 118 begreifen, der im spezifisch organisierenden Zugriff, in der entfremdenden Organisation des bürokratisch-kapitalistischen Projekts seine QuelIe hat; als den Funktionsmodus einer auf Ausschluß basierenden Organisation des Produktionssystems, der selbst immer wieder zur Ursache von Dysfunktionen und VOn widersprüchlichen Formen des Einschlusses wird; als eine verdrängende, unterdrückende soziale Dynamik, die tagtäglich aufs Neue Elemente der Selbsttätigkeit und des Eigensinns der Arbeitenden unter die Oberfläche einer exogen definierten 'Organisationsrealität' drückt, - wo diese Elemente aber, wie alIes Verdrängte, weiterleben: als Elemente der eigenständigen Aneignung des Sinns dieser Realität, auch ihrer InfragestelIung, des Kampfes gegen sie. Deshalb beschreibt die Tendenz der Subsumtion und der Entfremdung allenfalIs die halbe Wirklichkeit: die eine Seite dieser Dynamik. Denn im gleichen Maße auch, wie die bürokratisch-kapitalistische Organisa- tion mit ihrem Zugriff erfolgreich ist, unterminiert sie - wie wir zu zeigen versuchten -dessen Wirksamkeit und stürzt das eigene System in immer neue Probleme und Krisen. Nur weil das Gegengewicht der individuellen und kooperativen Selbsttätigkeit seiner Subsumtions- und Entfremdungstendenz die Waage hält, wird es vor dem Kollaps bewahrt, wie wir im vorangehenden Kapitel an vielen Beispielen demonstrieren konnten. Die Ausschöpfung der produktiven und kreativen Potentiale ist alIein durch die virtuelIe •Ausschaltung' der Subsumtion der Subjekte möglich. Die angestrebte sture Unterwerfung darf nicht erfolgreich sein. Zudem widersetzen sich die Arbeitenden ihrer Degradierung zum bloßen Objekt bekanntlich schon aus eigenem Antrieb in vielfältiger Weise, nicht selten in stummer, verdeckter, ja unbewußter Form. "Gleichsam die Hälfte jeder Bewegung des Arbeiters zielt darauf ab, ihn gegen die kapitalistische Ausbeutung und Entfremdung zu verteidigen ... SI SO sehen wir uns schließlich mit einer KonstelIation konfrontiert, in welcher "es paradoxerweise notwendig [wird), den Arbeiter von der Organisation und Leitung der Arbeit zugleich auszuschließen und ihn daran zu beteiligen."" Das Management des kapitalistischen Unternehmens benötigt stets beides, Ausschluß und Partizipation der Arbeitenden, ihren Status als Objekt bürokratischer Manipulation und als selbsttätiges Subjekt zugleich. Die widersprüchliche Organisation der Entfremdung resultiert in einer Form heteronomer Arbeit, die in jedem Augenblick in sich zerrissen, konfliktgeladen, umkämpft bleibt. "Die Arbeiter akzeptieren die ihnen zugewiesenen Aufgaben nur halb, ftihren sie sozusagen nur mit einer Hand aus. Weder können sie auf die Produktion wirklich Einfluß nehmen, noch können sie wirklich ohne Einfluß auf sie bleiben. Die Unternehmensführung muß die Arbeiter einerseits aus der Produktion möglichst weitgehend ausschließen, kann sie aber 119 andererseits auch nicbt aus der Produktion ausschließen. Der sich daraus ergebende Konflikt ist ein 'äußerer' zwischen Entscbeidungsträgern und Ausfilhrenden, wird jedoch auch von jedem Ausfuhrenden und Entscheidungsbefugten 'verinnerlicht' :'83 Die theoretische und methodische Herausforderung, die sich daraus filr eine kritische Arbeitsforschung ergibt, besteht darin, das Arbeitshandeln - und zwar bis in die einzelnen Arbeitsvollzüge - als durch und durch politische, konfliktgeladene Tätigkeit zu begreifen und empirisch als solche zu analysieren. Konflikt meint hier, das gilt es zu betonen, gerade nicht die mehr oder weniger offen gefilhrten Kontroversen und Auseinandersetzungen der betrieblichen Akteure in diesem oder jenem 'Entscheidungsprozeß' oder das bisweilen zum offenen Arbeitskampf sich steigernde 'Bargaining' von offizieUen oder inoffiziellen Interessenvertretern um die Arbeitsbedingungen. Auf eine solche Vorstellung reduziert sich im gängigen Verständnis oft auch, wenn von 'Arbeitspolitik' oder von 'Mikropolitik' die Rede ist - der soziale Konflikt im Unternehmen. Nicht daß die Relevanz derartiger Konf1iktformen geringzuschätzen wäre oder daß sie in keiner Beziebung zu derjenigen Konfliktebene stünden, auf die unser Augenmerk bier gerichtet ist. Uns geht es um einen impliziten oder infonnellen Konflikt, der sich im konkreten - individuellen wie kollektiven - Arbeitshandeln verkörpert und von diesem nicht zu trennen ist. Er wird tagtäglich und verdeckt an jedem Arbeitsplatz ausgetragen. Seine Stützpunkte und Anlässe fmdet er in den Formen verdrängter Selbsttätigkeit, die wir oben herausarbeiten konnten. Wir unterscbeiden also analytisch zwei Dimensionen der tatsäcblichen kapitalistischen Produktion: Organisation und Selbsttätigkeit. 84 Ist jene die gesellschaftlich dominante "Regulierungs- und Nutzungsweise von Ko-Operation"8', so markiert diese den 'dialektischen' Gegenpart, verweist auf die eigensinnige - und potentiell autonome - Auseinandersetzung mit extrinsischer Regulierung und Nutzung, auf deren Aneignung aus Perspektive der Arbeitenden. Die Wirklichkeit kapitalistischer Produktion erscheint so als ein 'emergentes' Produkt verschiedener 'Logiken' - oder besser: des einerseits an der Verwertungs- und Herrschaftslogik der Organisierung, andererseits der Logik der Selbsttätigkeit orientierten (Arbeits-) HandeIns der Beteiligten. 86 'Totalisierende' Notationen von der 'verwalteten Welt' und der 'reellen Subsumtion' - die in Gefahr stehen, die Ideologie des bürokratisch-kapitalistischen Projekts bloß zu verdoppeln, "weil sie unweigerlich eine Organisierbarkeit der Welt und damit eine Produktivität von Organisation unterstellen"87 - werden durch eine solcbe theoretische Fassung im Ansatz vennieden. Nur auf diese Weise öffnet sich auch ein Weg filr die Suche nach den Bedin120 gungen und den möglichen zukünftigen Formen autonomer Selbsttätigkeit in der Produktion, die nur dann erfolgversprechend scheint, "wenn nicht davon ausgegangen wird, daß organisierte Herrschaft die menschliche Ko-Operation bereits totalitär determiniert; dann nämlich gäbe es nur unterdrückte bzw. ausgebeutete Ko-Operation, ein' Anderes wäre von vornherein nicht erkennbar und entwickelbar. "ss 1 Das kapitalistische Imaginäre in der Produktion Marx hat in seiner Skizze des Fetischcharakters der Ware dasjenige imaginäre Schema dechiffriert, das der institutionellen Struktur des Marktes entspricht. Danach besteht die "mystische", "phantastische Gestalt"S9 der Warenform "darin, daß sie den Menschen die gesellschaftlichen Charaktere ihrer eignen Arbeit als gegenständliche Charaktere der Arbeitsprodukte selbst, als gesellschaftliche Natureigenschaften dieser Dinge zurückspiegelt, daher auch das gesellschaftliche Verbältnis der Produzenten zur Gesamtarbeit als ein außer ihnen existierendes Verhältnis von Gegenständen. Durch dies Quidproquo werden die Arbeitsprodukte Waren, sinnlich übersinnliche oder gesellschaftliche Dinge."90 Luk"cs versuchte später, im Anschluß an die Marxsche Skizze und an Weber, mit seiner Analyse von Phänomenen der Verdinglichung die Aufmerksamkeit auf Komplementärformen jener "gespenstigen Gegenstlndlichkeit"9J der Warenwelt zu lenken, die sich dem "Prinzip der auf Kalkulation, aufKalkulierbarkeit eingestellten Rationalisierung"92 verdanken. Eine Analyse des Imaginären der institutionellen Strukturen bürokratisch-kapitalistischer Produktion kann an beide anknüpfen. Sie hat darüber hinaus vieles von dem einzubeziehen, was die theoretische und empirische Forschung an allgemeinen und besonderen Entwicklungstendenzen kapitalistischer Produktion bereits zutagefllrderte, wobei sie allerdings meist allzu vorschnell zur Realtendenz promovierte, was man richtiger als deren "Idealtendenz"" zu bezeichnen hätte: die gesellschaftlichen imaginären Bedeutungen. Die Organisation der Entfremdung in der Produktion ist durch und durch vom Imaginären bevölkert. Es geht hier wohlgemerkt nicht um die oft kolportierten bürokratischen' Auswüchse', die sprichwörtliche Routine, die Irrtümer, über die man gern Witze macht, sondern um das ,,'System' positiver imaginärer Bedeutungen, von denen das bürokratische Universum gegliedert wird."94 Die Konturen dieses Systems zeichnen sich in den Prinzipien der Produktionsund Arbeitsorganisation ab, dem Modell der Unternehmensorganisation, den in ihm formulierten Zielen und dem typischen Verhalten des Managements. 121 Castoriadis faßt einige Aspekte der Vorherrschaft des Imaginären auf allen diesen Ebenen in zugespitzter Weise wie folgt zusammen: ..Di'e se angeblich rationale Organisation weist alle Merkmale eines systematischen Wahns auf [ ... }. Die Ersetzung des Menschen - gleichviel. ob es sich um Arbeiter, Angestellte oder sogar höhere Chargen handelt - durch ein Ensemble von Teilfunktionen, die willkürlich nach einem willkürlichen System von Zwecken unter Rekurs auf eine nicht minder willkürliche Pseudo-Begriffsbitdung ausgewählt wurden, sowie die dementsprechende Behandlung des Menschen in der Praxis verrät eine Vorhemchaft des Imaginären, die sich trotz aller 'Systemeffizienz' von derjenigen in den 'fremdartigsten' archaischen Gesellschaften in nichts unterscheidet. Die Behandlung eines Menschen als Ding oder rein mechanisches System ist nicht weniger, sondern in höherem Maße imaginär. als wenn man ihn als KAuzehen betrachtet. Denn nicht nur ist der Mensch einem Käuzchen unvergleichlich viel näher verwandt als einer Maschine; auch hat keine primitive Gesellschaft aus dergleichen Assimilationen der Menschen an etwas anderes jemals so radikale Konsequenzen gezogen wie die modeme Industrie mit ihrer Metapher des Automatenmenschen. Die archaischen Gesellschaften scheinen bei solchen Gleichsetzungen stets eine gewisse Doppeldeutigkeit zu bewahren; die modeme Gesellschaft setzt jene Metapher jedoch wortwörtlich in die Praxis um. und zwar auf die roheste Weise. Was die Art dergeisligen Operationen und sogar die zugrundeliegenden psychischen Einstellungen angeht, besteht kein grundsätzlicher Unterschied zwjsehen einem tayloristischen Ingenieur oder Industriepsychologen (der die einzelnen Handgriffe isoliert, Koeffizienten mißt, die Person in gAnzlich künstliche 'Faktoren' zerlegt und zu einem neuen Objekt zusammensetzt) und einem Fetischisten andererseits (dessen Genießen vom Anblick eines Stöckelschuhs abhängt und der von eiDer Frau verlangt, eiDe Stehlampe nachzuahmen). Beidesmal ist jene eigentümliche Gestalt des Imaginären am Werk, die das Subjekt mit einem Objekt identifiziert. Der Unterschied liegt nur darin, daß der Fetischist in einer Privatwelt lebt und sein Phantasma weiter keine Folgen hat, höchstens für den Partner, der sich dazu hergibt. Der kapitalistische Fetischismus des 'effizienten' Handgriffs oder der Bewertung des Individuums durch Tests bestimmt dagegen das wirkljche Leben der gesellschaftlichen Welt."" Um welche zentralen Bedeutungen kreist also die imaginäre Institution des kapitalistischen Unternehmens, welches sind die primären Muster, nach denen sie die Menschen und ihre Beziehungen in der Produktion zu modeln tendiert? Wir können hier an das anschließen, was wir oben über die allgemeinen Merkmale moderner Organisationen sagten. Das Prinzip formal-rationalen Beherrschens durch Berechnen; die Trennung in die organisierenden 'Subjekte' eines managerieJlen Leitungsapparats und die 'von außen' als 'Objekte' des organisierenden Zugriffs behandelten 'ausf"tihrenden' Personen und Tätigkeiten; die hierarchische Stufenfolge von Positionen, Kompetenzen und Gratifikationen; die symbolische Verdoppelung der Produktionswirklichkeit und damit die Etablierung einer Informalionsform als Medium des Berechnens und Beherrschens durch die organisierenden 'Subjekte' - dies 122 waren einige konstitutive Elemente bürokratisch-kapitalistischer Organisation, die wir benannten. Und es sind ebensoviele imaginäre Bedeutungen, ebensoviele "praktische musionen", die in ihr zur institutionellen und materiellen (nicht zuletzt auch technischen) Gestalt gerinnen.'6 Ein Grundzug dieser imaginären Welt "ist ihre Zurückführbarkeit auf ein System formaler Regeln, aus denen sich unter anderem die Zukunft des Systems 'berechnen' läßt. Die Wirklichkeit besteht nur, insoweit sie registriert und aufgezeichnet worden ist; im Zweifelsfall ist das Wahre nichts und das Dokument allein wahr. "'7 Die Matrix der Informationen, die nach den selektiven und notwendig mit Ausblendungen verbundenen Kriterien des Blicks 'von außen' gewonnen und strukturiert ist, soll das System zusammenhalten, und die gemäß den formalen Regeln operierende, zunehmend technisch vermittelte bzw. computerisierte 'Informationsverarbeitung' soll es zu steuern erlauben. Die Menschen werden zu Knotenpunkten in diesem symbolischen Netzwerk und sie existieren nur und gelten nur etwas entsprechend dem Status und der Position, die sie in der hierarchischen Struktur einnehmen, die jenem Netzwerk unterlegt ist. So umrundet die organisierte Welt eine mächtige symbolische Sonne - deren Symbole freilich das Reale nur in verzerrter Weise darstellen und bei dessen Handhabung oft von nur zweifelhaftem Wert sind. Selbst am Mittag sind daher die Schatten in dieser eigenartigen Welt noch lang. Vor allem die 'wissenschaftliche Betriebsfilhrung' Taylors gilt als charakteristischer, epochemachender Ausdruck der Logik dieser Welt, mit weitreichenden, die Arbeitsrealität umwälzenden Folgen. Manchen schien es gar, der Taylorismus sei "nichts anderes [... ] als die ausdrückliche Formulierung der kapitalistischen Produktionsweise"" und als falle ihm "die Rolle zu, die zuvor unbewußte Tendenz der kapitalistischen Produktion bewußt zu machen und zu systematisieren."" Neben einem Arsenal arbeitsplatzbezogener Managementtechniken, die primär auf inhaltliche Entleerung und Banalisierung von Tätigkeiten bei gleichzeitiger Leistungsintensivierung abzielen, steht jedenfalls das 'scientific management' filr ein enorm einflußreiches ideologisches Muster mit vielflUtigen Konnotationen. Es dient dem "Aufweisen der Legitimität von Herrschaft, ohne Herrschaft zu benennen"loo, und ihm korrespondieren eine Reihe von Vorstellungen darüber, wer, was und wie im Industriebetrieb organisiert und rationalisiert wird. 101 Das allgemeine 'Idealbild' von den wichtigsten Merkmalen kapitalistischer Produktionsorganisation war lange Zeit von diesen Vorstellungen tief geprägt. Nicht zuletzt weil die neueren Managementkonzepte, denen wir uns im nächsten Kapitel wieder zuwenden werden, sich selbst explizit als eine Abkehr vom 123 Taylorismus tbematisieren und landläufig auch so interpretiert werden, sind an dieser Stelle einige Konkretisierungen vonnutzen. Wie sehen die sozialen, sachlichen und zeitlichen Konruren jenes Bildes aus? Wer organisiert die Arbeit und wer ist das 'Rationalisierungssubjekt'? Organisation und Rationalisierung der Produktion ist eine zentrale und exklusive Aufgabe des Managements. Die wichtigsten Segmente des technischen Managements fungieren als die Organisatoren und Rationalisierungsexperten im Unternehmen. Die Ingenieure, Betriebsökonomen, Organisationsexperten, Arbeitsstudienleute und Fertigungsplaner in den technischen Büros bilden jenen Teil des bürokratischen Verwaltungsstabs, dem sich das reibungslose Funktionieren des Produktionsprozesses verdankt und der ständig mit großen und kleinen Rationalisierungsmaßnahmen beschäftigt ist. Nur sie sind dazu befugt, weil sie das wissenschaftlich fundierte Wissen besitzen, das allein wirkliche Organisation und Rationalisierung möglich macht. Der relativ kleinen Gruppe der Organisatoren und Rationalisierungsexperten steht die breite Masse derer, deren Arbeitshandein der potentielle Gegenstand der Rationalisierungsmaßnabmen ist, gegenüber. Was wird rationalisiert, welches sind die Hauptansatzpunkte, Medien und Objekte des organisierenden Zugriffs? Technisierung, Standardisierung und Arbeitszergliederung sind die strategischen Perspektiven, gleichsam die Koordinaten, in denen die Arbeit jener 'breiten Masse' ins Blickfeld der Experten gerät. Durcb techniscbe Produkt- und Prozeßinnovationen, Arbeitsanalysen, organisatorische Maßnahmen bemühen sieb diese Experten um die Ermittlung und Einfilhrung des jeweils effizientesten Produktionsverfahrens, des 'one best way'. In diese Bemühungen fließt dem Anspruch nach eine spezifische Form wissenschaftlichen Wissens ein. So fIlbrt der organisierende Zugriffim Resultat zu einer 'Verwissenschaftlichung' betrieblicher Prozesse. Wie ist der Prozeß des Organisierens und Rationalisierens selbst organisiert? Die Technisierungs- und Organisierungsmaßnahmen werden vom Management en detail durchgeplant und unter seiner Kontrolle realisiert, d.h. in neue Arbeitssysteme und ihnen entsprechende Verhaltensregeln bzw. Aufgabendefinitionen filr die Ausfllhrenden transformiert. Die soziale Trennung von Planung und Ausfilhrung im Arbeitsprozeß hat ihr Pendant in der zeitlichen Trennung und Abfolge von Rationalisierungshandeln, das den status quo der Arbeitsmethoden bewußt verändert, und 'normalem' ausfllhrendem Arbeitshandeln. Nach durchgefilbrter Rationalisierung verbleiben filr die Arbeitenden allenfalls geringfllgige Anpassungsleistungen, ansonsten nur die geplanten und vorgegebenen Ausfilhrungstätigkeiten im Rahmen des neuen, rationalisierten status quo der Organisation. 124 Nach allem, was wir oben ausfilhrten, muß hier natürlich mit Bedacht immer von einem 'Modell' , einem 'Paradigma' oder einem 'Leitbild' der Produktionsorganisation und der Rationalisierung die Rede sein: eben von einem imaginären Schema, dem eine soziale Realität kapitalistischer Produktion entspricht, die in vielfaltiger und gravierender Weise von den Konturen des 'Originals' abweichen kann und muß. Gleichwohl war und ist dieses Schema enorm wirkungsmächtig. Die betrieblichen Akteure haben sich in ihm verortet und richten ihre Wahrnehmung wie ihr Handeln - zumindest auch - an ihm aus. Wichtig ist fiIr uns also nicht nur sein ideologischer Charakter, sondern sein die Wahrnehmung und das Handeln prägender Einfluß in der betrieblichen Wirklichkeit. Die Einsicht, daß die Analyse solcher Deutungsmuster und Ideologien wichtig ist, steht im Einklang mit Erkenntnissen der phänomenologischen Tradition in der Organisationssoziologie, auf die auch der ' Neoinstitutionalismus' in der Organisationstheorie rekurriert, der sich gegenwärtig großer Aufmerksamkeit erfreut.'02 Die zentrale Idee ist hier, daß Manager und Beschäftigte Ideologien nicht nur 'benutzen', um ihr Handeln zu legitimieren, sondern auch, um ihrer Erfahrnng Sinn zu geben - und ihr Handeln zu strukturieren. In der organisations- und techniksoziologischen Diskussion ist in diesem Zusammenhang in letzter Zeit häufig von Leitbildern oder auch von Mythen die Rede. "Leitbilder und Rationalisierungsmythen", so faßt Deutschmann prägnant zusammen, .. können als sich rekursiv selbst bestätigende soziale Konstruktionen interpretiert werden, die gesellschaftlich legitimierte Logiken ökonomischen, organisatorischen und technologischen Handeins definieren. Im Zentrum dieser Konstruktionen können sowohl technische Innovationen [ ...] als auch organisatorische Konzepte [... ] stehen. [ ... ] Leitbilder und Mythen definieren [ ... ] die Grundrichtungen industrieller Innovation, sie beschreiben die jeweils relevanten Dimensionen, Ziele und Mittel von Rationalisierung, geben Leitlinien technisch-organisatorischer Gestaltung vor und legitimieren implizit die Machtverteilung zwischen den beteiligten Akteuren und Koalitionen.",ol Leitbilder werden als "deskriptiv-präskriptive, vage Bestimmungen dessen, wie modeme Unternehmen ihre Aufgaben erfillien (sollen)", aufgefaßt'04, als ,,'Muster', die unscharf und schillernd sind und zwischen Normativität und Deskription schwanken. Sie Ahnein Metaphern filr erwartete oder gewünschte Entwicklungen bzw. bildlichen Beschreibungen der Istsituation. [... ] Mehrdeutigkeit ist ihre wesentliche Eigenschaft."105 Die Leitbilder haben im jeweiligen Kontext "orientierende[.], antreibende[.], sinnstiftende[.], motivierende[.], normativ-Iegitimatorische[.] Funktion", befin- 125 den sich aber "als Strukturmomente im Giddensschen Sinne nicht gänzlich im dispositiven Zugriff der Akteure. Vielmehr sind sie Resultate interessengeleiteter Interaktionen und werden in den Interaktionen als Orientierungen genutzt und dadurch (re-)produziert."loo Kurz, Leitbilder und Mythen im technik- und organisationssoziologischen Sinn entsprechen dem, was wir hier imaginäre Bedeutungen nennen. 107 Wir müssen allerdings auf eine wichtige Unterscheidung zurückkommen, die wir oben (in Abschnitt I dieses Kapitels) schon beiläufig einfilhrten: die zwischen einem primären und sekundären Imaginären. Jene Leitbilder und Mythen sind Resultate sekundärer, nachträglicher Bearbeitungen eines primären Imaginären, sie gehören zur Ebene der eigentlichen Ideologiebildung. Diese setzt die Geltung von historisch-spezifischen Grundorientierungen gesellschaftlicher Institution, von elementaren 'virtuellen' Deutungs-, Handlungsund Legitimationsmustern schon voraus, die, gleichsam als deren für die Akteure selbst weitgehend unbewußten 'Tiefenregeln', soziale Prozesse sinnhaft orientieren und prägen. 108 Die sekundären Bearbeitungen machen die Grundorientierungen in unterschiedlicher Weise explizit, filgen sie in ein zusammenhängendes, kohärentes Szenarium ein und verleihen ihnen eine 'rationale' Fassade und Legitimation. Die instituierten imaginären Bedeutungen erfahren in unterschiedlichen sozialen Kontexten und im Laufe der gesellschaftlichen Entwicklung zahlreiche sehr bedeutsame und folgenreiche solcher ideologischen Bearbeitungen - 'Rationalisierungen ' des instituierten Imaginären und entsprechender Verhaltensweisen wie Handlungen. I09 An deren tayloristische Spielart erinnerten wir bereits, und auf weitere diachrone wie synchrone Variationen gehen wir gleich noch näher ein. Die instituierten imaginären Kernbedeutungen und elementaren 'Tiefenregeln • lassen diese Bearbeitungen indes unberührt. 11 0 Ansonsten - wenn also auf der Ebene des primären Imaginären ein radikaler Bruch, eine grundlegende Neuorientierung auszumachen wäre - müßten wir konsequenterweise von der Institution ei- nes anderen gesellschaftlichen Regimes reden. Die Elemente des primären Imaginären in der kapitalistischen Produktion, die sich durchhalten, sind bereits mehrfach angeklungen: Produktion und Arbeit gelten als Felder, die von außen zu beherrschen sind und zwar mit formalrational kalkulierten Mitteln der Organisation und der Technisierung; das markiert eine grundlegende Trennung in Organisierende und Organisierte, der eine Reihe weiterer Trennungen und Hierarchisierungen entsprechen. Diese Elemente stehen in einem Verhältnis engster wechselseitiger Verweisungen mit dem imaginären Nukleus kapitalistischer Vergesellschaftung: der Orientierung an einer unendlich voranschreitenden und stetig ihre Zugriffs126 möglichkeiten erweiternden 'rationalen' Kontrolle. Wir hatten oben bereits zu begründen versucht, warum wir den Begriff der Bürokratie weiterhin !Ur zentral und keineswegs für veraltet halten. Das 'Büro' symbolisiert jenes 'Außen',jenen externen Ort, von dem aus die gesellschaftlichen Aktivitäten geformt und dirigiert werden. Dieses Moment einer 'extrinsischen' Zurichtung und Kontrolle gehört zum Kern des kapitalistischen Imaginären - nicht nur in der Produktion. Und deshalb sprechen wir von einem bürokratischkapitalistischen Projekt Auch die ideologische Verarbeitung und 'Rationalisierung' der primären imaginären Themen und Schemata dieses Projektes steht, wie diese, niemals in einer eindeutigen Beziehung zu den 'funktionalen Erfordernissen' der Ökonomie und ihrer Evolution, zu vermeintlichen Imperativen der Produktivkraftentwicklung etc.; schon gar nicht besteht jene Verarbeitung in der rationalen Deduktion von 'Lösungen' für anstehende reale Probleme. Sie besitzt ein hiervon in gewissen Grenzen unabhängiges Eigenleben, das theoretisch und empirisch ernstgenommen werden muß, da dieses umgekehrt höchst gravierende Konsequenzen für das Funktionieren der Ökonomie, die Entwicklung der Produktivkräfte und die vorhandenen Möglichkeiten hat, mit realen Problemen umgehen zu können. Managementideologien im historischen Verlauf Die jeweils gültigen Organisations- und Menschenbilder oszillieren um gleichbleibende Grundbedeutungen. Es handelt sich um Variationen über das gleiche Thema, um Figuren in einem Kontinuum, an die wechselnde' Ausführungsbestimmungen' fur mehr oder weniger identische 'Grundgesetze' geknüpft sind. Doch dabei macht das kapitalistische Imaginäre in der Produktion im Laufe der Zeit ganz ohne Zweifel sehr bedeutsame und folgenreiche Änderungen durch. Die Leitrnetaphern wandeln sich, die Konturen des 'Idealbilds' verwischen sich manchmal, sie konkurrieren mit Alternativen, werden von neuen ersetzt oder von anderen ergänzt. ..[D)as Phantasma der Organisation als gut geölter Maschine weicht dem Phantasma der Organisation als sich selbst verbessernder und anwachsender Maschine"'" - oder als Organismus, als Gehirn, als Computer, als Kultur und als sich selbst reproduzierende dynamische Struktur.' "Ebenso entwickelt sich das Menschenbild im bürokratischen Universum allmählich weiter: In 'fortgeschrittenen' Sektoren der bürokratischen Organisation wandelt sich das Bild vom Automaten, einer spezifischen Maschine, zu dem Bild einer in eine Gruppe 'wohl integrierten Persönlichkeit' [... ). Die 'analytische' und verdinglichende Pseudo- '2 127 Rationalität weicht zusehends einer nicht weniger imaginären 'totalisierenden' und 'vergesellschaftenden' Pseudo-Rationalität.""3 Die Konkretisierung solcher Überlegungen kann im Anschluß an die Diskussion über die geschichtliche Abfolge und die Rezeption von Managementmodellen erfolgen. In dieser Diskussion sind gewichtige empirische und theoretische Gründe vorgebracht worden, die gegen die noch bis vor kurzem gängige Auffassung von einem unilinearen, progressiven historischen Prozeß der 'Höherentwicklung' managerieller Leitbilder und Herrschaftstechniken sprechen. 114 Gegen diese Auffassung hat man in jener Diskussion die Metaphern der Pendel- oder Wellenbewegung des Managementdiskurses gesetzt; Deutschmann verwendet das Bild der Spirale, um die Vorstellung von einer schlichten Rückkehr des Pendels in die frühere Ausgangslage zu vermeiden. 1IS Es scheint, als ließen sich solche gegen die Auffassung vom linear-progressiven Wandel gerichteten Konzepte auf plausible Weise mit unserem Bild von der bürokratisch-kapitalistischen Organisation der Entfremdung und vom Organisationsdilemma in der Produktion in Einklang bringen. Barley und Kunda postulieren filr das US-amerikanische Managementdenken einen mehrfachen Wechsel von Wellen 'normativer' und 'rationaler' kッョセ@ trollideologien. Zu den normativen Ideologien zählen sie die Bewegung des "Industrial Betterment" (1870-1900), die Schule der "Human Relations" (1925-1955) und den Diskurs über die "Organizational Culture" (1980-1), zu den 'rationalen' das "Scientific Management" Taylors (1900-1923) und den "Systems Rationalism" (1955-1980). Die Phase der Dominanz des "Industrial Betterment" kennzeichneten patriarchalische, kooperative und gemeinschaftsstiftende Anstrengungen. Abgelöst wurde sie von der Hochzeit der öffentlichen Wirkung der genuinen Taylor-Ideen, mit ihrem mechanistischen Wissenschaftsideal und der Betrachtung der Organisation der Arheit als vorwiegend technisches Problem. Eine Renaissance normativer Grundorientierungen brachte dann die Welle der Human-Relations-Schule: die Gruppe und ihre Normen absorbierten die Aufmerksamkeit des Diskurses, und da diese Normen als 'emergent' erschienen, wurde die Art der 'Führung' zentral, denn die Normen mußten auf die Organisationsziele ausgerichtet werden. Es folgte die Phase des "Systems Ration.lism", der Prozesse in optimaler Anpassung an die Umwelt der Organisation zu modellieren suchte und kybernetisches Systemdenken sowie Computermetaphern bevorzugte; Affinitäten zur tayloristischen Tradition sind offensichtlich. Seit den achtziger Jahren schließlich dominiert der Diskurs, den wir kennen: Mit seiner Betonung der "Organizational Culture", den japanischen Einflüssen und dem 128 Leitbild der Selbstorganisation im Rahmen von Wertekonformität ist er für Barley und Kunda ein erneutes Beispiel für eine normative Kontrollideo. logie. J 16 Die ideologische Entwicklung scheint zwischen kulturellen Antinomien zu oszillieren: zwischen dem Pol einer normativen Integrationsorientierung, bei der Manager Führer und die Beschäftigten soziale Wesen sind, deren Normen im Untemehmensinteresse manipuliert werden müssen, und dem Pol einer 'rationalen' Systemsteuerung, mit Managern als wissenschaftlichen Experten und den Beschäftigten als einfacher 'Stellgröße', die sich durch entsprechen· de Anreize den Systemerfordernissen anpassen läßt. "Associated with thc antinomics' poles are opposing solutions to the problem of contral: normative control and regimes of trust versus rational contral and regimes of selfinterest. Forthose who ruD corporations, this dualism aften evinces itselfin the practical issue ofhow to prevent anomie, construed as lack ofcommitment, while reaping the bencfits of tbe very rationalization that exacerbates aDomie."I!' Eine endgültige Auflösung des Spannungsfeldes zwischen den bei den Polen scheint, so Barley und Kunda, höchst unwahrscheinlich, denn die Pole bräch· ten jeweils tiefsitzende kulturelle Grundorientierungen der Moderne zum Ausdruck. Wahrscheinlicher - und empirisch für die USA belegt - erschei· nen ihnen der historische Wechsel bei den Oominanzverhältnissen und die gegenseitige Eindämmung jener Orientierungen. Das bedeutet auch, daß die jeweilige Konjunktur einer Kontrollideologie nie dazu führt, daß die andere in dieser historischen Phase völlig bedeutungslos würde; sie wirkt stets in der einen oder anderen Form weiter, was dazu führt, daß man es empirisch stets gleichsam mit Überlagerungen jener Ideologeme zu tun hat. Aber in letzter Instanz scheinen die rationalen Ideologien in der historischen Langfrist· perspektive doch die mächtigeren und tiefer verankerten zu sein. J \8 Unschwer läßt sich von hier die BTÜcke zu unseren Ausführungen Ober das kapitalistische Organisationsdilemma schlagen. Der Konkurrenz der ideal· typischen 'rationalen' und normativen kulturellen Orientierungen entspricht der 'praktische' Konflikt zwischen Negation und Nutzung von Eigenschaf· ten und Fähigkeiten der arbeitenden Subjekte. Der 'rationale' Pol von Barley und Kunda 'theoretisiert' - und fokussiert in seinen Handlungsvorgaben - die Ausschlußtendenzen, der normative die Einschlußtendenzen des Rationali· sierungsprozesses. 1I9 Und auch der behauptete größere historische Einfluß und die tiefere Verankerung 'rationaler' Orientierungen stimmt mit unseren bisherigen Überlegungen überein: In den 'rationalen' Kontrollideologien des Taylorismus und des "Systems Rationalism" spiegelt sich das instituierte Grundphantasma des bürokratisch· kapitalistischen Projekts. 129 Die materialreiche Studie von Guillen lugt dem skizzierten Überblick über die Entwicklung in den USA viele Details und Differenzierungen hinzu und bereichert das Bild enorm durch die vergleichende Analyse der Entwicklung in Deutschland, Spanien und Großbritannien. Diese weckt vor allem Skepsis gegenüber einer Übertragbarkeit des einfachen 'Wellenmodells' mit seiner Vorstellung einer alternierenden Oszillation zwischen zwei Leitbildpolen auf andere nationale Kontexte. Das Modell paßt auf einer sehr allgemeinen Ebene der Betrachtung wohl auf die USA, nicht immer jedoch auf andere Länder. Auch die deutsche Entwicklung folgre anderen Pfaden: Nach den Befunden von Guillen konnten sich hier 'rationale' Managementideologien nachhaltiger als anderswo durchsetzen, so daß zum Beispiel der amerikanische Pendelausschlag in Richtung ..Human Relations" ausblieb. 120 Ansonsten betont Guillen die Bedeutung von Lernprozessen, die Möglichkeit ideologischer Mischformen und der gleichzeitigen Wirksamkeit alternativer Orientierungsmuster als Momente, die von der Pendelmetapher nicht erfaßt werden. Die ideologischen Formen und praktischen Rezepte regtedieren bei einem Rückschwung zum Alternativpol nicht einfach auf schon einmal überwundene Stufen des Managementdenkens. Der .. Systems Rationalism" (oder .. Structural Analysis") ist keine einfache Wiederkehr des .. Scientific Management" im neuen Gewand, sondern enthält auch Anleihen aus dem Arsenal der "Human Relations". ,,[A 1fair part ofthe evidence presented in this sludy is inconsistent with thc nation of periodically dominant paradigms. 10 fact. mutually contradictory parBdigms or conceptions have been used in the same country Bt the same time by the same tirms. [ ... 1It is true that the theoretical discussions wilhin the business elite tended to bc dominated by ooly ODe paradigm during a particular period. In the murky warld of ideotogical and technical practice. however, the most adequate metaphor secms to be one oflayers or sediments of different organizational paradigms, not one ofperiodically dominant paradigms that totally replace old approaches and, in turn, disappear completely with the success ofthe next paradigm."121 Das sind wichtige und weiterfiihrende Differenzierungen und Konkretisierungen. Den heuristischen Wert der Vorstellung von den langen Wellen des Managementdiskurses mit seinen 'rationalen' und normativen Polen berühren sie kaum. Sie verweisen aber darauf, daß Managementleitbilder, wie aUe imaginären Bedeutungen, im gesellschaftlich-geschichtlichen Kontext entstehen und wirksam sind. Sie nehmen die alten Bilder von der Organisation und der Arbeit auf und geben ihnen einen neuen Sinn. Und indem sie das Man8gementhandeln orientieren, tragen sie zur Institution der Arbeit und damit zur Veränderung der sozialen Welt bei. 130 3. Autonome Arbeit als konkrete Utopie Wir sprachen schon davon, daß sich das kapitalistische Projekt von Anfang an in einem Spannungsverhältnis zu einem Alternativentwurfbefindet: dem Entwurf der Autonomie. Er artikuliert sich auch in der Produktionssphäre. Es gibt in ihr einen imaginären GegenstroID, aus dem sich der Sinn einer autonomen Institution der Arbeit herauslesen läßt. Dieser Gegenstrom mündete in die gesellschaftlichen Kompromißbildungen des Institutionengefüges der industriellen Beziehungen und hat damit die Gestalt der Gegenwartsgesellschaft maßgeblich mitgeprägt. Den radikalen Sinn der autonomen Arbeit führen vor allem seine Seitenanne und Unterströmungen mit sich, die immer wieder zu versiegen und verdrängt zu werden drohen. Diesen Gegenstrom gegen das kapitalistische Projekt speisen widerständige und eigensinnige Bedeutungen, die stets erneut in Unterdrückungs-, Unrechts-, aber auch in den von uns betrachteten Selbsttätigkeitserfahrungen in der Arbeit und in den impliziten und expliziten sozialen Konflikten innerhalb des Produktionsprozesses auftauchen oder wiederaufgenommen werden. Sie können sich organisatorisch, programmatisch und theoretisch in vielfaltiger Weise manifestieren. Ihren Niederschlag finden entsprechende Sinngehalte historisch am offenkundigsten in Organisationen und Zielvorstellungen der gewerkschaftlichen und politischen Arbeiterbewegung. Vor allem die bereits in deren Ursprüngen präsente Perspektive einer "industriellen Demokratie" ist ihr deutlicher Ausdruck. 122 Die unter dieser Bezeichnung zusammengefaßten betriebs-, gewerkschafts- und wirtschaftsdemokratischen Zielsetzungen und Politikkonzepte sind in unterschiedlichster Weise im langen und wechselhaften sozialen Prozeß der Institutionalisierung von Kontrollchancen der Arbeitenden über ihre Arbeitsverhältnisse und der sie beeinflussenden ökonomischen Rahmenbedingungen wirksam gewesen: von Kontrollchancen durch betriebliche Mitbestimmung, durch das System der Kollektivverhandlungen und -verträge (Tarifautonomie) und durch die geregelte Einflußnahme auf wirtschaftspolitische Entscheidungen. In der Konsequenz gehen die industriedemokratischen Vorstellungen weit über die realisierten Institutionalisierungsfonnen hinaus. Sie implizieren einen Bruch mit der Heteronomie der Produktionssphäre und verweisen auf konkrete Schritte zu ihrer Überwindung. 123 Die Hauptströmungen der Arbeiterbewegung erlagen indes zugleich auch der unwiderstehlichen Blendkraft des herrschenden Imaginären. Vom Fetischismus der Produktivkräfte und der Verwissenschaftlichung früh infiziert, war und blieb für ihre einflußreichsten Akteure und Organisationen der Begriff 131 der Rationalisierung weitgehend positiv besetzt. Das galt zunächst auch, etwa im Falle der Gewerkschaften, filr Figuren wie Taylor und Ford, mit denen man vielfach die Vorstellung einer Anwendung rationaler wissenschaftlicher Methoden zur Erhöhung des Lebensstandards im Interesse aller verband. Der kapitalistische Großbetrieb galt den meisten Gewerkschaften und sozialdemokratischen wie kommunistischen Parteien lange als fragloser Inbegriff rationaler Organisation, die allein von der Anarchie des Marktes an der Entfaltung ihrer segensreichen Wirkungen gehindert wurde ... Die im Kapitalismus entwickelten technischen Produktivkräfte galten [ ... ] als das positive Erbe, das sich unverändert in eine sozialistische Gesellschaft übernehmen und dort in den Dienst allgemeinerWohlstandssteigerung stellen ließe."m Nicht nur Planung, sondern strengste Despotie und Autorität wurden befilrwortet, solange sie sich als Ausfluß ebenjener Rationalilllt drapieren konnten. Eine Krönung solcher historisch katastrophalen Umkehrungen ursprilnglich einmal antidespotischer und antiautoritärer Gehalte stellt die Sozialismusvorstellung eines Kautsky dar, die in der Projektion jener vermeintlichen organisatorischen Rationalität des kapitalistischen Betriebs auf die gesamtgesellschaftliche Ebene besteht: der Sozialismus als einziger großer Industriebetrieb. 1'7 Sozialdemokratische und kommunistische Arheitsutopien dieser Art sind so weit von einem Konzept der Selbstbestimmung in der Produktionssphlre entfernt wie ihre damaligen und heutigen kapitalistischen Pendants. Auch die Ideen einer .. industriellen Demokratie" - obzwar potentiell eine radikale Infragestellung der kapitalistischen Institution der Arbeit - tendierten bislang, bei allen Unterschieden ihrer historischen und nationalen Ausprägungen, in ihrer realisierten Gestalt in aller Regel zur Überbetonung indirekter, die Zentralisierung von Entscheidungsbefugnissen befördernder Partizipationsformen - und leisteten damit nicht selten ihren eigenen Beitrag zu Bürokratisierung und Fremdbestimmung. Anders verhält es sich damit in der Tradition der betrieblichen und gesellschaftlichen Selbstverwaltungsmodelle, die - zumindest in der Theorie - mit der Vorstellung einer direkten Demokratie in der Arbeit Ernst zu machen versucht. 128 Diese Modelle können als Versuche einer bewußten und konsequenten Konkretisierung des Entwurfs der Autonomie in der Produktionssphäre aufgefaßt werden. Sie umreißen spezifische Formen der gesellschaftlichen Organisation innerhalb und außerhalh der Arbeit, die bürokratisch-hierarchische Strukturen überwinden wollen und auf eine Aufhebung der Trennung von Leitenden und Ausfilhrenden abzielt. Dies impliziert eine politische Bewegung, die alle Institutionen kritisiert und praktisch angreift, die zur Reproduktion hierarchischer Befehlsverhältnisse, bürokratischer Strukturen oder allgemein: Formen der Monopo- I'. I'. 132 Iisierung von Macht und Wissen beitragen. Dies wiederum verbindet sich mit dem Streben nach einer radikalen Umgestaltung der Gesamtgesellschaft und ihrer tragenden Eigentums- und Machtstrukturen. Neben den historischen Ansätzen zu einer Rätedemokratie, die rasch und gewaltsam unterdrückt wurden, bilden für einen Teil der Selbstverwaltungstheoretiker auch solche 'eigensinnigen' Momente des Arbeitshandelns im heutigen Produktionsprozeß einen wichtigen praktischen Referenzpunkt, die in unseren Begriff der verdrängten Selbsttätigkeit eingingen. Sie knüpfen an jene 'transzendierenden Potentiale' der Selbsttätigkeit an, auf die auch wir im letzten Kapitel zu stoßen meinten. In der Selbsttätigkeit der Arbeitenden scheinen, so die Vorstellung, implizite Formen von 'Selbstverwaltung' bereits auf, an die die geseIlschaftliche VeraIlgemeinerung und Radikalisierung solcher Praktiken anknupfen kann. 129 Korsch prägte schon früh für die Quintessenz all dieser theoretischen und praktischen Versuche einer radikaldemokratischen Neuinstitution der Arbeit die treffende Formel der " industriellen Autonomie", die er in dürre juristische Kategorien kleidete: .,Industrielle Autonomie besteht darin, daß inj eder Industrie (' Industrie' hier im Sinne des englischen 'industry', also jede planmäßige wirtschaftliche Betätigung [... ]) als Ausüber der Herrschaft über den Produktionsprozeß an die Stelle des bisherigen Privateigentümers oder der von ihm eingesetzten Produktionsleiter die Vertreter aller arbeitenden Produktionsbctciligten trcICD"J30. ,,[I]nautonomer Produktion [wird] die ihre eigenen Angelegenheiten [ ... 1selbst verwaltende Produzentengemeinschaft. z. B. die Gesamtheit der arbeitenden Betriebsbeleiligten (leiter, Angeslelhe. Arbeiter) eines einzelnen Betriebes, selbständig Ober die Bedingungen ihrer Arbeit, im besonderen über die 、セョ@ einzelnen Gruppen zu zahlenden Löhne, zu entscheiden habenulJI , Genau besehen wird jedoch auch in solchen Konstruktionen der Kern des Produktionsprozesses - als quasi natürlicher Sachzwang, der unabhängig von der sozialen Einbettung von den Arbeitenden den bloßen Vollzug technischer Notwendigkeiten verlangt- aus dem Geltungsbereich des Autonomieprinzips ausgeklammert. "Ob die Aneignung des Arbeitsprodukts durch frei assoziierte Produzenten nicht zugleich eine Aneignung des Arbeitsprozesses und damit seine qualitative Veränderung bedeutet, diese Frage stellt sich Korsch noch nicht."132 Die Frage nach den sozialen und ökologischen Folgekosten der industriellen Produktionsweise selbst und nach den Möglichkeiten und sozialen Formen ihrer Überwindung stellten, zumindest in öffentlichkeitswirksamer Weise, ernsthaft erst die neuen sozialen Bewegungen der siebziger und achtziger Jahre zur Debatte. Deren Thematisierung der Gebrauchswertseite von Produktionsprozeß und Großtechnologie sowie der Produktfolgen führte (zurück) zum Topos einer " anderen Technik"lJJ. Und sie rUck- 133 te das Problem der ökologischen Rationalität in den Horizont des Autonomieentwurfs - als Problem der bewußten Selbstbegrenzung einer sich selbst die Gesetze gebenden sozialen Einheit. 134 Diese erweiterte Problemsicht konnte sich mit praktischen Initiativen einer alternativen, an gesellschaftlichen Nützlichkeitskriterien orientierten Produktentwicklung verbinden, die sich auf das Erfahrungswissen und die Selbsttätigkeit der Arbeitenden stlltzten. IJS Damit hat sich die Dimension einer konkreten Utopie autonomer Arbeit noch einmal enorm erweitert: um den zentralen und weitreichenden Aspekt der Produktionsziele, die von den Beteiligten nicht nur selbst zu bestimmen, sondern auch selbst, nach Maßgabe neu zu definierender ökologischer und sozialer Kriterien, zu begrenzen wären. Auch die Frauenbewegung bereicherte und vertiefte den Sinn der Autonomie. Ihr Ziel der Aufhebung der Geschlechterhierarchien und der mit ihnen verwobenen und sie aufrechterhaltenden Strukturen sozialer Ungleichheit verwies nicht zuletzt auf eine Kritik der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung in aU ihren Facetten, innerhalb wie außerhalb der Erwerbsarbeitssphäre, als einem ihrer wichtigsten Reproduktionsmechanismen. Die Überwindung der industriekapitalistischen Arbeits- und Zeitorganisation wurde zu einem zentralen feministiscben Programmpunkt, da sie die angestrebte egalitäre Teilhabe der Frauen am politiscben Prozeß und an der gesellschaftlieben Institution verhindert. 136 Die Geschichte und die Erfahrungen von Frauen wurden als gelebte Alternativen zu produktivistiscb verengten, auf 'Leistung', Hierarchie und instrumenteUe Werte fixierte männliebe Arbeits- und Lebensorientierungen gelesen. Aus dieser Quelle speist sich eine eigenständige Kritik am Prozeß gesellschaftlicher Rationalisierung, bei der ein Aufgreifen jener Erfahrungen aucb als Korrektiv eines vereinseitigten, die KomplementärroUe der Frau bei der Reproduktion wie das Bedürfnis nacb Verbundenheit und Kommunikation zugleich voraussetzenden wie ausblendenden männlichen Verständnisses von 'Selbstbestimmung' wirksam werden kann. 137 Die Bedingungen und das Bedürfnis nacb individueller wie kollektiver 'gleicher' Autonomie, innerhalb wie außerhalb der Arbeit, finden sich auch und nicht zuletzt in den Geschlechterverhältnissen. 138 Der Entwurf der Autonomie schließt eine konkrete Utopie der autonomen Arbeit ein. Wo heute hingegen über Voraussetzungen und Möglichkeiten demokratischer Alternativen gesprochen wird, spart man bezeichnenderweise die Produktionssphäre explizit oder implizit aus den Überlegungen weitgehend aus. 139 Damit negiert man jenen imaginären Gegenstrom gegen die dominanten Tendenzen der Institution der Arbeit, auf dessen unterschiedliche Quellen hier verwiesen wurde - um den Preis eines 'halbierten' Demo134 kratie- und Autonomieverständnisses, das ein Gulteil der relevanten Erfahrungen und Handlungszusammenhänge der 'Bürger' ausspart. Dem sind unsere bisherigen empirischen und theoretischen Befunde ebenso entgegenzuhalten wie der Fundus eines subversiven Imaginären, dessen Ausdruck die skizzierten Zukunftsentwürfe einer radikaldemokratisch und egalitär organisierten Arbeit sind. "Im grundlegenden Sektor der Arbeit muß eine bewußte Umwandlung der Technologie stattfinden, damit der Arbeitsprozeß nicht länger die Menschen verstümmelt. sondern stall dessen Einzelnen und Gruppen ihre schöpferischen Fähigkeiten frei zu entfalten ennöglicht. Die Voraussetzung dafür ist eine enge Kooperation der ArbeiterIWerkzeug· benutzer mit den Technikern, ihre Verschmelzung zu neuen Gruppen, die die Produkti· on beherrschen, folglich die Abschaffung des öffentlichen oder privaten bürokratischen Managements sowie der Arbeiterkontrollen [... ] mit allen ihren Konsequenzen,"140 Eine derartige Zielorientierung ergibt aber nur einen Sinn, wenn sie sich mit dem in Einklang bringen läßt, was in anderen gesellschaftlichen Bereichen geschieht und was von den Menschen hier wie dort angestrebt wird. Fragen der angemessenen Größenordnung der Produktion bzw. der selbstverwalteten ökonomischen Einheiten, nach dem ökonomischen Kalkül, nach den Kriterien der Wertberechnung in einer dem Autonomieentwurf in der Produktion folgenden Gesellschaft und nach dem ökOlogischen Gleichgewicht stellen sich sofort, nach der Form der Familie, dem Geschlechterverhältnis, der Erziehung, dem Wohnen usf. Die Forderung nach autonomer Arbeit ließe in der Konsequenz kaum eine hisherige Form gesellschaftlicher Aktivität unberührt. Damit nicht genug: "Erst hinter diesen Überlegungen eröffnet sich die Hauptsache. Wenn nach einer radikalen Umwandlung der bestehenden Gesellschaft eine neue menschliche Kultur ausgebildet werden soll, dann wird sie nicht allein die Arbeitsteilung in den uns bekannten Fonnen, insbesondere die Trennung zwischen Hand- und Kopfarbeit, angreifen müssen, sie wird darüber hinaus die etablierten Bedeutungen, die Rationalitätskriterien, die Wissenschaft der letzten Jahrhunderte und die ihr gehorsame Technologie umwälzen müssen,"141 Halluzinationen aus einer verlorenen Zeit, über die der Weltgeist schon längst hinweggangen ist? Kaum zu bestreiten sein dürfte in der Tat, daß es in den letzten Jahrzehnten zu einem gravierenden gesellschaftlichen Bedeutungsverlust des Entwurfs individueller und kollektiver Autonomie gekommen ist. Vielleicht ist nichts charakteristischer für unsere Epoche, als dessen langer Niedergang. 142 Aber die Forderungen sind da, und sie machen sich im Denken und Handeln immer wieder geltend - selbst an Orten, an denen man es nicht vermutete, und in Formen, denen man es auf den ersten Blick nicht ansah. Man muß sich auch hier davor hüten, in die verbreitete Gewohnheit zu 135 verfallen, dasjenige, "was als Vereiteltes weiter schmerzt, als Veraltetes abzutun."l'3 Wenn richtig ist, was wir bisher entwickelten, dann kann auch die arbeitssoziologische Analyse ihren Beitrag leisten bei der Aufklärung jener Orte und Formen und bei der Suche nach Worten für jenen ganz anderen Sinn einer autonomen Institution der Arbeit. Der Vorwurf, sich mit Antiquiertem zu befassen, ließe sie dabei kalt. "Vielfach gibt das Abgetane, aber theoretisch nicht Absorbierte später seinen Wahrheitsgehalt erst frei. Er wird zur Schwäre der herrschenden Gesundheit; das lenkt in veränderten Situationen abermals darauf."l" 4. Die doppelte Institution der Arbeit Die hier gesammelten Bruchstücke einer theoretischen Neuorientierung ergeben ein vom Widerspruch durchzogenes Bild der Organisation der Entfremdung der Arbeit und ihrer historischen Metamorphosen. Es ist das Bild einer gebrochenen, in sich zerrissenen, ein Doppelleben führenden Institution. Arbeit nimmt im Kapitalismus eine duale, zwieschlächtige, durch und durch zwielichtige Gestalt an. Versuchen wir, einige wichtige Erkenntnisse, die wir in den zurückliegenden Abschnitten gewannen, zusammenführend zu rekapitulieren. Die instituierte imaginäre Macht der organisatorischen Logik 'rationaler' Herrschaft, die sich in der Idealtendenz der Bürokratisierung manifestiert, bildet den Überbau, der auf allen materiellen wie immateriellen Arbeitstätigkeiten lastet. Das primäre Ziel dieser Macht indes, die Beherrschung der produktiven 'Ressourcen', steht in potentiellem Konflikt mit ihrem anderen Ziel, der maximal effektiven Nutzung der Arbeitskraft, der vollen Ausschöpfung ihrer spezifischen produktiven und kreativen Fähigkeiten. Unter den Bedingungen der institutionell verankerten sozialen Trennung von Management und Gemanagten und damit der Organisierung und Technisierung der gemanagten Tätigkeiten von außen verhindert ein zu weit gehender Ausschluß der Arbeitenden aus den Entscheidungen über die Arbeit das Erreichen jenes zweiten Zieles. Umgekehrt bedroht jede zu weit gehende Beteiligung die Prärogative des Managements, das Ziel der extrinsischen Kontrolle. So ergibt sich keine eindimensionale, sondern eine in sich zerrissene) widersprüchliche, stets mehrdeutige Managementperspektive auf die Arbeitsgestaltung: der Ausschluß-/Einschluß-Doublebind bürokratischer Organisation. Bürokratisch-kapitalistische Herrschaft benötigt Ausschluß und Einschluß der Arbeitenden, ihren Status als Objekt und Subjekt der Arbeit zugleich.l<S 136 Die Betrachtung von kulturellen Leitbildern oder Mythen der Rationalisierung kann vor diesem Hintergrund auf eine Weise ansetzen, die zur Klärung der bisherigen Diskussion beiträgt. Im hier vorgeschlagenen theoretischen Bezugsrahmen wären sie als historisch-spezifische sekundäre Bearbeitungen des imaginären Kerns des kapitalistischen Projekts in der Produktion zu betrachten. Leitbilder der Beherrschung der Produktion buchstabieren mal mehr das eine, mal mehr das andere Moment des Grundphantasmas aus, akzentuieren mal mehr den Ausscbluß (der Taylorismus, der "Systems Rationalism" oder auch die Leitorientierung der automatisierten Fabrik), mal mehr den Einschluß (die Human-Relations-Bewegung oder das Lean Management). In der historischen Perspektive bedeutet dies, daß die gültigen Leitbilder, beeinflußt vom sozioökonomischen Rahmen und dessen Wandel, gleichsam zwischen den bei den Polen des Projektes formal-rational beherrschten unbe- grenzten Wachstums oszillieren. Es wäre von einem nicht-linearen, weilenoder spiralenrormigen bistoriseben Verlauf des Rationalisierungsprozesses auszugehen, bei dem sich dominierende Leitorientierungen - und entsprechende institutionelle Formen - mit Ausschluß- und mit Einscblußscbwerpunkt zyklisch ablösen und phasenweise auch ilberlagern. Die instituierte Arbeit ist Resultat wide"'prilchlicher Beherrschungsversuche, die sich am jeweils gültigen Managementleitbild orientieren. Doch ist sie selbstverständlich noch weit mehr. Vor allem die Arbeitenden selbst wirken mit ihrem persönlichen und gemeinschaftlichen Arbeitshandeln, ihrer Selbsttätigkeit und den sich darin verkörpernden und daraus-neben anderen Erfahrungsquellen - erwachsenden kulturellen Orientierungen, in aller Regel im Geheimen, an der Institution der Arboit mit. Abgesehen von arbeitslogischen und materiellen Bedingungen prägen deren konkrete Gestalt auch die sozioökonomischen Mechanismen und institutionellen Formen der machtgestützten Reproduktion der Basisinstitution des 'Ausschlusses', des Lohnarbeitsverhältnisses: vor allem der Arbeitsmarkt. Offene und verdeckte Konflikte um die entsprechenden Verkaufsbedingungen der' Arbeitskraft' und um die Arbeitsbedingungen reproduzieren und modifizieren die Institution. Ablagerungen und vulkanisches Gestein von den historischen Bewegungen und Ausbrilchen der imaginären Institution der Autonomie gehen in ihren Aufbau ein: Betriebsverfassung, 'Tarifautonomie', 'Wirtschaftsdemokratie' - und all dies zudem natürlich in höchst unterschiedlicher nationaler Einrlirbung. Im Lichte dessen, was unser Versuch an Erkenntnissen über die vielschichtige Wirklichkeit der Institution der Arbeit zu Tage förderte, ergeben sich zunächst retrospektiv - im Rückblick auf das tayloristische oder das 'systemrationale' Leitbild-einige Korrekturen an geläufigen Vorstellungen ilber die 137 Geschichte der Rationalisierung, die gleichzeitig einem besseren Verständnis neuerer Entwicklungen vorarbeiten. Das in der zurückliegenden Entwicklungsphase dominante Modell rationaler Managementkontrolle, mehr oder weniger deutlich am Taylorschen Ideal der wissenschaftlichen Betriebsführung orientiert, gilt mit Recht als charakteristischer, epochemachender Ausdruck der Logik der bürokratisch-kapitalistischen Welt, mit weitreichenden, die Arbeitsrealität umwälzenden und bis heute prägenden Folgen. Zuzeiten schien es gar, der Taylorismus sei "nichts anderes [... ] als die ausdrückliche Formulierung der kapitalistischen Produktionsweise"146 und als falle ihm "die Rolle zu, die zuvor unbewußte Tendenz der kapitalistischen Produktion bewußt zu machen und zu systematisieren."147 Diese - auch in ihren gemäßigteren Varianten - theoretisch und politisch lange Zeit ebenso einflußreiche wie schließlich ruinöse Position beruht, wie nun unschwer zu erkennen ist, auf einer Sichtweise, die allein die Ausschlußtendenzen der kapitalistischen Produktionsweise - also nur die eine Seite ihrer widersprüchlichen Realität - als relevante Phänomene zu registrieren vermag, den stets ebenso notwendigen Einschluß indes weitgehend ausblendet. Sie bleibt damit gleichsam negativ an Rationalisierungsleitbilder fixiert, die die Ausschlußtendenzen der kapitalistischen Produktionsweise bewußt machen und systematisieren wollen, um sie in der Managementpraxis zu befördern. Dann schlug das Pendel um, und es begann für die entsprechenden Ansätze die Zeit der großen Verwirrung. 148 Im Zentrum 'rationaler' Leitbilder - am deutlichsten beim tayloristischen Idealtypus - stehen extreme Varianten von Ausschluß: Versuche, die Trennung von Leitenden und AusfiIhrenden, 'Kopf' und 'Hand', Kommando und Exekution in radikaler Weise durchzuflihren. Der erforderliche Einschluß wird ausgeblendet. Aus den dabei erzielten 'Erfolgen' ergeben sich die IrrationalitAten technokratisch-zentralistischer Planung und Organisation. Die strikte soziale, hierarchisch strukturierte Trennung zwischen Managern und Gemanagten isoliert die Unternehmen von einer Fülle von Kenntnissen über die realen Produktionsbedingungen, die fIIr die rationale Planung unabdingbar wären. Doch der Apparat hAlt die Fiktion seines Wissens- und Planungsmonopols vor sich selbst und vor anderen aufrecht. Er obt seine imaginäre Macht weiter aus, die betriebliche Realität bleibt das Objekt - und Opferseiner Planung. Die lllusionen sind und bleiben praktisch. Den Symptomen von Produktionsanarchie und den 'Planungsproblemen', die hieraus folgen, begegnet man mit der Vermehrung 'rationaler' Kontrollmechanismen und agenturen - und vermehrt damit auch die Faktoren, die jene Symptome und Probleme erst schaffen. Insbesondere seinen Anspruch, die Integration des 138 (von ihm) fragmentierten, hocharbeitsteiligen Gesamtprozesses der Produktion zu sichern, kann das Management unter diesen Bedingungen nur schwerlich einlösen. Aus all diesen Gründen steht am Ende - und am Anfang - des Teufelskreises 'rationaler' Kontrolle der despotische Eingriff der Managementspitze, stehen Zwang und Willkür. Mit anderen Worten: Im gleichen Maße, wie die 'rationale' Kontrolle der Produktionsorganisation erfolgreich ist, unterminiert sie ihre Wirksamkeit und stOrzt das eigene System in immer neue Probleme und Krisen. Nur weil ein Gegengewicht seinen Ausschlußtendenzen die Waage hält, wird es vor dem Kollaps bewahrt. Die Aufrechterhaltung der Produktion und die Ausschöpfung der produktiven und kreativen Potentiale der Arbeitskraft ist auch in der 'rational' kontrollierten Organisation allein durch die virtuelle Ausschaltung des Ausschlusses jener Potentiale möglich, durch ihren informellen Einschluß. Die angestrebte sture Unterwerfung der Arbeitenden unter die 'sachlichen' Imperative des 'rational' konstruierten Systems darf nicht erfolgreich sein. Zudem widersetzen sich die Arbeitenden ihrer Degradierung zum hloßen Objekt bereits unabhängig hiervon in vieWUtiger Weise, nicht selten in stummer, verdeckter, ja unbewußter Form. Gerade die Grenzen und Widerspruche eines 'rationalen', der tayloristischen Tradition folgenden Kontrollprojekts sind es, die den Arbeitsprozeß zu einem umflinglichen sozialen Spannungs- und Konfliktfeld machen. Und gerade unter einem solchen Kontrollregime muß das, was das Gegengewicht des Ausschlusses bildet, eine kardinale, aber verdrängte Rolle spielen: die notwendige Selbsttätigkeit der Arbeitenden. Selbsttätigkeit im Produktionsprozeß definierten wir als ein Arbeitshandeln, das nicht vordefiniert ist durch offizielle betriebliche Vorgaben, ein Arbeitshandeln jenseits technisch und organisatorisch festgelegter oder sonst als Norm oder Regel geltender Definitionen der Arbeitsrolle oder der konkreten Arbeitsaufgabe. Notwendig wird Selbstlätigkeit in problematischen Situationen: problematisch bzw. von den Arbeitenden als problematisch wahrgenommen im Hinblick auf ihre eigenen Interessen, aber auch auf das Funktionieren des Produktions prozesses. Das Funktionieren des Produktionsprozesses muß in der hier eingenommenen Perspektive, die gesellschaftlich bedingte Dysfunktionen einer auf Ausschluß basierenden Organisation betont, in Gestalt ubiquitärer organisatorischer Friktionen und technischer Störungen weit häufiger zum Problem werden, als weithin angenommen. Arbeiten ist demnach in nicht unerheblichem Maße ein Kompensieren von Fehlern, Störungen, planerischen Lücken, Unvollstllndigkeiten, Fehlkalkulationen. Problematisch filr die Interessen der Arbeitenden - in dem hier erörterten, Selbst- 139 tlitigkeit provozierenden Sinn - sind Situationen im Produktionsprozeß, in denen ihre Arbeitsökonomie, ihre Leistungs- und Lebensfähigkeit oder auch kommunikative soziale Bedürfnisse durch die betrieblichen Vorgaben in Frage gestellt werden. In Auseinandersetzung hiermit entwickeln die Arbeitenden eigene Arbeitsstile und Leistungsnormen, schaffen sich eigene Formen arbeitsbezogener Kooperation, der gegenseitigen Hilfe und des Widerstands gegen Druck und Kontrolle. Solche Selbsltätigkeit impliziert spezifische Arten von Wissen, die nur im Arbeitsprozeß selbst entstehen und angeeignet werden können. Sie erfolgtunter tayloristischen Vorzeichen - mehr oder weniger verdeckt, häufig als normabweichendes, streng genommen widerrechtliches Handeln. Und sie ist sowohl in wenig technisierten, arbeitsintensiven, als auch in (teil-)automatisierten Produktionsprozessen zu beobachten. Im individuellen wie im kollektiven Arbeitsprozeß erweist sie sich als notwendiges Moment bei der Verausgabung von Arbeitskraft. Notwendige Selbsttätigkeit ist ebensowenig nach einem gleichsam binären Muster (entweder Fremd- oder Selbstbestimmung des Handeins) wie nach dem gleichsam umfangslogischen eines Mehr-oderWeniger angemessen zu begreifen (im Sinne quantitativ graduierter Niveaus, wie wir es von den Qualifikationsanforderungen, den Dispositionsspielräumen etc. der traditionellen Arbeitsanalyse her kennen). Sie existiert als ein stets mehrdeutiges Gemisch von Fremd- und Selbstbestimmungen im Rahmen widersprüchlicher Handlungsanforderungen. Ein eigener Erfahrungsund Soziierungsraum kommt mit ihr in den Blick, ein ganzes Unterleben von Organisationen. Die einseitige, unmißverständliche Akzentuierung des Ausschlusses durch den 'rationalen' Beherrschungsmodus des Taylorismus macht plausibel, daß unter seiner Ägide der gleichzeitige Einschluß der Arbeitenden 'subversive', naturwüchsige Formen annehmen mußte. Wenn indes richtig ist, daß die Ziele der Beherrschung und der Nutzung der Arbeitskräfte in jeder denkbaren Konstellation rivalisieren, dann stellt der Ausschluß-/Einschluß-Doublebind, in je spezifischer Ausprägung, ein generelles Charakteristikum kapitalistischer Produktion dar. Dies fUhrt zu der These, daß jenes Unterleben nicht bloß von ethnographischem oder historischem Interesse ist, sondern fUr das Funktionieren der - materiellen wie immateriellen - Produktion unter bürokratisch-kapitalistischen Bedingungen immer unerläßlich bleiht. Es besteht nicht etwa aus 'traditionalen' Überresten - etwa der tayloristischen Ära - , sondern muß sich aus systembedingten Grunden auf jeder neuen Rationalisierungs- und Kontrollstufe in neuer Gestalt wieder bilden. Es gibt immer eine Unterseite der Institution, eine 'Unterwelt', die sich dem 'Offiziellen' 140 niemals völlig fUgt und auch gar nicht fügen darf, 'subversiv' sein, Neues sein lassen muß, damit die Institution nicht erstarrt. Dies ist die Welt der Notbehelfe und des impliziten Wissens, der verdeckten kollektiven Produktionsund Kooperationszusammenhänge, der Gruppe mit ihren eigenen Normen, Formen der Selbstorganisation und Interessenvertretung, der informalen Organisation, die notwendig ist zur Aufrechterhaltung der Produktion. Es ist der Erfahrungsraum einer individuellen und kollektiven Selbsttätigkeit, die aufliegt auf den erwarteten und erzwingbaren Leistungen, die widersprüchliche Anforderungen stellen, vor denen bloße Exekution versagt. Verfehlt wäre es, dieses Unterleben als rein widerständiges Element betrachten zu wollen, es zu romantisieren, obgleich auch die Quellen und Anlässe der kleinen und großen' Arbeitskämpfe im Arbeitsalltag' (Hoffmann) sich hier finden. Es behält immer seine Mehrdeutigkeit: es ist - in Grenzen - durchaus funktional, besitzt außerdem keineswegs notwendig einen solidarischen Charakter, bringt eigene Hierarchien und Formen des Ausschlusses hervor. Vielfach sind seine Praktiken selbst den Beteiligten kaum bewußt, sie werden immer wieder verschüttet, durchkreuzt, dem Bestehenden assimiliert. Vom aktiven Mitmachen auch gegen die Regeln (oder auch gegen die Mit-Arbeitenden) über die individuellen kleinen Fluchten bis hin zur mehr oder weniger offenen Gegenorganisation - es entwickeln sich vielfältige Varianten und Muster der Aneignung oder des 'Eigen-Sinns', der Subjektivität und 'kleinen' Politik, von widerständigen Bewußtseins- und Wissensformen und sozialen Normen. Analytisch zu trennen sind demnach zwei Dimensionen der tatsächlichen kapitalistischen Produktion: Organisation und Selbsttätigkeit. Ist jene die bereits in sich widersprüchliche, auf Ausschluß wie Einschluß zugleich angewiesene - gesellschaftlich dominante Regulierungs- und Nutzungsform von Tätigkeiten, so markiert diese den 'dialektischen' Gegenpart, verweist auf die eigensinnige Auseinandersetzung mit extrinsischer Regulierung und Nutzung, auf deren Aneignung aus Perspektive der Arbeitenden. Die institution kapitalistischer Produktion erscheint so als ein 'emergentes' Produkt des einerseits an der schon zwiespältigen Logik der Organisierung, andererseits der 'Logik' der Selbsttätigkeit orientierten (Arbeits-) Handeins der Beteiligten. So gefaßt, öffnet sich auch ein Weg rur die Suche nach den Bedingungen und den möglichen Formen autonomer Selbsttätigkeit in der Produktion -läßt sich, mit anderen Worten, die demokratische Frage in dieser Sphäre sinnvoll stellen. Die Grundtendenz der imaginären Institution heteronomer Arbeit besteht im Ausschluß heterogener Sozialzusarnmenhänge, Strebungen, Werte, Bedeu141 tungen. Sie stößt notwendig auf Gegentendenzen: das Widerstreben der Arbeitenden gegen die Negation ihrer Selbstbilder, moralischen Standards, eigensinnigen Sozialformen; und die immanenten Grenzen des Ausschlusses selbst, der das reibungslose Produzieren und Mehrproduzieren gefahrdet. Daraus ergeben sich spannungsvolle Konstellationen und Mischungsverhältnisse von Ein- und Ausschlußmomenten und eine zwischen diesen Polen oszillierende Entwicklungsdynamik, die sich auch im historischen Verlauf als Wechsel zwischen Ausschluß- und Einschlußleitbildern ausdrückt. Die Leitmetaphern ändern sich, die Konturen des 'Idealbilds' verschwimmen bisweilen, es konkurriert mit Alternativen, kann durch ein Deues ersetzt werden mit entsprechenden Konsequenzen für die realen Ausschluß-fEinschlußkonstellationen in der Produktion, die von einer kritischen Arbeitssoziologie zu erforschen und aufzuklären sind. 142 V. Die Selbstorganisation heteronomer Arbeitzur Interpretation gegenwärtiger Entwicklungen in der Produktionssphäre Nun können wir endlich den Faden wieder aufnehmen, der nach unseren Erörterungen im Einleitungskapitelliegengeblieben war. Wir hatten dort unter anderem die Grundzüge von Veränderungen in der Produktionssphäre skizziert, die in den letzten beiden Jahrzehnten zu beobachten waren. Mit dem Triumph eines 'neuen Kapitalismus' gingen tiefgreifende und in mancher Hinsicht unvorhergesehene Metamorphosen der technischen und organisatorischen Gestalt materieller wie immaterieller Produktionsprozesse, der subjektiven wie objektiven Produktivkräfte einher, die nicht nur das soziologische Urteil verunsicherten. Bei der Benennung wichtiger Merkmale dieser Metamorphosen reichen an dieser Stelle einige Stichworte als Erinnerung aus; wir werden die einzelnen Aspekte, ausgerüstet mit den Resultaten unserer kritischen Revision überkommener arbeitssoziologischer Konzepte und des Anschlusses an Theoreme von Castoriadis, in den folgenden Abschnitten eingehend betrachten. Einige Maximen sowie Techniken und Dimensionen des veränderten Zugriffs auf Rationalisierungs-, Organisations- und Arbeitsprozesse lassen sich kurz so umreißen: Arbeit soll - in der materiellen wie in der immateriellen Produktion - team- oder gruppenrormig organisiert werden; damit verbunden sind Aufgabenerweiterungen, häufigerer Aufgabenwechsel, die Integration dispositiver Funktionen und eine Neubestimmung betrieblicher Leistungspolitik. Diese Arbeitsformen und die veränderte Leistungspolitik begünstigen und prämieren eine kleinschrittige 'Optimierung' und 'Rationalisierung' unter direkter Beteiligung der Beschäftigten (kanalisiert durch 'Qualitätszirkel' und den 'kontinuierlichen Verbesserungsprozeß', motiviert durch Prämienregelungen bzw. sogenannte Zielvereinbarungen). Im selben Zuge wird auch das Management selbst zum Objekt weitreichenden organisatorischen Umbaus: durch Verlagerung von Kompetenzen nach unten, Rücknahme tiefgestaffelter Hierarchien, Übergang zum 'modularen' Unternehmen mit der 143 Umwandlung von Bereichen oder Abteilungen in 'Cost-' oder 'Profit-Center' und damit Hereinnahme von Markt- bzw. Konkurrenzprinzipien in die Binnenorganisation. Parallel hierzu sollen 'sozial-integrative' Führungsstile und 'konsensuale' Kooperations- und Konfliktbewältigungsformen ebenso allgemein entwickelt und gepflegt werden wie 'unternehmerische ' Denk- und Verhaltensweisen und die Verpflichtung auf verbindliche Unternehmensziele. Ein breites Weiterbildungsangebot, das zunehmend auf die Vermittlung entsprechender extrafunktionaler Qualifikationen zielt und somit primär 'sozialisatorisehe' Funktionen erfiillt, soll hierzu gleichermaßen beitragen wie die Bemühungen eines unternehmenskulturellen 'Werte-Managements' um eine 'corporate identity'. I Begleitet sind diese Bestrebungen, die neben der schon länger propagierten Aufwertung der 'Humanressourcen' die Freigabe und Delegation von Ent- scheidungskompetenzen und Funktionen 'n8ch unten' - eine ..neue DezentraIisation"2 - einschließen, von der Entwicklung neuer Strategien und Mechanismen der Integration, Koordinierung und zentralen Kontrolle der Unternehmensaktivitäten. Hier darf man den größeren sozioökonomischen Zusammenhang nicht ausblenden. Im zurückliegenden Jahrzehnt haben sich die sozialen Kräfteverhältnisse in den Großunternehmen aller entwickelten kapitalistischen Ökonomien - nicht zuletzt aufgrund der anhaltenden Massenarbeitslosigkeit und stetig vorangetriebener 'Deregulierung' und 'Flexibilisierung' institutioneller Rahmenbedingungen-weiter zugunsten der Führungsspitzen verscboben; der Ausbau der Zentralmacht und das Vordringen 'autokratischer' Unternehmensleitungen bilden somit den Hintergrund sowohl der Dezentralisierung als auch der Etablierung solcher neuen Kontrollstrategien.' In der sozialwissenschaftlichen Diskussion wird, was letztere betriffi, von "indirekter Kontextsteuerung" , besonderen "sozialintegrativen Mechanismen..... aber auch von Formen eines unmittelbar arbeitsbezogenen "Gruppenmanagements" gesprochen.' Eine "indirekte Kontextsteuerung" durch die Zentrale, welche, vermittelt über die Kontrolle von betriebswirtschaftlichen Kennziffern ('Benchmarking'), die dezentralen Einheiten durch Vorgabe strategischer Ziele, ökonomischer Sollwerte und von Rationalisierungsprogrammen zu lenken und unter stAndigem 'Optimierungs-' und Ökonomisierungsdruck zu halten versucht, ist indes nur auf Basis moderner computerisierter Informationsysteme aussichtsreich praktizierbar. 6 Das verweist - neben den generell verschobenen Machtrelationen - auf bedeutsame technischorganisatorische Voraussetzungen und Parallelentwicklungen der "neuen Dezentralisation", die deren Ausprägungen und Auswirkungen mitbestimmen und bei der Analyse nicht vergessen werden dürfen: Strategien und 144 Strukturen computergestützter, inner- und zwischenbetrieblicher "systemischer Rationalisierung".7 Die Frage, die wir in diesem Kapitel zu beleuchten haben, lautet nun: Wie ist die empirisch konstatierte Umstellung in den Organisationskonzepten und Rationalisierungsprinzipien im Hinblick auf die davon ganz offensichtlich tangierten Herrschaftsdimensionen von Arbeit - man denke an die Zitate aus der Einleitung - theoretisch adäquat zu deuten? Wir wollen dabei so vorgehen, daß wir zunächst zwei einflußreiche sozialwissenschaftliehe Deutungsmuster in groben Zügen skizzieren, um im Kontrast dazu die Grundausrichtung unseres eigenen Interpretationsversuches vorzugeben (Abschnitt I). Gestützt auf Befunde vorliegender empirischer Studien8 und orientiert an den theoretischen Einsichten, die unsere bisherige Diskussion erbrachte, werden wir der Frage nach den aktuellen Gestalten heteronomer Arbeit in mehreren Schritten nachgehen. Der Weg führt von einer Betrachtung der neuen Managementideologie (Abschnitt 2) zur Analyse neuer Formen des Managements (Abschnitt 3) wie der Arbeit (Abschnitt 4) und von dort über die Erörterung eines diesen Phänomenen angemessenen analytischen Zugangs (Abschnitt 5) schließlich zur Charakterisierung von spezifischen Widerspruchsund Konfliktlinien, die sich als Konsequenz des jüngsten Wandels in der Produktionssphäre abzeichnen (Abschnitt 6). Zunächst jedoch zur angekündigten Kontrastfolie für unsere Betrachtung. 1. Demokratisierungszwänge, reflexive Rationalisierung oder Metamorphosen kapitalistischer Produktion? Eine grundlegende, die weiteren Interpretationsperspektiven orientierende Annahme klang in den Diagnosen, die wir im Einleitungskapitel referierten, des öfteren an; sie kann mit unterschiedlicher Radikalität und Begründung vertreten werden und mit eher optimistischen oder pessimistischen Wertungen verbunden sein. Gemeint ist die Behauptung, daß die Durchsetzung modifizierter Unternehmens-, Management- und Produktionskonzepte den Beginn einer neuen Epoche gesellschaftlicher Entwicklung (nun auch) in der Arbeitssphllre anzeige. Formeln wie die von der 'flexiblen Spezialisierung' und der Abkehr von der fordistischen Massenproduktion9, von der 'Japanisierung' der Produktionsorganisation JO oder von den ' neuen Produktionskonzepten' J J , die einen mehr oder weniger radikalen historischen Bruch mit einer zurückliegenden, nunmehr überlebten Entwicklungslogik proklamieren, sind hier einzuordnen. Sie sind so einflußreich, daß sie weithin schon als 145 eine Art "neuer Orthodoxie" von ..neuen Optimisten ul2 wahrgenommen wurden - in deren Reihen sich freilich inzwischen, angesichts neuester Tendenzen und Forschungsbefunde, wieder eine spürbare Ernüchterung breitgemacht zu haben scheint. 13 Die Annahme eines tiefen historischen Einschnitts wäre in der Tat die notwendige Schlußfolgerung aus den in der Einleitung referierten organisationsund arbeitssoziologischen Statements über die Revolution der Organisation und die Rücknahme der Heteronomie in der Produktionssphäre. Man hätte eine solche Position zum Beispiel mit Vorstellungen einer langfristigen historischen 'Höherentwicklung' und Demokratisierung der Formen politischer Regulierung im "Gemeinwesen der Arbeit" - als phasenverschobener Nachvollzug der demokratischen Evolution in der staatlichen Sphäre - zu verbinden versuchen können, wie sie Korsch vor langem schon formulierte. " Zu ihrer Untermauerung haben indes in der Diskussion der letzten Jahre Argumentationsfiguren Verwendung gefunden, die - im Anschluß an die Arbeiten des englischen Soziologen Marshall - um den Topos der "Bürgerrechte im Betrieb" kreisen." In einer solchen Perspektive betrachtet zeigen sich, in den bereits in der Einleitung zitierten Worten von Müller-Jentsch, in den aktuellen betrieblichen Veränderungen Tendenzen einer Konvergenz der "aus der Entwicklung der Produktivkräfte sich ergebenden soziotechnischen Imperative einer effektiven Arbeitsorganisation mit den Erwartungen und Rechtsanspruchen der Arbeitnehmer als Bürger einer entwickelten Zivilgesellschaft."'6 Neben den Erfordernissen, die einer flexibleren Anpassung der Firmen an die Dynamik der Märkte und der Umstellung auf neue Technologien geschuldet sind, kann rur diese Position auch der vielbeschworene 'Wertewandel' als wichtiger Antrieb hinter dem Wandel reklamiert werden. Die wachsenden Ansprüche der Beschäftigten auf 'Selbstverwirklichung', 'interessante Jobs' und persönliche Teilhabe an Entscheidungen, die immer wieder empirisch nachgewiesen werden 17, würden sich demnach aufs harmonischste mit den neuartigen Managementprinzipien und technisch-organisatorischen Effizienzkriterien im Produktionsprozeß ergänzen. Ähnliche Prognosen über einen gesellschaftlich gleichsam überdeterminierten, aktuell wirksamen ,,zwang zur Demokratisierung der Betriebe"'8 gab es auch schon vor über einem Vierteljahrhundert, ohne daß der Zwang sich in der Zwischenzeit durchsetzen konnte. Auch damals gab es die Ansicht, "daß in fortschrittlichen Gesellschaften das Bedürfnis nach Freiheit, Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung praktisch universell ist, daß man durch die Demokratisierung der Betriebe dieses Bedürfnis befriedigen kann, und daß dieser Prozeß den Interessen der Arbeitnehmer, der Unternehmen 146 und der Gesamtgesellschaft dienlich isl."19 Es müßte dann also im einzelnen gezeigt werden, daß alle diese Prämissen heute gegeben sind und daß sie zusammengenommen genug gesellschaftliche Schubkraft besitzen, um die Verfiigungs- und Machtstrukturen zu überwinden, die der Demokratisierung bislang ihre engen Grenzen setzen. Noch immer gilt zunächst die schlichte Einsicht: "Vor die Demokratie im Betrieb hat das bürgerliche Recht das Eigentum, das Arbeitsrecht die Kündigung gesetzt. "20 Wer von der Demokratie in der Arbeit sprechen will, der darf vom Kapitalismus nicht schweigen. Er muß vor allem über eine angemessene Theorie der kapitalistischen Institution der Produktion verfügen. 2I Eine etwas andere Begründungsvariante für die Diskontinuitätsthese kann aus der Unterscheidung zwischen einfacher und reflexiver Modemisierung gewonnen werden, die Beck vorgeschlagen hat: "Einfache Modernisierung meint Rationalisierung der Tradition, reflexive Modernisierung meint Rationalisierung der Rationa/isierung."22 Deutschmann hat diese Unterscheidung auf einige der uns interessierenden Phänomene angewandt. 23 Er stellt die Veränderungen der Organisations- und Rationalisierungsprinzipien in den Kontext eines Umschlags von einfacher in reflexive Verwissenschaftlichung bzw. Rationalisierung, der die gesellschaftliche Entwicklung gegenwärtig markiere. "Statt der vorgefundenen NaturwOchsigkeit lebendiger Arbeit werden mehr und mehr die durch einfache Rationalisierung hinterlassenen 'Altlasten', insbesondere die stark gestiegene Kapitalintensität der Produktion und die BOrokratisierung der Organisation zu Hauptangriffspunkten weiterer Rationalisierung."" Besonders die 'Kopflastigkeit' der Unternehmen als Erbe der 'wissenschaftlichen Betriebsführung' verursache zu hohe Kosten und zunehmend dysfunktionale Inflexibilitäten. Deshalb gerate heute, bei rasch sich ändernden Märkten, "der aus der Epoche einfacher Verwissenschaftlichung ererbte Leitungsapparat mit seinen aufgeblähten Stäben, Abteilungen, Hierarchien, Formalismen selbst in das Visier der Rationalisierung:'2s Auch diese Variante zeichnet das Bild eines progressiven, unilinearen Verlaufs des gesellschaftlichen Rationalisierungsprozesses - mit einem Unterschied: es rechnet mit einer 'Kehre'. Auch seine Schwäche liegt gleichwohl in einem eindimensionalen Modernisierungsbegriff. Es zeigt uns bloß einen einzigen, in sich widerspruchsfreien Modemisierungsimpuls (vielleicht auch mehrere, aber gleichsinnig und parallel wirkende Impulse), der die Entwicklung eine ganze Epoche lang geradlinig 'vorwärts' treibt. Die Resultate und Folgeprobleme solchen linearen 'Fortschritts' sind erst ab einem späten Zeitpunkt gesellschaftlich nicht mehr tragbar. Von diesem Zeitpunkt an beginnen die Akteure, jene Resultate und Folgeprobleme der 'einfachen' Modernisie- 147 rung zu reflektieren und zu lösen, kommt es also zur 'reflexiven' Modernisierung. Es ist mehr als fraglich, ob durch eine solche Denkfigur die widersprüchliche Natur der Probleme, um deren Lösung das Managemethandein kreist, erfaßt und damit die Dynamik der kapitalistischen Rationalisierung hinreichend bestimmt werden kann. Wir wissen indes, daß der Rationalisierungsprozeß von Beginn an ein unvollständiger, inkonsistenter, widerspn1chlicber Prozeß war. Einer der Gründe dafiir liegt in der spezifischen Organisation der Entfremdung in der Produktionsspbäre, der bürokratischen Trennung von Leitungs- und Ausfiihrungsfunktionen und deren Verteilung aufunterschiedliebe soziale Träger. Die widersprüchliche Grundstruktur des Arbeitsverhältnisses, das permanente Pendeln zwischen Einschluß- und Ausschlußmomenten, legt es nah, auch von einer Art historischer Pendelbewegung zwischen jeweils dominanten Tendenzen auszugehen - einmal den Tendenzen des Ausschlusses, das andere Mal der verstärkten Beteiligung -, wobei dieser Zyklus institutionelle' Ablagerungen' schafft, die dem jeweils nächsten Pendelausschlag, der natilrlich auch sonst nicht im gesellschaftlichen Vakuum stattfindet, seine allgemeine historisch-spezifische Prägung gibt. Das von uns unterstellte zentrale kapitalistische Organisationsdilemma existierte auch in allen vorangegangenen Rationalisierungsphasen, und die verschiedenen Managementideologien und -konzepte haben es auf je unterschiedliche Weise zum Ausdruck gebracht und zu bearbeiten versucht. Die ZwAnge zur 'Demokratisierung' und die 'Reflexion' auf dysfunktion ale Rationalisierungsfolgen sind dabei inje spezifischer Gestalt - und vor allem: mehr oder weniger bewußt - Kennzeichen jeder Rationalisierungsepoche. Bei den neuen Managementkonzepten hätten wir es nach dieser Lesart wieder mit einem Versuch zu tun, dem Dilemma mit neuen Mitteln beizukommen, das Problem mit den skizzierten Partizipationsangeboten und Vereinnahmungsmethoden zu lösen - ein Pendelausschlag in Richtung Beteiligung. Aber innerhalb des gegebenen institutionellen Rahmens ist das Dilemma nicht zu lösen, er sorgt vielmehr dafiir, daß es stets von neuem wirksam wird. Das Management kann und muß sich indes immer wieder 'rationalisierend' mit jenem Dilemma auseinandersetzen, faktisch wie ideologisch. Schauen wir zu, in welchen Formen und mit welchen Folgen dies heute geschieht. 148 2. Selbstorganisation als Managementideologie Die meisten Arbeitssoziologen gehen schon seit längerem davon aus, daß die tayloristische Ära beendet ist-zumindest, was das 'Idealbild' des Organisierens und Rationalisierens anbelangt. Die Orientierungsfunktion der TaylorIdeen und -Techniken scheint verblaßt. Sie räumten einer bei näherem Hinsehen zwar heterogenen, aber doch in ihrer Ablehnung wichtiger tayloristischer Dogmen übereinstimmenden Konterideologie das Feld. Deren Schibboleth lautet- Selbstorganisation. Aufeinzelne Versatzstücke der neuen herrschenden Gedanken über Arbeit und Organisation sind wir bereits des öfteren ge- stoßen; sie sollen nun an Kontur gewinnen, indem wir sie in das Schema einordnen, das uns oben zur Charakterisierung des tayloristischen Leitbilds diente. Fragen wir also auch hier nach den Leitvorstellungen über die Rollenverteilung, die Sujets und die Dramaturgie des Schauspiels 'Organisation und Rationalisierung der Arbeit', wie es gegenwärtig inszeniert werden soll.2' Wer gibt das 'Rationalisierungssubjekt', von wem geht der organisierende Zugriff aus? Offenbar nicht mehr nur vom Management allein. Ein Fokus neuer Managementkonzepte besteht darin, die AusfiIhrenden - früher nur als 'Objekt' im Visier der Rationalisierungsexperten gedacht - selbst zur Organisation und aktiven 'Optimierung' der Arbeitsprozesse zu bewegen. Die ehemals 'breite Masse', deren Arbeit stets nur Gegenstand fiIr 'von außen'von den dafilr zuständigen technischen Experten - initiierte effizienzsteigemde Veränderungsimpulse war, soll nun selbst in die Formalisierung und Rationalisierung des eigenen (und fremden) Arbeitshandelns aktiv eingebunden werden. AusfiIhrendes Arbeitshandeln verwandelt sich partiell in eine neue Form des Rationalisierungshandeins: 'Rationalisierung in Eigenregie'.27 Parallel zu dieser Entwicklung sollen die alten Rationalisierungsagenturen (technische Büros, Planungsabteilungen) 'ausgedünnt' und die Aufgaben des verbleibenden mittleren und unteren technischen Managements umdefiniert und effektiviert werden. Das vormals exklusive Subjekt organisatorischer und technischer Rationalisierung wird also nun auch zum Rationalisierungsobjekt gemacht. Was sind die wichtigsten Ansatzpunkte, Medien und Gegenstände von Rationalisierung? Auf der Basis der Inforrnatisierung und technischen Vemetzung von Arbeit liegt der Hauptakzent - wohlgemerkt: des Diskurses - auf Organisierungskampagnen auf breiter Front. Wir hatten die Stichworte eingangs wiederholt: Dezentralisierung der Untemehmens- und Betriebsstrukturen, Einfilhrung von Gruppenarbeits- und neuen Lohnformen. Hinzu kommen aber Parallelaktionen in anderen Domänen: Bemühungen um die 'Herstel149 lung' bzw. Veränderung von 'Unternehmenskultur', entsprechende Sozialisation in Weiterbildungsmaßnahmen, Personalauswahl nach den Kriterien der 'Kulturverträglichkeit' etc. Neben der Technisierung und Organisierung soll auch eine "Moralisierung des betrieblichen Sozialzusammenhangs"" zum Medium des Rationalisierungsprozesses werden. Und schließlich: Wie wird Rationalisierung organisiert bzw. wie werden Organisationen rationalisiert? Kleine Verbesserungen, die 'vor Ort', in der alltäglichen Arbeit, realisiert werden sollen, erhalten einen deutlich größeren Stellenwert. Das Erfahrungswissen der vormals Nur-Ausführenden soll nicht mehr (nur) von außen abgeschöpft, sondern 'von innen', 'selbstorganisiert' mobilisiert werden. Tendenziell wird die zeitliche Folge von präziser Vorabplanung der Veränderungsmaßnahmen und routinehaftem 'Normallauf' ,der durch Stabilität der befolgten Regeln und Arbeitsmethoden gekennzeichnet sein soll, aufgehoben. Ein permanenter 'Optimierungsprozeß' ist anvisiert, bei dem sich die Grenze zwischen organisierendem Zugriff und Arbeitshandein verwischt. Selbst-Rationalisierung und Selbst-Organisation erhalten den Status einer normalen, 'spontan' zu erfüllenden Aufgabe jedes Organisationsmitglieds. Der imaginäre Bezugsrahmen, in dem Arbeit organisiert und ihr Wandel in Szene gesetzt wird, das Wer, Wie und Was des übergreifenden 'Rationalisierungsparadigmas', hat sich demnach-wenn die grobe Stilisierung richtig liegt-deutlich verschoben. Das Organisations- und Menschenbild der neuen Managementideologie ist freilich ganz so einheitlich nicht, wie die Gegenüberstellung nahelegt. Bevor wir darauf eingehen, sei aber nochmals an einen gemeinsamen Zug erinnert: die durchgängige 'Bürokratiekritik' . Gegen die Prinzipien zentraler Planung und Steuerung, gegen hierarchische Regelungen und Kontrollen und bürokratische 'Wasserköpfe' werden überall Einwände laut. 29 Grenzen der Beherrschbarkeit und der 'Machbarkeit' von Organisationen werden freimütig thematisiert, eine 'neue Rationalität', die diesen Grenzen Rechnung trägt, gefordert. 3• 'Enthierarchisierung' und ein 'postbürokratisches Unternehmen' avancieren zu positiv besetzten Formeln der Managementliteratur. 31 Die Frage steht im Raum: Negieren die Sinngehalte der neuen Managementkonzepte, der uneuen Dezentralisation U und der Rationalisierung in 'Eigenregie' die bürokratischen Kembedeutungen bisheriger kapitalistischer Produktionsorganisation? Wir müssen ihr auch deshalb nachgehen, weil die soziologische Diskussion hier nicht selten große Unsicherheiten - oder auch Indi Iferenz - erkennen läßt. 32 Das Bedeutungsspektrum der ,,neuen Dezentralisation" schillert in manchen Farben.33 Es sind bei genauerem Hinsehen recht heterogene Topoi, Vorstel150 lungen und ideologische Figuren, auf die es verweist. Vor allem drei Vorstellungskomplexe tauchen immer wieder auf: Vorstellungen einer marktformigen 'Ökonomisierung' sozialer Beziehungen in Betrieb und Unternehmen (man denke an die 'internen Märkte' und die innerorganisatorischen 'KundenLieferanten-Beziehungen'), einer direkten Partizipation (man denke an die Einführung von Gruppenarbeit mit Gruppensprechern und Gruppengespräehen) und der Vergemeinschaftung (man denke an die vielbeschworene 'Unternehmenskultur'). Es schillert nicht nur: Es zeigt sich rasch, daß diese Vorstellungskomplexe (und die Handlungslogiken, die sie implizieren) kaum mit- einander hannonieren, sich teilweise gegenseitig sogar ausschließen. Dies ergibt sich, wie ich meine, schon auf den ersten Blick filr die Vereinbarkeit von Marktökonomie und Gemeinschaft; wahrscheinlich ist das einer der Gründe dafilr, daß der strategisch-instrumentalistische 'Unternehmenskultur' -Diskurs auf die betrieblichen Realitäten und Verhaltensmuster direkt kaum dauerhaften Einfluß haben dürfte. 3' Wie es sich mit der imaginären bzw. realen 'Logik' von marktförmiger Ökonomisierung und direkter Partizipation verhält, bleibt zu erörtern. Hier interessiert uns zunächst: Bedeuten sie einen entscheidenden Bruch mit den Prinzipien bürokratisch-hierarchischer Organisation? Oberflächliche Attribute wie 'klein', 'autonom', 'selbstkoordinierend' ete., die ihr zugeschrieben werden35 , kontrastieren erst einmal deutlich mit den entsprechenden 'großen\ 'heteronomen' und 'fremdregulierten' Trivialkonnotationen, die sich mit dem alten Unternehmensmodell sofort verbinden. Ihren konzentrierten Ausdruck finden solche Gegenüberstellungen im Topos der Selbstorganisation, der bei der Thematisierung der neuen, positiven Qualitäten der Dezentralisierung überall bemüht wird. Die Fremdorganisation als Prinzip bürokratisch-zentralistischer Unternehmensfilhrung, so suggeriert man, werde vom Prinzip der Selbstorganisation im dezentralen Unternehmen abgelöst. Bei näherer Betrachtung der Selbstorganisationsmetapher erweist sich indes zunächst ihr zwieschlächtiger Charakter; sodano läßt sich aus ihrem Gebrauch und ihren Implikationen schließen, daß mit ihr immer nur und bestenfalls eine halbherzige und widersprüchliche Reflexion auf insgesamt grundsätzlich nicht in Frage gestellte bürokratisch-kapitalistische imaginäre Bedeutungen verbunden ist. Der Terminus Selbstorganisation wird zum einen, in den meisten Fällen und im Anschluß an die wissenschaftliche Konjunktur des Themas, in Analogie zu natürlichen Phänomenen spontaner Ordnungsbildung gewonnen und manchmal in bewußter Anknüpfung an von Hayeks neo liberale Konzepte auf Prozesse der Entstehung sozialer Strnkturen übertragen. 36 Relativ chaotische und eigendynamische und in dieser Hinsicht 'selbstorganisierte' Natur- 151 prozesse werden zum Vorbild, 'natürlicbe Organisationen' oder .. Unternehmen als Organismen"37 zu Leitmetaphern. Der im Weltbild der neueren Physik und Biologie vollzogene Wandel hin zu Nichtlinearität und Nichtdeterminismus findet in solchen Figuren des Managementdiskurses seine Entsprechung. 38 Ganz ähnlich wie beim mechanistischen Weltbild Taylors, das dessen Ideen prägte, werden auch durch solche bewußten oder unbewußten Übertragungen moderner naturwissenschaftlicher Weltbildstrukturen die sozialen Inhalte den ihnen äußerlichen Realitäts- und Rationalitätsvorstellungen so lange angepaßt und anverwandelt, bis der Gegenstand der Struktur, der Inhalt der Form kongruent zu sein scheint. 39 Als bereits real existierendes Beispiel für solche 'natilrlichen Organismen' gilt der 'freie Markt' und seine, so die Prämisse, über Selbstorganisationsprozesse sich immer wieder spontan herstellende Ordnung. Solche Vorstellungen sind, leicht erkennbar, die imaginären Quellen des Vorstellungskomplexes einer innerbetrieblichen Marktökonomie, also einer Reorganisation betrieblicher Interaktion und Kooperation durch Eimichtung 'interner Märkte' und von 'Kunden-LieferantenBeziehungen' zwischen Profit- oder eostcentern. Was hier als 'Selbstorganisation ' rmniert, entspricht der systemtheoretischen Fassung, auf die wir schon früher stießen. In unserem Verständnis handelte es sich dabei gerade um - Heteronomie.40 Zum anderen jedoch kann als Selbstorganisation auch die .. selbstbestimmte Gestaltung der eigenen Handlungsbedingungen durch die Mitglieder eines Systems'''''] verstanden werden. In diesem Verständnis verweist der Tenninus auf den 'politischen' Vorstellung.komplex der direkten Partizipation. Im Gegensatz zur blinden, naturwilch.igen Selb.torganisation durch die Konkurrenzmechanismen des Marktes wird in die.er Bedeutungsvariante ein bewußter, demokratischer Willensbildungsprozeß unterstellt, ..in dessen Verlauf selbstbestimmte Regeln und Strukturen etabliert werden''''2. Dem lassen sich am ehesten die Konzepte 'reflexiver' Arbeitsformen zuordnen, die die Bildung teilautonomer Arbeitsgruppen und deren Mitwirkung bei der Gestaltung der Produktionsprozesse, vor allem auch einer Rationalisierung dieser Prozesse mit direkter Beteiligung der unmittelbaren Produzenten, vorsehen. 43 Doch seihst wenn der Schwerpunkt auf diesen partizipativen Konnotationen liegt, verbleibt die Lösungssuche für die Probleme des zentralistischen Großunternehmens im bürokratischen Kreis. Denn Selbstorganisation kann auch hier letztlich nur als Partizipation an der ökonomischen 'Optimierung' des eigenen Arbeitssystems, als 'Selbst-Rationalisierung' gedacht werden. Und immer geht es um verordnete, funktionalisierte, mit vorgegebenen Unternehmenszielen konforme Beteiligung." 152 Entziehen sich den bisherigen Überlegungen aber nicht doch die mehr und mehr dominierenden neo liberalen, marktökonomischen Zutaten des ideologischen Potpourris gegenwärtiger Managementdiskurse? Daß mit ihnen die kapitalistische Vorstellungswelt verlassen würde, wird niemand behaupten. Hier geht es im Gegenteil ja um die imaginäre Verallgemeinerung kapitalistisch-marktökonomischer Imperative und Verhaltensweisen, um ihre abermalige Aufwertung als Leitlinien sogar noch der Binnenorganisation von Unternehmen und Betrieb. Der 'Primat der Ökonomie' soll souveräner herrschen denn je, und jeder einzelne soll 'untemehmerisch ' handeln." Noch krasser treten hier, wie oben angedeutet, verdinglichende Vorstellungen von Selbstorganisation auf. Nur auf den ersten Blick schwieriger zu beantworten scheint die Frage, ob damit nicht doch ein Bruch mit der anderen imaginären Achse kapitalistischer Untemehmens- und Produktionsorganisation bezeichnet ist: der bürokratischen Beherrschungs- und Kontrollogik. Allerdings war es bisher nachgerade ein Gemeinplatz soziologischer Theorie - man denke nur an Man oder Weber und in der Folge Polanyi -, daß gesamtgesellschaftlich 'der Markt' fllr sein Funktionieren stets auf außerökonomische, nämlich bürokratische Stützen staatlicher Regulierung angewiesen ist. Der 'freie Markt' ist eine 'Utopie', er funktioniert nie 'autonom', regelt sich nicht selbst, sondern erzeugt rur ihn selbst unlösbare Probleme sozialer Instabilität. Nur 'externe' Ressourcen können die nötige soziale Kohäsion sichern. Marktbeziehungen und hierarchisch-bürokratische Strukturen stehen also in keinem Gegensatz, sondern sind notwendig komplementär. Das neoliberale Projekt blendet genau solche Voraussetzungen seines Funktionierens systematisch aus, mit fatalen Konsequenzen.· 6 Das Projekt der organisationsinternen 'Märkte' und der 'Selbstorganisation' folgt ebendiesen Pfaden. Es läßt sich empirisch zeigen, daß dieses Komplementärverhältnis von 'Vermarktlichung' und セbイッォ。エゥウ・オョァGL@ in modifizierter Form, auch organisationsintem gilt und damit auch rur Deregulierungs- und Dezentralisierungsentwicklungen innerhalb staatlicher wie privater Organisationen kennzeichnend ist.· 7 Die Dezentralisierung stellt auch in ihren 'ökonomisierenden' Dimensionen einen innerorganisatorischen Wandel unter bürokratischer Regie dar. Die Spitze der Bürokratie leitet institutionelle Veränderungen ein ('Märkte' in bestimmten, bürokratisch definierten Grenzen, daneben Maßnahmen zur Bereinigung des bürokratischen 'Wildwuches'), die in diesen bewußt begrenzten Bereichen gleichsam ffÜhkapitalistische Bedingungen simulieren sollen, und reguliert gleichzeitig die Verteilung der dort erzeugten Gewinne.. Die Objekte bürokratischer Manipulation und deren imaginäre ." 153 Eigenschaften verändern sich dabei, doch nicht die tieferliegenden Muster des bürokratischen Selbst- und Weltbezugs. Das Leitbild der Selbstorganisation erweist sich damit auch in dieser Hinsicht als ein sekundäres, abgeleitetes Imaginäres. Die primären kapitalistischen imaginären Bedeutungen tastet es nicht an: bürokratische Beherrschung und 'Primat der Ökonomie'. Die Dominanz eines technokratisch-bürokratischen Verständnisses von Selbstorganisation belegen ebenfalls empirische Befunde aus vorliegenden Untersuchungen. Die bürokratische Zentrale betreibt die Dezentralisierung und faßt das Postulat der Selbststeuerung als ein formales; sie erscheint der Zentrale "als [... ] subjektlos kybernetischer, bestenfalls der Selbstregulation der Leber im Körper vergleichbarer Vorgang"·8, als 'ingenieurmäßig' von außen kontrollierbarer Prozeß.49 Das Management bleibt das imaginierte bürokratische Subjekt, das anders - durch offizielles Zulassen von Elementen der dezentralen Selbstkoordination und -strukturierung - und nicht weniger fremdorganisiert als Wher. 50 Die äußere Welt ist weiterhin als Gegenstand der Behandlung und Beherrschung gesetzt, die Arbeitskraft als ein Objekt, dessen Eigenschaften nun noch anders gesehen und bewertet werden: die Arbeitenden sind auch als 'sich selbst organisierend' denkbar. Doch bleibt es ein Blick von außen, und von außen können diese neuen Einsichten dann, durch 'Einsatz' der anders vorgestellten Objekte und ihrer neu erkannten Eigenschaften, verwertet werden. SI Naheliegende Formeln zur Umschreibung der zu erwartenden internen Managementprobleme des dezentralen Unternehmens könnten demnach etwa ,,zentralistische Dezentralisierung"S2 oder bürokntische EntlJUrokntisierung sein. Ähnliche Charakterisierungen dezentraler Arbeitsformen sind schon im Umlauf: "fremdorganisierte Selbstorganisation"S3 oder "gemanagte Partizipation"5•. Doch was verbirgt sich real hinter solchen paradoxen Bestimmungen? 3. Neue Formen des Managements: Die 'schlanke' Bürokratie mit inszenierten Märkten Das Management von Unternehmen und Arbeit, das haben wir bereits eingehend erörtert, ist selbst von jeher ein höchst widersprüchlicher Arbeitsprozeß.55 Die "neue Dezentralisation" zeitigt diesbezüglich ihre eigenen Widersprüche. Die heute beobachtbaren Dezentralisierungsmaßnahmen können56 als "strategische Dezentralisierung" auf die Reorganisation der übergreifenden Unternehmensstrukturen und als "operative" auf die Reorganisation von Management und Arbeit im Betrieb selbst abzielen. Bei letzterer umfas154 i .1 I I I I I I sen sie den Abbau hierarchischer Ebenen, von Stäben und betrieblichen Dienstleistungsbereichen, den unternehmerischen, teilautonomen Zuschnitt von organisatorischen Untereinheiten (bis hin zu unternehmensrechtlichen Ausgliederungen bzw. Verselbständigungen) und der entsprechenden Führungsrollen, die Neudefinition der Kooperationsbeziehungen zwischen den Untereinheiten als 'Kunden-Lieferanten' -Beziehungen und - parallel dazudie Einführung von projektflirmigen Kooperationsstrukturen und vor allem von Gruppenarbeit in der unmittelbaren Produktion. s1 Als wichtige Bausteine der ..neuen Dezentralisation gelten. wie bereits erwähnt, zum einen das in sog. Profit- bzw. Cost-Centern sich konkretisierende Konzept der 'organisationsinternen Märkte J und des' internen Untemehrnertums' und zum anderen das Konzept verallgemeinerter teilautonomer Arbeitsgruppen in Werkstätten und Büros.s 8 Im Mittelpunkt der Dezentralisierungsstrategien steht also einerseits die manchmal reale, vielfach fiktive 'Gründung' von vielen dezentralen, selbständiger agierenden Miniaturunternehmen im Unternehmen, andererseits - in deren Rahmen - die Aufwertung, breitere Nutzung und die aktive Partizipation der lebendigen Arbeit an der Organisation und der ständigen Rationalisierung der Produktionsabläufe. Dezentralisierungstrategien stellen das Verhältnis zwischen dem oberen Management der Unternehmenszentrale und dem Management der organisatorischen Untereinheiten (Unternehmensbereiche, Betriebe, Abteilungen) auf neue Grundlagen und haben Auswirkungen auf die Ausübung der direkten Kommandogewalt über Produktionsprozeß und lebendige Arbeit vor Ort. Von einem Formwandel bürokratischer Herrschaft muß im Verhältnis der Zentrale zu den dezentralen Organisationseinheiten gesprochen werden. Die Entwicklungen im direkten Arbeitsmanagement laufen eher - so zeigen empirische Befunde - auf die Fortschreibung leicht modifizierter bzw. 'verschlankter' bürokratischer Herrschaftsstrukturen hinaus. l ' Konzentration der Macht und Dezentralisierung Ihrer Exekution Dezentralisierung durch marktf'ormige Ökonomisieruqg von Kooperationsbeziehungen bewirkt im Verhältnis zwischen der Unternehmenszentrale und den einzelnen operativen Unternehmenseinheiten spül'bare Veränderungen. Die Unternehmensspitze traut heute den unteren Managementkreisen mehr Einsicht ins Einzelne zu - im Rahmen von Cost- und Profit-Zentren und von zentral vorgegebenen Ziel größen. Die unteren Kreise dagegen sollen der Spitze die Einsicht ins Allgemeine -die Unternehmensstrategie, Investitionspläne, Rationalisierungsprogramme - zutrauen. 59 155 Früher versuchte die Zentrale, die alltäglichen Aktivitäten und selbst Routineentscheidungen der untergeordneten Ebenen zu kontrollieren und zu manipulieren. Diese An des direkten Zentralismus wird heute offen als das erkannt, was er schon immer war, nämlich weitgehend "fiktiv".60 Durch die Abgabe von Entscheidungsbefugnissen an die einzelnen Untereinheiten und deren Disziplinierung durch simuliene Marktmechanismen will sich die Zentrale entlasten, um ihre Energien auf die Entwicklung des Allgemeinen, der zentralen Unternehmenspolitik konzentrieren zu können. Dabei verschieben sich die Gegenstände bürokratischer Manipulation: die Zentrale verwendet ihre verbliebene Autorität zur Festlegung und gezielten ständigen Veränderung der relevanten Umweltparameter der Untereinheiten. Intendien ist die Steuerung der Akteure durch Vorgabe 'rationaler', 'objektiver' Ziele, z. B. durch ökonomische Kennziffern, und die häufige Veränderung ihrer Handlungsbedingungen, z. B. durch immer neue 'Rationalisierungsprogramme' .61 Zur zentralen Herrschaftstechnik wird die Schaffung einer instabilen Umwelt, von kontrollienen Instabilitäten durch häufige Neudefinition derjenigen Parameter, an denen die dezentralen Managementeinheiten ihr Handeln auszurichten haben. 62 Zur wichtigen Aufgabe des Topmanagements wird es dabei, die stimuliene Konkurrenz zwischen den Subsystemen so zu dosieren und zu dämpfen, daß sie die Sicherung eines antizipierbaren Produktionsergebnisses und halbwegs stabiler inner- und zwischenorganisatorischer Kooperationsbeziehungen nicht dauerhaft gefährdet. 63 Im Kontext organisationsinterner 'Märkte' scheint dies freilich kein leichtes Unterfangen zu sein. Die Untersuchungen berichten vom gesteigenen 'strukturellen Egoismus' der einzelnen Organisationseinheiten, ihrer Orientierung am kurzfristigen Erfolg. Daß 'speed', 'result', 'profit' als wichtigste Maximen des dezentralen Managements übrigbleiben, ist eine rationale Antwon auf die Herrschaftstechnik der kontrollienen Instabilitäten und die internen Quasi-Märkte, die permanent zu schnellen Neuanpassungen zwingen. Auch das Unterlaufen von zentralen Vorgaben der Rahmensteuerung, die stillschweigende Mißachtung strategischer Entscheidungen und 'Schönfarberei' bei der Kennziffer-Rückmeldung liegen nah, um sich in der unsicheren, wettbewerbsintensiven Organisationsumwelt zu behaupten. 64 All dies - wir kennen den Mechanismus - provozien dann wieder direktere Eingriffe der Zentrale in die dezentralen Handlungsmöglichkeiten (etwa durch restriktivere Verfahren bei Investitionsgenehmigungen und Gewinnabführungen) - was dann wiederum die dezentralen Einheiten zu erneuten Verschleierungen realer Kosten veranlaßt. In der so sich bildenden 'doppelten Wirklichkeit' des dezentralen Unternehmens dürfte die Wirksamkeit der 156 "direktiven Kontextsteuerung""5 durch die Zentrale begrenzt bleiben, da sie sich zumindest partiell auf fragwürdige, manchmal gänzlich fiktive Steuerungsparameter stützen muß.66 Ebensowenig kann es der Zentrale gelingen, sich gleichsam hinter der unsichtbaren Hand der innerbetrieblichen Marktkräfte zu verstecken und dadurch als (an-) greifbarer Adressat von Machtauseinandersetzungen und Aushandlung zu verschwinden. Die sichtbare Hand des Topmanagements bei der Ressourcenzuteilung, der Strategiefestlegung und der Änderung von 'Programmen' bleibt weiterhin Bezugspunkt von Forderungen und von Frontbildungen im Management. Die von der Zentrale geschürten und von den fiktiven Märkten ausgehenden Imponderabilien prägen auch das Verhalten des neuen Managertyps des 'Inlrapreneurs' und der potentiell von 'Ausdünnungen' bzw. Entlassungen bedrohten Dezentralisierungsopfer im mittleren Management. Der Abbau von Hierarchiestufen und von Stabsstellen bewirkt Karriereunsicherheit und Ausrichtung am kurzfristigen eigenen Erfolg. Das vornehmlich unternehmerische Orientierungen fordernde Berufsbild des Intrapreneurs unterminiert Bereichsloyalitäten und Betriebsbindungen, beRlrdert mithin eine Art 'Söldnermentalität' der Manager."7 Die vorliegenden Befunde..zu dieser neuen Figur - des aufgrund verbleibender hierarchischer Eingriffe und Begrenzungen stets gegängelten 'internen Unternehmers' -deuten auf wenig attraktive und absehbar überfordernde AUfgabenstrukturen hin. OB Die skizzierten Mentalitäten und Verhaltensdispositionen sind auch aus der Perspektive des Gesamtunternebmens - gerade unter Bedingungen dezentraler Produktion - defizitär. Denn das aufgewertete und dauernd sich neuen Konstellationen anpassende inner- und überbetriebliche 'Networking' und die nötige Neubildung informeller Kooperationsbeziehungen nach dezentraler Reorganisation führt zu großer Abhängigkeit von Einzelpersonen und deren Wissen und macht die einzelnen Einheiten daher fluktuationsanBlliger. Die geringe soziale Einbindung des verunsicherten internen Unternehmers in die von ihm geleitete Organisationseinheit steht diesen Erfordernissen entgegegen und erhöht gerade die Wahrseheinlichkeit rascheren Wechsels und Abwanderns. Damit verbindet sich ein weiteres wichtiges Folgeproblem der Neuorientierung der Untereinheiten und Akteure: Es gibt kaum Anreize zur Kooperation, ja diese wird sogar eher, wenn krude Kostenkalkulationen in den Vordergrund rücken, mit Sanktionen belegt, da Kooperation immer mit das Bereichsergebnis belastenden Kosten verbunden ist. Auch diese strukturelle Kooperationszurückhaltung der Untereinheiten muß vermutlich wieder durch autoritative Eingriffe übergeordneter Instanzen - oder stillschweigende informelle Arrangements - kompensiert werden. 157 Die auf dieser Ebene angestrebte Dezentralisierung und neue Arbeitsteilung zwischen zentraler Leitung und direktem Kommando über einzelne Prozesse bleibt im Resultat also notwendig Stückwerk und zum Teil- wie der alte Zentralismus - fiktiv. Die Zentrale ist doch immer wieder gezwungen, ins Einzelne willkürlieb hineinzuregieren, und die dezentralen Einheiten tendieren dazu, die allgemeinen Zielvorgaben der Zentrale sehr flexibel zu handhaben bzw. zu unterlaufen. Eine entsprechende Pendelbewegung zwischen zentralisierenden und dezentralisierenden Tendenzen dürfte zur Regel werden. 69 Dennoch kann von einem Formwandel im Wechselspiel zwischen Zentrale und Untereinheiten durch die interne 'Vermarktlichung' gesprochen werden. Veränderte Anforderungen an das direkte Arbeitsmanagement Die beschriebenen Entwicklungen setzen den Rahmen für die weiter unten in der Hierarchie angesiedelten Ansätze zur Dezentralisierung. Doch aucb neue Fonnen zwischenbetrieblicher Arbeitsteilung und asymmetrischer Abhängigkeit sowie die engere produktionsökonomische Kopplung und fragile Integration der Prozeßstufen infolge systemischer Rationalisierungsstrategien steIlen Momente dar, die die Ausprägungen und Auswirkungen von Dezentralisierungsstrategien auf das direkte Management der Arbeit mithestimmen. Die empirischen Befunde deuten allesamt darauf hin, daß solche Momente gegenwärtig derart 'konspirieren', daß - vielleicht 'entschlackte' oder 'verschlankte' und insofern modifizierte-hierarchisch-bürokratische Strukturen sich stabilisieren bzw. sich neu herausbilden. Zwar sollen dem Anspruch nach auch hier, im Produktions bereich selbst, die Vorgesetztenrollen sich grundlegend ändern; auch bier soll das Intrapreneurmodell greifen oder doch der Vorgesetzte zum 'Moderator' mutieren. Die Gesamtverantwortung will man in die Führungsposition der Linie zurilckdelegieren, die sich gleiChzeitig des traditionellen Anweisungs- und Kontrollverständnisses entschlagen soll, und auch hier finden sieb selbstverständlich Anrufungen des "unternehmerischen Denkens und Handelns .. 7o • Doch bleibt von diesen Anspnlcben in der betrieblichen Realität, unter den genannten Vorzeichen, offensiebtlieb recbt wenig übrig. So kollidieren sie mit dem Bestandsinteresse und Beharrungsvermögen der mäcbtigen Planungsstäbe und indirekten Bereicbe, den prospektiven Verlierern der 'antitayloristischen' und 'antibürokratischen' Kampagne - die offenbar in den meisten Fällen obne weiteres in der Lage sind, die alten Linien der Arbeitsteilung zu verteidigen oder sogar die offene Rücknahme von Dezentralisierungsmaßnabmen durcbsetzen können .71 Darin kommt auch das 158 "betriebspolitische Dilemma" der Dezentralisierung im Management zum Ausdruck: Die potentiellen 'Opfer' verfugen über das fiIr's Gelingen der Maßnahmen unerläßliche Wissen, welches sie freilich kaum freiwillig preisgeben dürften. 72 Parallel dazu wird sogar arn Neuaufbau dezentraler 'Overheads' und Stabsstellen gearbeitet73 und ein spezielles 'Gruppenmanagement' fur Planung und Kontrolle neuer'Arbeitsformen in der Produktion gefordert. 7' Hinzu kommt die wachsende Bedeutung unterer vッイァ・ウエコセョヲオォゥL@ die zum einen sicherlich mit dem Trend zu neuen Arbeitsformen zu tun hat. Hier entstehen entweder neue vorarbeiterähnliche Positionen oder es mussen neue Aufgaben der Gruppenunterstützung und -koordination miterledigt werden.'j Für die Meisterposition wird eine grundlegende funktionale Kontinuität konstatiert. 76 Bei ihr wächst, vor allem im Gefolge systemischer Rationalisierung (durch verschärfte Qualitätsstandards, engere Lieferfristen, engere zeitliche und stoffliche Verkettung von Produktionsstufen), die Bedeutung traditioneller Aufgaben: Die Meister müssen, kurz gesagt, noch mehr tun, um den 'Laden am Laufen zu halten', die Kooperation und Prozeßkontinuität zu sichern. Gleichzeitig verknappen sich die Ressourcen dafilr. Auf dieser direkt mit den produktionsökonomischen Erfordernissen konfrontierten Vorgesetztenebene spielen die propagierten marktökonomischen bzw. unternehmerischen Orientierungen faktisch kaum noch eine Rolle. Dennoch wächst durch das simulierte Marktumfeld und den generellen Rationalisierungsdruck der Zwang zu raschen, möglichst sicheren und damit 'konservativen' Lösungen auch hier, und die geforderten kurzfristigen Effizienznachweise unterbinden ebenfalls Versuche, von den eingespurten Pfaden der Leitungspraxis abzuweichen. Befunde belegen das Stocken des Hierarchieabbaus, die Beharrung oder Neueinrichtung hierarchischer Strukturen (etwa zwischen Meister und Gruppensprecher oder durch Umfunktionierung der letzteren). Hierarchische Durchsetzungs- und Kontrollmittel werden immer in Reserve gehalten und bei Bedarf reaktiviert. 77 Von einer antihierarchischen oder antibürokratischen Tendenz der "neuen Dezentralisation" kann offenbar umso weniger die Rede sein, je weiter man die Stufen der Hierarchie hinabsteigt. Die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Dezentralisierungsebenen fuhren vielmehr dazu, daß sich im direkten Produktionsmanagement die verschiedenen, gleichsam von oben kommenden Ökonomisierungs- und Rationalisierungsimpulse gegenseitig so verstärken, daß sie zur einfachen oder gar erweiterten Reproduktion bürokratischer Herrschaft fuhren. Das dürfte, noch eine Ebene tiefer, ernste Folgen fur den betrieblichen Umgang mit der lebendigen Arbeit haben. Das Wechselspiel von fiktiven Märkten und reorganisierter Bürokratie befördert ein 159 Managementhandeln, das die Entfaltungschancen teilautonomer Arbeitsformen bedroht und darüber hinaus selbst bisherigen kooperativen betriebspolitischen Arrangements die sozialen Grundlagen entziehen könnte. 78 4. Neue Formen der Arbeit: Zwischen Ökonomisierungsdruck und gemanagter Partizipation ,,0 großer Ochse, göttlicher Pflugzieher Geruhe, gerade zu pflügen! Bring die Furchen Freundliehst nicht durcheinander! Du Gehst voraus, Führender, hüh!" Bertolt Brecht, Ansprache des Bauern an seinen Ochsen79 Ein zentraler Baustein des neuen Managements besteht in einer spezifischen Verbindung von direkter Beschäftigtenbeteiligung mit Formen der Gruppenarbeit. Sowohl in der unmittelbaren Produktion, als auch in Entwicklungsund Planungsbüros werden "dynamische Arbeitssteams u80 propagiert, die selbständig die Verbesserung, Optimierung und kleinschrittige Rationalisierung ihres Arbeitsbereichs vorantreiben. Beteiligungsangebote - im Kontext der Einführung verschiedener Varianten von Gruppenorganisation, etwa in Gestalt der Gruppenvertretung durch Gruppensprecher, der Ermöglichung von Gruppengesprächen während der Arbeitszeit usw. - werden unmittelbar als Hebel zur Mobilisierung der 'Produktionsintelligenz' und zur effizienzsteigernden Preisgabe von informellem Produzentenwissen eingesetzt. Es geht um 'Optimierung' und 'Rationalisierung' in-begrenzter- 'Eigenregie' . Dieser neuere Trend verbindet sich mit den "neuen Produktionskonzepten": der De)egation vormals im unteren Management und in technischen Stäben angesiedelter oder durch Technikeinsatz neu entstehender Planungs- und Steuerungsfunktionen an die ArbeiterInnen und Angestellten selber. Die partielle Integration solcher Funktionen in die unmittelbare Produktionsarbeit erscheint nunmehr- vor dem Hintergrund zunehmender automationsbedingter Mediatisierung lebendiger Arbeitsvollzüge und dem immer kurzzyklischeren Innovationswettbewerb in Teilen der Industrie - auch aus betrieblicher Sicht als 'rational' und 'effizient'. Der Trend der Abspaltung und Zentralisierung planender Tätigkeiten im bürokratischen Apparat kehrt sich durch Dezentralisierung von Funktionen scheinbar um. Formal und formierend zugegriffen werden soll hier auf etwas, was es im bürokratischen Betrieb, als dessen 'Unterwelt', immer gab und immer geben 160 muß. Wie wir wissen, sind selbst noch die restriktivsten Ausprägungen repetitiver Teilarbeit auf eine Unmasse alltäglicher, unsichtbarer kleiner Korrekturhandlungen und Feinabstimmungen, der improvisierenden Problemlösung und gewitzten Störungsbeseitigung, kurz: vielfliltige, wenngleich unscheinbare Formen notwendiger Selbsttätigkeit der Arbeitenden angewiesen. Sie müssen die technischen Sollgrößen und organisatorischen Planungsvorgaben mit den realen Fertigungsbedingungen stets erst in Einklang bringen; ohne sie bräche jeder Produktionsprozeß augenblicklich zusammen. Es scheint nun ein Spezifikum der aktuellen Rationalisierungsetappe zu sein, daß die hier wirksamen Formen des tacit knowledge und der informellen Kooperation, die wir in Kapitel 111 dargestellt und diskutiert haben, vom Management als eigenständige Produktivkraft erkannt werden. 81 Und deren Nutzung wird nun, durch offizielle Funktions- und Kompetenzverlagerung nach unten - im Zuge der Einführung von Gruppenarbeit und parallel dazu von Qualitätszirkeln oder des 'kontinuierlichen Verbesserungsprozesses' (KVP)82_ bewußt angestrebt. Die neuen dezentralen Arbeitsformen sind also nicht zuletzt als Versuch zu werten, Wissen und Fähigkeiten der Arbeitenden, die sonst ungenutzt in den informellen Grauzonen der Organisationsstruktur verbleiben, ans 'Tageslicht' der formalen Organisation zu fllrdem; das heißt: sie durch formalisierte Gruppenstrukturen (mit offen zugestandenen Möglichkeiten der Selbstkoordination, der Diskussion und der Außenvertretung gegenOber anderen Gruppen und den Vorgesetzten) zugänglich und verwertbar zu machen. Alle bisherigen Forschungsbefunde belegen die tiefen Ambivalenzen solcher Arbeitsformen. Sie sind abstrakt schon in dem genannten Grundzug enthalten: dem Versuch, informale Strukturen und Prozesse zu offizialisieren, d.h. formal zu organisieren und direkt auf die Organisationsziele auszurichten. Auch hier zeigt sich wieder die tiefe Verankerung der "neuen Dezentralisation" im imaginären Modus bürokratischer Rationalisierung: Es geht um formale Organisation zuvor-aus der Sicht der Zentrale - ungeregelter, unsichtbarer, unkontrollierter Prozesse. Das grundlegende Dilemma dieses Versuchs besteht in seinem letztlich unmöglich zu erreichenden Ziel, den formalen 'Einschluß' solcher Prozesse bei gleichzeitigem 'Ausschluß' der Beteiligten aus der Festlegung der essentiellen, materialen Rahmenbedingungen ihres Handelns zu organisieren. Damit sind die Grenzen des 'Einschlusses' markiert. Dazu kommen der veränderte Managementüberbau und die parallelen Impulse, die durch systemisehe Rationalisierung ausgelöst werden. Das Partizipationsangebot der neuen Managementkonzepte interferiert also mit vielfliitigen, zum Teil gegenläu161 figen Tendenzen. Wie aus den vorliegenden empirischen Befunden hervorgeht, ergeben sich typische neue Problemlagen: (I) Einerseits wirken betriebliche Herrschafts- und Verwertungsinteressen in Richtung eines rein instrumentellen Zugriffs auf die neu zu nutzenden Wissens- und Qualifikationsressourcen. Nur für den Betrieb wirklich funktionale Beiträge und Leistungen dürfen die Beschäftigten zusätzlich erbringen, ihr selbstorganisiertes Arbeitshandeln soll entsprechend fremdorganisiert, Partizipation soll gemanagt werden. (2) Andererseits erschweren die vorhandenen betrieblichen Herrschaftsstrukturen und leistungspolitischen Arrangements systematisch, daß selbst jene angestrebten kontrollierten, rein funktionalen Zusatzleistungen erbracht werden können, weil die sozialen, sachlichen und zeitlichen Voraussetzungen dafür fehlen. Von den Arbeitenden wird nunmehr erwartet, daß sie- überspitzt formuliert - freiwillig und selbstbestimmt genau das tun, was sie tun sollen, aber - aufgrund mangelhafter Handlungsressourcen nicht tun können. Eine wahrlich paradoxe Handlungssituation. So führt Dezentralisierung von planenden Tätigkeiten und von 'Gewährleistungsarbeit' zu widersprüchlichen Handlungsanforderungen neuen Typs. Betrachten wir das erste Problemfeld. Die Arbeitenden sehen sich im betrieblichen Alltag offensichtlich mit vielfältigen Maßnahmen konfrontiert, die den partizipativen Konnotationen des Postulats der Selbstorganisation widersprechen und die gewährten Partizipationsspielräume ins formal-rationale Korsett der betrieblich definierten Nutzungsinteressen an ihrer 'Produktionsintelligenz' zwängen sollen. Dies beginnt schon bei der Umstellung: Partizipationsanspruch und real-zentralistisches Management der Reorganisation kontrastieren meist scharf, der organisatorische Wandel erfolgt wie eh und je managementdominiert. Folge ist nicht zuletzt, daß bereits hier die eigentlich gerade angestrebten und funktionalen kurzen Rückkopplungsschleifen zwischen Planung und Ausführung und damit frühzeitige Korrekturen von Fehlentwicklungen entfallen.s3 Parallel dazu soll das Personalmanagement durch gezielte Rekrutierungs-, Plazierungs- und Sozialisierungsmaßnahmen dafür sorgen, daß die Werte und Einstellungen der neu zusammengesetzten Belegschaft sich möglichst reibungslos den betrieblichen Zielvorgaben einfügen.8' Nach der Umstellung prägt den Arbeitsalltag die Diskrepanz zwischen einem erweiterten betrieblichen Leistungsanspruch, der nunmehr Momente der Selbstregulation, Kooperation und Kreativität einschließt, und den weiterbestehenden betrieblichen Zielvorgaben, Kontrollansprüchen und hierarchischen Strukturen. Selbstregulation wird gefordert, freilich nie in bezug auf selbstgewählte Ziele, soodem immer nur in bezug aufvorgegebene Probleme und Leistungsparameter. Kreativität soll freigesetzt werden, freilich nur bei 162 der Suche nach Rationalisierungsmöglichkeiten und der Mithilfe bei der Schließung noch offener Poren des Arbeitstages. Solidarische Kooperation und gegenseitige Hilfe in den Arbeitsgruppen wird nun als Produktivkraft anerkannt, freilich sollen die Gruppen gleichzeitig auch noch als Kontrollinstanzen gegenüber ihren Mitgliedern fungieren, die den Leistungswettbewerb unter ihnen kräftig schüren." Hier zeichnet sich ein erstes Konfliktterrain ab. Die potentiellen Interessen der Beschäftigten an seIhstbestimmter Koordination, kreativer, solidarischer Arbeit befanden sich schon immer im Widerspruch zu mannigfaltigen Begrenzungen und Vereitelungen ihrer Realisierung. Hier liegt nicht das Spezifische der heutigen Konstellation. Es liegt im Spannungsverhältnis zwischen dem vom Unternehmen im Rahmen der neuen Strategien grundsätzlich anerkannten Anspruch auf Realisierung dieser Interessen und ihrer gleichzeitig permanenten Verletzung durch die betrieblichen Maßnahmen, die der Instrumentalisierung, Eingrenzung und Kontrolle von Gruppenaktivitäten dienen. Der nunmehr institutionell verankerte Zwitterstatus der Arbeitskollektive als soziale Gruppe und als Teil der Organisation wird nun womöglich zum Brennpunkt eines Interessenkonflikts, dessen Implikationen sich in der Frage 'wessen Gruppe? • bündeln lassen. S6 Berichte aus Nordamerika über Auseinandersetzungen und Streiks wegen der strittigen Aufgabendefinition des Gruppensprechers - vom Management eingesetzter Vorgesetzter oder von der Gruppe bestimmter Interessenvertreter sind ein Indiz rur die Brisanz dieser Frage. 87 Befunde über offene oder verdeckte Konflikte aus deutschen Betrieben weisen in dieselbe Richtung. s8 Und Hinweise auf Wahrnehmung und Interpretation der neuen Arbeitsformen durch die Beschäftigten lassen auch auf die Relevanz dieses Konfliktfeldes schließen: Wenn ein Widerspruch zwischen den Beteiligungsangeboten an die Gruppen und dem Fortbestehen von Herrschaftsstrukturen und Rationalisierungsdruck gesehen und daraus Mißtrauen und Zurückhaltung bei der Preisgabe rationalisierungsrelevanten Wissens abgeleitet werden s9 , so drückt sich darin latente Kritik an der Instrumentalisierung der Partizipation und einer einseitigen Beantwortung der Frage 'wessen Gruppe?' aus. In manchen Fällen wird aber auch von einer erstaunlichen Dynamik in Richtung einer positiveren Antwort aus Beschäftigtensicht berichtet, und es ist gar von einem manifesten, "überschießenden Partizipationsbewußtsein" die Rede, "das die vom Management gesetzten Beteiligungsgrenzen überschreitet. Solche Bewußtseinsformen können sich [ ... ) in informellen, bis ZU stiller Sabotage reichendem Widerstand gegen eine Re-Taylorisierungsstrategie des Managements entladen. Es kann aber auch [ ... ) zu einem Niveau selbstorganisierter 163 Prozeßoptimierung führen, das Mitbestimmungsforderungen von Betriebsräten und Arbeitern legitimiert, die bereits in das Direktionsrecht der Geschäftsleitung reichen"90. Kommen wir zum zweiten oben genannten Problem: Eine weitere Konfliktzone, die sich nur analytisch von der ersten trennen läßt, ergibt sich durch die natürlich keineswegs neue Frage: 'welche Leis/ung?', die sich allerdings vor dem Hintergrund des geänderten betrieblichen Leistungsanspruchs nun auf neue Weise stellt. Denn diesem geänderten Anspruch korrespondieren gerade nicht die Voraussetzungen, die auf Beschäftigtenseite vorhanden sein müßten, um ihn einzulösen. Die durch neue Formen des Managements zwar modifizierten und durch die betrieblichen Quasi-Märkte ergänzten, aber nicht überwundenen bürokratischen Herrschaftsstrukturen flIhren - zusammen mit den durch systemische Rationalisierung und den im Rahmen einer ュ¦」ィエゥセ・ョ@ leistungspolitischen Offensive der Unternehmen in den letzten Jahren überall exekutierten 'einfachen' Kosten- und Personalkürzungsprogrammen ge, schaffenen, äußerst restriktiven Bedingungen" - vielmehr systematisch zur Unterminierung und Verknappung solcher Voraussetzungen. Was entsteht, kann man als leistungspolitischen "double bind" bezeichnen: "die 'Ungleichzeitigkeit' neuer Leistungsanforderungen und 'alter' Leistungsbedingungen ...92 Sie drückt sich etwa aus im notorischen "Unterbesetzungssyndrom"93, das durch Aufgabenerweiterungen ohne entsprechende Personalanpassung entsteht, oder auch in den unzureichenden Zeitbudgets für die Gruppengespräche. 94 Einerseits gehören nunmehr Selbstkoordination und kreative Problemlösung zum offiziellen Aufgabenkanon der Gruppe, andererseits fehlt Zeit und Personal, um diese Aufgaben angemessen erfüllen zu können. Zuvor informelle oder anderswo erledigte Arbeit wird jetzt offiziell abgefordert, aber in jeder Hinsicht systematisch 'unterbewertet' bzw. so behandelt, als wäre sie 'mit Links' und nebenbei noch mitzuerledigen. Das führt zur Vernachlässigung von Aufgaben, zu ihrer naturwüchsigen gruppeninternen 'Zentraiisierung'9S und zu riskantem, weil zwangsläufig bestimmte Optionen und Anforderungen ausblendendem Arbeitshandeln. Insbesondere für die 'Optimierung' der Arbeitsprozesse und für Verbesserungsvorschläge - zentrale Ziele der Aufgabendelegation - bleibt wahrscheinlich schon aus solchen Grunden nur wenig Raum. 96 Und Leistungsverdichtung wie konfligierende Handlungsanforderungen, die diese Situation impliziert, bewirken einen Anstieg alter und neuer Arbeitsbelastungen. Die Belastungszunahme kommt auch im Beschäftigtenurtei! über die neuen Arbeitsformen deutlich zum Ausdruck."' Es spricht einiges dafür, daß ein Gultei! dieser Belastungen dem leistungspolitischen 'double bind' geschul164 det ist, also der Kluft zwischen veränderter Leistungsabforderung und unzureichenden Leistungsvoraussetzungen. Die materiale Definition und verläßliche Bewertung derspezijischen Leistungen in dezentralisierten, gruppenförmig organisierten Arbeitsstrukturen - und des entsprechenden Lohn-/Leistungsverhällnisses - diirfte damit zu einem weiteren wichtigen Aushandlungs- und Konfliktgegenstand im dezentralen Unternehmen werden. 'Welche Leistung?', so wird 'im offiziellen und verdeckten mikrop!,litischen bargaining festzulegen sein, stellen die neu integrierten bzw. jetzt offiziell anerkannten Aufgabenbestandteile, real und gerechterweise- in Zeit und Geld ausgedrückt - dar? Wie sind Selbstregulation, Kooperation, kreatives Handeln in dieser Hinsicht 'fair' zu bewerten, und welche Bedingungen müßten vorhanden sein, damit sie sich ohne Interessenverletzungen und Belastungszunahme fiIr Arbeitende entfallen können?98 Ein Kennzeichen der noch anhaltenden Einführungsphase dezentraler Arbeitsformen ist oft die weitgehende Ausklammerung solcher Fragen .99 Dies jst gewiß kein Zufall. Denn der durch neue Managementstrukturen und parallele technisch-organisatorische Veränderungen im Zeichen systemischer Rationalisierung erzeugte Ökonomisierungsdruck macht es unwahrscheinlich, daß jene Bedingungen geschaffen werden können. Schon gar nicht entstehen sie im Selbstlauf weitergeführter bzw. endlich wirklich konsequent durchgesetzter Dezentralisierungsprojelcte. Im Gegenteil: gerade die Dezentralisierung im Managementüberbau erMlljene betrieblichen Strukturen und Handlungsmuster am Leben, die die Versuche einer Etablierung wirklich neuer, partizipativer Arbeitsformen am shop floor unterhöhlen und einschrllnken. Daher muß man den entgegengesetzten Schluß wie Kern und Sabel lOo ziehen, die meinen, nur die entschlossene Verfolgung des Profit-Center-Ansatzes erlaube die volle Entfaltung der Potentiale neuer Arbeitsformen: Die dominierende Ökonomisierungs- und Biirokratisierungslogik der Dezentralisierung konterkariert Mitbestimmungs- und 'Humanisierungspotentiale' von Gruppenarbeitsformen. Es hängt im Einzelfall von der betrieblichen Interessenkonstellation, den sozialen Kräfteverhältnissen und auch den Deutungsmustern der Akteure ab, welche Gewichtung der 'Logiken r sich temporär einpendelt und welche konkreten betrieblichen Antworten auf die beiden Fragen 'wessen Gruppe?' und 'welche Leistung?' sich dabei ergeben. In diesem Sinne können dann sicherlich eher 'konservative' VOn eher 'innovativen' Lösungen unterschieden werden. lol Doch alle Formen dezentralisierter Produktionsarbeit durchziehen dieselben widersprüchlichen Handlungsanforderungen und potentiellen Konfliktlinien. Selbst die 'innovativste' Form von Gruppenarheit bleibt tagtäglich 165 von den Beschränkungen und Zwängen heteronom gesatzter Leistungs- und Verhaltensnormen zutiefst geprägt, und noch die restriktivste 'konservative' Gestaltungslösung tritt doch zugleich unter dem offiziellen Anspruch an, 'Spielräume' und 'Selbstorganisation' der Arbeitenden zu erweitern, und kann ohne deren faktische Selbsttätigkeit ohnehin nicht funktionieren. Weniger die vermeintlich präzise Typenbildung nach positiven und negativen Konzeprvarianten und eine entsprechende Zuordnung vorgefundener Organisationsmuster - die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen - , als das genaue Augenmerk auf die angesprochenen Widerspruchs- und Konf1ikt-'Logiken' dürfte daher den konkret erfahrbaren Ungereimtheiten und Spannungen, die den neuen Arbeitsformen inhärent sind, gerecht werden. Vor allem sie gilt es in der empirischen Forschung noch besser aufzuhellen, wenn man der arbeitspolitischen Dynamik der Rationalisierungs- und Dezentralisierungsentwicklung auf der Spur bleiben will. 5. Selbstorganisation sans phrase oder Doppelinstitution ? Je nachdem, wie die Arbeitsanalyse theoretisch und methodisch konzipiert wird, kommen - wie wir in Kapitel II sahen - unterschiedliche Aspekte der Produktionswirklichkeit in den Blick. Das zeigt sich auch an den Versuchen, zur Realität kapitalistischer Produktion im Zeichen veränderter Leitorientierungen und neuer Strategien der Arbeitsgestaltung einen Zugang zu finden . Welche Konzeptionen, so wollen wir nun fragen, sind am ehesten geeignet, den Besonderheiten dieser Leitorientierungen und Strategien Rechnung zu tragen, und zwar insbesondere im Hinblick auf diejenigen Phänomene, die unS vor allem interessieren: die neuen Konturen des Herrschaftscharakters von Arbeit? Dieser Frage soll durch die vergleichende Betrachtung unterschiedlich ansetzender Forschungsanstrengungen und der entsprechenden Befunde und Interpretationen nachgegangen werden: zum einen empirischer Studien über die Einfilhrung von Gruppenarbeit in Großbetrieben der deutschen Industrie, die aus der Perspektive einer modifizierten 'normalwissenschaftlichen' Arbeitssoziologie durchgefilhrt wurden (I), zum anderen von Untersuchungen der neuen Arbeitsrealität, welche die 'Teilnebmerperspektive' der Arbeitenden in stärkerer Weise zu akzentuieren versuchen (2). (I) Die neueren empirischen Studien des Soziologischen Forschungsinstituts in Göttingen über die Einfilhrung, die Ausprägungen und die Arbeitsfolgen von Gruppenarbeit knüpfen an die Ergebnisse des Trendreport Rationalisierung an.'02 Die gewonnenen Beschreibungen der Gruppenarbeitslandschaft 166 beziehen sich im wesentlichen auf die west- und ostdeutsche Automobilindustrie 'O', und diese Landschaft unterteilt sich nach den vorliegenden Befunden in vier Regionen mit unterschiedlichen Merkmalen: Bereiche der nstrukturinnovativen" (oder "selbstorganisiertenU) und der "strukturkonservativen" (,,modifiziert tayloristischen") Gruppenarbeit in Fertigungsabschnitten mit hohem Technisierungsniveau sowie Bereiche der ,.strukturinnovativen" und "strukturkonservativen" Gruppenarbeit in der noch überwiegend manuellen Fertigung (hauptsächlich Montageprozesse). Während die strukturkonservativen Varianten (als Beispiele gelten die am direktesten 'japanisch' inspirierten Formen, etwa in Ostdeutschland '04 ) an strikter Arbeitsteilung, starren Hierarchien und bürokratischen Abläufen festhielten, würden mit den strukturinnovativen, selbstorganisierten Gruppenarbeitsvarianten die Arbeitsreformen der neuen Produktionskonzepte weitergeführt und betriebsorganisatorisch abgesichert. lOS Als ein einigendes Charakteristikum der ansonsten recht unterschiedlichen Arbeitssegmente ist der Einbezug der Betriebsorganisation in die Umgestaltung also präsent. Die üblichen Stichworte wie Abbau der Hierarchie und Dezentralisierung fallen, die modifizierte Rolle des Meisters wird in diesem Zusammenhang ebenfalls betrachtet. Den Forschern ist klar, daß es heute insgesamt, quer zu den Arbeitssegmenten, um ein neues Verhältnis von Planung und Ausfiihrung, von Kontrolle und Freigabe von Entscheidungsoptionen im Produktionsprozeß geht. Ihren Niederschlag findet diese Problematik bei ihnen vor allem in der Aufuahme des Tenninus .. Selbstorganisation": Er wird von ihnen dem Kanon der arbeitssoziologischen Analysekategorien eingefügt. Mit ihm sei ein zentrales Moment der gegenwärtigen Veränderungen benannt: "Selbstorganisation ist nicht nur einer derwichtigstcn Aspekte der aktuellen Gruppenarbeitsdiskussion mit Blick aufveränderte Strukturen betrieblicher Herrschaft. Zugleich ist ein zentrales empirisches Ergebnis unserer UntCl'SUchungen, daß die Frage der Selbstorganisation [... ] auch fiir die Arbeitsfolgen und die Beurteilung der Gruppenarbcit durch die Beschäftigten wichtig isl."I06 Wir wissen um die prominente Rolle - und die ideologische Funktion - dieser Kategorie in den interessierten Selbstbeschreibungen der dominierenden Akteure in der heutigen Realität von Organisationen. Umso klärungsbedürftiger wäre deren Verwendung in einer kritischen Analyse dieser Realität. Die Kategorie hat sich indes in die arbeitssoziologische Analyse regelrecht eingeschlichen, ohne daß sie in erkennbarer Weise theoretisch reflektiert worden wäre. In den hier betrachteten Gruppenarbeitsuntersuchungen ist die Selbstorganisation einer Arbeitsgruppe analytisch stillschweigend an die Stelle des Dispositionsspielraums der einzelnen Arbeitskraft getreten. 107 Die- 167 se Selbstorganisation von Arbeitsgruppen kann unterschiedliche "Verantwortungsbereiche" umfassen, die aufgezählt und in ihrer relativen Bedeutung ansatzweise gewichtet werden: die Wahl von Gruppensprechern, die Durchfllhrung von Gruppengesprächen, die Arbeitseinteilung, die Urlaubs- und Freischichtplanung, dalÜber hinaus Aufgaben der Zeitwirtschaft, der Arbeitsvorbereitung, der Feinsteuerung und der Aufteilung von Fertigungsumfängen, der Terminabstimmung und bereichsübergreifenden Koordination sowie der Qualifizierungsplanung und Arbeitszeitgestaltung. Schon in der Aufzählung derart heterogener Elemente deuten sich Schwierigkeiten der Einfügung und Lokalisierung der damit angesprochenen Aspekte ins überkommene arbeitssoziologische Analyseraster an; an anderer Stelle wird darauf verwiesen, daß die Dimension der Aufgaben- und Funktionszuweisung sich nicht eindeutig von der der Selbstorganisation abgrenzen lasse, "da Selbstorganisation erst auf der Grundlage eines breiten Aufgabenprofils vorstellbar ist. DalÜber hinaus kann Selbstorganisation auch als neues Aufgabenfeld der Beschäftigten aufgefaßt werden."I08 Die Arbeitsanalyse vollzieht die Formalisierungsbewegung der Organisationen damit gleichsam nach: Was nun formal organisatorisch als Leistung abgefordert wird, soll sich auch in der Analyse abbilden. Betont werden gleichzeitig-und damit ergibt sich ein gewisser kritischer Beurteilungsmaßstab für die Reichweite beobachteter Veränderungen-die Voraussetzungen und nötigen Ressourcen für "selbstorganisierte" Gruppenprozesse. 109 Das ist selbstverständlich wichtig; es bleibt indes ganz unzureichend, weil wesentliche Spezifika jener Leistung - und damit zusammenhängend gleichsam deren Geschichte und deren Bedeutung für die Akteure - nicht hinreichend retlektiert werden. Mit den neuen Gruppenarbeitsformen wird die Selbsttätigkeit ja nicht erst erfunden, sondern sie soll gezielter und effizienter im Sinne der Organisation genutzt werden. Mit ihnen entsteht daher eine Mixtur aus neuen Arbeitsaufgaben und Zuständigkeiten und der Offizialisierung schon vorhandener, aber bisher verdeckter Formen der Selbsttätigkeit, die dadurch freilich ihres Charakters als Selbsttätigkeit - in unserem Sinne: als von offiziellen Vorgaben nicht abgedeckter Tlltigkeit - beraubt werden. Bleibt dies unberücksichtigt - und man sieht nicht, wo es in den vorgelegten Arbeitsanalysen systematischen Stellenwert besäße - , kann die womöglich höchst unterschiedliche Bedeutung, die die verllnderte Situation für die Beteiligten besitzt, gar nicht eingefangen werden. Für die Analysen bleibt dann gleichgültig, ob und inwieweit die neue formale Gruppenstruktur die vorgängige informale unter verllnderten Vorzeichen reproduziert oder ob und inwieweit sie sie zerstört; ob und inwieweit sie eine vorhandene individuelle oder kol- 168 lektive Selbsttätigkeit stärker auf die Organisationsziele auszurichten und kontrollierbar zu machen versucht oder ob und inwieweit mit ihr wirklich neue individuelle und kollektive Aufgaben zugewiesen und neue kooperative Arrangements aufgebaut werden, filr die es keine geheimen Vorläufer in der Geschichte des organisatorischen Unterlebens gibt. Doch gerade davon, so muß unsere These lauten, werden Wahrnehmungsweisen, Bedeutung und Aneignungspraktiken, mithin der aus keiner Arbeitstypologie deduzierbare Eigen-Sinn, den die Arbeitenden mit den neuen Strukturen verbinden und in ihnen entwickeln, in entscheidendem Maße abhängen. Im historischen und sozialen Vakuum einer 'objektiven' Anforderungs- und Selbstorganisationsanalyse, die ihre Ergebnisse dann mit dem ebenfalls erhobenen "Beschäftigtenurteil" konfrontiert, gehen solche Momente unter. J Auch in anderer Hinsicht verfährt man zu einseitig. Nach wie vor zielt die Untersuchung stark auf die mit technisch-organisatorisch bestimmten Anforderungsstrukturen verbundenen Aspekte der ' Beruflichkeit' von Arbeit. Sie folgt dabei der alten Logik: den Kern der neuen 'Beruflichkeit', die neue 'eigentliche' Arbeit, schält sie gleichsam aus dem Gesamt der betrieblichen Sozial- und Herrschaftsbeziehungen heraus. Übrig bleiben niedrige oder hohe Niveaus von QualifIkationsanforderungen oder von Selbstorganisation; wie diese mit den komplementären Mechanismen der Negation von (anderen) Fähigkeiten, von Fremdbestimmung und betrieblicher Herrschaft konkret zusammenhängen und in diesem Zusammenhang erfahren werden, bleibt ungeklärt. Zwar zeigen die Berichte an vielen Stellen, daß das Einräumen von Kompetenzen der Selbstorganisation in jedem Fall mit deren Begrenzung, mit fremdgesetzten Zielen, mit betrieblichen Vorgahen und Zwängen verschränkt bleibt. Doch wird dies eben nur recht pauschal und wenig präzise benannt, nicht eigens analysiert. Beide Seiten jedoch, die jeweils wirksamen Momente der Fremd- wie der betrieblich verordneten Selbstorganisation, müßten zu diesem Zweck in jede Einzelanalyse systematisch eingehen. Dann ließen sich typische neue Selbstorganisations-lFremdorganisations-Konstellationen identifIZieren - und damit auch die spezifIschen widersprüchlichen Handlungsanforderungen und Erfahrungen, die mit ihnen, sofern das bisher Gesagte zutrifft, injedem Fall einhergehen. Wenn gerade die spannungsvolle . Koexistenz von neuen Selbstorganisationskompetenzen, alten wie neuen Formen ihrer Instrumentalisierung und Fremdorganisation und schließlich alten wie neuen Formen der Selbsttätigkeit ein Charakteristikum der aktuellen Rationalisierungsetappe ist, muß die Arbeitsforschung Konzepte und Methoden fInden, die es erlauben, solche Konstellationen - und nicht bloß einzelne herausgelöste Elemente - zu erkunden. 169 Mit der Adoption des SelbstorganisationsbegritTs als soziologischer Analysekategorie gerät man ungewollt in eine gefahrliehe Nähe zu den ideologischen - weil wesentliche Dimensionen der sozialen Wirklichkeit ausblendendenSelbstetikettierungen der Macher der organisatorischen Rationalisierung. Formulierungen wie die, daß die "Überwindung der Zweiteilung zwischen Planung und Ausführung" in der Struktur innovativer Gruppenarbeit angelegt sei wie auch der "Ausstieg der Beschäftigten aus der Objektrolle", lesen sich wie ein unkritisches Echo der kurrenten Leitbilder und lösen, wie diese, den davon unbeeindruckt weiterhin virulenten Konflikt zwischen Einschluß und Ausschluß nach der einen Seite hin auf. Dagegen weist die Formel von der "Engführung der freigegebenen Leine" - die Schumann und Gerst freilich nur für strukturkonservative Konzepte prägen - deutlicher auf das vorhandene Bewußtsein von den inneren Widerspruchs- und Spannungsmomenten der neuen Arbeitsformen hin. Hier wäre anzuknüpfen bei der notwendigen Erweiterung der traditionellen Arbeitsanalyse in Richtung einer angedeuteten 'Herrschaftskonstellationen'-Analyse und der gebührenden BerOcksichti. gung der Praktiken und Erfahrungen der Selbsttätigkeit. (2) Eine Arbeitssoziologie, die den WidersprOchen kapitalistischer Produktion und dem Einschluß-IAusschluß-Paradox in seiner aktuellen Gestalt auf der Spur bleiben will, kann bei dieser Erweiterung von Studien lernen, die nicht den eingespurten Pfaden der Mainstreamforschung folgen und sich vor allem sehr ernsthaft auf die "Erlebnishaltigkeir' und die "subjektive Qualität von Erfahrungen"IIO konzentrieren, die die Arbeitenden mit den neuen Arbeitsformen machen. Solche Studien fragen danach, welchen Veränderungen die Arbeitskultur durch die gezielten Maßnahmen zu ihrer Instrumentalisierung und Kontrolle unterliegen und suchen deshalb auch nach methodischen Verfahren, die es erlauben, die Arbeitsrealität und deren Bedeutung für die Arbeitenden aus der 'Teilnehmerperspektive' zu thematisieren. Auf zwei solcher Studien sei hier verwiesen: On the Line at Subaru-lsuzu lll und Zukunft der industriellen Arbeitskultur l12 • Graharns On the Line at Subaru-lsuzu analysiert die Erfahrungen, die die Forscherin mit den modernsten Managementmethoden während einer längeren verdeckten teilnehmenden Beobachtung in einer Fabrik eines japanischen Automobilunternehmens in den USA gemacht hat. Sie schildert die intensiven Einbindungsversuche der Firma: die ideologischen Anrufungen und die symbolische Politik, die Formalisierung von Gruppenbeziehungen durch Teamorganisation, die 'Kaizen'-Aktivitäten zur Mobilisierung impliziten Wissens (hierzulande als 'kontinuierlicher Verbesserungsprozeß' bekannt). Breiten Raum nehmen die Prozesse der Personalauswahl und der Qualifizie- 170 rung ein, die bei der 'Transplantation' der japanischen Konzepte in den amerikanischen Konte"t eine gewichtige Rolle spielen. Angestrebt wird vom Management hier - wie in abgeschwächter Form auch bei den europäischen Adaptionen dieser Konzepte - die Schaffung und Kontrolle einer spezifischen, effizienzsteigemden Arbeitskultur - ein managerieller Zugriff auf Arbeit, der weit Ober eine technisch-organisatorische' Arbeitsplatzgestaltung' hinausgeht. Nicht zuletzt dieser Umstand erfordert deutliche Schritte über eine Betrachtung der rein fachlichen Aufgabenstruktur hinaus und legt methodische Verfahren nah, die ein möglichst intimes 'Miterleben' der zu analysierenden sozialen Prozesse möglich machen; daber wählte die Forseherin die Methode der teilnehmenden Beobachtung. Dadurch gelingt es ihr zunllchst, vieWiltige Facetten der Doppelbödigkeit, der Schauspielerei und des Zynismus aufzudecken, die bereits in den langen Testund Trainingsphasen die Beziehungen zwischen den verschiedenen Management- und Beschäftigtengruppen prägen. Die partizipativen und egalitären Botschaften des Managements werden oft schon im selben Atemzug - im Denken wie im Handeln - Lügen gestraft' JJ, und das äußerliche Mitspielen_ der Getesteten und Trainierten ist zwar zuerst durchaus auch Ausdruck von Enthusiasmus für die in Aussicht gestellte Teilhabe und Anerkennung, verbirgt aber zugleich eine tiefsitzende 'realistische' Skepsis, die zu Zurückhaltung und Verstellungstaktiken führt.'" Die Doppelbödigkeit der Sozial beziehungen setzt sich auch im Arbeitsalltag fort. Von Anfang an überlagert werden die Einbindungsversuche von der auch hier schließlich dominanten Erfahrung des Ausschlusses aus den Entscheidungen über die eigenen Arbeitsbedingungen: einseitigen Managementvorgaben, computerisierten Kontrollen, der restriktiven Arbeitsgestaltung am Band. Graham kann anschaulich zeigen, wie die Belegschaft solche widersprOchlichen Handlungsanforderungen wahrnimmt und verarbeitet; wie die anf3nglichen Hoffnungen oder die So-Tun-Als-Ob-Haltung gegenüber den Einbindungsversuchen allmählich in Resistenz und kleine gemeinsame Widerstandsakte gegen die Folgen des Ausschlusses umschlagen - und wie sich so die Elemente eines der Managementkontrolle entgleitenden Unterlebens der Organisation formieren und artikulieren. Es ist der Humus, der die Keime des sich entwickelnden Spektrums des Konflikthandelns der Arbeitenden enthiUt.' 's "Individual resistance was exprcssed through silent protest when warkers refused to participate in company rituals and in the fonn of complaints Ihrough anonymous lertcrs written to the company [... ]. Collcctive resistance emerged as sabotage wben warkers surreptitously stopped thc assembly liDe. Team members protestcd unfair company 171 poHcies by refusing to panicipate in team meetings. At the team and group levels, resistance took tbe form of direct confrontation when warkers refused management requesls. At the departmenl and plant-wide levels, resistance assumed the fann af organized agitation. "116 Gleichwohl vertritt Graham die These, daß im Rahmen eher verdeckterer Kontrollformen, wie sie die neuen Managementstrategien implizieren, Widerstandspraktiken schwerer als unter den alten Bedingungen zu entwikkein seien. 11 7 Insbesondere die alten Fonnen des 'Making out' - der selbsttätigen Modifikation des Arbeitshandeins, um das Erreichen von Produktionszielen mit der geheimen Durchsetzung oder Wahrung eigener Interessen zu verbinden - würden durch den 'kontinuierlichen Verbesserungsprozeß' ausgehebelt bzw. in effiziente Methoden der Produktivitätssteigerung verwandelt, mit denen das Management das Erfahrungswissen der Arbeitenden erfolgreich abzuschöpfen vermag. 118 Allerdings kann die These angesichts der eigenen empirischen Befunde nicht überzeugen, berichtet die Autorin doch selbst vom krassen Bedeutungsverlust der offiziellen 'Verbesserungsaktivitäten' im normalen Produktionsalltag, dem Rückzug der Leute aus ihnen und der statt dessen beginnenden Umfunktionierung der formalen Gruppenorganisation: Das Team, in dem Graharn arbeitet, trim sich ohne den Vorgesetzten, um Forderungen, die die Arbeitsorganisation betreffen, an ihn zu formulieren. " 9 Die Frage, die Grahams These aufwirft, berührt in jedem Fall einen zentralen Punkt einer Diskussion, die wohl nur auf der Grundlage weiterer empirischer Studien jenes Typs, wie ihn die Autorin vorlegte, wirklich vorangebracht werden kann: der Diskussion über die Bedingungen der Möglichkeit von Selbsttätigkeit in den neuen Management- und Arbeitssystemen. Die zweite zu erwähnende Studie ist Zukunft der industriellen Arbeitskultur von Senghaas-Knobloch, Nagler und Dohms. Ibt Gegenstand sind die Veränderungen der beruflichen Selbstbilder und der persönlichen Strategien zur Bewältigung von Arbeitsanforderungen bei unterschiedlichen Beschäftigtengruppen (Produktionsarbeiterinnen und Meistem) im Zuge der Einführung von Gruppenarbeit in einem Automobilunternehmen. Die Studie stellt mit dem Begriff der betrieblichen Lebenswelt Momente der Arbeitsverhältnisse mit in den Vordergrund, die wir als Selbsttätigkeit zu fassen versuchten. Die jeweilige Ausgestaltung der lebensweltlichen Dimension des Produktions• prozesses wird als Arbeitskultur bezeichnet, der die Unternehmenskultur des Managements gegenübersteht. \20 Die Veränderungen der Arbeitskultur gehen von den Erfahrungen der Beteiligten aus und reflektieren sich in ihnen. Betrachtet werden müssen die Veränderungen daher in der ..Erlebnisperspektive" der Beschäftigten, die indes 172 nicht allein als auf den Betrieb, sondern ebenso - und womöglich konkurrierend oder konfligierend - als aufpersönliche Sinnansprüche in den Bereichen der Familie (und Hausarbeit), der Freundschaftsbeziehungen oder anderer Tätigkeitsfelder jenseits der Erwerbsarbeit ausgerichtet aufzufassen und auszuleuchten ist. In den qualitativen Interviews mit den Arbeitenden versuchen die Forscherinnen gerade, die möglichen Spannungsfelder zwischen entsprechend unterschiedlichen Werten und Handlungsorientierungen in ihrer Relevanz für ihr Verbalten im Betrieb und ihr Arbeitsbandein auszuloten. 121 Es deutet sich an, daß im Zuge der Arbeitsveränderungen nicht nur Bedürfnisse innerhalb der Arbeit anders beurteilt oder überhaupt erst wieder bewußt werden, sondern daß auch neue Bewertungen und Arrangements im Verhältnis der Sphären der Arbeit und der Familie und Freundschaft entsteben könnten: "Erst wenn es in der Situation der Gruppenarbeit wirklich darauf ankommt, das Handlungsrepertoir mit Blick auf Tätigkeiten verschiedenen Typs zu erweitern, neben handwerklichen 8uch planende, vorbereitende, koordinierende und disponierende zu übernehmen, wird psychologisch die Möglichkeit eröffnet, sich der alten Kränkungen der eigenen WUrde und des Selbstbewußtseins bewußt zu werden und aktiv an Bedingungen zu ihrer Überwindung zu arbeiten. [... ] Unter den neuen Vorzeichen von Gruppenarbeit kann r... ] das Bedürfnis nach Selbstbestimmung wieder sichtbar werden. Die Fähigkeit. Konflikte in den Gruppen in eigener Regie bewllitigen zu können, gilt daher den Beschlftigten, die Gruppensrbeit schon tingere Zeit praktiziert haben, als entscheidend. [... ] Jetzt kann thematisiert werden, welche Werte im Umgang miteinander gelten sollen und wie es zur gerechten Lösung von Konflikten kommen kann. Und jetzt kann die Frage auch neu beantwortet werden, in welcher Weise sich die Sphäre von Familie und Freundschaft mit Blick auf die fl1r gut und richtig erachteten Umgangsformen und Gerechtigkeitsvorstellungen von der Sphlre der Arbeit unterscheidet."122 Das erweitert die enge betriebliche Betrachtung um wichtige Erfahrungsdimensionen, die die Ausgestaltung der Arbeitskultur mitbestimmen. Darüber hinaus lenkt die Untersuchungsperspektive der Studie die Aufmerksamkeit auf einen anderen für uns bedeutsamen Punkt. Wie schon angedeutet: Liegt der Forscbungsfokus, wie hier, auf der Lebenswelt, so kann auch die zentrale Rolle dessen, was wir verdrängte Selbsttätigkeit nannten, nicbt verborgen bleiben. Und so ist es folgerichtig, daß in dieser Untersuchungsperspektive die Frage nach dem Schicksal der alten Formen der Selbsttätigkeit im Kontext der neuen Managementkonzepte - die ja die Integration von 'brauchbaren' Aspekten dieser Selbsttätigkeit in neue Berufsrollen intendieren - zumindest aufgeworfen wird, wenngleich der Studie diesbezüglich noch wenig konkrete Befunde zu entnehmen sind. 123 Daß bis dahin verdeckte soziale un&fachliche Kompetenzen in ein neues berufliches Selbslbild einfließen sollen, so lautetjedenralls die völlig plausible These, "wird nicht 173 zur Folge haben, daß die betriebliche Lebenswelt von deroflizieUen Regelstruktur völlig absorbi ert werden wird. Vielmehr wird es zur Herausbildung neuer infonneller Regeln kommen, die den neuen Belastungen, den neuen Konflikten und den neuen, erst noch herBuszubildenden Bewältigungsstrategien entsprechen."124"Die Art, wie die Beschäftigten unter den neuen Rahmenbedingungen von Gruppenarbeit kooperieren, fügt sich genau so wenig wie unter den alten Produktionskonzepten bruchlos den angestrebten neuen Organisationskonzepten. Eher kann man auf der infonnellen Ebene eine Art stillen ' Kulturkamp f beobachten, einen Kampfzwiscben den Auffassungen o.ber die richtige Art und Weise, was zu tun sei und wie etwas zu tun ウ・ゥNBjRセ@ Die in derartigen Kulturkämpfen sich neu konturierende Unterseite der herrschenden Institution wäre noch intensiver zu erkunden, als es in dieser Studie möglich war.'2. Da die Handelnden jene Unterseite indes erst selbst 'erfinden' (und dies nicht nur orientiert an ihren arbeitsbezogenen Interessen und Bedürfnissen), indem sie individuelle und kollektive Deutungen und neue Formen der SelbStlätigkeit hervorbringen, kann sie in keinem Fall aus den vorgegebenen Aufgaben und der neuen objektiven Anforderungsstruktur gleichsam deduziert werden. Nicht nur oben und offiziell, auch in den rückseitigen Regionen der Produktion, im Unterleben der Organisationen, wird Arbeit heute neu instituiert. Und auch in diesem veränderten Unterleben müssen, wenn unsere bisherigen Überlegungen und die soeben erörterten Befunde nicht in die Irre fUhren, Keime der Autonomie, des selbstbestimmten Handelns enthalten sein. Doch sind es nur winzige, stets vom Erfrieren bedrohte Keime. Ihr Schicksal ist nicht zuletzt eine Frage der Aneignung, der Interpretation, der Sinngebung durch die Beteiligten. Darüber muß kritische Arbeitsforschung Auskunft geben können. Hier wäre auch anzusetzen, wenn man die politischen Potentiale ergründen will, die im Rahmen der neuen Rationalisierungskonstellation vielleicht schlummern. Wie verhält es sich in dieser Hinsicht mit den neuen partizipativen Bedeutungsgehalten des Rationalisierungsprozesses: Wie eignen sie die Arbeitenden sich an, verwandeln sie in Eigen-Sinn? Was machen sie aus der Erfahrung der engen Begrenzung und Kanalisierung von Beteiligung und Eigeninitiative, der Vereitelung von Partizipationshoffnungen unter den gegebenen institutionellen Bedingungen? Werden ihnen diese Bedingungen selbst zum Problem, und drängt sich den Arbeitenden womöglich - wie unsicher, unscheinbar oder 'verschroben' zunächst auch immer-die demokratische Frage in der Arbeit, die Frage also nach der Autonomie in der Produktionssphäre auf? 127 Oder flIhrt etwa die Erfahrung der Instrumentalisierung und Ausbeutung von Selbsttätigkeit im Zeichen einer gemanagten Partizipation gar umgekehrt noch, in böser Ironie, zu einer Verstärkung der herrschenden Verdrossenheitl 28 und, im UlTlTcld ohnebin verbreiteter politischer Apathie 174 und venneintlicher gesellschaftlicher Alternativenlosigkeit, zur weiteren Diskreditierung positiv besetzter Ideen von einer kollektiven Selbstgesetzgebung und einer gleichberechtigten gemeinsamen Leitung der gemeinsamen Angelegenheiten? Aus all dem folgt in jedem Fall, daß wir, wenn uns solche Fragen interessieren, eine eigene Ebene der Analyse brauchen, die die entsprechenden Aneignungs- und Sinngebungsweisen der Subjekte aufzuschließen und zum Sprechen zu bringen vennag. Und dafür sind passende Forschungsdesigns zu entwickeln, die an Studien wie die von Graham und von SenghaasKnobloch, Nagler und Oohms anschließen könnten. Die im Rahmen des kapitalistischen Projekts heute propagierte und realisierte Selbstorganisation, wie "strukturinnovativ" auch immer, hat dabei per se mit.dern, was wir - mit Castoriadis - unter Autonomie verstehen, nichts zu tun, sondern zielt auf die Perpetuierung gesellschaftlicher und individueller Heteronomie. Sie wird nur unter den Bedingungen ungleicher Teilhabe an Macht und Einfluß eingeräumt. Sie bleibt in jeder Hinsicht - gesamtgesellschafilieh gesehen wie auf der Ebene des Einzelunternehmens - faktisch eine Selbstorganisation von relativ privilegierten Gruppen und Einzelpersonen. Sie bezieht sich zudem immer auf eng begrenzte, von außen diktierte Gegenstände und schließt Entscheidungen über die Art der Produktionstechnik und -organisation sowie vor allem die Produktionsziele in aller Regel aus. Und sie intendiert die Internalisierung fremdgesetzter Werte und Nonnen, die nicht in Frage gestellt werden dürfen. All dies sollte es eigentlich verbieten, Selbstorganisation sans phrase zur arbeitssoziologischen Analysekategorie zu machen. Ein derart restlos funktionalisierter, durch und durch 'gemanagter' Einschluß der Arbeitenden qua Selbstorganisation muß freilich ein Wunschtraum des Managements bleiben. Arbeit bleibt eine doppelte Institution. Entscheidend ist deshalb etwas anderes. In der tatsächlichen Entwicklung eröfli1en sich den Arbeitenden nicht nur die vorgesehenen und kontrollierten, sondern auch unvorhergesehene und unkontrollierbare Handlungs-, Entscheidungs- und Erfahrungsräume. Konflikte über deren Interpretation, ihre reale Ausgestaltung und Nutzung sind bereits vielfach dokumentiert, weitere sind abzusehen. Auf längere Sicht bestehen wohl die wichtigsten Effekte der neuen Managementstrategien im Auslösen VOn Lernprozessen in diesen Erfahrungsräumen, der Erfindung neuer Praktiken der Selbsttätigkeit und in den offenen und verdeckten Auseinandersetzungen um Fragen wie 'wessen Gruppe?' und 'welche Leistung?'. Auf solchen Feldern wird sich die Arbeitssoziologie in Zukunft bewähren müssen. 175 6. Resümee: Neue Widersprüche, neue Konflikte - neue Möglichkeiten eigensinniger Selbsttätigkeit? Die Aktualität der von uns entwickelten Vorstellung von einer doppelten, zerrissenen, vom Widerspruch durchzogenen Institution der Produktion scheint uns durch das, was wir in diesem Kapitel ausgebreitet haben, empirisch bestätigt. Wichtige Resultate wollen wir in diesem Abschnitt noch einmal zusammenfassen und auf die im Einleitungskapitel angerissenen allgemeineren gesellschaftlichen Entwicklungstendenzen beziehen. Wo zeigen sich heute soziale Spannungen erzeugende Impulse im Hinblick auf Einschluß und Ausschluß? Und wie schlagen sie auf die Arbeit durch? Ein zentrales Merkmal der gegenwärtigen Entwicklungsphase ist die Herausbildung eines neuen Unternehmensmodells, des 'Netzwerk-Unternehmens', das die Nachfolge der vertikal integrierten Riesenfirma der tayloristischfordistischen Ära antritt. Dieses neue Leitbild der Unternehmensorganisation beinhaltet - verknüpft mit der Betonung von Innovationsflihigkeit und Wissensmobilisierung - durchaus partizipative Elemente, akzentuiert also, im Unterschied zum alten, den Einschluß. Neben der Bildung globaler Unternehmensnetzwerke, um dem Druck zunehmender Innovationskonkurrenz besser zu begegnen, wird angestrebt, auch die einzelne Firma zum dynamischen Netz sich selbst organisierender Einheiten zu machen, das den Prinzipien der Dezentralisierung und Partizipation gehorcht. Entsprechende ォ・イ@ Einbindung der Beschäftigten Managementstrategien zielen auf die セᆴZ durcb Teamarbeit, dezentrale Entscheidungsmöglichkeiten und flachere Hierarchien. Angestrebt wird eine Arbeitsorganisation, die die ständige Mobilisierung von Wissen ermögliebt. Mit breiteren Aufgabendefinilionen und Gruppenarbeitsformen soll erreicht werden, daß Erfahrungswissen in Störungsbeseitigung und innovative Aktivitäten einfließt. Das neue Einschlußleitbild erbebt 'Autonomie' und Selbstorganisation zu positiven Zielgrößen des Unternehmensmanagements. Parallel dazu schreitet die Durchdringung der Produktionsprozesse mit InformatioDStechnologien voran. Auch in deren Nutzungszusammenhllngen scheinen Momente einer 'Netzwerk-Logik' wirksam zu sein: die Flexibilität der Einsatzm6glichkeiten und die zunehmende 'Vernetzung' zu hochintegrierten Systemen. Doch werden solche Aspekte von wichtigeren überlagert: unter historisch-theoretiscben Gesichtspunkten erweist sich die Informatisierung als in der Kontinuität der bürokratiscben Herrschaftslogik stehend. Deren Prinzipien einer symboliscben Verdopplung der Realität, der Kontrolle durch Information, der formalen Organisation der Arbeitsprozesse setzen sieb bei 176 der Informatisierung nun technisch vermittelt durch. 129 Die bürokratische Logik verlängert sich in die Technologie hinein, und deren Einsatz prolongiert vornehmlich die Ausschluß-Tradition jener Logik. Indes bleibt auch Informatisierung stets auf das implizite Wissen und damit auf die Selbsttätigkeit der Arbeitenden verwiesen; insofern ist die Koinzidenz der Einfilhrung von Informationstechnologien und der Propagierung partizipativer Konzepte kein Zufall. 130 Der 'systemischen ' Informatisierung, so schon die These von Malscb, müssen Formen der kommunikativen Rationalisierung der Lebenswelt korrespondieren, da der notwendige' Algorithmisierungsbeitrag' der Arbeitenden nur im Medium 'kommunikativer Verständigung' wirksam zu erschließen ist. Freilich ist die Ausschlußtendenz präsent und dominant: "Jene algorithmische Aufklärung spielt sieb [ ... ] im interessengeladenen Spannungsfeld von Verwertungs- und Herrschaftsbeziehungen ab, die immer wieder geräuschvoll durch die Verständigungsorientierung der Oialogpartner hindurchgreifen."IJI So muß die mit der Informatisierung verbundene Form der Wissenserzeugung - soweit sie sich systematisch oder naturwüchsig aus dem spezifischen Produzentenwissen speist- immer wieder auch als Wissensenteignung erfahren werden. In Beide Tendenzen wirken im Kontext einer historisch-spezifischen Form kapitalistischer Restrukturierung, im neo liberalen Gewand: der selektiven Rücknahme von Staatsintervention, der Oeregulierung von Arbeitsmarkt und Arbeitsbeziehungen, der Verselbständigung und Bedeutungszunahme globaler Finanzmärkte. Die neoliberalen Konzepte umfassender Schaffung von Marktformigkeit sozialer Beziehungen dringen ins Innere von Organisationen vor und machen sich auch als Managementorientierungen geltend: in Form von 'Profit-Centem' mit 'internen Unternehmern' an der Spitze oder von 'Zielvereinbarungen' innerhalb des Managements oder zwischen Management und Beschäftigtengruppen, mit ausgehandelten Leistungszielen und entsprechenden Prämien, als Zwischenstufe zum Marktkontrakt. Die bislang erkennbaren Folgen solcher Entwicklungen lassen auf Konflikte mit oben genannten Leitlinien des neuen Unternehmensmodells und dessen neuer Managementlogik schließen: mit Innovation und Beteiligung. Zu solchen Zielkonflikten tragen noch die im engeren Sinne ökonomischen Aspekte und Folgen der neoliberalen Konzepte bei: der auf den Beschäftigten lastende Arbeitsmarktdruck, der von der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit ausgeht, und der Kapitalmarktdruck, den die globalen Finanzmärkte und Steuerungskriterien ä la Shareholder Value aufInvestitionsentscheidungen und Rationalisierungspolitik ausüben. Ebenso wie Aspekte der inneren Vermarktlichung kann beides Erfordernissen widersprecben, die sich aus der Logik des neuen 177 Unternehmensmodells ergeben: einer hohen Beschäftigungssicherheit, um die offene und aktive Beteiligung an Innovation und Rationalisierung zu gewährleisten, oder stabileren, längerfristigen Kooperationsbeziehungen im Unternehmensnetzwerk, um komplexe Ionovationsvorhaben zu realisieren. Ein spannungsreiches Gemisch, gleichsam eine prästabilierte Disharmonie aus neuen und alten Einschluß- wie Ausschlußtendenzen ist somit entstanden. Die ambivalenten temporären Kompromisstrukturen, die labilen Gleichgewichte, zu denen diese Tendenzen sich in der Regel oder im Einzelfall verbinden, sind empirisch noch weit gründlicher zu bestimmen. Die im Leitbild des Lean Management seit Beginn der neunziger Jahre zum Ausdruck kommende Neuakzentuierung des Einschlusses rivalisierte von Anfang an mit außerordentlich mächtigen Gegentendenzen - inzwischen derart offensichtlich, daß auch ein 'offizieller' Wechsel der dominierenden Leitorientierungen nicht mehr auszuschließen ist. Manche der hier beschriebenen Phänomene erschienen dann schon in einem anderen Licht und müßten neu betrachtet werden. Der Ausschluß-lEinschluß-Doublebind der kapitalistischen Produktion bleibt virulent, und deren widersprtichliche Dynamik - so zeigt die nun wieder festgestellte "Rekonventionalisierung" der Rationalisierung überdeutlich - kennt keinerlei endgültife 'Lösung' jenes Organisationsdilemmas, sondern nur MetamOIphosen seiner Bearbeitung und seines Abdrängens in die Latenz. Ein frappierendes Merkmal der neuesten Versuche der Bearbeitung des Dilemmas ist folgendes: Bestimmte Dimensionen jener in Kapitel 111 als verdrängte Selbsttätigkeit beschriebenen, bislang verdeckten und gar verbotenen Handlungen, Soziierungen und Wissensformen in der Arbeit, werden nun vom Management offen und bewußt als eine wichtige 'Ressource' betrachtet und auszubeuten versucht. Sie sollen, in ihren 'brauchbaren' Aspekten, gezielt für Rationalisierungszwecke genutzt werden - durch Formalisierung und Kontrolle: durch Gruppen- oder Teamarbeit, den 'kontinuierlichen Verbesserungsprozeß', ein neues betriebliches 'Wissensmanagement' . Dies alles soll nun, wie schon angemerkt, ohne Beschäftigungsgarantien (um es gelinde auszudrucken) und mit der Aussicht auf eine 'tayloristische' Verwendung des offenbarten Rationalisierungswissens sowie bei strukturell sich verschlechternden Möglichkeiten, den neuen Leistungsanforderungen nachzukommen, erreicht werden. So bleibt vorläufig manches offen und ungewiß; etwa, wie hoch der 'Ertrag' für die Betriebe unter solchen restriktiven Rahmenbedingungen wirklich sein mag und wie stabil die entstehenden spezifischen-und spezifisch 'doppelbödigen' -Organisationsstrukturen langfristig überhaupt sein können. Von vornherein korrespondieren der selektiven Freigabe von Entscheidungsspielräumen intendierte oder naturwüchsige Formen 178 ihrer Kontrolle und Einschränkung - die das heutige Einschlußleitbild freilich ausblendet. Für die kritische Analyse käme es darauf an, beiden Tendenzen zugleich, ihrem Zusammenspiel und ihrem Widerspruch, empirisch genauer nachzuspüren. 133 Darüber gibt die gängige soziologische Arbeitsforschung immer noch zu wenig Aufscbluß, weil sie über kein theoretisch-analytisches Sensorium rur die Phänomene notwendiger Selbsttätigkeit, die sich unversehens zu einem wichtigen offiziellen Rationalisierungsschauplatz entwickelt haben, verrugt. Wirklich profunde Erkenntnisse über den Erfolg und die Folgen der mit der Herausbildung eines Einschlußleitbildes verknüpften Versuche einer selektiven 'Kolonialisierung' des betrieblieben Unterlebens können von ihr nur sehr bedingt erwartet werden, solange sie den Phänomenbereich der Selbsttätigkeit theoretisch nicht aufarbeitet und in der empirischen Forschung nicht systematisch in den Blick nimmt. Denn zumindest zweierlei wäre zu beachten, fällt jedoch aus der üblichen Untersuchungsperspektive heraus: der Einfluß der jeweils vorgängigen 'Infrastruktur' an notwendiger Selbsttätigkeit und informeller Organisation, des 'alten' Unterlebens, auf Erfolg und Folgen des neuen betrieblichen Zugriffs; und ebenfalls, auf welche Weise sich neue informelle Komplementärformen verdeckter Selbsttätigkeit, wie erwartbar, um die neuen offiziellen Strukturen herum bilden - und mit weichen Konsequenzen fur die Wirksamkeit letzterer wie auch rur die Erfahrung der Beteiligten. Die Konzentration der Forschung auf die neu geschaffenen Formalstrukturen sowie die 'objektiven' Anforderungen der Arbeit und deren Konsequenzen für die 'Beruflichkeit' läuft mit dem Ausblenden jener Dimensionen erneut Gefahr - wie in der tayloristischen Ära - , bedeutsame Konfliktzonen und Erfahrungsräume in der Arbeit aus dem arbeitssoziologisehen Diskurs auszuklammern. Die im Einschluß/eitbild enthaltenen 'Autonomie' -Versprechen sind - abgesehen von den erkennbaren unintendierten 'Nebenfolgen' - etwas völlig anderes als das, was bei dem hier entwickelten Verständnis von individueller und kollektiver Autonomie auf dem Spiel steht. Die Art von Selbstorganisation dezentraler Einheiten, die im neuen Unternehmensmodell propagiert wird, setzt gesellschaftliche Heteronomie voraus und dient ihrer Sicherung. Es ist die imaginäre Projektion der Selbstorganisation der Biologie und der Systemtheorie in den Arbeits- und Sozialzusammenhang der Produktionssphäre. Diese Selbstorganisation wird stets von anderen und von außen als Anforderung gesetzt, nie selbst organisiert; und sie wird nie auf selbstgewählte Ziele bezogen, sondern immer auffeststehende Probleme und Leistungsparameter: 'Ef- fizienz', 'Rationalisierung' 'Gewinn' - die imaginären Triebfedern des büt 179 rokratisch-kapitalistischen Universums. Keine Rede kann davon sein, daß die Fähigkeit der Individuen und Kollektive, das gellende, instituierte Imaginäre in Frage zu stellen, durch die neuen Leitorientierungen und Managementpraktiken befordert werden soll. Im Gegenteil, wo Niemand war, soll Niemand bleiben. Ob dies auch so sein wird, hängt von den neuen Formen der notwendigen Selbsttätigkeit in der Arbeit und der Art ihrer Aneignung durch die Arbeitenden ab. 180 VI. SchluObetrachtung: Aufgaben einer kritischen Arbeitssoziologie "Die Erfahrung vom widerspruchsvollen Charakter der gesell schaftlichen Realität ist kein beliebiger Ausgangspunkt, sondern das Motiv I das die Möglichkeit von Soziologie überhaupt erst konstituiert. Nur dem, der Gesellschaft als eine andere denken kann denn die existierende, wird sie [...] zum Problem [... ]." Theodor W. Adomo, Zur Logik der Sozialwis- senschaften l Nach Durkheim ist Soziologie "die Wissenschaft von den Institutionen, ihrer Entstehung und Wirkungsart".2 Soziologie der Arbeit betreiben hieße somit, Arbeit als Institution zu begreifen: als gesellschaftliche Setzung, Kontrolle und Sanktion von obligatorischen Denk- und Verhaltensweisen im Bereich materieller wie immaterieller Produktion. Auf den en;ten Blick kaum strittig, wirken solche Formulierungen bei näherem Hinsehen heutzutage doch eher suspekt. Inhaltlich widersprechen sie nämlich einem Grundzug der zeitgenössischen, sich kritisch verstehenden Soziologie. Nimmt man jene Formulierungen von der Arbeit als Institution wirklich ernst, so verweisen sie ja auf das arbiträre Moment an ihrer aktuellen Gestalt, implizieren also die elementare Erkenntnis, daß es auch anden; sein könnte. Doch von Arbeit als einer Domäne, die von gesellschaftlichen Setzungen und Formbestimmungen unmittelbar geprägt, ihnen unterworfen und - in einer politischen Pen;pektivesinnvoll unterwerfbar wAre, ist bei den tonangebenden Soziologen und Gesellschaftstheoretikern gerade nicht mehr die Rede.) Diese Tendenz konnte sich seit der Debatte Ober das Ende der' Arbeitsgesellschaft' in den frühen achtziger Jahren weithin durchsetzen.4 Sie zeigt sich nicht zuletzt in den Arbeiten von einflußreichen, 'diskursbestimmenden ' Autoren wie Gorz und Habermas. Obwohl Gorz einerseits die modeme Arbeit als gesellschaftliche 'Erfindung' darstellt, verbannt er sie andererseits im selben Atemzug ins ewige Reich der Notwendigkeit und der Heteronomie. 181 Trotz wichtiger Überlegungen und Beobachtungen im einzelnen fUhrt ihn seine Kritik der ökonomischen Vernunft' doch zu dem fatalen Schluß, eine 'Aneignung' der Arbeitsverhältnisse oder gar die autonome Einrichtung der Produktionssphäre sei unter heutigen Bedingungen eine 'ontologische' Unmöglichkeit. Das Nachdenken über eine Veränderung der institutionellen Grundstruktur der Arbeit verbannt er damit ins längst dem Untergang geweihte Reich der Utopien der' Arbeitsgesellschaft' . Und auch Habermas, der bereits vor langem "die Abwendung von der Arbeit [ ... ] zum sozialphiloso phisehen Programm erhoben"6 hatte, will die Sphäre möglicher gesellschaftlicher Selbstbestimmung und Selbsttätigkeit gerade jenseits der Arbeitssphäre lokalisieren.' Aufgrund der bekannten kategorialen Vorentscheidungen - im Banne der Differenzierung von Arbeit und Interaktion, von instrumentellem und kommunikativem Handeln, von System und Lebenswelt" kommt es bei ihm zur Reinigung des Arbeitsbegriffs nicht nur von allen normativen, sondern letztlich von sozialen und 'arbeitspolitischen ' Elementen. Gorz wie Habermas tragen so zur gesellschaftstheoretischen Dethematisierung und Entproblematisierung der Arbeit bei. Das theoretisch verankerte Desinteresse verhindert, daß die aktuellen Metamorphosen der Produktion angemessen reflektiert werden. Die Arbeitsvergessenheit der heutigen Gesellschaftstheorie ist vielleicht ihr hervorstechendstes Merkmal. Diese Arbeitsvergessenheit macht sich auch noch dort bemerkbar, wo man sie zunächst kaum vermutet. Wir hatten im Einleitungskapitel zur Kennzeichnung einiger globaler Aspekte der heutigen Entwicklungspbase von Wirtschaft und Arbeit die Studie The Rise 0/ rhe Network Sociery von Castells herangezogen. Wenn wir nun auf das dort Referierte im Lichte unserer Argumentationen zurückblicken, so findet es sich gewiß zum einen in mancher Hinsicht bestätigt. Die Betonung des 'neuen Kapitalismus' zumal ist wohl eher mit unseren Ergebnissen in Einklang zu bringen als die Rede von der 'reflexiven Modemisierung'. Doch bietet manches nun auch Anlaß zur Kritik. Symptomatisch ist bereits der Titel des Buches und die Verwendung des Begriffes Netzwerk. Das "Network" scheint weder geeignet, auf theoretisch gehaltvolle Weise die Signatur des Zeitalters zu bezeichnen, noch auch die Logik des neuen Unternehmensmodells auf den Begriff zu bringen, dem es ebenfalls den Namen gibt. Sowohl die zu enge Verbindung mit vorherrschenden gesellschaftlichen Selbsthesebreibungen als auch die überaus heterogenen Konnotationen, den der Netzwerkbegriff in den Sozialwissenschaften hat, entwerten ihn fUr diese Zwecke. Es entsteht auch der Eindruck, daß alte Phänomene unter einem neuen Etikett nur neu entdeckt werden. Eine wichtige Quelle ftlr die Verwendung in unserem Zusammenhang ist sicher der oft 182 zitierte Aufsatz von Granovetter über die "embeddedness".9 Doch meinte er dort die sIels vorhandene Einbettung von Markt und Hierarchie in 'Netzwerke' sozialer Beziehungen, keinen eigenständigen, 'hybriden' Koordinationsmechanismus jenseits von oder zwischen Markt und Hierarchie, worauf Castells und viele Organisationsforscher indes abheben. Doch von rein formalen sogenannten Netzwerkanalysen, die sich auf kein spezifisches soziales Feld beziehen, über die - meist uneingestandene - Verwendung des Begriffes als Synonym für soziale Relationen, Beziehungen, Strukturen schlechthin, bis hin zur Gleichsetzung mit informellen Beziehungen, also vom abstraktesten bis zum (pseudo-)konkretesten, kann manches unter dem Begriff firmieren. 10 Die Rede vom Netzwerk ist selbst ein Teil des Problems, das es zu lösen gilt. Castells zitiert Kelly, einen Protagonisten der Netzwerk-'ldee': "Das Netzsymbol hat kein Zentrum - es ist ein Haufen untereinander verbundener Punkte - [...] ein ruheloses Bild, das in unscharfen Rändern verschwimmt. Das Netz ist der Archetyp, der entwickelt wurde, um aUe Kreisläufe, alle Intelligenz, allen Zusammenhang, alle ökonomischen, sozialen und ökologischen Dinge, alle Kommunikationen, alle Demokratie, alle Gruppen, alle Großsysteme zu repräsentieren."" Wie heißt es zu derartigen sprachpolitischen Manövern inAlice im Spiegella.d von Lewis Carroll so schön: ,,'Wenn ich ein Wort verwende', behauptete Hampti Dampti hochmütig, 'dann hat es genau die Bedeutung, die ich haben will - nicht mehr und nicht weniger.' 'Die Frage ist" wandte Alice ein, 'ob man das einfach machen kann, einem Wort so viele verschiedene Bedeutungen geben.' 'Die Frage ist', korrigierte Hampti Dampti, 'wer das Sagen hat - das ist alles. '''12 Das Netzwerk-Unternehmen ist zunächst einmal ein Leitbild, ein ' Mythos', eine imaginäre Bedeutung. Es ist eine gesellschaftlich gültige - oder nach Geltung strebende Definition der Logik organisatorischen Handeins. Eine wichtige Aufgabe der Arbeitssoziologie liegt im Entschlüsseln solcher Leitbilder, nicht in ihrer Verdopplung. Die Rede vom Netzwerk ohne Zentrum und als Inbegriff der Demokratie verweist auf ein weiteres Problem: das Schicksal der bürokratischen Herrschaft. Die Rede suggeriert bisweilen, als sei es durch Dezentralisierung, Ahbau von Hierarchie und wachsende Selbstorganisation längst besiegelt. Die hier zusammengetragenen theoretischen und empirischen Befunde hingegen sprechen eine andere Sprache. Der vermeintliche Auszug aus dem ehernen GehIIuse entpuppte sich als nächste Weggabelung im Labyrinth der Heteronomie. Die Kembestimmungen des bürokratischen Syndroms sind keineswegs veraltet: der hierarchische Managementapparat, die soziale Trennung 183 zwischen Managern und Gemanagten, das formal-rationale Kalkül, die symbolische Verdoppelung aller Vorgänge zum Zwecke ihrer (Pseudo-) Kontrolle bleiben als instituiertes Imaginäres erhalten, wenn auch in verwandelter Gestalt. Innerhalb eines neu definierten Rahmens kapitalistischen Wirtschaftens reproduzieren und modifizieren sie sich, bleiben jedoch das geheime Referenzsystem der sie scheinbar transzendierenden neuen Modelle. Auch die These vom epochalen Entwicklungssprung der materiellen Kultur im Gefolge der Durcbsetzung des informationstechnologischen Paradigmas läßt sich aus dieser Sicht nur in eingeschränkter Weise vertreten. In historisch-theoretischer Perspektive steht auch dieses Paradigma in der Kontinuität bürokratischer Rationalisierung, deren Tendenzen zur symbolischen Verdopplung der Realität, der Herrschaft durch Information, der formalen Organisation der Arbeitsprozesse sich in der Informatisierung technisch vermittelt weiter durchsetzen. Die Computerisierung impliziert eine weitreichende Veränderung des betrieblichen Informationssystems, einen Wandel der Informationsform: die Schriftförmigkeit verwandelt sich in 'Computerdatenförmigkeit', in die alle Prozesse transformiert werden, um sie zu steuern und zu kontrollieren. Die bürokratische Logik verlängert sich in die Technologie hinein. Es verbietet sich freilich, aus solchen Aussagen direkte Schlüsse über die konkrete Gestalt und die Anforderungen und die sozialen Konstellationen in der Arbeit zu ziehen. Hier kommen grundsätzliche theoretische Erwägungen ins Spiel, die wir im Verlauf unserer Untersuchung immer wieder herauszuarbeiten versuchten. Der formierende, organisierende wie technisierende Zugriff eines externen manageriellen Apparates auf die Tätigkeiten Anderer kann stets - aus systematischen Gründen - nur ein unvollständiger sein, mit stets höchst widersprüchlichen Effekten. Nur weil seiner Subsumtions- und Entfremdungstendenz das Gegengewicht der Selbsttätigkeit der Subsumierten und Entfremdeten die Waage hält, führt er sich nicht selbst umgehend ad absurdum. Die immer wieder aufs Neue und mit anderen Programmen angestrebte Unterwerfung der Subjekte darf nie erfolgreich sein, wenn gleichzeitig die Ausschöpfung ihrer produktiven und kreativen Potentiale gelingen soll. Das AusschlußlEinschluß-Paradox prägt auch die informatisierte Arbeit im Netzwerk des neuen Kapitalismus. Und Castells spricht es selbst aus, zieht aber nicht die Konsequenz, wenn es bei ihm heißt: ,,[Tbe1 networking logic is needed to structure the unstructured while preserving flexibility, since the unstructured is the driving force of innovation in human activity."13 Das Unstrukturierte muß gleichzeitig strukturiert werden und unstrukturiert bleiben. Dennoch trifft die weitausholende und empirisch gehaltvolle Analyse von Castells zentrale Aspekte der Gegenwartsgesellschaft, ohne deren Deutung 184 , eine Theorie derselben ihren Namen nicht verdient. Doch unterstellt sie zu viel innere Kohärenz und Konvergenz der beschriebenen Tendenzen, wo widerstreitende Prinzipien und Interessen - etwa zwischen ökonomischer und organisatorischer Logik - nach unseren Befunden offensichtlich sind. Sie lehnt sich zu eng an das herrschende Netz-Leitbild an und vermag in der Anpassung der Arbeitsformen an dessen Logik keinerlei Probleme aUSzumachen. Solche Schwächen und Fragwürdigkeiten dOrften aber typisch sein für Versuche - sie stellen heute, wie angedeutet, die Regel dar -, eine Theorie der Gegenwartsgesellschaft zu entwerfen ohne eine kritische arbeitssoziologische Komponente. Vor unseren Augen tritt der Kapitalismus in eine neue Entwicklungsphase. Sie könnte die 'informationelle' heißen, aufgrund der großen Bedeutung der Informatisierung und der Informationstechnologie; oder die 'technologische', aufgrund der großen genereUen Bedeutung technologischer Innovationen und vor aUem auch der sozialen Innovationen der Bedingungen technologischer Innovationen. I" Dabei scheinen wir Zeugen eiDes Prozesses zu werden, der sich ähnlich auch schon in vergleichbaren fruheren Phasen abspielte. Wenn die GeseUschaft eine Krise der bisherigen Strukturen uod Institutionen der Tauschwertproduktion durchlebt, erinnert sie sich plötzlich dessen, worauf sie in Wahrheit immer schon beruht: die Gebrauchswertseite gesellschaftlieher Arbeit. Deren Produktivität und Kreativität entdeckt man dann neu - als kostbarste 'Ressource', wie es bezeichnend heißt. Neue Weisen des beherrscbenden und berechnenden Zugriffs auf sie sollen dann gefunden werden. Bei dieser Suche wird jene 'Ressource' - zunächst theoretisch, dann grobpraktisch - dem angeglichen, was man zu begreifen meint oder auf was man vermeintlich problemlos zugreifen kann. Heute der 'Information' (und den entsprechenden Techniken), dem 'Netz', dem 'Markt'. Wenn sich in der Vergangenheit solche Leitbilder und Normen der Organisations- und Arbeitsgestaltung durchgesetzt hanen, begann bald wieder eine neue Runde des Verdeckens und Ausblendens der zuvor entdeckten 'Ressource'. Es folgten dann wieder andere, gleichsam regressive Leitbilder. Manches deutet darauf hin, daß wir uns heute bereits wieder an einem solchen Umschlagspunkt befinden könnten. Mit historisch und theoretisch geschärftem Blick zeigt sich so nicht nur, aber auch - viel Altes im Neuen. Eine wesentliche Aufgabe kritischer Arbeitssoziologie besteht also darin, gegen diese Leitbildströmungen anzuschwimmen. Sie muß die andere Seite des gesellschaftlichen Rationalisierungsprozesses zum Gegenstand machen. Unabhängig von den Leitbildkonjunkturen muß sie die Eigenlogik, die Sperrigkeit, den Eigensinn dessen betonen und aufklären, auf was da - in stets 185 widerspruchlicher Weise - rationalisierend zugegriffen, was da beherrscht werden soll. Die gängigen arbeitssoziologischen Analyseperspektiven und Methoden sind einer solchen Aufgabe, wie wir sahen, nur sehr bedingt gewachsen. Und der Arbeitsvergessenheit der Gesellschaftstheorie steht die Theorievergessenheit vieler Arbeitssoziologen gegenüber. Theoretische Revisionen und methodische Öffnungen sind aber nötig. Deshalb muß auch gesellschaftstheoretisch ansetzen, wer heute der Entproblematisierung und Dethematisierung der Arbeitssphäre in der öffentlichen wie in der sozialwissenschaftlichen Diskussion entgegenwirken will. Vertrauen darf man dabei auf jenes Neue, das sich im guten Alten immer wieder findet: in den Theorien der Marx, Weber oder Castoriadis. Unsere Anleihen bei dem gesellschafts theoretischen Entwurf von Cornelius Castoriadis verhalfen uns zu wichtigen Einsichten in die Widerspruchlichkeit der kapitalistischen Rationalisierung und die notwendige, aber verdrängte Selbsttätigkeit im Arbeitsprozeß -und daruber, daß eine konkrete Utopie autonomer Arbeit nicht in einem luftleeren Raum schwebt, sondern daß sich ihre Keime in den alltäglichen ambivalenten Erfahrungen der Arbeitenden mit ihrer Arbeit finden lassen. Castoriadis ist hierzulande als Theoretiker des "Imaginären" rezipiert worden, auf Resonanz stießen allenfalls seine spAteren Schriften. Die Aspekte seines frühen Werkes, auf die wir uns auch beziehen konnten, sind dabei nicht wahrgenommen worden. Daß sie in den allgemeineren Konzepten des späteren Werks aufgehoben sind, zeigte indes die Idee der dualen Institution. Die Vorstellung besagt, daß zwei imaginäre Strömungen oder kulturelle Orientierungskomplexe der modemen Gesellschaft ihr Gepräge geben. Die Hauptströmung speist sich aus dem kapitalistischen Komplex, dessen Kern das Phantasma einer unhegrenzten Ausdehnung rationaler Kontrolle über die natürliche und soziale Welt bildet. Darin verbinden sich dynamische, entgrenzende Strebungen (unbegrenzte Ausdehnung) mit dem Streben nach Eingrenzung und Beherrschung (rationale Kontrolle) zu einem spannungsgeladenen Gemisch. Es ist ein Projekt der Entfesselung von Kräften, die gleichzeitig nach formal-rationalen Kalkülen beherrscht werden sollen. Das ist in nuce das Einschluß-/Ausschluß-Motiv, das unsere Betrachtung mit leitete. Und der imaginäre Gegenstrom eines Entwurfs der Autonomie, der die gesellschaftliche Institution mitbestimmt, zeichnete sich in rudimentärer, keimhafter Form in den Mikrostrukturen der Selbsttätigkeit im Produktionsprozeß ab. Die weiteren inhaltlichen Perspektiven derartiger Revisionen und Öffnungen traditioneller arbeitssoziologischer Perspektiven haben wir bereits zur Genüge erörtert. Sie gipfeln in der entscheidenden Forderung, die Widerspruche und Metamorphosen kapitalistischer Produktion im normativen Horizont der 186 Entfaltung und Behinderung kollektiver wie individueller Autonomie zu analysieren. Daraus ergibt sich etwa auch als eine Konsequenz, daß die bisherige Arbeitsteilung zwischen Arbeitssoziologie und Soziologie der industriel- Ien Beziehungen, die sich traditionell der Entwicklung 'industrieller Demokratie' widmete, kaum mehr-jedenfalls in ihren 'mikrologischen', betriebsund arbeitsbezogenen Aspekten -aufrechtzuerhalten ist. I' Und es ergibt sich weiterhin, daß die arbeitssoziologische Forschung sich wieder ernsthaft- Wld zwar in jenem Horizont - der individuellen Arbeitserfahrung und dem Bewußtsein der Arbeitenden zuzuwenden hat - als einer wirklich 'autonomen' Dimension indes, die nicht, wie die traditionelle Arbeitssoziologie zunächst meinte, aus diesem oder jenem Merkmal der Arbeitssituation gleichsam abzuleiten wäre. 16 Und fraglos müssen dabei in die Betrachtung auch die Erfahrungen vor und jenseits der Produktionssphäre - freilich als Erfahrungen mit analogen Widersprüchen und Ambivalenzen im Hinblick auf das Streben nach Autonomie - einbezogen werden. Vor, in und jenseits der Produktion ergibt sich rur die Individuen eine Abfolge von - geschlechtsspezifisch eingeflirbten - Stationen der Sozialisation wie der Aneignung, die sich zu einer "gebrochenen Kontinuität von Ambivalenzerfahrungen"17 verknüpft, eine Kontinuität, die von der Arbeitsanalyse nicht abgeschnitten werden darf. Das gesteigerte Interesse an der Mikrologie von Herrschaftsverhältnissen, das sich aus unseren Überlegungen ergibt, macht auch methodische Entdogmatisierungen nötig. "Die Arbeitenden sind die alleinigen Experten ihrer Erfahrung"J8: das ist nicbt nur die neueste Managementerkenntnis, sondern auch der erste Lehrsatz einer Methodologie kritischer Arbeitsforschung. Daß der Methodenkanon in diesem Sinne erweiterungsfllhig ist, zeigen - neben arbeitssoziologischen Unterströmungen, die wir erörterten - die Forschungstraditionen anderer Länder. Nicht zuletzt der teilnehmenden Beobachtung wurde hierzulande nicht die Aufmerksamkeit zuteil, die ihr speziell in herrschaftstheoretischer Perspektive gebührte. Dabei läßt sich zeigen, daß manches Vorurteil gegenüber dieser Methode entscheidend zu relativieren ist und sie vor 。ャセュ@ keineswegs den Schluß auf größere Untersuchungseinheiten und gar - in der entsprechend kontrollierten Zusammenschau - quantitative Analysemöglichkeiten ausschließt, 19 Das benannte Interesse verweist allemal darauf, das Wechselspiel von Theorie und Empirie zu verlebendigen: "Theoretische Entwürfe werden nicht nur an Erfahrungen 'kontrolliert', sondern reichem sich an der Durcharbeitung des Gegenstandes mit Konkretionen an. Aus ihnen bezieht die Theorie ihre kritische Potenz und die Chance, zu den gegenwärtigen gesellschaftlichen Verhältnissen in einer Weise Stellung zu beziehen, die provoziert, weil sie vermag, ihnen zu nahe zu treten.u20 187 Ein Versuch, die Besonderheiten der gesellschaftlichen und geschichtlichen Welt von den imaginären Bedeutungen und den widersprüchlichen Formen ihrer instituierten Gestalten her zu rekonstruieren, kann nicht einfach in eine weitere 'traditionelle Theorie' münden. Worum es statt dessen geht, ist "eine aporetische und dialektische Aufldärung".21 Dies meint zum einen, daß die 'fundamentale Kritik an der Verabsolutierung der 'Bestimmungen' der Identitäts- und Mengenlogik selbst noch gezwungen bleibt, mit 'Bestimmungen', ohne die keine Verständigung möglich wäre, zu operieren. Zum anderen aber verweist es auf das, was den Mittelpunkt des Interesses bildet: die Aufklärung verdeckter, im blinden Fleck der hemchenden Denk- und Wahrnehmungsweisen liegender Bedeutungsschichten. Den Keimen und Vorboten alternativer, autonomer Institution, in unbeachteten und unterdrückten Praktiken versteckt, gilt die Aufmerksamkeit. Die leise Stimme der Autonomie soll vernehmbar gemacht werden. Solcherart Aufklärung will Heteronomie unterminieren. Sie kämpft mit den Waffen der Kritik gegen sie an. Kritik muß dabei, wie es Dahmer in Anlehnuog an Korsch formuliert, auf dreifache Weise ansetzen: immanent, transzendental und transzendent. "Als immanente deckt sie Widersprüche im Text der Lebenslügen Buf; als transzendentale fahndet sie nach dem Ursprung einer defizienten Lebensform und macht den Zusammenhang 'falscher' Selbst- und Weltbilder mit einer bornierten Praxis kenntlich; als transzendente schließlich antizipiert sie die Auflösung der bestehenden Lebensverhältnisse und geht in verändernde Praxis über:'22 Was hieße dies rur eine kritische Arbeitssoziologie? Ihre immanente Kritik zielte auf das aktuelle Imaginäre in der Produktion, dessen besondere Gestalten und Bearbeitungen: die Leitbilder und Managementideologien mit ihren handlungsleitenden, präskriptiven Vorgaben, ihren Bildern vom Menschen, seinen Beziehungen und seiner Kooperation, ihren Legitimationsformeln filr Hemchaft. Ihre Bedeutungsanalyse und Ideologiekritik wäre darauf aus, den Beteiligten eine reflektierte, ウ・ャ「エゥョオセᆳ eignung des Imaginären zu ermöglichen. Stets 'unzeitgemäß', hätte einekritisehe Arbeitssoziologie gegen die je aktuellen Leitbildströmungen anzuschwimmen und das von ihnen Ausgegrenzte und Ausgeblendete zu benennen. Die Aufgaben transzendentaler Kritik liegen am ehesten auf traditionellem arbeitssoziologischem Feld. Sie hätte nach den sozialen Bestimmungsgründen defizienter Praxis zu fahnden, deren konkrete Formen verstehbar und damit potentiell veränderbar zu machen. Sie fragte danach, "was mit dem Modus moderner Organisation in der Welt angerichtet wird"23, in welcher Weise und wodurch zumaljenermachtvolle Modus Restriktionen, Repressio188 \ nen und die Ausbeutung von Selbsttätigkeit und dadurch die Unterdrückung Vöh Keimen der Autonomie bewirkt. Ihr konzentriertes Augenmerk richtete sieb daher auf diejenigen Krisensymptome der Produktionsorganisation, die sich in den widersprüchlichen Handlungsanforderungen ausdrücken, die Selbsttätigkeit notwendig machen. Dies implizierte freilich, unbeachtete 'Randphänomene' und den herrschenden instituierten Zwecken widerstrebende Erfahrungen weit ernster zu nehmen als bisher und dem vermeintlichen .,Abhub der Erscheinungswelt"", der die Kehrseite, das Unterleben der Organisation bevölkert, in dichten arbeitssoziologischen Beschreibungen und Interpretationen zur Sprache zu verhelfen. Ihre transzendente Kritik schließlich hätte Ansätze zu alternativen, selbstbestimmten Formen der Regulation der Selbsttätigkeit der Arbeitenden zu rekonstruieren und mischte sich in den politischen Kampfum deren Verwirklichung ein. Die anzustrebenden Formen der "industriellen Autonomie"" können abstrakt als kollektive Aneignung der Institution der Arbeit im Sinne einer expliziten, reflektierten und egalitären Partizipation an dieser Institution beschrieben werden. Ihren normativen Dreh- und politischen Angelpunkt fände eine solche kritische Arbeitssoziologie in der alten, aber immer wieder verdrängten Frage nach den Voraussetzungen und möglichen Formen realer Demokratie in der Produktion. Vielleicht ist ein Bild von Magritte, Die Arbeiten des Alexander betitelt26 , kein schlechtes Symbol für die Natur jener Rätsel, an deren Aufklärung die arbeitssoziologische Imagination sich abarbeiten müßte. Es stellt einen Baumstumpf dar, dessen Stamm gerade abgeschlagen worden ist und dessen Wurzel eine am Boden liegende Axt fest umklammert hält. Das Bild wirft die Frage auf, wie es denn möglich war, daß die Axt den Baum fallte, wo doch dessen Wurzel die drohende Gefahr, durch Anverwandlung gleichsam, längst zu bannen vermochte. In paradoxer Weise ein Eigenes scheint immer schon gewesen, was doch die tödliche Wunde schlug. Ein solches Rätselbild ist auch die heteronome Arbeit, die stets eine Selbsttätigkeit der Arbeitenden impliziert, in der ihre Autonomie als Möglichkeit aufscheint. 189 Anmerkungen Einleitung 1 2 Castells 1996. Es handelt sich um den ersten Band einer The Information Age betitelten. imponierenden dreibändigen Zusammenschau und Interpretation der globalen sozioökonomischen. kulturel1en und politischen Entwicklungstrends. Auch die heiden anderen Bände liegen inzwischen vor (Castells 1997 und 1998). V gl. Castells 1996, S. ISff. Hier ist nicht der Ort, auf die ausufernde Debatte Ober die postindustrielle Gesellschaft, die 'InfonnationsgeselJschaft oder die 'Wissensgesellschaft' einzugehen. Für unsere Zwecke genagt es, daß Castells ein empirisch gehaltvolles Gesamtbild der aktuellen Situation und der Tendenzen der Weltgesellschaft zeichnet, in dem sich der Gegenstand unserer Untersuchung gut verorten läßt. Vgl. ebd., S. 60tf. Vgl. ebd., S. ISlff. Vgl. ebd., S. IS9f. Vgl. VoßIPongratz 1998 oder Zielcke 1996. Vgl. Castells 1996, S. 471ff. Zum heftig diskutierten 'Komplex' der neuesten Welle der Internationalisierung des (Finanz-) Kapitals vgl. z. B. auch Altvater! Mahnkopf 1996 und Hübner 1998. Vgl. ebd., S. 472. Beckenbachlvan Treeck 1994. Ebd., S. 3. Ebd. Ebd., S. 6. Ebd., S. 4 tf. Weber 1904, S. 214. Beckenbachlvan Treeck 1994, S. 3 (in Anlehnung an Weber 1904, S. 214). Baecker 1994b, S. 22. Ebd. Ebd. Ebd., S. 23. Wohingegen die Antwort der zeitgenössischen Gesellschaftstheorie und 50z1alphilosophie - sofern ihnen überhaupt noch etwas zu dieser Frage einfällt. was heute. sehr im Unterschied zu den sechziger und siebziger Jahren. kaum mehr der Fall ist (vgl. Honneth 1993, S. 237f. sowie Honneth 1994, S. 61) - ein entschiedenes 'Nichts!' wäre (vgl. Gorz 1989 oder, freilich differenzierter, Habermas 1980, S. 482tf.). Baecker 1994b, S. 26. Ebd. Allerdings hatte Castells offenbar kein sonderlich gutes Gewissen dabei, den vielen bereits existierenden Verlegenheitsbegriffen ror die Gegenwansgescllt 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 191 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 192 schan noch weitere hinzuzuftigen (vgl. Castells 1996, S. 21, Fußnote 33). Was konkrete Ausführungen zum Thema Arbeit anbelangt, so betont Castells neben den Umwälzungen des Arbeitsprozesses (5 . 240ff.) vor allem die Fragmentierungs- und Individualisierungseffekte auf dem Arbeitsmarkt und bei den Arbcitsbeziehungen sowie den Machtzuwachs für Kapital und Management, die der Übergang zum informationellen Kapitalismus mit sich bringe (S. 272ff. und S.474fT.). Vgl. Sperling 1994, passim. ,- . Müller-Ientsch 1994a, S. 657. Sperling 1994, S. 12. Müller-Ientseh 1994a, S. 659. Ebd., S. 657f. Ebd., S. 659. Vgl. Müller-Ientseh 1994b. Ebd., S. 364. Sehumann u.a. 1994. KemlSchumann 1984. Schumann u.a. 1994, S. 657. Vgl. Womack u.a. 1990. Vgl. Schumann u.a. 1994, S. Hf. und S. 657fT. Ebd., S. 652. Ebd., S. 659. Ebd. Ebd., S. 656. Schumann 1998, S. 19f. Oder wie es Kern bereits v,ar Ilngerem formulierte: .. Das Projekt der befreiten Arbeit, für uns frOher nur denkbar als Aufhebung des Kapital verhältnisses, wird heute vom Kapital, in miniaturisierter Form frei li ch, als Effizienzkonzept selbst in Szene gesetzt." (Kern 1989, S. 202) Rammert 1983, S. 44. Ebd., S. 46. Littek 1983, S. 121. So viel Ende wie heute war wohl noch nie. Man denke nur an das traurige Schicksal. welches das Subjekt oder den Menschen, die Philosophie und auch die Geschichte bereits vor längerem ereilte. Im engeren Bereich sozialwissenschaftlicher Gegenwartsdiagnose, in dem wir uns hier bewegen. stehen immerhin auch schon die Arbeitsteilung (KemlSchumann 1984), die Klassen (vgl. z. B. Beck 1986, S. 134) und die Arbeit selbst (Ri/kin 1994) auf der Verlustliste. Freilich, weitergehen muß es dann doch immer wieder, auch wenn man manchmal nicht ganz begreift. wie. Doch wo Begriffe fehlen, da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein - oder auch bloß ein Prlfix: Post. Nicht völlig ausschließen können wir natürlich. daß manch zitierte schriUe Formulierung womöglich auf einen bewußt saloppen, allzu sorglosen. gleichsam augenzwinkernden Gebrauch von Kategorien wie Heteronomie, Emanzipation , 48 49 50 51 52 53 S4 55 56 57 58 59 60 oder Freiheit zurOckzuführen ist, der sich einstellen mag, wenn man meint, Offentllctle Aufmerksamkeit für industriesoziologische Themen überhaupt nur noch mit immer spektakuläreren Meldungen gewinnen zu können. Die eigentlichen Probleme, d.ie in den dargestellten Einschätzungen zum Vorschein kommen, sind jedoch theoretischer Natur, "There has been no transformation in the workforce, and there has been 00 sweeping metamorphosis." (Argyris 1998, S. 99) Argyris gehOrte vor nunmehr Ober vierzig Jahren neben McGregor und Liken zu den Pionieren heutiger Vorstellungen von partizipativem Management (vgl. Argyris 1957 und BoUe De BaI 1992). Vgl. Schumann 1998. Vgl. Springer 1998 und 1999. Zur Geschichte dieser Diskussion vgl. den Überblick bei Pankoke 1990. Vgl. Amason 1988, S. Ilff. Wie Beckenbachlvan Treeck 1994, S. 6 hervorheben. Der. wie Schmiede bereits vor mehr als zehn Jahren feststellte, mit einer •.kaum noch erkennbarc[n] Einbindung der industriesoziologischen Forschung in breitere gesellschaftstheoretische Fragestellungen" einbergeht (Schmiede 1986, S. 176). "Wahrscheinlich giht es Anfang der 90er Jahre keinen gesellschaftlichen Bereich, in dem so radikal und verbindlich mit neuen InstitutionaLisierungsfonnen experimentiert wird wie in der Industrie. [... ] ln einer noch nicht absehbaren Weise gilt das auch für Machtstrukturen, Herrschaftsformen und 'industrielle Beziehungen', die sich in einem tiefgreifenden Wandel befinden. In solchen Zusammenhängen ergeben sich Möglichkeiten, die gesamtgesellschaftlichen Bezüge wieder aufzubauen, die in den 70er Jahren weitgehend verlorengegangen sind, Industrielle Sozialstrukturen baben nach wie vor die harte Verbindlichkeit (gesellschaftlich erzeugter) ökonomisch-technologischer Zwänge; glei chzeitig sind sie in den letzten Jahren in einer Weise tragil geworden) die noch vor einem Jahrzehnt unvorstellbar war. Diese Kombination ist キゥウセョ」ィ。ヲエNャ@ aufschlußreich und politiscb-praktisch von großer Bedeutung." (Hack 1994, S. 68f.) So lautet der Titel der 1981 erschienenen deutschen Übersetzung des Buches Contested Terrain von Edwards (1979), das die Konjunktur der Themen 'Kontrolle' und 'Arbeitspolitik' in den darauffolgenden Jahren zu befördern half. Vgl. Beckenbach 1991, S. 163-182. Vgl. Giddens 1984, S. 67 und Elias 1970, S. 77. Vgl. Wolfu.a. 1992. Die Buchfassung des Endberichts wird Klaus Dörre in Kürze vorlegen. An frOheren Veröffentlichungen aus dem Projekrzusammenhang sind zu nennen: Dörre u.a. 1993, DOrre/Neubert 1995, Dörre 1996. 11, Die Hauptströmungen der Arbeitssoziologie und das Problem der Heteronomie I 2 Russell 1935, S. 12. So lautet sinngemäß die Arbeits-Definition von Tillyrrilly 1998, S. 22. 193 3 4 S 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 194 Vgl. ebd., S. 22f. Besonders die feministisch orientierte Forschung hat diese Erkenntnis befördert. Wir werden im folgenden, wie bereits in der Kapitelüberschrift. fast nur noch die Ausdrücke Arbeitssoziologie und arbeitssoziologisch verwenden - nicht nur der Einfachheit halber, sondern weil es schlicht den übergreifenden Gesichtspunkt bezeichnet. "Insoweit 'Industrialisierung' - mit ihrem doppelten Moment der Technisierung und Organisierung nicht nUT von Güterproduktion, sondern von immer neuen gesellschaftlichen Funktions- und Lebensbereichen - den zentralen Impuls der Entstehung und Entwicklung von industriellen Gesellschaften darstellt und insoweit Soziolog ie als Wissenschaft selbst ein Produkt eben dieses Prozesses ゥウセ@ sind die sozialen Strukturen und Prozesse, in denen sich Industrialisierung vollzogen hat und vollzieht, von Anbeginn an zentrales Thema von Soziologie schlechthin." (LutziSchmidt 1977, S. tol) Oder wie es Dahrendorf Mitte der sechziger Jahre in seiner EinfUhrung in di e Industrie- und Betriebssoziologie formuliert: "In der Industriegesellschaft sind Industrie und Industriebetrieb nicht nur eine neben anderen Institutionen. Wirtschaftlich, sozial und kulturell bilden sie den strukturellen Brennpunkt dieser Gesellschaften." (Dahrendorf 1965, S. 128) Deshalb aucb das - bis dahin - außerordentlich große lnteresse an industriesoziologischen Fragestellungen: "Es dürfte schwer sein, den Namen eines deutschen Soziologen zu nennen, der sich nicht mit industrie- und beIriebssoziologischen Problemen beschäftigt haI." (ebd., S. 52f.) Vg!. LutziSchmidt 1977, S. 168 (unIerBezug auf Geiger). Ebd., S. 168f. Ebd., S. 169. Die ideologiekritische Perspektive auf Herrschaft in der industriellen Produktion bildet den Schwerpunkt der Arbeit von Scbumm-Garling 1972; vgl. auch Ullrich 1977, S. 13ff. Pirker u.a. 1955. LutzIWillener 1961 und Lutz 1975. Vg!. z. B. Pirker 1964. "Für uns war der industrielle Großbetrieb der strategische Ansatzpunkt [zur GesellschaftsverAnderung; H. W.], an dem die Gewerkschaften den Angriff- im Sinne der Lokomotive des Fortschritts - unternehmen sollten. Wir sahen nach den Erfahrungen mit der Verfassung, auf der Ebene der Kommune, nur noch einen operativen Raum, in den wir eindringen zu können glaubten, das war der industrielle Großbetrieb, und zwar in allen Zweigen, die in technologischen Verlinderungen sich befanden." (Pirker in lander 1988. S. 67) Beckenbach 1991, S. 46. Vg!. Pirker 1964. Pirker u .•. 1955, S. 382. Ebd., S. 33. HAtte das Management bereits durchgehend •.rationale Einsichten in die betrieblichen Abläufe", dann wäre die empirische Forschung im Industriebetrieb sozusagen überflQssig (vgl. ebd., S. 38). Die verschiedenen Ordnungs versuche des 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 Managements sind nicht bereits mit einer solchen ,.rationalen Einsicht" zu verwechseln. "Der Industriesoziologe, der diese Ordnungsversuche des Managements als 'dem Wesen des Industriebetriebs' von vornherein entsprecbend ansieht, geht an einer der wichtigsten Fragestellungen seiner Wissenschaft vorbei, die gerade darin besteht, die Objektadäquatheit oder -unadllquatheit von Vorstellungen, Institutionen und Methoden der Beeinflussung sozialer Vorgänge im industriellen Großbetrieb zu prüfen." (Ebd., S. 39) Vgl. Schmidtl970, S. 173ff. Pirker U.3. 1955, S. 37. "Beide Umstände demonstrieren", so fahren die Autoren fort, "daß die Aufgabe der sozialen Rationalisierung nur als gemeinsame Leistung des Managements, der Belegschaften, der Gewerkschaften und der sッコゥ。ャキウセ・ョ」ィヲエQイ@ angegangen und optimal gelöst werden kann." (ebd.) Sie plädieren daher für den .. Einbau einer industriesoziologischen Untersuchungsstelle in die Gesamtorganisation des Managements" (ebd.). Dieser neue Arbeitertyp "stellt keine moralischen Erwartungen an den Betrieb, das Management und die organisierte Gesellschaft, er erwar1et jedoch von Betrieb und Management Chancen und Angebote und damit eine grundsätzliche Anerkennung seiner Selbstbestimmung." (ebd., S. 373) Er ist der Rationalisierung gegenüber aufgeschlossen. "Das elementare Bedürfnis nach Selbstbehauptung und Selbstbestimmung drückt sich in [seinem; H. W.] Bedürfnis nach Terminierung der Arbeit und der Organisation (sei es Management, seien es Gewerkschaften) und nach Entideologisierung und Entheroisierung des öffentlichen Lebens innerhalb und außerhalb der Betriebe aus." (ebd., S. 375) Lutz 1992, S. 113f. Pirkeru.a. 1955, S. 378f. Ebd., S. 436. VgI. LutzlSchmidtI977, S. 188ff. Lutz 1975. "Leistungsentlohnung wird hier als Instrument betrieblicher Herrschaft und betrieblicher Verwertung menschlicher Arbeitskraft verstanden, das im Indusmalisierungsprozeß dann zentrale Bedeutung erlangt, wenn der Entwicklungsstand der Produktionsweisen und - korrelativ - der allgemeinen wirtschaftlichen und gesellschafllichen Bedingungen es verbieten, die Erbringung der vom Betrieb benötigten Arbeitsleistung ausschließlich durch unmittelbaren physischen und ökonomischen Zwang zu garantieren. Lohnanreize sind somit ein Mittel, die Subsumtion menschlicher Arbeit unter die Interessen des Betriebs von einem außeren zu eiDern inneren Prezeß und den Arbeiter- Ober sein Interesse an möglichst hohem Verdienst - zum Agenten seiner eigenen Disziplinierung zu machen." (Lutz 1975, S. 28) Ebd., S. 35. Ebd., S. 36. Ebd., S. 38. Popitzu.a.1957. VgI. Beckenbach 1991, S. 52. Bahrdt 1959, S. 116. 195 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 SO SI 52 196 Vgl. ebd., S. 119. Ebd., S. 121 (Bahrdt2itiert hier Marx). Vgl. Bahrdt 1956. Vgl. Pirker 1964 (in positiver AnknOpfung an die bekannte Formel von Engels). .,Die sozialen Verhältnisse sind eng verknüpft mit den ProduktivkrAilen. Mit der Erwerbung neuer Produktivkräfte verändern die Menschen ihre Produktionsweise, und mit der Veränderung der Produktionsweise [ ... ] verändern sie alle ihre geseiischafllichen Verhältnisse. Die HandmOhle ergibt eine Gesellschaft mit Feudalherren, die Dampfmühle eine Gesellschaft mit industriellen Kapitalisten." (Marx 1847, S. 130) Neben Bahrdt insistiert vor allem Pirker darauf, daß sich entsprechende Thesen uals keineswegs so falsch gegenüber den Möglichkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung [erweisen]. wie die Kritiker des Marxismus es heute gerne haben möchten." (pirker 1964, S. 181) Lut7.1Schmidtl977, S. 193. Lut2 1983, S. 181. Ebd., S. 178. Vgl. auch Brandt 1984 und Rammert 1992. Vgl. Dahrendorf 1965, S. 71. Lut:rJSchrnidt 1977, S. 181. Vgl. ebd., S. 182. Die Forderung nach dem Primat des Ökonomischen erhob Littek. Der Strategie-Ansatz wurde bekanntlich am Institut für sozialwissenschaftliche Forschung in München entwickelt (vg!. Bechtle 1980). Lut2 1969, S. 248. Ebd., S. 248f. Kem/Schumann 1970, Kem/Schumann 1977. Wir verwenden hier - man mOchte fast sagen, wie loul Je monde - die Kuhnsehen Begriffe (vgl. Kuhn 1967) im Anschluß an die oben zitierten Passagen von Lutz bloß in ganz lockerer Analogie und - wie bereits in der Einleitung ausgefUhrt - ohne die Absicht, daran wirklich eine wissenschaftshistorische und -soziologische Betrachtung anzuschließen. Brandt 1984, S. 263. Dem korrespondiert die Beobachtung. daß ein genuines Interesse an Grundlagenproblemen der Arbeitsanalyse spätestens seit Mitte der achtziger Jahre verJorengegangen zu sein scheint. Die Analysebegriffe werden in den empirischen Studien nichl mehr explizit definiert und operationalisiert. und ihre theoretischen lmplikationen bleiben meist im Verborgenen (vg!. Moidaschi 1991, S. 45). Umso wichtiger ist es. diese verborgenen lmptikationen herauszuarbeiten und sich ihren Einfluß auf die Eigenart der Befunde bewußt zu machen. Um Mißverständnissen vorzubeugen: Das heißt natürlich nicht, daß dieser Ansatz den Blick nicht auf andere wichtige Zusammenhänge hinlenkte und daß er keine Meriten besäße. Worin diese für uns bestehen, wird im folgenden mit anklingen und in Abschnitt 3 dieses Kapitels wieder aufzunehmen sein. Uns geht es hier "nur' um das Problem der Heteronomie. Was hier beabsichtigt ist. ist also nicht etwa eine 'Gesamtwürdigung' des GOttinger Ansatzes, sondern der Hinweis auf seine herrschaflssoziologischen Schwachstellen. Dabei IIßt sich kaum .- 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 venneiden, auf-insbesondere den arbeitssoziologisch vorbelasteten Leserinnen und Lesern - Wohlbekanntes und schon oft Dargestelltes aus unserem Blickwinkel nochmals relativ ausführlich einzugehen. Vgl. KemlSchum.nn 1977, S. 17 und S. 33. "Das Erkenntnisinteresse unserer Untersuchungen zielt letztlich auf die Bedingungen gesellschaftsverAodemden Klassenhandelns", heißt es im Vorwort zur Studien.usgabe (ebd., S. 13). Vgl. ebd., S. 21. KemlSchumann 1970, TeilII, S. 36. Diese Begriffsbestimmung knüpft an Popitz U.8. 1957 an. Der letzte Satz ist natürlich eine Miniatur des Marxschen Handund DampfmOhlenzitats. Kern 1998, S. 124. Vgl. KemlSchumann 1977, S. 21. Vgl. ebd., S. 18. Vgl. ebd .• S. 22. Daß )IRIdiese Ansicht kaum haltbar zu sein scheint, sei hier nur angemerkt. Ebd. Gewiß wird zunächst noch, wie erwähnt, darauf verwiesen, daß das LohnarbeitsverhAltnis und die Stellung zu den Produktionsmitteln auch weiterhin wichtige gemeinsame bewußtseinreJevante Erfahrungselemente konstituieren (die genannten defizitären Entlohnungs-, Partizipations- und Arbeitsmark1bedingungen). Diese Momente der LohnarbeitersiLuation, so heißt es ausdrücklich, ..,behalten unabhängig von den Differenzierungen der Arbeit Geltung." (ebd.) Zu fragen sei daher eigentlich, welche Momente (die eher vereinheitlichenden oder die difTeren. zierenden) das Lohnarbeiterbewußtscin entscheidend prägen. Welches Moment das entscheidende ist, wäre demnach empirisch zu kliren. Diese selbst im gewAlllten Bezugsrahmen folgerichtige Fragestellung bleibt allerdings für den Untersuchungsansatz folgenlos und geht in den Bewußtseinsanalyscn verloren. Kern 1989, S. 201. Vgl. KemlSchum.nn 1977, S. 18. Ebd., S. 52. Ebd., S. 53. In dieser Perspektive werden vier Funktionen (auch ArbeitsfuDktionen genannt) in einem Arbeitsprozeß unterschieden: ZufUhrung und Abnahme des Arbeitsgegenstands, Gestaltung (PI.nung und Ausfllhrung) des Arbeitsablaufs, Kontrolle sowie schließlich Korrektur des Arbeitsablaufs (vgl. ebd., S. 54). Angeknüpft wird hier an die "Organersatz"-These Gehlens (der sich seinerseits u.a. auf das von dem Ingenieur H. Schmidt fonnulierte .. Drei-Stufen·Gcsetz" der Technikevolution stützt; vgl. Gehlen 1957, insbe•. S. 17ff.l. deren damalige Attr.ktivi14t (vgl. Habermas 1968, S. 55f.) sich dem Umstand verdankt, daß sie sich nahtlos in das industriegesellschaflliche Entwicklungs·'Paradigma' tilgt: indem sie eine unmittelbar aus der menschlichen Natur sich ergebende, vorsoziale Logik der technischen Entwicklung postuliert. Vgl. GottschalchiOhm 1977, S. 350f., die vor .llem auch d.s Ausblenden des Notwendigwerdens von menschlichen Eingriffen neuen Inhalts auffortgeschrittenem Mechanisierungsniveau monieren . 197 69 ..Durch den Vorgang der Mechanisierung werden diese ursprünglich menschlichen Funktionen mehr und mehr auf die technischen Einrichtungen verJagert. 1m Extremfall ergibt sich als Gegensatz des reinen Handbetriebs die voJlautomatisehe Produktion, in der alle vier Funktionen den Produklionseinrichtungen übertragen sind, so daß sich der Mensch auf die Grundplanung des Abl aufs. auf die Vorgabe der aus dieser Planung resultierenden ProduktionSDonnen und auf die Kontrolle des Gesamt.bl.ufs beschränken kann." (KemlSchumann 1977, S. 55) Resultate der Klassitikationsbemühungen sind, wie bekaoDt, ein neunstufiges Schema der Mechanisierungsgrade und die Unterscheidung relevanter industrieller Prozeßtypeo (Stoffumwaodlung, -verfonnung etc.; vgl. ebd., S. 57ff.). 70 "Alle Arbeitsakte, die [... ] ein und demselben Zweck dienen, die also ein gemeinsames Thema haben, werden als eine Funktion behandelt." (ebd., S. 65) Die in der Analyse zur Kennzeichnung von Arbeitsplätzen verwendeten Arbeitsfunktionen sind: Kontrollieren; Bearbeiten, Bedienen, Dosieren, Montieren, Reinigen, Sortieren, Transportieren, Verpacken; Regulieren, Steuern, Umstellen, Schalten; Einrichten, Montieren, Reinigen, Reparieren , Warten (bezogen auf Instandhaltungs-/Störungssituationen); Informieren und Leiten (ebd., S. 66f.). 71 Das fllIt umso mehr auf, als diese Momente bei der Klassifikation technischer Einrichtungen als wichtige Dimension von Arbeit noch genannt werden (5 . 0., Anm. 67 und 69). Vgl. dazu auch Gotlsch.lcblOhm 1977. 72 KemlSchumann 1977, S. 69 (Hervomebung durch mich, H. W.). 73 Ebd., S. 70. 74 Ebd. 75 Vgl. GottschalcblOhm 1977, S. 354f. 76 KemlSchum.nn 1977, S. 70. 77 Ebd., S. 72. 78 Ebd., S. 73 . 79 Ebd., S. 69. Notieren wir auch hier den - in der Perspektive einer 'arbeiterbezogenen' Analyse - merkwürdigen Nachvollzug der Verkehrungen und Verding lichungen der Logik einer Kapita/perspektive auf Arbeit: die zum Subjekt beförderten Arbeitsbedingungen unterwerfen den Arbeiter dem Diktat eines fremden Willens, sie sind es also. die - wie in den bekannten Manschen Formulierungen im Kapital- den Arbeiter 'anwenden'. Und nicht etwa jener fremde Wille ist es, der sich ihrer bedienen muß, um seine partikularen Zwecke zu verwirklichen - und der die Arbeiter dadurch einem spezifischen Herrschaftsverhältnis unterwirft. In solchen Formulierungen wird der Arbeitende aus einer "Anhängselperspektive" (Knapp 1981, S. 9) betrachtet. Sie entspricht einer Marx-RezeptiOß, ..die, der Darstellungslogik der Kritik der politischen Ökonomie des Kapitals folgend, von der Annahme der objektiven StrukturzusammenbAnge her geradewegs zu dcn Subjekten und ihren Handlungspotentialen vorzustoßen können glaubt [ .. .J In dieser Blickrichtung aber trim man die Produzenten nur in dem Abschnitt. in dem das Kapital sie anwendet: als 'gefesseltes Subjekt'." (Ebd., S. 24) 80 ..Wir orientieren uns hier an den Erscheinungsformen der entfremdeten Arbeit'" wie sie Marx in den Ökonomisch-philosophischen Manuskripten dargestellt 198 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 habe, heißt es hierzu in einer Anmerkung zur I. Auflage (KemlSchumann 1970, Teil 11, S. 22, Anm. 40). Vgl. Ma", 1844,S. 511fT. KemiSchumann 1970, Teil I, S. 235. Ebd. Die Statements stammen, wie auch die noch folgenden, aus dem Material der Arbeiterinterviews, die nach Ansicht von Kern und Schumann gar nicht zur Erhebung 'objektiver Gegebenheiten' der Arbeit geeignet sind und zum zキ・ォセ@ ke der Bewußtseinsanalyse durchgefllhrt wurden (si ehe dazu weiter unten). Siehe den Abschnitt 2 dieses Kapitels. KemiSchumann 1970, Teil I, S. 230f. Kern 1998, S. 115. Anders verhillt es sich mit den Analysen des Arbeiterbewußtseins, die sofort zum Anlaß vehementer theoretisch-methodischer Kritik wurden (vgl. Knapp 1981). die die Göuinger in der Folge zu weitreichenden Revisionen siehe auch weiter unten), bevor dieser Forbewegte (vgl. Schumann o.a. QYXRセ@ schungsstrang scbließlich fast zur Gänze aufgegeben wurde. Brose 1998, S. 137. Vgl. Knapp 1981, S. 143. Ebd. KernlSchumann 1977, S. 44. Ebd., S. 30. ..Das Interview allein eignet sich nur dazu. die subjektiven Reaktionen des Befragten auf die objektiven Gegebenheiten seiner Arbeil festzustellen [ ... }." (ebd.) "Die Methode des Arbeiterinterviews ist tur eine objektive Analyse der lndustriearbeit ungeeignet." (ebd., S. 44) Kollidiert das objektive Bild des Forschers, wie es in den Bewußtseinsanalysen nicht selten der Fall ist, mit den subjektiven Urteilen der Arbeitenden über ihre Arbeit, müssen sich diese bisweilen harsche Kritik gefallen lassen. Wir hatten oben schon die diesbezüglich einschlägigen Interprerationen einiger Interview· passagen zitiert. Als weiteres Beispiel sei auf den Umgang mit den eゥョウ」ィャエコオセ@ gen der 'Arbeitsfolgen' bei der Umstellung von Maschinenführungsarbeü auf Tätigkeiten der Automatenkontrolle durch die Betroffenen hingewiesen (vgl. KemiSchumann 1970, Teil 11, S. 207). Für die Erwägung, daß in diesem Fan vielleicht die eigene Wahrnehmung der Arbeitsrealität ihre TrGbungen und Blindstellen besitzen kOnnte, sind den Forschern solche Kollisionen kein Anlaß. KemiSchumann 1977, S. 45. Ebd. Vgl. auch ebd., S. 48, wo dann beiläufig mitgeteilt wird, daß die Forscher zum Zwecke einer detaillierten Unterrichtung über die Arbeitssituation "sozusagen vor Ort mit der Mehrzahl der Befragten ausführliche Gesprtche fiihrten." Ebd., S. 46. Die später geübte Selbstkritik an "einer zu wenig problematisierten Anwendung der Methoden hochspezialisierter Erfahrungswissenschaft" (ebd., S. 13) bezieht sich fast ausschließlich auf die Anwendung des Einzelinterviews (vgl. ebd., S. 13ff.). Dieser Mangel kennzeichnet nach dem Urteil von Knapp (1981, S. 143f.) die gesamte damalige arbeitssoziologische Forschung. Man muß wohl hinzufügen: bis heute. 199 r I 99 Die Tabuisierung der teilnehmenden Beobachtung hat im Hauptstrom der deutschen Arbeitssoziologie eine lange Tradition. Vgl. z. B. auch die abfälligen Bemerkungen von Pirkcr u.a. 1955, S. 36. Das hat da zu gcfilbrt, daß die teilnehmende Beobachtung im arbeitssoziologischen Kontext hierzulande nur überaus selten zum Einsatz kam (zwei wichtige Ausnahmen sind Thomas 1964 und Lichte 1978, auf die wir im nächsten Kapitel noch ausfilhrlich eingehen). Ganz anders in Frankreich (vgl. PenelT 1996) und vor allem in Großbritannien und den USA, wo im Lauf der lahnehnte eine Fülle von Organisations-'Ethnographien' entstand, die sich zumeist der teilnehmenden Beobachtung bedienten (vgl. Hodson 1998). 100 Vgl. Lutz 1969, S. 236. 101 "Viele der Entwicklungen industrieller Arbeit, die - wie etwa die Qualifikationspolarisierung- bislang als unmittelbare Auswirkung technischer Fortschritte erschienen waren, stellen sich nunmehr überwiegend, wenn nicht ausschließlich als Ergebnis arbeitsorganisatorischer Maßnahmen dar." (Lutz 1983, S. 172.) 102 Vgl. ebd., S. 172f. Siehe auch Springer 1987. 103 Lutz 1983, S. 174. 104 Schumann U.a. 1982, S. 18. 105 Vgl. Brandt 1984. 106 Ekardt u.a. 1992, S. 260. 107 Vgl. Brandt 1984, S. 263. Zur Kritik am Frankfurter 'Subsumtions-Ansatz' vgl. etwa Bergmann 1989 und Neuendorff 1989. J08 AnzufDhren ist in diesem Zusammenhang insbesondere die auch sonst (5. u.) wichtige Studie Ra/;onalisierung, Krise, A.rbeiter von Schumann, Einemaon, Siebel-Rebell und Wittemann (Schumann U.8. 1982), die versucht, sich mit der Kategorie des Verwertungskonzepts des Einzelkapitals (ausdifferenziert, je nach •Politik feld' , in das Absatzmarkt-, Einkaufsmarkt- und das Produktionskonzept) der Perspektive betrieblicher Politik zu nAhem. 109 Brandt 1984, S. 263( 110 Schumann u.a. 1982. 111 Ebd., S. 297. 112 Vgl. ebd., S. 445f. 113 Ebd., S. 551 (Hervorhebung durch mich, H. W.).114 Ebd., S. 466. 115 Vgl. ebd., S. 555. 116 Fricke 1975 . 117 Ebd., S. 23. 118 Ebd., S. 22. 119 Ebd., S. 34. 120 Projektgruppe Automation und Qualifikation 1987. 121 Ebd., S. 19. 122 Burawoy 1979. 123 Vgl. WeltVLullies 1983. 124 Vg1. z. B. Bergmann u.a. 1986. 125 Kem/5chumann 1984. 200 126 Die Schwerpunktverschiebung zeigt sich neben der breiten Darstellung von Konzeptvarianten und von Linienauseinanderserzungen im Management vor allem auch umgekehrt in der relativ geringen Anzahl von Arbeitsanalysen, die durchgefUhrt wurden (vgl. ebd., S. 333ff.). 127 Vgl. ebd., S. 23fT. 128 Ebd., S. 324. 129 Ebd., S. 327 (Hervorhebung im Original). 130 Vgl. MalschiSeltz 1987. 131 SeltzlHildebrandt 1985, S. 91 (Hervorhebungen durch mich). Exemplarisch für eine ganze Reihe weiterer reiner 'Einfnhrungsstudien' in diesem Sinne seien hier noch die Arbeiten von Braczyk 1992 und von Seitz 1993 angeführt. 132 Keller 1995, S. I. (Es handelt sich hier um ein Zitat aus einer Publikation des Wissenschaftszentrums filr Sozialforschung, Berlin.) 133 Die im übrigen, darin ganz den Vorstellungen der fünfziger und sechziger Jahre verhaftet, auch noch ganz traditionell mit technologischen . Sachzwängen , bzw. 'Erfordernissen' in Beziehung gesetzt werden konnten: Letztere machten weitreichende Veränderungen notwendig, die innerhalb des überkommenen ('fordistischen') arbeitspolitischen Regulierungsrahmens nicht zu realisieren seiendaher die große Bedeurung der Analyse von Arbeitspolitik (vgl. Naschold 1985, S. 15ff.). Im Rahmen der 'Standortdebatte' der neunziger Jahre sind solche Argumentationsfiguren dann häufig verwendet worden (siehe auch den Abschnitt 3 dieses Kapitels). 134 Vgl. Naschold 1985, S. 26. 135 Braverman 1974. 136 Vgl. Meiksins 1994 sowie Burawoy 1996. 137 Vgl. z. B. Meiksins 1994. 138 OfTelHinrichs 1977, S. 20. 139 Edwards 1981, S. 21. 140 Ebd., S. 22. 141 OfTelHinrichs 1977, S. 21. 142 Neuberger 1995, S. 239. 143 Cressey/Maclnnes 1980. 144 Vgl. ebd., S. 14f. 14S Neuberger 1995, S. 243. 146 Vgl. Littler 1987, S. 33. 147 Vgl. Hyman 1991. 148 Neuberger 1995, S. 263. Vgl. die kritische Darstellung bei ThompsoniAckroyd 1995, S. 620fT. 149 Vgl. ebd. 150 Vgl. ebd., S. 628. 151 Vgl. Burawoy 1979, S. 77. 152 Ebd., S. 72. 153 Burawoy 1983, S. 509f. 201 IS4 ,,[1]U5t as playing agame generates consent to its rules, so participating in the choices capitalism forces us to make also generates consent to its ruJes, its norms." (Burawoy 1979, S. 93) ISS Eine befriedigendere Fonnulierung, die freilich mit der generellen Tendenz der Argumentation Burawoys nicht in Einklang steht, geht in den FuOnoten verloren: .,In looking upan the labor process as a game, I am not only showing how capitalism mobilizes adaptation to alienation for ist own ends but am pointing to the empirical existence of a human potential for emaDcipation, to an instinctive compulsion of workers to collectively control the labor process - a compulsion that uoder capitalism expresses itself in the distorted fonn of a game." (Ebd., S. 237, Anm. 4) Zu fragen ware freilich. warum hier ein mysteriöser instinkthafter Antrieb bemüht werden muß. 1S6 Für eine Kritik an Burawoy vgl. auch ClawsonIFantasia 1983, die u.a. schreiben: IOBurawoy takes some feature of the workplace which had been generally identified as evidence of workers' progressive potential, and argues that it actually serves to reinforce the system. He does not seem to understand that a phenomenon can do both things at the same time, that something can be itself and ist opposite. [... ] Burawoy's Marxist argument lacks a dialectical analysis." (ebd., S. 676) 157 Mahnkopfl987, S. 268. 158 Vgl. Gottschal11995a, S. 136f. 159 Vgl. z. B. TillyfTilly 1998, passim, oder Gottschal1 1995•. 160 Verwiesen sei hier nur kUr.Jorisch auf die Diskussionen um das 'weibliche Arbeitsvermögen' (vgl. Ostner 1983), die Hausarbeit und segmentierte Arbeitsmärkte (vgt. Gottschalll995a) und auf exemplarische empirische Studien wie die von Beeker-Schmidt u.a. 1982 oder Echrt 1990. 161 Vgl. Knapp 1995, S. 186. 162 Vgl. Becker-SchmidtI994. 163 Vgl. Wolfu.a. 1992. 164 Rammert 1992, S. 37 (Hervorhebungen im Original). 165 Ebd., S. 36. 166 Ebd., S. 38 (Hervorhebung im Original). 167 Vgl. ebd .• S. 40ft'. Als Beispiele rur höchst unterschiedliche neuere Versuche, solche Überlegungen in der Perspektive einer Theorie der 'Wissensgesellschaft' bzw. des 'Postfordismus' aufzunehmen vgl. die BeitrAge von Willke 1998 und Lauarato 1993 und 1994. Ähnliche Kritik am überkommenen Arbeitsbegriff führt bei einer ganzen Reihe anderer Autorinnen dazu. der .. betrieblichen Lebenswelt" (vgl. Volmerg u.a. 1986; Sengha.s-Knobloeh 1997) oder der "betrieblichen SOli al ordnung" (vgl. KoUhoff/Reindl1990; KaUhoff 1994) sowie den informellen Sozialbeziehungen im Produktionsprozeß (vgl. Petcr 1993) größere Aufmerksamkeit zu widmen. 168 Vgl. Schimank 1986, S. 84fT. 169 Ebd., S. 87. 170 Vgl. ebd., S. 80f. 171 Ebd., S. 82 (Hervorhebung im Original). 202 172 173 174 175 176 177 178 179 180 181 182 183 184 185 186 187 188 189 Vgl. BOhle 1994, S. 190ff. Ebd., S. 196. Vgl. ebd., S. 195. Ebd., S. 200. Vgl. Malsch 1987. Ebd., S. 81. Ebd., S. 82f. Ebd., S. 87. Vgl. Lullies u.a. 1993. Ebd., S. 9Of. (Hervorhebungen im Original). Ebd., S. 167. Weltz 1996, S. 85. Vgl. Ekardtu.a. 1992. Ebd., S. 260. Ebd., S. 464. Ebd., S. 281. Ebd., S. 286. Ebd., S. 280. Vgl. zu den hier nur angerissenen theoretischen Konzeptionen auch ausfilhrHch Löfflers weitausholendes Plädoyer für eine neue Arbeitssoziologie (Löffler 1991). Strilbings empirische Studie über Programmierarbeit knüpft an sie an und ergllnzt sie U.8. im Hinblick auf die unterschiedlichen 'ArbeitsstiJc' der Arbeitenden (vgl. Strübing 1993). 190 Moldaschl1991, S. 384f. 191 Vgl. ebd., S. 72ff. 192 Ebd., S. 81 f. (Hervorhebungen im Original). 193 Ekardt u.a. 1992, S. 461. 194 Vgt. den Aufsatz von Brandt 1984, der geoau diesen Bruckenschlag vornimmt. 195 Vgl. Schumann u.a. 1994, S. 13. 196 Ebd., S. 24. 197 Ebd., S. 20. 198 Ebd., S. 13. 199 Ebd., S. 20. 200 Ebd., S. 643f. 201 Ebd., S. 655f. 202 Ebd., S. 649f. 203 Ebd., S. 65 I. 204 Ebd. 205 Ebd., S. 659. 206 Ebd. 207 Ebd., S. 652. 208 .. Die globale ökonomische Krise, flankiert von den Folgen der deutschen Vereinigung und dem Zusammenbruch der staBlssozialistischen Gesellschaften in 203 Mittel- und Osteuropa. erschüttert das gesamte ProduktionsmodeU Deutschland in seinen Grundfesten." (Ebd., S. 13) 209 Ebd., S. 652. 210 Ebd., S. 657. 211 Ebd., S. 17. 212 Ebd. 213 Ebd., S. 658. 214 Ebd., S. 659. 215 Ebd., S. 660. 216 Ebd., S. 652 (Abschniltüberschrift). 217 Ebd., S. 659. 218 Ebd. 219 Ebd., S. 18. 220 Ebd., S. 662, Anm. 5. 221 Vg!. Argyris 1998. S. 99. 222 Vg!. Beckenb.ch 1991 nder Hack 1994, S. 64ft'. 223 .,Je mehr nゥ」ィエMr。ッョャセ@ Lebenswelt. Kullur. soziale Beziehungen. permanenter Wandel. lebendiger Eigensinn, Mikropolitik usw. in den organisationsförmigen Interaktionsbereichen entdeckt und in den Mittelpunkt der Untersuchungen gerückt werden, desto mehr gerlt aus dem Blick, was denn nun das 'Organisationale' an den Organisationen ist, worin die differentia specifica zu anderen Formen der Regulation menschlicher Ko-Operation besteht." (Türk 1995, S. 10) 224 Vg!. Brose 1998, S. 156. 225 Vg!. Knapp 1981, S. 16ft'. 226 Ebd., S. 16. 227 Ebd., S. 17. 228 Vg!. ebd. IH. Die verdrängte Selbsttätigkeit 2 3 4 5 204 We1tz 1988, S. 102. Die empirischen Hauptquellen der folgenden Darstellung sind die Untersuchungen von Thomas 1964. Haraszli 1975, Lichle 1978 und Juravieh 1985. Darilbcr hinaus stützt sie sich, neben dem sporadischen RückgritTaufweitere Fallstudien, auf die Zusammenfassung relevanter Forscbungsergebnisse bei Hillmann 1970, Hoft'mann 1979 und 1981 sowie Hodson 1991. Die Aspekte notwendiger Selbsttätigkeit werden im folgenden also, wie in der Einleitung bereits angedeutet, an Beispielen aus der materiellen Produktion erörtert und illustriert. Haraszli 1975, S. 24. Van der Loo/van Reijen 1990, S. 136. Wie bei einer solchen Sichtweise die sogenannten infonnalen Organisationsbestandteile als relevante Phänomene BUS dem Blick geraten, sahen wir bereits im Abschnitt I von Kapite1ll. 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 Ebd. Ebd. Ebd. Vgl. Thomas 1964, S. 89. Ebd., S. 37. Vgl.Juravich 1985,S. 19. Thomos 1964, S. SO. Vgl. ebd., S. 45f. Ebd., S. 46. Thomas arbeitete von 1955 bis 1959 als ongelemter Arbeiter in der Metallindustrie. Haraszti 1975, S. 69. Ebd., S. 36. Haraszti arbeitete Anfang der siebziger Jahre ein Jahr lang in einer Budapester Traktorenfabrik als Fräser. Es sollte nicht irritieren, daß wir mit Harasztis Studie Befunde aus einem 'realsozialistischen' Kontext heranziehen. Wir gehen von der - hier leider nicht weiter begrOndbaren - These aus, daß die uns interessierenden Herrschaftsphänomene sich in diesem Kontext nicht キ・セ@ seotlich anders darstellten, als im ·westlichen·. weil der bürokratisch-kapitalistische Kemkomplex der Herrschaft auch in ihm unangetastet geblieben war. Juravieh 1985, S. 75. Juravieh arbeitete 1980 mehrere Monate lang als Instandhalter in einem kleineren Kabelwerk in den USA. Thomas 1964, S. 47. VgL Castoriadis 1958. Dieser ausgezeichnete Text stützt sieb auf Erfahrungsberichte von Arbeitern und die damalige - vor allem US-amerikanische - industriesoziologiscbe Literatur. Die fruben Analysen von Castoriadis nehmen zentrale Themen und Einsichten der 'Labour Process Debate' vorweg (vgl. Wolf 1998, S. 89ff.). Thomos 1964, S. 43f. Freilich oft in wenig systematischer Manier und ohne die beschriebenen Phänomene in einer Weise theoretisch zu reflektieren, wie es für unsere Belange wünschenswert wire. Der folgende Detinitionsversuch abstrahiert gleichsam aus den Untersuchungen alle dort beschriebenen relevanten empirischen Merkmale und zieht sie in systematisierender Absicht zusammen. Die einzelnen Aspekte sind dann in den weiteren Abschnitten dieses Kapitels noch eingehender zu diskutieren. Dem entspricht, was Goffman, etwas mißverstlndlich, sekundAre Anpassung nennt: "Darunter verstehe ich ein Verhalten, bei welchem das Mitglied einer Organisation unerlaubte Mittel anwendet oder unerlaubte Ziele verfolgt, oder bejdes tut, um auf diese Weise die Erwartungen der Organisation hinsichtlich dessen. was er tun sollte und folglicb was er sein sollte, zu umgehen. Sekundire Anpassung stellt eine Möglichkeit dar. wie das Individuum sich der Rolle und dem Selbst entziehen kaDn, welche die lnstitution ftlr es verbindlich billt." (Goffman 1961, S. 292) Daß in den heiden zuerst genannten FAllen die betrieblichen Vorgaben für "normales', konfonncs Arbeitshandeln nicht (immer) greifen, ist unmittelbar einleuchtend und dOrfte kaum strittig sein. Die Frage ist, wie blutig solche FAlle 205 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 4L 206 auftreten und welche Bedeutung ihnen für den betrieblichen Arbeitsallrag beigemessen wird - und ob man den dritten Fall (der systematischen Verschränkung mit Merkmalen btlrokratisch-kapitalistischer Organisation) in Erwägung zieht. Die Positionen reichen diesbezüglich von mehrheitlich 'minimalistischen' (es handelt sich um Marginalien und Ausnahmen, die keine Prägekraft für die Arbeitsrealitäl besitzen) bis zu den weitgehend verdrängten ' maximalistischen' (das Nicht-Funktionieren ist unter bürokratisch-kapitalislischen Bedingungen die Regel, die die Arbeitsrealitat in hohem Maße prägt). Die hier herangezogene Literatur tendiert zur ungewöhnlichen letztgenannten Position - mit wie guten Gründen, bleibt zu diskutieren. Thomas 1964, S. 43f. Hillmann 1970, S. 22. Vgl. Castoriadis 1958. Hillmann 1970, S. 8f. Vgl. Hoffmann 1979, S. 241f. Ebd., S. 249. lichle 1978, S. 38. HofTmann 1979, S. 244. Thomas 1964, S. 133. Ebd., S. 47 (Hervorhebungen im Original). Bensman und Gerver (1963) sprechen von "crime as a means of fulfilling work requirements" (ebd., S. 591) und berichten über das instruktive Beispiel der verbotenen Nutzung eines Spezialwerkzeugs in einem Betrieb des Flugzeugbaus. Auch darauf, daß die bewußte Geheimhaltung - getreu dem Motto: "Das Beste, was du wissen kannst, darfst du den Buben doch nicht sagen." (Faust I, 4)natürlich Buch damit zusammenhAngt, daß das Wissen um entsprechende funktionsrelevante 'Ungewißheitszonen' eine wichtige Machtquelle für die Arbeitenden darstellt (siehe den Abschnitl4 dieses Kapitels). Insbesondere bei der Diskussion der Überlegungen von Malsch 1984; 1986, Schirnanl< 1986 und BOhle 1994 in Abschnitt 2. BOhle 1994, S. 193. Vgl. ebd., S. 201ff. Was die 'Arbeitspolitik' anbelangt, sind etwa der sog. Dienst nach Vorschrift, Sabotage oder wilde Streiks entsprechende Grenz- und Übergangsphänomene. Daß der Dienst nach Vorschrift, also das exakte Befolgen der offiziellen betrieblichen Vorgaben, eine Form des Arbeitskampfes darstellt, macht im übrigen die Relevanz der kollektiven Produktivkraft 'Selbsllätigkeil' überdeutlich. Lichte 1978, S. 27. Vgl. den Überblick - auf Basis eigener Erhebungen und mit vielen Hinweisen auf die anglo-amerikanische Forschung - bei Hodson ] 991. Die referierten Befunde stOtzen allesamt die Auffassung, "that functional autonomy is widespread in the workplace and that understanding the prerogatives ofautonomy is (a) key to understanding worker behavior" (ebd., S. 49). Hodson nennt folgende aktive Verhaltensweisen am Arbeitsplatz: 'Enthusiastic Complianee', 'Making Out', 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 'Brownnosing', 'ConditionBI EITort', 'Foot-dragging', 'Withdrawal', 'Sabotage' sowie 'Gossip and Infighting' (ehd .. S. 52ff.). Nicht unter unsere Definition von Selbsttätigkeit fallen hingegen alle Formen des bewußten Einnlumens von EntscheidungsmögHchkeiten, die die selbständige 'Problcmlösung' in bestimmten, normalerweise wiederum vorgegebenen Bereichen zum Bestandteil der offiziellen Arbeitsrolle machen (wie in Managementpositionen, im Angestelltenbereich, bei Facharbeitern), Diese Unterscheidung wird insbesondere fUr die Einschätzung der jüngsten Entwicklungen noch wichtig werden und zu diskutieren sein. Vgl. Wiedemann 1964, S. 56. Haraszti 1975, S. 31. Ebd. Ebd., S. 33. Vgl. Wiedemann 1964, S. 105ff. Ebd., S. 105. Thomas 1964, S. 43. Vgl. ebd., S. 85ff. Ehd., S. 86. Vgl. Giddens 1984, S. I 75ff. "Das Geheime, definiert als ein Wissen, das man vor dem anderen verbirgt. enthAlt f... J'drei leitende Sememe: das Wissen selbst (wozu auch seelische Phänomene wie Gedanken, Wünsche und Gefilh!e, Verhaltensweisen wie Intrigen oder Herstellungsmethoden und materielle Objekte wie Schublade. Tllr oder Treppe gehOren können); das Verhehlen dieses Wissens (durch Verweigerung der Kommunikation. Ungesagtes, Schweigen, Lüge); die Beziehung zum anderen, die skI.!. um dieses Verhehlen herum organisiert (und MachtausObung einschließen kann: Geheimarmee, Geheimbund. Geheimagent, Geheimdossier usw.)." (Vincent 1987, S. 179) Thomas 1964, S. 86. Ebd., S. 113. Ebd., S. 133 (Hervorhebuogen im Original). Vgl. Hodson 1991, S. 61. Hodson verweist an dieser Stelle auch auf die anregende Studie von Willis 1977, der die Widerstandsfonnen von ArbeiteIjugendlichen untersucht hat. Vgl. Goffman 1961. .. In jeder sozialen Institution benützen die Mitglieder die erreichbaren Artefakte in einer Weise und zu einem Zweck, die nicht offiziell beabsichtigt sind, und modifizieren daher die für sie vorgesehenen Lebensbedingungen. Dabei findet eiDe physische Bearbeitung oder lediglich ein illegitimer Gebrauch des Anefakts statt. und in beiden FäUen handelt es sich um eine hausbackene Version des Robinson-Crusoe-Motivs." (Goffman 1961, S. 202) Vgl. die historischen Studien von Lüdtke 1993 sowie Negt/Kluge 1981 , die versuchen, die Entwicklung der geschichtlich-gesell schaft lichen Arbei tsvermögen als Resultate von "Trennungsprozessen und bewaffnet mit Eigensinn, der sich gegen die Trennungen wehrt" (S. 5), nachzuzeichnen. 207 61 Haraszti 1975, S. 112. 62 Ebd. 63 Eingehender mit verschiedenen Ausprägungen und historischen Wandlungen 64 65 66 67 solcher Organisations-Leitbilder werden wir uns in den heiden folgenden Kapiteln noch beschäftigen. Die hier herangezogenen Studien gehen mehr oder weniger stillschweigend "on der Vorherrschaft bürokratischer bzw. tayloristischcr Organisationsvorstellungen aus. Vg!. Castoriadis 1958. Hier gilt analog das in Anm. 63 Gesagte. Haraszti 1975, S. 97. .. Es genügt nicht, diese Abweichungen festzustellen, wir massen auch erkennen, daß die Organisationen dahin tendieren, diesen sekundären aョー。セウオァ・@ nicht nur mit einer Verschärfung der Disziplin, sondern auch durch eine selektive Legitimierung dieser Praktiken zu begegnen, da sie hoffen. auf diese Weise Kontrolle und Herrschaft wiederzuerlangen, selbst um den Preis, daß einige Pflichten der Mitglieder aufgegeben werden müssen. Haushalte sind nicht die 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 208 einzigen Institutionen, in denen das frühere Leben in Sünde durch Heirat nonnalisiert wird." (Goffman 1961, S. 192) Thomas 1964, S. Ill. Vg!. Friedman 1987 sowie die kurze Diskussion der 'Kontrolldebatte' in Abschnitt 2 von Kapitel 11. BurBwoy 1983, S. 510. Hillmann 1970, S. 32. Ebd., S. 35. Vg!. Lichte 1978, S. 197. Vg!. Castoriadis 1958. Thomas 1964, S. 46. Ebd., S. 87. .,Wenn die Reibungen im Ablauf nicht wieder von Befehlsordnung aufgesaugt werden können, sie aber dennoch um des Ablaufens der Produktion willen getilgt werden müssen, so bleibt als Folge. daß die vennittelnden und ausfilhrenden TrAger der Produktion diese Reibungen begleichen. [".] Wenn sich Menschen im Betrieb 'aufreiben', so ist das unter diesen Bedingungen zu verstehen." (Ebd.) Hillmann 1970, S. 32. Vg!. Thomas 1964, S. 47f. Haraszti 1975, S. 27 (Hervorhebung durch mich, H. W.). Thomas 1964, S. 13. Ebd., S. 14. Ebd., S. 88 (Hervorhebung im Original). Ebd. "Diese Vcrdrllngung wirkt aber nicht aufhebend, sondern stört das Bewußtsein und scham sich oft unerkannt Ausdruck. Eine dieser Ausdrucksarten ist die Lähmung, die am Ort des verdrängten 'Schmerzes' verschwindet, aber in anderen Bereichen wieder auftreten kann." (Ebd., S. 89) "Es wlre im ganzen sehr 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 1]2 113 ] 14 fruchtbar, die Konfliktlehre mit psychoanalytischen Erkenntnissen zu bereichern." (Ebd., S. 134) Lichte 1978, S. 520f. Ebd., S. 33. Ebd., S. 35. (Lichte schreibt intQmlich: Fragestellung.) Ebd., S. 39f. Lichtes Studie bl!.!euchtet exemplarisch die vielfältigen Probleme der Organisation solcher Lernprozesse und der Stabilisierung betrieblichen Kontlikthandelns, auf die hier nicht eingegangen werden kann. Horrmann 1979, S. 247. Vgl. ebd.,-S. 252 sowie Löw-Beer 1981. Er steht in der deutschen Übersetzung rur das kaum übersetzbare ungarische Wort 'fusizni' (vgl. Haraszti 1975, S. 101 [Anm. des Obersetzers]). Ebd., S. 104. Ebd., S. 103. Ebd:;"S. 104f. (Hervorhebung im Original). Ebd., S. 105. Ebd., S. 106. Ebd., S. 107 (Hervorhebungen im Original). Ebd. Ebd., S. 108. Ebd., S. 107. Ebd., S. 83. Vgl. Ekardt u.a. 1992, S. 464. Lichte 1978, S. 32. Ebd., S. 32f. Ähnlich argumentieren auch CresseylMacJnnes 1980. Ekardt U.B. 1992, S. 280. Hinzu tritt noch das Moment, daß jeglicher Planung Grenzen gesetzt sind. Sie muß immer an einem bestimmten Punkt abgebrochen werden, ein 'unendlich' hoher DetailI ierungsgrad wird dysfunktional (und kann schon aufgrund begrenzter zeitlicher und sachlicher Planungsressourcen nie erreicht werden). Und immer hat Planung den Charakter der 'Unterstellung', von deren Prämissen die vorgefundene Wirklichkeit immer mehr oder weniger stark abweicht (vgl. ebd., S. 16 1). Ebd., S. 280. Ebd., S. 281. Ebd., S. 282. Vgl. Castoriadis 1958. In einer Ihnlichen Perspektive analysiert Bendix 1956 die Entwicklung von Managementideologien. BurBWOY 1983, S. 510. Ebd. Gerhard Brandt fonnuliert die folgerichtige These. die von Burawoy analysierten Praktiken im Rahmen einer politischen Kultur auf dem shop-floor 209 könnten als Momente der reellen Subsumtion unter das Kapital gedeutet werden (vgl. Brandl 1984, S. 279). 115 Vgl. unsere Diskussion dieser Thesen im letzten Kapitel. 116 Hillmann 1970, S. 33. 117 Auch den Hinweis auf methodische Fragen, die die Thematik der Sclbsttltigkeit rllr die arbeitssoziologische Forschung aufwirft - es sei nochmals daran erinnert, daß wir die meisten der referierten Einsichten der teilnehmenden Beobachtung verdanken - , sparen wir uns für das Schlußkapitel auf. IV. Bausteine einer kritischen Theorie kapitalistischer Produktion I 2 3 4 5 6 7 210 Casloriadis 1975. Für eine Darstellung der Entwicklung der politischen und theoretischen Positionen von Castoriadis vgl. Wolf 1998. Die bisherige deutsche Rezeption knüpfte vor allem am 'späten' Castoriadis an; vgl. Honneth 1985, Habennas 1985 und Joas 1989. Eine solche Wendung kann sich (neben anderen phänomenologisch inspirierten AnsAtzen einer Sozialtheorie; vgL BergerlLuckmann 1966 und Luc}cmann 1992) auf Andeutungen bei Merleau-Ponty stützen, der im Begriff der Institution welchen er von dem der Konstitution abgrenzt und mit dem er eine Explikation des Husserlschen Begriffs der Stiftung anstrebt - "ein Mittel gegen die Schwierigkeiten der Bewußlseinsphilosophie" suchl (vgl. Merleau-Ponty 1955, S. 74). Er faßt die Institution als "Erfahrungsgeschehen, wodurch die Erfahrung um eine Dimension der Dauer bereichert wird" bzw. "ein Geschehen, das in mir einen Sinn niederschlägt, nicht als Überleben oder Residuum, sondern als Appell an eine Fortsetzung, als Forderung nach Zukunft", als "Rahmen der Probleme", "Wiederaufnahme und [... J Überslieg fruherer Ereignisse" (ehd., S. 75). Wichtig ist vor allem, daß damit nahegelegt wird, institutionelle Reproduktion und Veränderung als Aneignung, Tradierung und Uminterpretation von instituiertem Sinn - mit Castoriadis: von gesellschaftlichen imaginären Bedeutungen - durch Subjekte zu konzipieren (vgl. auch Haslings-King 1997). Vgl. Amason 1988, S. 237. Amason betrachtet die Aufwertung der sinnhaften Komponente als gemeinsame Grundintention der Konzepte von Castoriadis und von Habermas und vergleicht heide in dem zitierten Text ausführlich. - Die funktionalistiscben,ja politisch konservativen KODnotationen des Institutionenbegriffs sind wohl einer der Grunde dafür. daß er in der Arbeitssoziologie bisher kaum eine Rolle spielt. Eine Ausnahme findet sich bei Peter, der den Begriff zur theoretischen Einbettung arbeitssoziologischer Forschung vorschlagt, ohne allerdings Castoriadis zu erwähnen (vgl. Peter 1992). Castoriadis 1975, S. 200. Vgl. Castoriadis 1981, S. 223f. Das Individuum isl also rur Castoriadis SielS gesellschaftliche Form. Den Gegenpol zur Gesellschaft bildet nicht das Individuum, sondern die Psyche. Amason 1988, S. 237. 8 9 IO II 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 Castoriadis 1975, S. 249f. .,Das Imaginäre, von dem ich spreche. ist kein Bild von . Es ist unaufhörliche und (gesellschafil ich·geschichrlich und psychisch) wesentlich indeler",inierle Schöpfung von GeslaltenIFormenlBildem, die jeder Rede von 'etwas' zugrundeliegen. Was wir 'Realität' und 'RationaHtli' nennen, verdankt sich überhaupt erst ihnen" (Castoriadis 1975, S. 12). Damit ist auch eine deutliche Abgrenzung zum Begriff..des Imaginären bei Laean markiert, auf den sich Castoriadis zunächst noch bezogen hatte. Denn auch in der Lacanschen Trias von Symboli· sehern, Realem und Imaginärem bleibt letzteres ein Bereich der Täuschung und des Illusionären (vgl. Laplanche/Pontalis 1967, S. 228f.). Vgl. Ca'toriadis 1994, S. 321. Vgl. z. B. Castoriadis 1981, S. 225. Ausführlich diskutiert Castoriadis den Begriff der gesellschaftlichen imaginären Bedeutungen im Vll. Kapitel von Gesellschaft als imaginäre Institution (Castoriadis 1975, S. 559-609). Als Analogie der gesellschaftlichen imaginären Bedeutungen im Bereich des Natürlichen können, wie Ulrich, der Mann ohne Eigenschaften, erläutert, z. B. Enzyme oder ein Katalysator gelten: "Das trägt materiell nichts bei, aber es setzt die Geschehnisse in Gang. Sie müssen aus der Geschichte wissen, daß es den wahren Glauben, die wahre Sittlichkeit und die wahre Philosophie niemals gegeben hat; dennoch haben die Kriege, Gemeinheiten und Gehässigkeiten, die ihretwegen entfesselt worden sind, die Welt fruchtbar umgestaltet" (Musil 1930-33, S. 134). Ganz unironisch hingegen bildet der Neodarwinist Dawkins (1989, S. 192ff.) mit den von ihm so genannten "Memen" eine entsprechende kulturelle Analogie zu den Genen im Feld der natürlichen Evolution (also als ..unit of imitation"! [ebd, S. 192]), die Brödner (1997, S. I 42ff.) für den techniksoziologischen Kontext aufgreift. In solcher Weise emstgenommen verdeckt die Analogie gerade wieder die wesentlichen Besonderheiten des gesellschaftlich-geschichtlichen Feldes: Kreativität und Unterbestimmtheit. Vgl. Castoriadis 1975, VI. Kapitel (S. 455-558). Amason 1988, S. 292. Castoriadis 1975, S. 457. Amason 1988, S. 294. Ebd., S. 241. Ebd., S. 244. Vgl. Castoriadis 1975, V. Kapitel (S. 372-454). Amason 1988, S. 244. Vgl. Castoriadis 1981, S. 230. Auch die Psyche existiert als Magma par excellence. Vgl. Castoriadis 1994, S. 333ff. Amason 1988, S. 282. "Was aber an Wahrheit durch die Begriffe Ober ihren abstrakten Umfang hinaus getroffen wird, kann keinen anderen Schauplatz haben als das von den Begriffen Unterdrückte, Mißachtete und Weggeworfene. Die Utopie der Erkenntnis wAre, das Begriffslose mit Begriffen aufzutun, ohne es ihnen gleichzumachen." (Adomo 1966, S. 21) 211 25 Ebd. Vg!. hierzu und zum notwendigen Zusammenhang dieser AufldArung mit einem politischen Entwurfauch Castoriadis 1975, S. 12f. Den Unterschied zur ansonsten in mancher Hinsicht vergleichbaren Kritik an der Identitätslogik bei anders als jener. bei dieser Adomo sieht Amason darin, daß sich c。ウエッイゥ、セ@ Kritik gerade auf die Eigenart des Sozialen - ihre kreative Unterbestimmtheit zu stützen versucbt (Amason 1988, S. 282). 26 Vgl. Castoriadis ]975, S. 196. Wie ein solcherart reformulierter allgemeiner Entfremdungsbegriff sich auf konkrete PhAnomene der Entfremdung in der ProduktionssphAre beziehen läßt, wird noch zu erörtern sein. 27 Durkheim 189511901, S. 126. 28 Vgl. Caslonadis 1975, S. 176. 29 Amason 1988, S. 245. 30 Ebd. 31 Wie noch die Habennassehe kommunikative Rationalität: "Die utopische Perspektive von Versöhnung und Freiheit ist in den Bedingungen einer kommunikativen Vergesellschaftung der Individuen angelegt, sie ist in den sprachlichen Reproduktionsmechanismus der Gattung schon eingebaut" (Habermas 1981 [Bd. 11, S. 533). 32 V gl. Caslonadis 198 I, S. 237. 33 Der historische Ursprung des Autonomiebegriffs liegt in der klassischen Periode der grieehischenpolis (vgl. von Ungern-Slemberg (990). Er wird im Gefolge der bOrgerlichen Revolutionen des L7. und 18. Jahrhunderts, im Sinne der Freiheit und Gleichheit der Einzelnen. zu einem Grundprinzip des modemen Rechtssystems (vgl. Stratenwertb 1990). 34 Vgl. die fO.r die soziologische Diskussion hierzulande einflußreiche Darstellung von Beck ] 986. insbesondere Kap. V, mit dem dort formulierten Befund: .. Individualisierung bedeutet Marktabhängigkeit in allen Dimensionen der Lebensführung" (ebd., S. 212). Die Grenzen einer so gefaßten Individualisierung zur heute allenthalben geforderten "FlexibilitAt" - zu Deutsch: Anpassungsfähigkeit sind fließend (dazu ausfllhrlich: Sennet! 1998). - Sowobl die feministische Kritik am Ideal des hOrgertichen Individuums und dem entsprechenden Autonomiebegriff - als die männliche Hegemonie voraussetzend und fortschreibend und die anthropologische Grunderfahrung der Bindung negierend (vgI. Benjamin 1988,5. Kap.: Holland-Cunz 1998,3. Kap.) - als auch die kommunitanstische Krilik an der liberalen Fiktion des ungebundenen Selbst (vgl. SandeI 1984) treffen zwar. wie ich meine, ein Gutteil des zeitgenössischen Individualisierungsdiskurses, nicht jedoch. wie das folgende noch zeigen sollte, die Vorstellung von Autonomie bei Castoriadis (vgl. dazu aucb Kalyvas (998). 35 Vgl. Beck 1986, S. 115fT. 36 Zur Rezeption des wesentlich von Maturana und Varela entwickelten Autonomiebegriffs der modemen Biologie durch die soziologische System theorie vgl. Willke 1993, S. 64fT. 37 Vgl. Castonadis 1981, S. 235f. 38 Der Begriff der proletarischen Autonomie steht in den Arbeiten von Castoriadis von Beginn an im Mittelpunkt (vgl. z. B. Castoriadis ] 9SS sowie zusammenfassend Wolf 1998). 212 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 S6 Vg!. Amason 198.8, S. 283fT. und Kalyvas 1998. Ebd., S. 285. Ebd., S. 286. Ebd., S. 285. Castoriadis 1989, S. 69. Freud 1933, S. 516. Castoriadis 1975, S. 173 (Hervorhebung im Original). Ebd., S. 177. Ebd. Ebd. (Hervorhebung im Original). Ebd. (Hervorhebung im Original). Castoriadis 1968, S. 57 (Hervorhebung durch mich, H. W.). Castoriadis 1989, S. 70. Amason 1988, S. 308. Vgl. Castoriadis 1987, S. 134. Vgl. Castoriadis 1983. Vg!. Casloriadis 1978, S. 197f. Ausgeklammert sei hier die Frage. ob nicbt neben dem Autonomieentwurfauch noch andere, genuin nicht-kapitalistische Oricotierungskomplexc - wie etwa der der Nation - ein größerer eigenständiger Stellenwert in der gesellschaftlichen Entwicklung einzuräumen wäre, als solche Formulierungen nahelegen (vgl. dazu Amason 1989). 57 Als gesellschaftlicbes Regime bezeichnet Castoriadis einen Typus gesellschaftlicher Institution. der sich nicht nur in einer einzelnen (z. B. 'national' abge- 58 59 60 61 62 63 64 65 grenzten) Gesellschaft findet (vgl. Castoriadis 1978, S. 186). Vg!. Horkbeimer 1947. Vgl. Casloriadis 1989, S. 17f. Vgl. Amason 1988, S. 250f. Vgl. Scburnpeter 1942, S. 136fT. Amason 1988, S. 245. Vgl. Castoriadis 1978, S. 198. Amason 1988, S. 249. Casloriadis 1960/61, S. 106 (Überselzung durch mich, H. W.). 66 Amason 1988, S. 252. Icb ziehe es vor, den von Castoriadis verwendeten Begriff 'projet' im einen Fall, der dort angebr8.chten technisch-instrumentellen Konnotationen wegen. mit 'Projekt', im anderen mit 'Entwurr zu übersetzen . ..Der Entwurfist das Element der Praxis und überhaupt aller AktivitAt; er ist eine nähere Bestimmung der Praxis hinsichtlich ihrer Verknüpfung mit dem Wirklichen sowie hinsichtlich einer konkreten Definition ihrer Ziele und deren spezifischer Vennittlungen. Der Entwurf ist die Absicht einer Veränderung des ReaJen, geleitet von einer Vorstellung vom Sinn dieser Veränderung, orientiert an den tatsächlichen Bedingungen und bestrebt, eiDe Aktivität in Gang zu setzen," (Castoriadis 1975, S. 132.) 213 67 Mit dem Entwurf der Autonomie befassen wir dieses Kapitels. UDS ausführlich in Abschnitt 3 68 Stevensan 1886, S. 115. 69 Vgl. Türk 1995, S. 14. 70 Diese Auffassung teilt aucb Türk: "Historisch wie logisch geht Organisation dem Markt voraus [ .. . ). Organisation geht auch der industriellen Großmaschi[Markt] heißt historisch nichts weiter als die Eröffnung erweinerie voraus terter Kapitali sierungs-, Erwerbs- und Unterwerfungschancen durch die fonnelle Subsumtion. Dies wird aber nur verständlich vor dem Hintergrund bereits exi- r.. ,]. stierender reeller Subsumtion mittels Organisation" (Türk 1995. S. 13f.). Fraglich iSI allerdings, ob sich seine "genetische' Radikalisierung des Arguments halten lißt: "Die kapitalistische Warenfonn ist von der Organisationsform abgeleitet. Der Warenfetischismus ist die Konsequenz organisationsförmig konstituierterTrennungen des Produzenten vom Produkt" (ebd., S. 14). Polanyi betont bekanntlich ebenfalls die institutionellen und organisatorischen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen der Entstehung wie Aufrechterhaltung von Markt- beziehungen (vgl. Polanyi 1944). 71 Am ••on 1988, S. 249. 72 Vgl. bierzu und zum folgenden Ca.toriadis 1978, S. I 89ff. 73 Locus c1.ssicus ist hier selbstverständlich Weber ([1922J, S. 124-130 und S. 551-579). 74 Marx 1843, S. 250 (Hervorhebung durch mich, H. W.). 75 Ebd., S. 248 (Hervorhebung im Original): Hier vor allem im Sinne des sekundären, ' ideologischen' Imaginären. Wir kommen auf die Unterscheidung Doch zurück. 76 Ebd. (Hervorhebung im Original). 77 Dies verdient auch deshalb besondere Betonung, weil, wie wir bereits in der Einleitung sahen, ein Teil der soziologischen Analysen gegenwärtiger Entwicklungen - aufgrund theoretischer Geringschätzung des bürokratischen PhAnomensdazu tendiert , in den Chor der heute gerade im Management verbreiteten 'BÜTokratiekritik' unkritisch einzustimmen und diese umstandslos für bare Münze zu nehmen. Erinnert sei an das nach wie vor gültige Diktum Adomos: .. [D]ie Bü- rokratie ist der Sündenbock der verwalteten Welt" (Adomo 1953, S. 27). 78 Etwas vomehmer ausgedruckt heißt dies, ..daß die Hierarchie ein Ordnungsprinzip ist, das sich selbst als die Lösung des eigenen Widerspruchs in Szene setzt." (Baecker 19948, S. 34) erozier spricht vom bürokratischen 'circulus vitiosus' 79 80 81 82 83 (1963, S. 177). Türk 1995, S. S. Horkheimer 1947, S. 144. Ca.toriadis 1960/61, S. 114 (Übersetzung durch mich, H. W.). Castori.dis 1975, S. 164. Ca.toriadis 1975, S. 136. 84 Türk unterscheidet analog zwischen 'Organisation' und 'Ko-Operation' (vgl., auch zum folgenden, Türk 1995, S. 95ff.). 85 Türk 1995, S. 97. 214 86 Vgl. ebd .• S. 96. Schon der organisierende Zugritfisl also 'gespalten' in eine im engeren Sinn ökonomische Verwertungslogik und eine Herrschaflslogik, impli. ziert mithin bereits potentiell konfligjerende Zielsetzungen. Erinnert sei noch· mals daran. daß die Fragestellung unserer Untersuchung sich aber vornehmlich auf das Verhä.ltnis von Herrschaftslogik und Selbsttätigkeit richtet. 87 Ebd., S. 95. 88 Ebd. 89 Ma", 1867, S. 85; S. 91. 90 Ebd., S. 86. 91 Ebd., S. 52. 92 Lukäes 1923, S. 177 (Hervorhebung im Original). 93 VgL Castoriadis 1960/61, S. 144. 94 Castoriadis 1975, S. 272. 95 Castoriadis 1975, S. 270f. 96 "Eine leblose Maschine ist geronnener Geist. Nur daß sie dies ist. gibt ihr die Macht, die Menschen in ihren Dienst zu zwingen und den Alltag ibres Arbeitslebens so beherrschend zu bestimmen, wie es tatsAchlich in der Fabrik der Fall ist. Geronnener Geist ist aucb jene lebende Maschine. welche die bürokratische Organisation [ ... ] darstellt. Im Verein mit der toten Maschine ist sie an der Ar· beit, das GehAuse jener Hörigkeit der Zukunft herzustellen, in welche vielleicht dereinst die Menschen sich, wie die Fellachen im altAgyptischen Staat, ohnmächtig zu fUgen gezwungen sein werden, wenn ihnen eine rein technisch gute und das heißt: eine rationale Beamtenverwaltung und -versorgung der letzte und einzige Wert ist, der über die Art der Leitung ihrer Angelegenheiten entscheiden soll." (Weber 1918, S. 332; Hervorhebungen im OriginaL) 97 Ebd., S. 273. 98 Braverm.n 1974, S. 74. 99 Ebd., S. 99. 100 LutziSchmidt 1977, S. 155. 101 VgL zum folgenden Wolf 1994, S. 245f. 102 VgL elwa Ortmann U.B. I 997b, S. 25-33 sowie die kritische Würdigung in dem Aufsatz von Türk 1997. 103 Deutschmann 1996, S. 333. 104 Ortmann u.a. 1990, S. 61. lOS Ebd., S. 64. (06 Ebd., S. 62. Struktur meint bei Giddens etwas aoderes als das, was in der sozialwissenschaftlichen Tradition sich sonst mit diesem Begriffverbindet. Er versteht darunter "Regeln und Ressourcen, die an der sozialen Reproduktion rekursiv mitwirken" (Giddens 1984, S. 45; vgL insbesondere auch S. 67-77). Sein Regelbegriff umfaßt normative Elemente und .. Signifikationscodes" (ebd., S. 45) und bezieht sicb damit auch auf die Ebene, auf der sich unsere Argumentation in diesem Abschnitt bewegt. 107 Vgl. auch den Überblick über die Leitbild-Diskussion in der Techniksoziologie bei Dierkes u.a. 1992. 215 108 Vgl. hierzu auch den anregenden, freilich - im Anschluß an Giddens - am diesbezüglicb mißvorstandlichen Struktur-Begriff (vgl. Anm. 106) festhaltenden Aufsatz von Sewell 1992. 109 Rationalisierung hier natürlich im psychoanalytischen Wortsinn verstanden. 110 In der Diskussion Ober die Leitbilder oder die Rationalisierungsmythen der Technik- und OrganisBtionsentwicklung findet eine solche Unterscheidung in primäre und sekundäre. abgeleitete Bedeutungsschichten noch zu wenig Beachtung. Damit handelt man sich unter UmstAnden die Gefahr ein, die mit der jeweils neuesten Leitbild- oder Mythenkonjunktur verbundenen Veränderungen überzubewerten. Wir werden auch im nächsten Kapitel auf dieses Problem stoßen. I11 Castoriadis 1975, S. 272. 112 Zu diesen und weiteren praktischen wie wissenschaftlichen Organisations-' Metaphern' vgl. Morgan 1986. 113 Castoriadis 1975, S. 272. Eine wesentliche Dimension jeder dieser Bildungen besteht auch in deo je spezifischen Konstruktionen des 'Männlichen' und des 'Weiblichen' -und ihrer je spezifischen Verdrängung des letzteren, welches die bekannten realen 'Verdrängungen' begleitet und legitimert (vgl. BeckerSchmidt 1994). 114 Vg1. Barley/Kund. 1992 und Guillen 1994, auf die wir uns im folgenden stützen. Der Klassiker der international vergleichenden Geschichtsschreibung von Managementideologien. die Studie von Bendix 1956, behandelt die Entwicklung bis zur Human-Relations-Bewegung. Auf diese Studie baut Guillen auf. 115 Vg!. Deutschmann 1996 und 1998. 116 Vg!. Bar1eylKund. 1992, S. 382fT. 117 Ebd., S. 386. 118 Vg!. ebd., S. 393. J 19 Dies ist mit dem Vorschlag von AdlerfBorys 1996 zu verbinden, einen ' erzwingenden' Typ von bürokratischer Herrschaft von einem 'ennöglichenden' oder 'befahigenden' (enabling) Typ zu unterscheiden. 120 Vg!. Guill"n 1994, S. I 26ff. , 121 Ebd., S. 291. 122 Vgl. etwa Müller-Jentsch 1986, K.p. 4 oder Korsch 1922. Es kann hier natürlich nur darum gehen, auf einige derjenigen Aspekte der Frage der Geschichte und Bedeutung der Arbeiterbewegung - wie im folgenden auch anderer sozialer Bewegungen - hinzuweisen, die in unserem Zusammenhang relevant erscheinen (zur Geschichte der Arbeiterbewegung vg!. auch Castori.dis 1974). 123 .,Die volle Verwirklichung der industriellen Demokratie wAre identisch mit Arbeiterselbstverwaltung und gemeinwirtschaftlichem Eigentum an Produktionsmitteln." (Müller-Jentsch 1986, S. 41) 124 Vgl. Vahrenkamp 1983 und ausführlich Wu1f 1987. 125 Wu1f 1987, S. 197. 126 "Wenigstens was die Arbeitsstunden betrifft, kann man über die Tore dieser Fabriken schreiben: Laßt alle Autonomie/ahren. die Ihr eintretet! Wenn der Mensch mit der Hilfe der Wissenschaft und des Erfindergenies sich die Natur- 216 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 krlfte unterworfen hat, so rächen sich diese an ihm, indem sie ihn, in dem Maße, wie er sie in seinen Dienst stellt, einem wahren Despotismus unterwerfen, der von aller sozialen Organisation unabhängig ist. Die Autorität in der Großindustrie abschaffen wollen. bedeutet die Industrie selber abschaffen wollen; die Dampfspinnerei vernichten. um zum Spinnrad zurilckzukehren." (Engels 1873. S. 306f.; Hervorhebungen im Original.) Vgl. KOßler 1990, S. 100f. Vgl., auch zum folgenden, Bourdet 1982 und COJl'etIPluet 1992. "Was wir die 'Selbstverwaltungspraxis' an der Basis nennen, ist als solche fast unsichtbar. Sie lußert sich z. B. in der Fähigkeit der Arbeiter, sich zeitliche Spielräume zu verschaffen oder selbst schöpferisch zu handeln. Diese schöpferische Selbstverwaltungstätigkeit zeige sich am Arbeitsplatz vor allem dann, wenn der technologische Entwicklungsstand hoch sei." (Bourdet 1982, S. 177) Korseh 1919, S. 118. Ebd., S. 123 (Hervorhebung im Original). Buekmiller 1980, S. 26. Vgl., auch zu den VorlAufern einer Kritik kapitalistischer Technologie, Ullrich 1977, Kap. V. Vgl. CastoriadislCohn-Bendit 1981. Das Beispiel Lucas Aerospace hatten wir in Kapitel III bereits erwähnt. Vgl. Cooley 1980; LOw-Beer 1981. Vgl. Maurer 1994, S. 119ff. "Die LebenslOge der Arbcitsmonade wird sichtbar. Den Frauen ennöglicht ihre soziale Erfahrung mit der Berufst.lltigkeit und mit der zunehmenden Teilnahme an der politiscben Öffentlichkeit ein eigenes abwägendes Urteil über ihre eイヲ。ィセ@ rungen und Erwartungen aus dem Privatleben {... ]. Sie können durch diese Vergleiche die Verluste des venneintlichen Fortschritts hin zu immer mehr sachlich vermittelten und fonnat geregelten Beziehungen zur Sprache bringen.'" (Eckart 1993, S. 53) Vgl. Hohmeyer 1998. Vgl. ROdel u.a. 1989 oder auch Gorz 1989. Castoriadis 1973, S. 217. Ebd., S. 219. Vgl. Castoriadis 1989. Adomo 1966, S. 147. Ebd. Nur zur Erinnerung: Das Bild wird noch komplizierter und potentiell spannungsreicher, weM man außerdem die aus dieser Betrachtung ausgeschalteten genuin ökonomischen Zielorientierungen in Rechnung stellt, waS jede konkrete Analyse empirischer ArbeitsverhAltnisse natürlich tun muß. Es geht uns hier wie im folgenden, wie bereits in Abschnitt 2 angemerkt, um die Eigenlogik der Herrscbaftsdimension. Bravennan 1974, S. 74. Ebd., S. 99. 217 148 Diese Fixierungen reichen tiefer, als es auf den ersten Blick scheinen mag, und sie können, wie wir in Kapitel 11 schon sahen, ohne weiteres mit der Diagnose des Endes des Taylorismus Hand in Hand gehen. Zugespitzt könnte man von einer nach wie vor in jenem rationalen, tayloristisch-fordistischen Imaginären befangenen Arbeitssoziologie sprechen, die deshalb nicht nur den hier behandelten Problemen nicht mehr voll gerecht wird (vgl. Wittemann 1994, S. 284ff.). V. Die Selbstorganisation beteronomer Arbeit ••• 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 218 Eine gute Einführung in Bandbreite und Problematik neuer Organisationsfonnen findet sich bei Heydebrandt 1989. Einen Überblick über die Diskussionen über die Entwicklungstendenzen der Unternehmens- und Arbeitsorganisation im Produktions- und Dienstleistungsbereich in den neunziger Jahren bieten Sperling 1994 und 1997 sowie die Beiträge in ISF u.a. 1997 und 1998. Auf diverse empirische Untersuchungen gehen wir im folgenden noch ein. So die Formel des Betriebswirts Drumm 1996. Vgl. Sampson 1995, S. 406ff. Genauso wichtig als Rahmenbedingungen der Organisationsentwicklung sind die weiter zunehmende Unternehmenskonzentration in den kapitalistischen Zentren (vgl. tur die USA z.B. die Angaben bei Dawsonl Foster 1996, S. 43) sowie veränderte Muster der Untemehmensfinanzierun:g und, damit zusammenhängend, der Unternehmenssteuerung ('Shareholder-value-Orientierung'; vgl. SauerlDöhl1997, S. 47ff. und Hirsch-Kreinsen 1998). Darin drükken sich Funktionswandel und Bedeutungszuwachs des 'Finanzkapitals' aus. Vgl. Hirsch-Kreinsen 1995, S. 427ff. Vgl. Keese 1995. Vgl. Hirsch-Kreinsen 1995, S. 427 und Scott 1996, S. 99. Vgl. Altmann u.a. 1986 fllr die industrielle Produktion, Baethge/Oberbeck 1986 ror den Dienstleistungsbereich; vgl. auch Sauer/DöhI 1994. Mein eigener empirischer Zugang zu den jüngsten Entwicklungen beschränkt sich, wie in der Einleitung erwähnt, auf die zeitweilige Mitarbeit an einer Untersuchung über die Auswirkungen neuer Managementkonzepte auf die industriellen Beziehungen im Betrieb. Publikationen aus dem Untersuchungszusamrnenhang werden im folgenden des öfIeren verwendet (Dörre u.a. 1993, Dörre/Neubert 1995 und Dörre 1996). Vgl. Piore/Sabel 1984. V gl. Womack u.a. 1990 filr die folgenreiche Popularisierung dieses Diskussions· strangs unter dem Label der lean production. Vgl. KernlSchumann 1984. Tomaney 1994, S. 157f. Vgt. neben den bereits in der Einleitung angefilhrten Texten von Schumann 1998 und Springer 1998 auch SchumannlGerst 1997 sowie insgesamt die Beiträge in dem Jahrbuch für sozialwissenscha/tliche Technikberichterstallung 1996, die diesen Stimmungsumschwung reflektieren (vgl. ISF u.a. 1997). Vgl. Korsch 1922. Vgl. Matthies u.a. 1994, Kotthoff 1994 sowie Müller-Jentsch 1994. I I .I I • I I 16 17 18 19 20 Müller-JenIsch 1994,659. Vgl. Harding/Hikspoors 1995. Jenkins 1973, 285. Ebd., 288f. Blanke 1995, 25. 21 ..Any analysis of industrial democracy must [... ] ground itself in an adequate tbeory ofthe relation between labour and capital 81 the point ofproduction: thc" workplace" (CresseylMaclnnes 1980, S. 5). 22 Beck 1991, S. 40 (Hervorhebung im Original). 23 Vgl. Deulschmann 1989 und Deulschmann u.a. 1995 (wo die These elwas relativiert wird). 24 Deulschmann 1989, S. 39 J. 25 Ebd., S. 38 J. 26 Vgl. zum folgenden emeul Wolf 1994. 27 Vgl. Dörre u.a. 1993. 28 Deulschmann 1991, S. 52 J. 29 Vgl. DeUlschmann u.a. 1995, S. 439. 30 Vgl. Kieser 1994. 31 Vgl. insgesamI Kühl 1995. 32 Vgl. nicht nur Baecker 1994 und Kühl 1995. sondern auch zumindest sehr ュゥ￟セ@ verstAndliehe Formulierungen bei Schumann U.8, 1994, S. 658ff. sowie Deutschmann u.a. 1995, S. 439; siehe ebenfalls Heydebrandl 1989, S. 337fT., der von "post-bürokratischen" Organisationsfonnen spricht. Man kann die entsprechen- den Äußerungen untcr anderem auch als weiteren Beleg dafilr werten, daß die Erkenntnisse der Labour Proccss Debate und der Diskussionen Ober Kontrolle und Mikropolitik nicht wirklich Wurzeln geschlagen haben. 33 Vgl. zum folgenden Wolf 1997. 34 Vgl. Behr 1995 und insgesamt zur inzwischen auch, wie es scheint, wieder abgeebblen Welle der Unlernehmenskultur die Beiträge in Müller-JenIsch 1993 sowie Kadritzke 1997. Kotthoff etwa resümiert entsprechende eigene empirische Befunde wie folgt: "Unter dem Druck eines globalisierten Konkurrenzkampfes vollzieht sich gegenwärtig eine Entfesselung des kapitalistischen Verwertungsprozcsses, die auch eine Destruktion der internen belTieblichen Sozialintegration zur Folge hat. Die Firma neuen Typs besitz nicht mehr, sondern weniger 'corporate identity' als die der Vergangenheit. und es ist kein sozialer Kin in Sicht, der den alten ersetzen könnle." (KotthofT 1997b, S. 182; Hervorhebungen im Original.) 35 Vgl. Drumm 1996, S. 8. 36 Vgl. z. B. Küppers 1996, Horgan 1995 (über die wachsende Skepsis im Hinblick auf die Möglichkeit, eiDe 'Einheitstheorie' komplexer Systeme zu entwickeln) sowie Kieser 1994. . 37 Vgl. Fuchs 1992. 38 Vgl. die Arbeil von Fllmig J 998, die den Einfluß der neuen Naturwissenschaften auf die neuen Managementmodelle materialreicb dokumentiert. 39 Vgl. ebd., S. 119 für Taylor und Gilbrelh; Vergleichbares gill heule. 219 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 S9 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 220 Siehe Kapitel IV, Abschnitt I. Vgl. PongratzIVoß 1997. Ebd. Vgl. MoldaschUSchmierl 1994, S. 62; DOrre u.a. 1993; Wolf 1994. Vgl. Wolf 1994; MoldaschUSchuitz-Wild 1994; PongratzIVoß 1997. Vgl. Voß/Pongratz 1998 und Zielcke 1996. Vgl. z. B. Bourdieu 1998. Vgl. Seou 1996. Moidaschi 1994, S. 109f. Vgl. MoldaschUSehuitz-Wild 1994, S. 18. Vgl. Kieser 1994, S. 220. [n der .. hollow organi zation" hzw. dem "virtuellen Unternehmenu (vgl. z. B. Reiss 1996) kAme die Bürokratie gewissermaßen erst zu sich selbst: im 'reinen' Organisieren und Fonnieren völlig nach außen verlagerter Objekte. Im "virtuellen Unternehmen" wird das Sehri ftfdrmige als einzig Reales ersetzt von der ScheiDwelt der neuen computerisierten Infonnationsform (vgl. zu diesem BegriffWolfu.a. 1992, S. 279ff.). Der Wahn ist derselbe. In die gleiche Vorstellungswelt gehört der Traum vom 'reibungslosen Kapitalismus' eines Bill Gates (vgl. Dawson/Foster 1996 und Werber 1996). Moidaschi 1996. Auch Hack spricht etwa von der "Dezentralisierung als Bestandteil der neuen Form der Zentralisierung" (Hack 1998, S. 697). PongratzIV oß 1997. Greifenstein u.a. 1993. Vgl. auch HymBn 1991. NBCh der Unterscheidung bei Faust U.B. 1995, S. 39. Vgl. Deutschmann U.B. 1995, S. 95. Vgl. ReichwaldIKoller 1996, S. 230. Wir paraphrasierten hier den jungen Marx (und dieser seinerseits deo alten h・セ@ gel): .. Die Spitze vertraut den untern Kreisen die Einsicht ins Einzelne zu, woセ@ gegen die untern Kreise der Spitze die Einsicht in das Allgemeine zutraun, und so tAuschen sie sich wechselseitig." (MB'" 1843, S. 249.) Vgl. Bahrdt 1956. Vgl. Hirsch-Kreinsen 1995. Vgl. Scott 1996. Vgl. Moldaschl/Schultz-Wild 1994. Vgl. HirSch-Kreinsen 1995, S. 430. Vgl. Bender 1997. Schon deshalb ist die These eines generellen Machtverlustes der Untereinheiten durch Dezentralisierung, die Scott (1996, S. 102) vertritt, überzogen. Vgl. Reiss 1996. Vgl. Deutschmann u.a. 1995, S. 4441T. und Faust U.B. 1998. Vgl. ReichwaldiKoller 1996, S. 287. Faust U.B. 1995, S. 104. 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 Vgl. ebd., S. 108. Vgl. ebd., S. 137. Vgl. Hirsch-Kreinsen 1995, S. 432. Vgl. Keese 1995, S. 350. Vgl. Gerst u.a. 1995, S. 42f. Vgl., auch zum folgenden, Behrens u.a. 1996. Zur Entwicklung der Meisterrolle siehe auch KoppfWinther 1996 sowie Jauch 1977. .,In vielen Fällen muß man geradezu von einem Rückfall in autoritäre Fonnen der Anweisung berichten" (Behrens u.a. 1996, S. 37). Vgl. Dörre 1996. Brecht 1976, S. 683. Eine Bezeichnung von Womack U.8. 1990. Das kommt in Konzeptionen wie der 'Theorie' der 'Wi ssensschaffung' im Unternehmen. die ihr Augenmerk geoau auf das Wechselspiel von implizitem und explizitem Wissen richtet, um dieses von außen zu kontrollieren, am direktesten zum Ausdruck (vgl. NonakalTakeuchi 1995; dazu auch EssersiSchreinernakers 1996). Vgl. Moidaschi 1997. Vgl. z. B. MoldaschlfSchrnierl 1994, S. 102; SchwagerlUdris 1995; ähnlich Argyris 1998, S. lOlf. Vgl. NerdingerlRosenstiel 1996, S. 303ff. Vgl. Minssen 1995. Vgl. Babson 1995. Vgl. Rinehart u.a. 1995 und die Studie von Graharn 1995, auf die wir im nächsten Abschnitt noch eingehen. Vgl. Dörre 1996 und Salm 1996 sowie die Zusammenstellung in Mercedes Benz-Koordination/express-Redaktion 1997. Vgl. Gerst u.a. 1995 sowie Schumann 1999, S. 62f. Dörre 1996, S. 21. Vgl. Bergmann 0.8. 1998, Mercedes Benz-Koordination/express-Redaktion 1997 und Weltz 1997. Zum prekären Verhältnis der Partizipationsimpulse durch Gruppenarbeit und den restriktiven 'Rahmenbedingungen' siehe jetzt auch die empirische Studie von Mickler U.3. 1998. MoldaschlfSchmierl 1994, S. Moldaschl 1994, S. 131. Vgl. Salm 1996, S. 216. Etwa durch Delegation an den Gruppensprecher; vgl Salm 1996, S. 213f. "Trotz des hohen Stellenwertes von KVP in der betrieblichen Konzepldiskussion werden die MOglichkciten klcinschrittiger mitarbcitcrgetngener Optimierungen in der Gruppenarbeit'praxis nur wenig genutzt." (Gerst 1998, S. 82) Vgl. Gerst u.a. 1995. Den Fokus von Auseinandersetzungen in der deutschen Automobilindustric, die im Herbst 1998 in einigen Werken (unter anderem bei Opel Eisenach) zu spontanen Arbeitsniederlegungen führten, bildeten - durchaus auch unter diesem 221 Gesichtspunkt zu betrachtende - Fragen der Arbeitsintensität bzw. der PersonaJbemessung (vgl. Wompel 1998). 99 Vg!. BabnmOller 1996, S. 16f. 100 Vg!. Kem/Sabel 1994. 101 Vg!. Scbumann/Gerst 1997 und den folgenden Abscbniu. 102 Die Befunde dieser Gruppenarbeitsuntersuchungen sind von SchumanniGerst 1997 lUsammengefaßt und jüngst von Gerst 1998 noch eirunal ausfllhrlich dargestellt worden. Daß sie äußerst relevante Informationen über die Dellen Gruppenarbeitsfonnen zu Tage gefördert haben, auf die auch wir zUrOckgreifen konnten, steht außer Frage; im folgenden konzentrieren wir unS 1 in Fortführung der Auseinandersetzung mit den Hauptströmungen der Arbeitssoziologie. auf die analytischen Schwachstellen aus der Sicht der Herrschaftsproblematik. 103 Vg!. zu letzterer auch Mickleru.a. 1996. 104 Vg!. Gerst 1998, S. 9. 105 Vgl. ebd., S. 27. Siehe auch die entsprechende Argumentation des Trendreport Rationalisierung (Schumann u.a. 1994), skizziert in Abschnitt 3 von Kapitel 11 dieser Arbeit. Analog zu der Unterscheidung zwischen strukturkonservativen und -innovativen Konzepten sprechen Appelbaum und Batt in ihrem Überblick über die Entwicklung der Produktionsorganisation in den USA VOD lean und team production (vg!. AppelbaumlBan 1994, S. I 23ff.). Wie wichtig, ja wie typisch - und über die Fabrikgrenzen hinaus gesellschaftlich bedeulsam - modifiziert tayloristische Arbeitsformen in bestimmten Bereichen der industriellen Produktion im übrigen nacb wie vor sind, zeigt Kurz 1999 am Beispiel der Automobilindustrie. 106 Kublmann 1996b, S. I f. 107 VgL. Gerst 1998, S. 99ff. Eine analytische Leerstelle bleibt, soweit aus den vorliegenden Texten ersichtlich, das Verhältnis von individueller zu kollektiver 'Selbstorganisation " mithin die soziale Binnenstruktur der Arbeitsgruppen. Verschiedene Aspekte der "Gruppensituatioo" werden hingegen in der Studie von Mickler u.a. 1998 (insbesondere in Teil II: Gruppenarbeit als sozialer ProzeO) ausfllhrlich thematisiert. 108 Gerst 1998, S. 60. 109 V gl. Kublmann 1996a, S. 132f. 110 Sengbaas-Knobloch u.a. 1996, S. 87. 111 Graham 1995. 112 Senghaas-Knoblocb 1997. 113 Oftmals Dach dem Muster, das Argyris auf die treffende Formel "do your own thing - the way we tell you" bringt (Argyris 1998, S. 101). 114 Interessanterweise verwenden sowohl Graham (1995, S. 19) als auch Argyris (1998. S. \02f.) damr die Metapher der Scbarade. In der Tat geht es hier, wie bei jenem Wort· und Silbenrätsel, um das Erraten, Deuten, Umdeuten oder auch Verheimlichen, d. h. das Aneignen von Bedeutungen - der Leitbilder bzw. kulturellen Orientierungen, die hier im Spiel sind. 115 Zu bedenken ist hierbei, daß die Untersuchung Grahams in einem Betrieb ohne Gewerkschaftsprtsenz durchgeHihrt wurde, also sonst übliche Formen der Inter- 222 essenver1retung fehlten. Die Darstellungen bei FucinilFucini ] 990 oder die Studie von Rinehart u.a. 1997 machen die Unterschiede zu Fällen mit vorhandener gewerkschaftlicher Vertretung deutlich, belegen aber die Relevanz der von Graham herausgearbeiteten Momente des Belegschaftsbandelns auch dort. 116 Graham 1995. S. 117f. 117 Vgl. ebd., S. 97f. 118 Der 'kontinuierliche Verbesserungsprozeß'. so meint Graham, "essentially convolutes the making-out process (which uoder other management systems benefits the worker) ioto a factor that puts continous stress on the warker and farces warkers' campliance." (Ebd., S. 106) 119 Vgl. ebd., S.1I8f. 120 "Arbeitskultur ist [... 1weder beliebig herstellbar, noch beliebig manipulierbar. Sie ist nicht vergleichbar mit dem strategischen Begriff der Untemehmenskultur. denn sie ergibt sich aus dem eingespielten Kooperationshandeln der einzelnen in den vorgegebenen Strukturen, nicht aus gesetzten Anweisungen von oben." (Senghaas-Knabloch u.a. 1997, S. 12) In ähnlicher Absicht unterscheidet Wittel die Belegschaftskultur von der Firmenideologie (vgl. Wittel 1996). 121 "Wer Arbeitserfahrungen und Lebensziele in ihrer Bedeutung tur den Umgang mit konkreten Konfliktsituationen in der industriellen Arbeit erforschen will, darf nicht Vom Sinnzusammenhang abstrahieren, den die Beschaftigten den industriellen Lebensformen selbst geben. Dazu ist es notwendig, daß die beteiligten Foncherinnen bis zu einem gewissen Maß in die Lebensformen derer 'eintauchen t, um deren Erfahrungen und Intentionen es geht." (Senghaas-Knobloch u.a. 1997, S. 33) Methodisch an die Tradition subjektbezogener, interpretativer Sozial forschung anknüpfend, kamen in der Untersuchung neben ExpcrtengesprAchen vor allem narrative Interviews und, im Rahmen sogenannter Forschungsseminare, Gruppendiskussionen und Rollenspiele ZUm Einsatz (vgl. eM., S. 33/f.). 122 Ebd., S. 198f. 123 Vermutlich müßte das Methodenset auch um Erhebungsverfahreo erweitert werden, die mehr Auskunft über die 'Mikrostrukturen • des Arbeitshandelns geben, um hier weiter zu kommen. 124 Senghaas-Knobloch 1996, S. 99. 125 Senghaas-Knabloch u.a. 1997, S. 31[. 126 Die Ebene der kultureIJen Orientierungen in der Arbeit und deren Wandel im Ralionalisicrungsprozeß betont auch WitteI1998. Seine Gegenüberstellung von traditioneller "proletarischer" und heute geforderter ..bürgerlicher" Haltung zur Arbeit scheint mir freilich in verschiedener Hinsicht überstilisiert und irreführend. Vor allem spricht sie ersterer völlig zu Unrecht ab. was sie letzterer über Gebühr zuschreibt: ..Mitdenken, Eigeninitiative, Übernahme von Verantwortung sowie [ ... ] Selbstkontrolle" (S. 186) - mit einem Wort: Selbsltätigkeit. 127 Vgl. DOrre 1996. Angesprochen aufmOglicbe 'überschieBcnde Potentiale' partizipativer Arbeitsformen berichtete ein Betriebsrat bereits Anfang der neunziger Jahre in einer Diskussion mit Sozialwissenschaftlern. an der ich teilnahm, über Äußerungen von Arbeitern in seinem Betrieb, die sinngemäß auf folgende Poin- 223 128 129 130 131 J32 133 te hinausliefen: "Daß wir das alles, was jetzt von uns verlangt wird, selbst organisieren können, wußten wir schon immer. Jetzt fragen wir uns gelegentlich schon mal: wenn wir dazu in der Lage sind, warum sollten wir dann nicht den gesamten Betrieb 'schmeißen' können?" Vgl. Weltz 1997, S. 389. Vgl. Schmiede 1996. Vgl. Molsch 1987, S. 87fT. Ebd., S. 89. Vgl. aucb unsere Diskussion in Kapitel 11, Abschnitt 2. Auf andere Wissensquellen der Informatisierung, die im Informatisierungsmodell von Malsch tendenzieH zu kurz kommen, verweist mit Recht MiU t 998, S. 40f. In eine Ahnliche Richtung weisen z. B. die Überlegungen von Weltz 1997 oder auch die Thesen von Gottfried 1994 zur doppelten - gleichzeitig dezentralisierten und bürokratisierten - Herrschaftsstruktur bei Dienstleistungstätigkeiten. VI, SchluObetrachtung: Aufgaben einer kritischen Arbeitssoziologie I 2 3 4 5 6 7 8 9 224 Adomo 1961, S. 142. Durkbeim 1895/1901, S. 100. Die Reserve könnte auch denjenigen theoretischen Traditionen gelten, die sich des Begriffes der Institution bemächtigt haben. Schon bei Durkheim hat er jene funktionalistischen Konnotationen, die seine spltere Verwendung dominierten; zudem wurde er hierzulande lange mit konservativen Autoren wie Gehlen oder Schelsky, die das Übermächtig-Heteronome der Institution affinnativ betonten, in Verbindung gebracht. Solche Bedenken sind indes, wie wir zu zeigen versuchten, durch den Nachweis auszurAumen t daß der Begriff auch kontrlren, gegen den herrschenden "Institutionalismus" (Sonnemann 1969, S. 14) opponierenden theoretischen Entwürfen sich zwanglos einfUgen lAßt. Vgl. König 1990. Gorz 1989. König 1990, S. 339. "Als durchgängiges Motiv seiner weitgefacherten Anstrengungen kann der Versuch gelten, den gesellschaftlichen Ort praktischer Vernunft als mOglicher emanzipariver, gesellschaftsverflndemdcr Kraft gerade jenseits der Arbeit auszumachen." (GanBmann 1990, S. 227) Die als mit Bedacht in Anschlag gebrachte analytische Unterscheidungen durchaus auch Erkenntniswert ror eine soziologische Interpretation kapitali stischer Arbeitsverhältnisse besaßen (vgl. Habennas 1981, Bd. 11, S. 492ff.). Mit Recht spricht Narr indes von einem "systemische[n] Begriffsrealismus", der bei Habermas letztlich die "analytische[n] Setzungen zu Wirklichkeitsaussagen gerinnen lAßt". ,,Als ergaben sich [... ] nicht alle Probleme aus lebensweltlichen Vorgängen in den Systemen und aus zunehmenden systemischen Definitionen und Produktionen lebensweltlicher Erscheinungsfonnen [... ]." (Narr 1994, S. 96) Granovetter 1985. 10 Vgl. als Überblick über das Spektrum ronnaler Netzwerk-Analysen Emirbayerl Goodwin 1994 sowie, zur Diskussion im deutschsprachigen Raum, Röllel Blättel-Mink J 998 . Nur zur Kennzeichnung der kaum noch überschaubaren Bandbreite von Verwendungsweisen des Netz-Begriffes sei zum einen auf Ar· beiten wie die von Sydow 1992 verwiesen, der ihn im wesentlichen auf zwj· schenbetriebliche Beziehungen beschränkt. und zum anderen, als Beispiel tur die pseudo-konkreten Netzwerkvorste lJ ungen in Teilen der Managementliteratur, auf das Buch von Mueller 1986. Kriti sch zum Begriff des Netzwerkes: Köhler 1999 und Wolf 1999. II Kelly 1995, S. 44. 12 CarrollI872,S. 719. 13 Castells 1996, S. 62. 14 Darauf bat etwa Hack mit seinen Arbeiten immer wieder hingewiesen; vgl. zuletzt Hack 1998. An dieser Stelle sei nochmals betont, daß es einer eigenen. zusätzlichen Anstrengung bedürfte, um der in der vorliegenden Studie an Beispielen aus der ma teriellen Produktion erörterten Dialektik von fremd- und Selbstbestimmung auch in den Bereichen immaterieller Innovationsarbeit oder allgemein: in immateriellen Produktionsprozessen gerecht zu werden und deren Besonderheiten herausarbeiten zu können. 15 Vgl. Müller-Jentsch 1994b, S. 368. 16 Vgl. dazu das Zitat von Lutz auf S. 29f. dieser Arbeit. 17 Knapp 1981, S. 165. 18 Ebd., S. 144. 19 Vgl. dazu im einzelnen Hodson 1998. 20 Knapp 1981, S. 143. 21 Amason 1988, S. 282. 22 Dahmer 1987, S. 1:5. 23 rürk 1995, S. 100. 24 Freud 1916-17,S. 51. 25 Vgl. 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