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Hamburg Jens Kerstan

Wie sich ein Umweltsenator Geld erkämpft

Managing Editor Hamburg
Jens Kerstan, Senator für Umwelt und Energie, hat den Naturcent in Hamburg durchgesetzt Jens Kerstan, Senator für Umwelt und Energie, hat den Naturcent in Hamburg durchgesetzt
Jens Kerstan, Senator für Umwelt und Energie, hat den Naturcent in Hamburg durchgesetzt
Quelle: Jürgen Joost
Die Umweltbehörde von Senator Jens Kerstan ist die einzige, deren Etat im kommenden Jahr nicht steigt. Doch der Grüne ist ein streitbarer Mensch. Er erkämpft sich seine Mittel – wie den Naturcent.

Der Etat von Senator Jens Kerstan (Grüne) ist der kleinste aller Behörden. Gerade einmal 274 Millionen Euro stehen seiner Behörde für Umwelt und Energie im kommenden Jahr zur Verfügung. Auch 2018 wird das Geld dort nicht mehr – der einzige Behördenetat, in dem es keine Steigerung gibt. Doch Hamburgs Umweltsenator ist ein streitbarer Mensch und so erkämpft er sich einfach Mittel für das, was ihm und seiner Partei wichtig ist. Am Dienstag hat der Senat die Einführung eines Naturcents beschlossen. Damit profitieren unter anderem Landschaftsschutzgebiete von vielen Neubauprojekten in der Stadt.

Bereits im Frühjahr hatten sich die Umweltbehörde und die Senatskanzlei auf die Einführung des Naturcents geeinigt. Vorangegangen war ein Streit ums Bündnis für das Wohnen, das SPD-Senatorin Dorothee Stapelfeldt schon als besiegelt erklärte, als Kerstan noch Ausgleichsmaßnahmen für die Umwelt nachverhandeln wollte. In den vergangenen Monaten sind nun die Details ausgehandelt worden.

Hamburg ist die erste Stadt mit einem Naturcent

Der Naturcent wird rückwirkend zum 1. Januar dieses Jahres eingeführt. Er wird für alle Bauprojekte gelten, die außerhalb des zweiten grünen Rings in Landschaftsschutzgebieten liegen. Die für die neu bebauten Flächen fällige Grundsteuer wird in ein Sondervermögen Naturschutz und Landschaftspflege fließen – strukturell, nicht nur einmalig. Damit bekommt der Naturcent einen Gegenwert von 6,36 Euro, denn so viel Grundsteuer wird im Durchschnitt pro Quadratmeter bezahlt. Dabei gilt: Je dichter die Bebauung und je größer die Versiegelung, desto höher die Summe. Hamburg ist die erste Stadt, die einen solchen Mechanismus einführt.

Hamburg ist eine grüne Stadt, und das soll sie bleiben, auch wenn wir 10.000 neue Wohnungen im Jahr bauen.
Jens Kerstan, Grüner Umweltsenator Hamburgs

„Hamburg ist eine grüne Stadt, und das soll sie bleiben, auch wenn wir 10.000 neue Wohnungen im Jahr bauen“, sagte Kerstan nach der Entscheidung im Senat. Auch wenn der Großteil der zusätzlichen Wohnungen durch eine Nachverdichtung in ohnehin bestehenden Wohngebieten erreicht werden solle, „wir werden nicht umhinkommen, auch auf Grünflächen zu bauen“.

In diesen Fällen gehe es dann darum, „der Natur, der an der einen Stelle etwas weggenommen wird, an anderer etwas Gutes zu tun“. Ziel sei es, mit dem Geld aus dem Naturcent die Parks und Grünflächen der Stadt besser zu pflegen und die Landschaftsschutzgebiete aufwerten zu können. „Das ist gerade dort wichtig, wo viele Menschen keine eigenen Gärten haben und auf gut gepflegte Grünanlagen angewiesen sind.“

Drei Millionen Euro sofort verfügbar

In einem ersten Schritt wird das Sondervermögen Naturschutz und Landschaftspflege mit drei Millionen Euro aufgefüllt. Damit trägt der Senat der Tatsache Rechnung, dass die meisten Bauprojekte, die 2016 beschlossen worden sind und für die der Naturcent zu zahlen sein wird, erst in einigen Jahren fertig werden. Damit wird die Grundsteuer dafür auch erst in einigen Jahren fällig. Der Naturcent solle aber sofort wirken, so Kerstan. Die Differenz zwischen Prognose und Zahlungen werde später verrechnet.

Die Verteilung des zusätzlichen Geldes wird von der Umweltbehörde organisiert. Die Bezirke können für geplante Projekte Geld aus dem Sondervermögen beantragen. Die Umweltbehörde will dafür die besten Konzepte aussuchen. Es ginge schließlich auch darum, die Grünflächen ökologisch aufzuwerten, so Kerstan. Schöner allein, das wäre einem grünen Umweltsenator wohl auch zu Recht zu wenig. Deshalb hat der Pakt zum Naturcent noch eine zweite Seite.

Für alle Projekte, die innerhalb des zweiten grünen Rings Naturflächen bebaut werden, muss es in direkter Nähe einen Ausgleich geben. Es dürfe nicht das Prinzip „anything goes“ gelten, sagte Kerstan. Man hätte sich in der Regierung auf rote Linien verständigt, die nicht übertreten werden dürften. Dass er diese zur Not wieder mit öffentlichem Protest verteidigen würde, sagt der Umweltsenator nicht. Aber wer seine Arbeit seit Amtsantritt verfolgt hat, weiß, dass er das denkt.

Den Naturcent kann Kerstan als seinen Erfolg verbuchen. Die Grünen gratulierten ihrem Senator am Dienstag zu einer „cleveren Lösung“. Das ist sie auch, weil dafür die Bürger der Stadt nicht belastet werden müssen. Das Geld fehlt einfach an anderer Stelle im Haushalt. Schwieriger wird es mit dem zweiten großen Vorhaben, für das Kerstan kürzlich Geld eingesammelt hat. Ab 2018 soll es in Hamburg – wie in einigen anderen Großstädten – eine Straßenreinigungsgebühr geben. Auch damit sollen Grünflächen schöne weil öfter gereinigt, werden. Mit dem zusätzlichen Geld will die Stadtreinigung ihr Personal für den Straßendienst verdoppeln. Allerdings müssen das Grundeigentümer und Mieter bezahlen. Dass Hauseigentümer das 65 Euro kosten kann, hält Kerstan für vertretbar, weil es der Sache dient. Und auch seiner Sache.

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