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Ein Gemälde von Bettina von Arnim als Kind mit einem goldenen Rahmen umrahmt.

Goethes Briefwechsel mit einem Kinde

Stand: 01.02.2024, 11:09 Uhr

Bettina von Arnim, Ikone der deutschen Romantik, begegnete Goethe 1807 zum ersten Mal. 1835 veröffentlichte sie einen Briefwechsel mit dem Dichter, der sie schlagartig berühmt machte. Doch wie viel Wahrheit steckt darin?

Von Bettina von Arnim

Das Hörspiel steht bis 27. November 2024 zur Verfügung.

Der berühmt-berüchtigte Briefroman von Bettina von Arnim als Hörspiel

Gleich beim ersten Treffen setzte Bettina von Arnim sich Goethe - wenn man ihrer Beschreibung Glauben schenken möchte - auf den Schoß und schlief dort ein. Sie war Anfang zwanzig, er Ende fünfzig. Doch war es wirklich Liebe, die Bettina zu Goethe führte? Wie viel Berechnung steckt hinter Bettinas Goethe-Verehrung? Schon Goethes Sekretär Riemer bezichtigte Bettina der anmaßenden Schwindelei und klagte über ihre "unerhörte Art, sich einem, der auf dem Wege zur Unsterblichkeit ist, als Begleiter an den Arm zu hängen." Der Briefwechsel, den sie mit Goethe in mehreren Jahren führt - ja, sie führt ihn in erster Linie, denn er schreibt nicht gerade häufig zurück, und wenn dann doch eher zurückhaltend - dieser Briefwechsel wird später die Grundlage ihres ersten dichterischen Werkes bilden.

Zwei Jahre nach Goethes Tod setzt sie den Sehnsüchten und Träumen ihrer Jugend ein literarisches Denkmal. Von den Zeitgenossen wurde ihr Buch teilweise euphorisch aufgenommen. Es trug ihr allerdings auch den Vorwurf ein, das Bild Goethes verfälscht zu haben, denn schließlich erlaubte sie sich eine starke Umformung und Neudichtung zahlreicher Briefe und ließ so die Korrespondenz beträchtlich ansteigen. Oft als Selbstinszenierung und Selbstentblößung kritisiert, gilt das Buch gleichwohl vielen heute als virtuoses Sprachkunstwerk, als Paradestück einer Autorin, die sich den männlichen Kollegen der schreibenden Zunft ihrer Zeit stolz zur Seite stellen durfte. Die stark komprimierte Hörspielfassung dieses über 600 Seiten dicken Buches macht den Widerspruch zwischen Realem und Phantasiertem deutlich und zeigt, wie schnell und gern Erfundenes als Wirklichkeit akzeptiert wird.